Der grüne Staatssekretär und die „grauenhafte Geschichte“ im Kindergarten

Der „Queer-Beauftragte“ Sven Lehmann glaubt in einer Kasseler Kindereinrichtung einen unfassbaren Skandal entdeckt zu haben. Der existiert allerdings gar nicht. Allerdings zeigt der Vorgang exemplarisch das Gesellschaftsbild des Politikers: Vertritt jemand die richtige Ideologie, sollen keine Regeln mehr gelten.

IMAGO/epd

Zur Weihnachtszeit war der Staatssekretär im Bundesfamilienministerium und Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann auf einen ungeheuerlichen Vorgang gestoßen, auf den er die Öffentlichkeit sofort per Kurznachricht aufmerksam machen musste. „Eine grauenvolle Geschichte“, twitterte der Grünen-Politiker. Diese Geschichte, die er so erschütternd fand, trug sich in einem Kasseler Kindergarten zu. „Ein Fall für die Fachaufsicht der Kitas, die Stadt Kassel und ggf. die Antidiskriminierungsstelle des Bundes“, urteilte der Staatssekretär.

Screenshot via twitter

Lehmann bezog sich in seiner Mitteilung auf eine Meldung des Magazins „queer“, die so ähnlich auch von der „Frankfurter Rundschau“ wiedergegeben wurde: „Trans Mutter mit Kind aus Kindergarten geworfen“, hieß es bei „queer“. In der „Frankfurter Rundschau“ hieß es ganz ähnlich: „Da ist die Tür“: Vierjähriges Kind und trans* Mutter aus Kindergarten geworfen“.

Obwohl beide, „queer“ wie FR, über den Vorgang extrem parteiisch berichteten, ergibt sich aus ihren Schilderungen ziemlich klar: In dem Kindergarten ereignete sich kein Skandal. Schon gar keine „grauenvolle Geschichte“.

Was war geschehen? Tatsächlich hatte der Kindergarten noch in der Probephase mitgeteilt, dass der 4-jährige Luca nicht in die Einrichtung aufgenommen werden könne – und zwar wegen des Verhaltens seines Transgender-Elternteils.

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„Zwei Tage vor der Kündigung“, berichtet die von der FR „Leonie“ genannte Erwachsene, die sich selbst als Transgender bezeichnet, „gab es bereits ein kurzes Gespräch mit der pädagogischen Leitung des Kindergartens. In dem kurzen Gespräch wurde schnell klar, dass die Person mit meiner trans* Weiblichkeit überfordert war.“ In dem Text wird allerdings trotz aller Einseitigkeit im Tenor deutlich, dass nicht Leonies „trans* Weiblichkeit“ das pädagogische Personal und die anderen Eltern „überforderte“ – sondern derer übergriffiges Verhalten gegenüber den anderen Kindern. „Leonie“ hatte, wie sie berichtete, ohne Absprache mit dem Kindergartenpersonal und den anderen Eltern mehrere Bücher zum Thema Transgender in die Einrichtung mitgebracht, um den Kindern daraus vorzulesen, darunter den Bildband „Wie Lotta geboren wurde“, ein Buch über einen Mann, der schwanger wird.

Im Anreißertext für „Wie Lotta geboren wurde“ heißt es: „Nicht alle Schwangeren sind Frauen, get over it! Kindgerecht und einfach mit klaren Worten und Bildern erzählen die Autor_innen, wie sie in Tobias’ Babyhöhle heranwuchs.“ In diesem Band und anderen, meinte „Leonie“, würden „queere Identitäten kindgerecht dargestellt“. Völlig erschüttert erfuhr „Leonie“, dass das Kindergartenpersonal und die anderen Eltern überhaupt nichts von der Idee hielten, dass sich ein aktivistisches Elternteil ohne jede Rücksprache daran machte, den Kindern mit agitatorischem Eifer die esoterische „Queer-Theorie“ über schwangere Männer und Frauen mit Penis nahezubringen.

