Italien will Schlepper stoppen, Frankreich Migration fördern – und Deutschland finanziert die Schiffe

Die Aufnahme der „Ocean Viking“ in Toulon hat zu einem Riss zwischen Frankreich und Italien mit gegenseitigen Vorwürfen geführt. Angeblich will Paris die Regierung Meloni isolieren und blockiert derzeit den EU-Solidaritätsmechanismus. Deutschland finanziert die Menschenschlepper-Schiffe.

IMAGO/Zuma Wire, Le Pictorium - Collage: TE

„Wir nehmen 234 Personen auf, darunter 57 Kinder. Ein Drittel davon wird schon wenige Stunden nach der Ankunft nach Deutschland weiterreisen. Die europäische Solidarität funktioniert also…“ Das sagte der französische Innenminister am Freitag vor der Presse. Zugleich zog er die Zusage zurück, gemäß welcher Frankreich bis zum kommenden Sommer 3.500 illegale Migranten im Rahmen des EU-Solidaritätsmechanismus aus Italien übernehmen wollte. Und zuletzt rief Darmanin Deutschland auf, das gleiche zu tun.

Es ist ganz klar: Paris will die neue italienische Regierung innerhalb der EU isolieren und sucht sogar erneut engeren Kontakt mit Berlin, um dieses Ziel zu erreichen. Die Pariser Mitte-links-Regierung benimmt sich dabei wie eine zurückgewiesene Kokotte, verlangt weiter Wohlverhalten von Rom und geißelt die neue italienische Regierung doch in harten Worten. 230 hat man an Land gehen lassen, doch als Druckmittel friert man nun einen europäischen Solidaritätsmechanismus ein, den man zugleich in Worten beschwört.

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Auch der Grenzübergang zwischen Ventimiglia und Nizza soll ab sofort stärker kontrolliert werden. 500 Polizisten sollen an zehn Grenzübergängen für ein höheres Maß an Sicherheit sorgen. Und so muss sogar die nach links tendierende Tageszeitung Le Monde zugeben, dass das System zur Verteilung illegaler Migranten in der EU sich damit schon in dem Moment als fragil und gefährdet erweist, wo es nur in „homöopathischen Dosen“ angewendet wurde.

Doch auch Melonis Erwiderung ist nicht ohne: Sie zeigte sich auf einer Pressekonferenz im Palazzo Chigi „beeindruckt von der aggressiven Reaktion der französischen Regierung, die unverständlich und nicht zu rechtfertigen ist“. In einem Wort nennt sie die Reaktion einen „Verrat“ an der europäischen Idee. Insbesondere der Aufruf an andere EU-Partner, es den Franzosen gleichzutun und Italien so zu isolieren, künde von „einer merkwürdigen Dynamik“, so Meloni, die „nicht intelligent“ oder im Sinne der EU sei. Zu isolieren seien die kriminellen Schlepper, nicht Italien. Seit Anfang des Jahres hätten 90.000 Migranten Italien erreicht – ein Zustand, den Meloni nicht in die Zukunft verlängern will. Sie will stärker gegen die NGO-Fahrten vorgehen: „Es wird sicher neue Maßnahmen geben.“

Die französische Staatssekretärin für EU-Angelegenheiten, Laurence Boone, sagte demgegenüber, das Vertrauen zu Italien sei gebrochen, da Rom sich nicht an die von der Vorgängerregierung eingegangenen Verpflichtungen aus dem EU-Solidaritätsmechanismus halte. Es habe eine „einseitige Entscheidung“ gegeben, die zudem Menschenleben gefährdet habe. So will man in Paris offenbar das eigene Einknicken in Sachen „Ocean Viking“ rechtfertigen, mit einer postulierten humanitären Notlage der Schiffsinsassen, die nach bestem Wissen nicht bestand. Zum anderen erstaunt die Beharrlichkeit, mit der Italien dazu gebracht werden soll, den NGO-Schiffen ausgerechnet in seinen Häfen Zugang zu gewähren.

