China war jahrelang ein blinder Fleck in der deutschen Medienlandschaft. Das rächt sich nun: Politiker und Journalisten stehen ratlos zwischen Real- und Symbolpolitik, wie sich in der Talkshow Anne Will zeigte.
Korrespondent in Berlin zu sein, ist eigentlich gar nicht so schwer: Die Verwaltung des Bundestages informiert einen über jede Anfrage oder jeden Antrag und liefert die Dokumente dazu gleich mit. Die Ministerien verschicken ebenfalls viel Material. Wenn es zu Fragen kommt, gibt es jede Menge Pressesprecher, die dafür bereit stehen. Es ist nicht schwer, in Berlin zu Geschichten zu kommen. Wie gut die dann sind, ist eine andere Frage.
Über China zu berichten, ist ungleich schwerer. Während es in Deutschland eine Informationspflicht für Behörden gibt, ist es in China umgekehrt. Es ist eher die Ausnahme, wenn Behörden oder Staatsfirmen antworten. Generell sind sie mit Informationen recht sparsam. Eine Recherche aus oder über China oder chinesische Institutionen ist entsprechend mühsam. Vielleicht liegt es daran, dass die designierte Wirtschaftsmacht Nummer eins lange Zeit ein blinder Fleck in der deutschen Berichterstattung war. Während wir breit und laut informierten wurden, wenn der amerikanische Präsident Donald Trump Klopapier am Schuh hatte, schilderten uns die führenden Journalisten eher selten, wie sich chinesische Staatsbetriebe massiv in die deutsche Wirtschaft einkauften.
Gleich am Anfang fragt Anne Will einen ihrer Lieblingsgäste, Melanie Amann, wie sie die Reise des Kanzlers fand: „Gut und richtig war es auf keinen Fall“, sagt Amann. Aber die Reise sei „erfolgreich“ gewesen, weil Xi Putin erstmals öffentlich aufgefordert habe, keine Atomraketen einzusetzen. Die Reise war also gut und schlecht gleichzeitig. Amann ist Chef-Korrespondentin des Spiegel. In Berlin, wo das eigentlich kein schwerer Job ist.
Ähnlich wie Amann äußert sich Stormy-Annika Mildner. Die ist Ökonomin und sagt, wie es sich für einen Will-Experten gehört, dass sie mit der Ampel sympathisiert. Ja, China sei ein wichtiger Markt. Aber war das der richtige Zeitpunkt? Andererseits könne sich Deutschland nicht leisten, nach Russland auch noch mit China zu brechen. Doch hätte Scholz dann Unternehmer mitnehmen sollen? Da wäre doch „ein anderes Zeichen“ notwendig gewesen. Wir müssen also Geschäfte mit China machen, aber ab und an eine Geste der Stärke senden – über dieses „Sowohl als Auch“ kommt Anne Will nicht hinaus.
Besonders speziell ist der Auftritt des Ersten Bürgermeisters in Hamburg, Peter Tschentscher (SPD). Die Medien hätten berichtet, der ganze Hamburger Hafen sei verkauft worden und das sei falsch. Wumms. Das hätten die Medien so nicht berichtet, halten Will und Amann dagegen. Doch. Nein. Doch, windet sich der oberste Hamburger: In den sozialen Netzwerken hätten – da sei der Eindruck entstanden, es sei so. Es ist die SPD 2022: Starke Aussagen. Solange niemand nachhakt.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen ist es, der dem Zuschauer noch am ehesten so etwas wie Erkenntnisgewinn zukommen lässt. Bittere Erkenntnisse. Deutschland sei mit China einen „Grad der Abhängigkeit eingegangen, der uns erpressbar macht“. Durch das Einkaufen in die deutsche Wirtschaft verfüge China gegen Deutschland über ein „teilweise vernichtendes Vergeltungs-Potential“. Es sei ein Staat, der nicht auf Rechte setzen müsse, weil er Macht habe. Der Einkauf in ein Terminal des Hamburger Hafens habe das gezeigt. Hätte Deutschland diesen China verwehrt, wäre China mit seiner Handelsflotte einfach nach Amsterdam gegangen.
Der jüngste Parteitag hat gezeigt, dass China sich in eine noch autoritärere Richtung entwickelt als ohnehin schon. Die No-Covid-Politik hat der Welt Bilder geliefert, wie wenig Bürger- und Menschenrechte in China gelten und wie gruselig der Alltag sein kann. Von diesem Staat sind wir wirtschaftlich abhängig. Was machen wir nun? Was ist die Antwort darauf bei Anne Will? Gar keine. Die Runde wechselt eine knappe Viertelstunde vor Schluss das Thema und geht zum Iran über.
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Tja. Irgendwie ist man von seinen Lieferanten immer „abhängig“, nicht wahr?