Schon die Idee, dass Eltern zwar Vorschläge machen konnten, die Pädagogik aber in der Hand des Fachpersonals liegen sollte, fand die Transgender-Aktivistin „Leonie“ empörend. „Die Aussage, dass es für Bücher, in denen queere Lebensrealitäten dargestellt werden, eine pädagogische Anleitung brauche, ist für mich ebenfalls ein Ausdruck von Diskriminierung“, vertraute sie der „Frankfurter Rundschau“ an. Dem Kindergarten-Vorstand hält sie vor, dass er mit großer Mehrheit entschieden habe, „mich als trans* Frau aus dem Kindergarten zu werfen, als sich mit der Thematik vertraut zu machen, oder gar die eigenen pädagogischen Strukturen zu hinterfragen“. An ihrem eigenen Verhalten hegte „Leonie“ offensichtlich keinerlei Zweifel. Auch die Mitarbeiter der „Frankfurter Rundschau“ und „queer“ hingen ganz an den Lippen der angeblich Diskriminierten: Nirgends kommt es zu einer kritischen Nachfrage. Der Sicht der Kindergarten-Leitung räumen beide Medien keinen Platz ein.

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Genau wie Sven Lehmann. Nur: Bei ihm handelt es sich weder um einen Aktivisten noch um einen aktivistischen Journalisten. Sondern um ein Mitglied der Bundesregierung. Mit dem Gewicht seines Amtes erklärt er: Wenn ein Elternteil sich ungefragt in die Erziehung fremder Kinder einmischt und sie mit ideologischen Belehrungen traktiert, dann handelt es sich aus seiner Sicht um ein völlig normales Verhalten – vorausgesetzt, die Ideologie ist die richtige. Wie Lehmann oder ein anderer Grünen-Vertreter reagieren würde, wenn ein Vater oder eine Mutter auf eigene Faust Kinder in der Tagesstätte oder der Schule etwa mit Pro-Atomkraft-Material versorgen würde, kann sich jeder ungefähr ausmalen. Und falls Eltern und Personal sich gegen eine Person wehren, die offenbar nicht nur zur ungefragten Agitation, sondern auch noch zu nervendem melodramatischen Verhalten neigt – dann handelt es sich für den Staatssekretär um eine „grauenvolle Geschichte“, die das Einschreiten der Fachaufsicht, der Kommune und der Bundesebene erfordert.

Auf Lehmanns Twitter-Einlassung folgte allerdings eine Reaktion, die ihn selbst überrascht haben dürfte: Fast alle, die den Tweet des grünen Politikers kommentierten, stellten sich gegen ihn, und machten ihn darauf aufmerksam, dass vermutlich jeder Kindergarten und jede Schule mit zurechnungsfähigem Personal die ungebetene agitatorische Einmischung einer Privatperson in die Kindererziehung unterbinden würde – ganz egal, ob es sich bei dem- oder derjenigen, der oder die Minderjährigen eine bestimmte Weltsicht aufzudrängen versucht, um einen Mann, eine Frau oder Transgender handelt, um hetero oder schwul, links oder rechts.

Und es folgte noch eine zweite Pointe: Der auch wegen seines karitativen Engagements bekannte Unternehmer Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe schrieb unter Lehmanns Tweet in zwar deutlichen, aber höflichen Worten, der Staatssekretär habe mit seinem Kommentar eine rote Linie überschritten und sollte zurücktreten. Lehmanns Reaktion: Er blockte Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe.

Der Ministeriums-Vertreter machte noch nicht einmal den Versuch einer Diskussion.

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Kommentare ( 38 )

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Skeptiker
1 Jahr her

Alleine die Tatsache, dass diese Regierung sich einen „Queer-Beauftragten“ leistet, zeigt, wes Ungeistes Kind diese Leute sind.

epigone
1 Jahr her

Bei aller Freundschaft: Als ich Kind war (70er) galten Vertreter einer solchermaßen aggressiv in die öffentlichkeit getragenen Sexualität als Straftäter (Exibitionisten, Erregung öff. Ärgernisses, tätliche Beleidigung etc.) und wurden weggesperrt.

Ich bin nicht mit dem seither eingetretenen „Sittenwandel“ einverstanden!