Bardella fordert EU-Untersuchung zur Verwicklung von NGOs und Schleuserringen

Marine Le Pen und Éric Zemmour haben die Anlandung der „Ocean Viking“ erwartungsgemäß scharf kritisiert. Le Pen fordert, die 230 wieder in ihre Abfahrtshäfen zurückzuschicken. Das sei die Aufgabe der NGOs selbst: „Diese Schiffe, die Migranten im Meer einsammeln, müssen sie in ihre Ausgangshäfen zurückbringen.“ Auch Libyen sei inzwischen wieder ein „sicherer Hafen“. Bei den Maghreb-Staaten Algerien und Tunesien setzt Le Pen dies voraus. „Heute hat unser Land durch die Stimme seines Regenten [Macron] dem Druck nachgegeben“, sagte sie. Die Entscheidung Macrons sei der vermutliche Beginn einer „Serie von NGO-Schiffen“, die nun regelmäßig französische Häfen anlaufen würden.

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Der RN-Vorsitzende Jordan Bardella forderte eine „europäische Untersuchung“ zur Verwicklung von NGOs und Schleuserringen. Éric Zemmour schrieb auf Twitter, die Aufnahme des Schiffs in Toulon sei „unverantwortlich“ und unmoralisch und stehe „im Gegensatz zum Willen des Volkes, ja zum Humanismus“. Aus humanitärer Sicht müsse man alles tun, um Menschen von derartigen Überfahrten abzubringen.

Eins scheint allerdings sicher: Im politischen Berlin will man sich keineswegs aus dem wackeligen „Solidaritätsmechanismus“ in Sachen illegale Migration zurückziehen – im Gegenteil. Solange Länder wie Italien die Anlandung von Migranten zulassen, wird man sich auch an deren Aufnahme beteiligen. Das war schon unter Seehofer mit dem berühmten „Viertele“ (25 Prozent) Migranten für Deutschland so und hat sich bei den aktuellen Schiffen fortgesetzt.

Das gilt auch für das in Toulon gelandete NGO-Migranten-Schiff „Ocean Viking“, bei dem Berlin ein Drittel der Passagiere übernehmen will. Zusammen mit den in Italien angelandeten Schiffen wird das ein paar hundert mehr Asylbewerber auf direktem Weg nach Deutschland führen. Nichts, das sich nicht bewältigen ließe – jedenfalls verwaltungstechnisch. Und das scheint für die Berliner Ampelregierung in der Tat die Hauptsache zu sein: dass der Zufluss in die EU und damit in die Bundesrepublik nicht abnimmt.

Innerfranzösische Erkenntnisse: Aufnehmen heißt Ermutigen

Gerade die französische Regierung müsste die Sache allerdings etwas differenzierter sehen. Einer breiteren Öffentlichkeit im Land ist sehr wohl bewusst, was die Anlandung der „Ocean Viking“ in Toulon bedeutet und welches Signal solche Ereignisse in die Welt senden. Im konservativen Figaro warnt die algerisch-französische Essayistin Malika Sorel-Sutter, einst Mitglied im Hohen Integrationsrat der Regierung, vor einer Sogwirkung durch die Entscheidung:

„Wir wissen seit langem, dass die europäischen Länder mit gut organisierten Netzwerken zur illegalen Einwanderung konfrontiert sind, die den Schleppern viel Geld einbringen. Jede Aufnahme ist also ein Signal sowohl an Schlepper als auch Migranten, dass es möglich ist, die Grenzen eines Landes zu durchbrechen. Aufnehmen bedeutet, andere Anwärter zu ermutigen, sich ebenfalls auf eine Reise in behelfsmäßigen Booten zu begeben.“

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Und auch eine weitere Frage wird in der konservativen Tageszeitung ganz ohne Scheuklappen gestellt: „Stecken die NGOs, die Migranten auf hoher See retten, mit den Schleppern unter einer Decke?“ Was bei der „Ocean Viking“ noch ein Verdacht sei, die direkte Zusammenarbeit mit Schleppern, dabei seien andere NGOs schon in flagranti ertappt worden. Immer wieder kommen dabei auch die Toten durch die Überfahrten zur Sprache, die im Mittelmeerland Frankreich naturgemäß präsenter sind als in der deutschen Diskussion, was auch nicht gerade von einem geeinten Europa kündet. Was allerdings auffällt: Die dramatischen „Geschichten“ von aus dem Meer gefischten Migranten, die beinahe ertrinken, werden nicht mehr erzählt. Alle scheinen heute zu wissen, dass diese Dinge anders ablaufen.