Sehen Sie: Wenn Sie wollen, dass Ihre Pizzeria Sie weiterhin beliefert, sollten Sie sich eben nicht in die Privatangelegenheiten einmischen – etwa so: „Warum fahren Sie einen Ferrari? So viel kann doch eine Pizzeria gar nicht abwerfen! Und allein schon wegen des Klimas sollten Sie sich stattdessen ein Lastenfahrrad kaufen. Außerdem ist Ihre Speisekarte nicht gegendert!“
Man muss die geballte Intelligenz der Grünen ,die Ignoranz der SPD und die Wankelmütigkeit der FDP mitbringen um nicht zu erkennen das die deutsche Politik auf eine Katastrophe in der Wirtschaft,in der Gesellschaft und in der internationalen Zusammenarbeit hinarbeiten . Noch niemals haben sich die Hypermoralisten weltweit mehr Ärger eingehandelt als seit Baerbock und Habeck und Scholz in der Regierung. Wie singt schon Falco „ wir ham den Überschmäh „ ,einen Quark haben sie ,diese Politpuppen , diese Schattenspieler am langen Arm unseres „ mächtigsten „ Verbündeten USA. Wenn Biden sagt NS 2 kommt nicht und es explodiert dann ,dann… Mehr
Wir sind auch von den Amis erpressbar. Es ist gut, wenn man seine Erpressbarkeit vielfältig aufteilt, dann ist man nicht nur von einem komplett erpressbar, sondern von mehreren immer nur ein bisschen.
Nun, wenn China die europäischen Häfen gegeneinander ausspielen kann, welchen Sinn und Zweck hat dann die EU? Die dann noch aktiv dabei mitwirkt, europäische Infrastruktur an die Chinesen zu verkaufen?!
Wer sich diesen Mist ansieht, weiß schon vorher, was der Möchtegern- Staatsmann Röttgen von dich gibt. Die schweigende Mehrheit, schalten erst gar nicht bei Will & Co.
Ein kleiner Anteil an einem kleinen Terminal im Hamburger Hafen sind doch Peanuts im Vergleich zu
1) dem Gas welches jetzt billig nach China fließt statt zu uns, oder
2) dem Know deutscher Betriebe in Russland, wie dem Mercedes-Werk, das nun wohl in die Hände der Chinesen fällt.
Recht hat er, der Riesenstaatsmann Röttgen! Ich würde ergänzend hinzufügen: Von den USA werden wir bereits erpresst.
Wir sind nicht wirtschaftlich abhängig von den USA, aber die Abhängigkeit vom russischen Gas durch die Energiewende macht uns innerhalb einer Jahresfrist ärmer.
Den Aussagen von Herrn Röttgen einen Erkenntnisgewinn zuzubilligen, das ist schon mutig. Der Mann hat nichts neues oder auch nur kluges gesagt. Der chinesische Markt ist interessant seit den mutigen innenpolitischen von Deng Xiaoping, und die deutschen Unternehmen haben sehr viel Geld dort verdient UND sehr viele hochqualifizierte Arbeitsplätze hier gesichert. Unsere maschinenbau-Industrie wäre ein Drittel kleiner, und viele Luxus-PKW und Sportwagen wären in Stuttgart und München nicht gebaut worden. Dann kam der Punkt, dass China nicht nur Spitzenprodukte einführen und Billigprodukte exportieren, sondern auf Augenhöhe in- und exportieren will. Es will nicht mehr billige Werkbank sein. Diese Wünsche fallen… Mehr
Als Land mit den meisten Nachbarn weltweit, inmitten Europas, nicht groß, nicht klein, sind wir natürlich in vielerlei Hinsicht abhängig, wie sollte es anders sein. Wobei wir gar nicht so schlecht fahren damit. Ohne die Invasion stünden wir richtig glänzend da. Wir sind zudem das innovativste Land mitten in der innovativsten Region weltweit, https://www.epo.org/about-us/annual-reports-statistics/statistics/2021.html
Da kann man noch viel kaputt machen, aber es gibt auch besondere Chancen, die andere so nicht haben. Führe das jetzt nicht näher aus.
Herr Nouripour redet auch nur sehr klug daher. Wie ich schon mal schrieb leben bei uns immer mehr auf öffentliche Kasse oder andere zwangsweise abgepressten Gebühren. Herr Nouripour hatte alle Möglichkeiten in Deutschland (vor allem bildungsmäßig) in Anspruch zu nehmen. Es blieb wohl bei erfolglosen Versuchen, natürlich auf Kosten der Allgemeinheit. Durch die Quote schaffte er es bei den Grünen (wie viele andere auch) ganz nach oben. Solche Leute kann ich nicht ernst nehmen. Tut mir leid wenn ich dies hier so schreibe. Leute die den Politikbetrieb als Versorgungsstation (last exit mangels eigener Expertise und abgebrochenen Bildungswegen) erkannt und gekapert… Mehr