Endlich Frei
1 Jahr her

Solche Fälle konnten sich in der freien Natur in Millonen von Jahren Evolution kaum entwickeln, plötzlich werden sie von der grünbunten Ideologie gefördert und erscheinen in großer Zahl. In unserer Ortskneipe taucht seit jüngster Zeit auch ein Transmann oder eine Transfrau, wie man es denn bezeichnen will, auf: Mit zerissenen Netzstrümpen unter einem viel zu kurzem Minirock und sehr hohen Absätzen, fast zwei Meter hoch und recht aggressiv. Selbst den Barleute kommen damit nicht zurecht, die Stammkunden bleiben inzwischen immer öftters aus. Die Leute sind einfach überfordert und ich verstehe die Kindergärtnerin, dass sie Probleme hat der grünen Ideologie Folge… Mehr

Endlich Frei
1 Jahr her

Als vor einigen in den ÖR quasi tagelang und live vom Parteitag der Grünen berichtet worden ist, wurde mir schlagartig klar, warum sich keine normalen und gebildeten Menschen mehr finden, die bereit sind in den Politikbetrieb zu gehen: Man muss eine außerordentliche Toleranz gegenüber Dilletanten- und Schwätzertum entwickeln, um sich das tagtäglich anzutun. Keinesfalls darf man von Geist und Sinnen gebraucht machen, um diese im realen Leben allesamt gescheiterten und verkrachten Figuren ertragen zu können.
Was politisch dabei raus kommt, sind Zustände, wie wir sie am Beispiel des Kindergartens nun vorgeführt bekommen.

Endlich Frei
1 Jahr her

Meines Erachtens gehört der 4-jährige Sohn der Transsexuellen umgehend in die Hände einer Pflegefamilie, damit er sich wenigstens noch halbwegs normal entwickeln kann. Es ist furchtbar, was diesem Kind durch seinen Muttermann und die Politik, die sowas nicht nur zulässt, sondern fördert, zugemutet wird.

Manfred_Hbg
1 Jahr her

Zitat: „„Die Aussage, dass es für Bücher, in denen queere Lebensrealitäten dargestellt werden, eine pädagogische Anleitung brauche, ist für mich ebenfalls ein Ausdruck von Diskriminierung“, vertraute sie der „Frankfurter Rundschau“ an.“

> Öhm, wenn diese/r trans Leonie der Meinung ist das sich viele der Kindergarten-Eltern/Erzieher für ihre queere Aufklärung soo sehr interessieren, dann hätte sie/er in den Kindergarten doch einen Zettel anbringen können, auf dem geschrieben steht, dass alle Interessierten zur „Queeren Lesestunde“ nach Loenie kommen könnten.

Vielleicht wäre Loenied dann ja anhand der „reichlichen“ Besucherzahlen ein Lichtlein aufgegangen……

Endlich Frei
1 Jahr her

Hätte der Kinderhort nicht reagiert, hätte ich eigenhändig meine Kids aus diesem Kindergarten entfernt, um Schaden von ihnen fernzuhalten.
Das Verhalten dieser Mannmutter wird bei WELT-Online zudem als „übergriffig“ beschrieben …

Endlich Frei
1 Jahr her

„Auch die Mitarbeiter der „Frankfurter Rundschau“ und „queer“ hingen ganz an den Lippen der angeblich Diskriminierten: Nirgends kommt es zu einer kritischen Nachfrage.“
Oh, wie bekannt uns das alles vorkommt. Das hat doch hoffentlich nicht mit Opportunismus und Karriereplänen im Grünbunten Reich zu tun ???

Martin Buhr
1 Jahr her

Der moralische Verfall soll hier kultiviert werden . Kinder mit den Geisteskrankheiten Erwachsener zu konfrontieren und ihnen Fragen zur Sexualitaet zu beantworten , die sie selbst nie gestellt haben , unter der Hinzunahme von auf „kleine Abenteuer“ getrimmten Anleitungen und Bildern , die selbst fuer Erwachsene ( mit Ausnahme natuerlich des relevanten „Erziehungs“personals ) in Richtung Unertraeglichkeit tendieren duerften ( ich glaube , es war „Kopp-Exklusiv“ oder Compact Magazin , das zwei dieser Zeichnungen vor laengerer Zeit mal veroeffentlich hatte ) . Meine anfaengliche Empathie fuer Mitmenschen , die mit ihrer Sexualitaet und ihren Koerpern Probleme haben , weicht mehr… Mehr

Klaus Kabel
1 Jahr her

Bis zum Jahr 2016 gab es in Deutschland 656 Transgender, die sich einen Ergänzungsausweise ausstellen ließen. Nach dem Transgenderhype der Grünen und ihres Lehmanns/frau sind es heute 12306. Zuwenig für einen hochbezahlten Schwätzer, der diese Menschen aus politischem Opportunismus ans Licht der Öffentlichkeit zerren muss.