Italien, Griechenland, Zypern, Malta: NGOs müssen sich an das Recht halten

Stattdessen fordern französische Experten die Institutionalisierung von „Pushbacks“ auf dem Mittelmeer. Die australische Politik sei an dieser Stelle die einzige die funktioniert, erklärt der Jurist Thibault de Montbrial im Fernsehsender CNews.

Giorgia Meloni sicherte sich derweil die Rückendeckung der Leidensgenossen Malta, Griechenland und Zypern, die ebenso wie Italien mit überproportionalen Lasten durch die illegale Migration zu kämpfen haben. In ihrem gemeinsamen Papier bestehen die vier Mittelmeerstaaten darauf, dass das Vorgehen der NGOs „nicht mit dem internationalen Rechtsrahmen“ übereinstimme. Von den EU-Partner fordern sie, dass „sichergestellt wird, dass alle diese privaten Schiffe die einschlägigen internationalen Übereinkommen und sonstigen geltenden Vorschriften einhalten und dass alle Flaggenstaaten ihrer Verantwortung gemäß ihren internationalen Verpflichtungen nachkommen“.

Italien hat nun erneut, diesmal in Pozzallo auf Sizilien, 216 Migranten aufnehmen müssen, die in diesem Fall von der italienischen Küstenwache aufgelesen wurden. Mehr als 1000 Migranten sind nun innerhalb weniger Tage auf verschiedenen Wegen in die EU gekommen. Die europäische Migrationskrise kann in diesen Tagen live miterlebt werden.

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Kommentare ( 64 )

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TruppfuehrerFW
2 Jahre her

Das liegt am servilen, zackigen Befehlsempfänger-Wesen der Deutschen.
Nach dem Nazismus ist nun die Zackigkeit gegenüber dem Globalismus angesagt.

Vielleicht sollten wir mal die Zackigkeit und Unterwürfigkeit ablegen ?

TruppfuehrerFW
2 Jahre her

Wir alle müssen Polen, Ungarn und Italien unterstützen. Mit all ihren Schwächen und Macken. Denn diese Völker haben noch alle Tassen im Schrank, im Gegensatz zu den Deutschen !

Also: Urlaub in diesen Ländern machen, Geschäfte machen, vielleicht sogar Immobilien kaufen. Vom hohen Ross runterkommen, denn unser Ross ist Ballaballa !

Roland Mueller
2 Jahre her

So wie derzeit in Frankreich Migrationspolitik gemacht wird, wird das nichts mit der Rückeroberung (Macron) der aus dem Ruder gelaufenen Banlieues. Außer heißer Luft wie bei den Ampeln, haben die französischen Regierungspolitiker ebenfalls nichts im Angebot.

bfwied
2 Jahre her

Solange den Bürgern hier nicht klar ist, wie viel Geld sie für die Migranten bezahlen müssen, was die alles erhalten, wofür sie arbeiten müssen und viele sich gar nicht leisten können, wird sich nichts ändern. Aber keine Regierung kann sich ohne Zustimmen des Volkes lange an der Spitze halten. Sicher sind diejenigen, die sich auf Polizeigesetze bzw. Polizeigewalt stützen können wie die DDR, länger am Ruder, aber auch sie fallen absehbar. Es liegt also am Bürger, jedem einzelnen, an seinem Mut, seine Meinung zu sagen in seinem Kreis und gegenüber Politikern. Es liegt am Bürger, an seinem Mut, den Politikern… Mehr

TruppfuehrerFW
2 Jahre her
Antworten an  bfwied

Ich bin gerade in Italien im Urlaub, und ja, manches sieht ein bisschen kaputt aus.

ABER: Wenn die Araber Deutschland übernehmen, wandere ich hier her aus. Die Italiener wissen sehr wohl über Friedrich von Schwaben/Hohenstaufen, genannt BARBAROSSA (Rotbart) Bescheid !

Friedrich herrschte über das Heilige Römische Reich von der Nordsee bis nach Sizilien.

Also, lieber unter Verwandten als unter Gegnern leben.

Last edited 2 Jahre her by TruppfuehrerFW
Thorben-Friedrich Dohms
2 Jahre her

Die immer wieder vermutete Zusammenarbeit mit Schleppern ist völlig unnötig. Die NGO-Schiffe melden ihre Anwesenheit in der SAR-Zone vor der libyschen Küste per Twitter, Facebook und auf den eigenen Websites. Dort fahren sie sogenannte Suchmuster, die jeder mit PC oder Smartphone leicht nachverfolgen kann. Wer das von den Suchmustern abgedeckte Gebiet ansteuert, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, gerettet zu werden. Zudem kann man seine Position an „Alarmphone“ melden, von wo aus sie an die Küstenwachen, aber auch an die NGO-Schiffe weitergeleitet wird. Aktuell befindet sich kein NGO-Schiff in der besagten SAR-Zone, aber das wird sich nach Betankung, Verproviantierung und… Mehr

Ananda
2 Jahre her

Wieviel kostet so ein illegaler Migrant den deutschen Steuerzahler in dessen anstehenden Sozialsystemleben? Soviel ich weiß etwa 500.000 Euro. Mal nachziehende Sippschaft. Unendliche Berge an Geld, die der Steuerzahler aufbringen oder bürgen muss. Kriminelle verursachen noch reichlich mehr Kosten. Bitte was soll das? Inkompatible, unqualifizierte Menschen, bei denen der absolute Großteil keinerlei Anspruch auf „Asyl“ hat. Aber unsere Gutmenschen Bonzen oder Kapital Marionetten locken Millionen an, führen das Asylentscheidungstheater auf und lassen alle auf unsere Kosten hier bleiben. Ohne Anpassungsanforderungen. Einfach nur destruktiv. Und statt sie an den Grenzen abzuweisen schleust man sie durch ganz Europa Egal was Italien macht,… Mehr

Phil
2 Jahre her

Es ist wie Ayn Rand es kurz und bündig formuliert hat. Wenn irgendeine Zivilisation überleben soll, müssen die Menschen die Moral des Altruismus ablehnen. Sie spricht hier nicht davon den Altruismus grundsätzlich abzulehnen. Sofern sich dieser auf jene Menschen bezieht, zu denen man eine persönliche Bindung hat, erscheint mir Altruismus auch keine schlechte Eigenschaft zu sein, sie ist aber immer und ausnahmslos eine individuelle Eigenschaft und kann nicht institutionalisiert werden. Wenn ich mich meiner eigenen Familie, oder meinen Freunden, oder jemandem in Not gegenüber selbstlos verhalte, so habe ich diese Entscheidung für mich getroffen und meine diesbezüglichen Ressourcen im Überblick.… Mehr

Klaus D
2 Jahre her

Was soll man noch sagen. Der wähler will es so sonst würde er ja nicht überwiegend so wählen wie er wählt bezogen auf alle EU länder. Ich kann mir das nicht wirklich erklären warum das so ist und die wähler weiter diese politik des „untergangs“ wählen.

RauerMan
2 Jahre her

Die NGOs sind Schlepperorganisationen.
Sie locken Menschen zur Überfahrt nach Europa an und geben ihnen die Gewißheit, dort auch aufgenommen zu werden.
Z.B. die EKD mit Bedford-Strom beteiligen sich an vorderster Stelle an den Überfahrten mit ungewissen Ausgang. Sie wissen, daß immer auch Menschen ertrinken, also wärees christlicher den Menschen von der Reise abzuraten, bzw. vor Ort zu helfen.
Die durch das Anlocken geforderten Todesopfer scheinen die NGO
s nicht zu belasten.

TruppfuehrerFW
2 Jahre her
Antworten an  RauerMan

Die EKD schmiegt sich an JEDEN Machthaber an. Auch an die Globalisten.

Wilhelm Roepke
2 Jahre her

Das Ganze wird erst besser, wenn die Rechten endlich in Frankreich regieren, denn Frankreich dominiert die EU. Macron muss durch Le Pen ersetzt werden.

Rainer
2 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Nein , das ganze Lügengespinst von der Seenotrettung hat ein Ende wenn im Dummland sich in dieser Beziehung etwas ändert ! In Schweden ist man auch aufgewacht Keine Aufnahme von Scheinasylanten.