Totaler Bahnausfall – Deutschlands anfällige Infrastruktur

Nach der Attacke auf die Nord-Stream-Pipelines nun der nächste Sabotageakt auf Infrastruktur, die für Deutschland wichtig ist? Am frühen Sonnabendmorgen brach in Norddeutschland der gesamte Bahnverkehr zusammen, weil der digitale Zugfunk ausgefallen war. Ermittlungen wurden aufgenommen.

picture alliance/dpa | Moritz Frankenberg

Angriffe auf die Infrastruktur in Deutschland hat es in der Vergangenheit schon häufiger gegeben. Ziele waren beispielsweise Krankenhäuser – und die offiziellen Ursachen wurden zwecks Nichtbeunruhigung der Bevölkerung mit internen Ursachen angegeben. In Sicherheitskreisen allerdings ist seit langem bekannt: Russlands hybrider Krieg gegen die westliche Infrastruktur ist gezielte Vorbereitung auf einen möglichen, heißen Krieg, während die entsprechenden Attacken Nordkoreas zumeist auf Erpressung westlicher Devisen zielen und sich die Volksrepublik China im Cyberwar bislang auf gezielte Spionage in allen relevanten Industrien konzentriert.

Wirklich im Bewusstsein der woken Bevölkerung angekommen waren diese Gefahren nie – und auch die politisch Verantwortlichen reagierten in ihrem gefühlten Schlaraffenland eher träge. Erst als vor wenigen Tagen am Boden der Ostsee mehrere Explosionen die derzeit ungenutzten Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 zerstörten, wurde die Anfälligkeit europäischer – und damit auch deutscher – Infrastruktur mit lautem Knall ins öffentliche Bewusstsein gerückt.

Keine Zeit mehr zu verlieren
Die Sabotage in der Ostsee ist ein Anschlag auf den Industriestandort Deutschland
Am frühen Sonnabendmorgen dann der nächste Schlag. Unerwartet kam in Norddeutschland der gesamte Zugverkehr zum Erliegen. Vom ICE bis zum regionalen Metronom – nichts ging mehr. Eine „technische Störung“, so lautete die erste Mitteilung der zuständigen Deutsche Bahn AG. Das sagte erst einmal alles und nichts.

Gegen Mittag dann hatte die Bahn das Desaster im Griff, die Züge fingen wieder an zu rollen. Es gab erste Erklärungen – und erste Spekulationen. Die Bahn ließ wissen, dass „eine Störung des digitalen Zugfunks GSM-R“ die Ursache gewesen sei. GSM-R steht für „Global System for Mobile Communisations – Rail“ und dient dem Zweck, die Kommunikation zwischen den Leitstellen der Zugsteuerung und den Zügen zu gewährleisten. Kurzum: ohne GSM-R kein Kontakt mehr zwischen der Fahrdienstleistung und den Zugführern – mit im wahrsten Sinne des Wortes unsteuerbaren Risiken für das gesamte, eng getaktete System. Also bleiben alle Züge stehen, damit sie nicht chaotisch ineinander krachen.

Inzwischen hat die Deutsche Bahn mitgeteilt, dass die Ausfälle auf Sabotage an Kabeln zurückzuführen sind. Die zuständigen Sicherheitsbehörden hätten die Ermittlungen aufgenommen.

Analog geerdete Digitaltechnik

Das Problem dieser scheinbar hochmodernen Technik: Sie digitalisiert sich immer noch über Kabel. Und diese liegen offensichtlich recht ungeschützt am Bahndamm oder andernorts. So machten offiziell bislang unbestätigte Meldungen die Runde, wonach diese Kabel an zwei relevanten Stellen einfach durchgeschnitten worden seien. Die Folge: Nichts ging mehr. Also machen sich nun Bahn und Sicherheitskräfte auf die Suche nach den Tätern, die man in einer ersten Reaktion geneigt sein mag, bei jenen in Angriffen auf die Infrastruktur geübten Cyber-Kämpfern in Moskau, Pjöngjang oder Peking zu vermuten.

Sendung 22.09.2022
Tichys Einblick Talk: Vorbild-Land abgebrannt?
Andererseits spricht ein glatter, kurzer Kabelschnitt eher für einen regional tätigen Sabotagetrupp als für einen gezielten Cyberangriff auf eine schlecht geschützte, digital vernetzte Infrastruktur. Damit richtet sich das Augenmerk zwar immer noch – der aktuellen Weltlage geschuldet – erst einmal auf Moskau, das entsprechende Sabotageeinheiten beispielsweise mit den Mobilisierungsflüchtlingen eingeschleust haben könnte. Ob die allerdings innerhalb derart kurzer Zeit bereits wissen, wo die entsprechenden Kabel liegen – und ob sie zudem einen Angriff auf die Bahn-Infrastruktur mit derart simplen Mitteln umsetzen, darf durchaus hinterfragt werden.

Insofern kommt nun auch eine andere Tätergruppe infrage, die sich bereits durch das Festkleben auf Straßen und an den Rahmen historischer Meisterwerke sowie das Festketten in Kohleförderanlagen einen Namen gemacht hat. Da zudem diesen Vertretern einer hirnlosen Letzten Generation durchaus in den Sinn kommen kann, den Öl- und Kohletransport zur kriselnden Energieversorgung, der zu einem Gutteil zudem und künftig ergänzt um Flüssiggas über Norddeutschland laufen muss, durch entsprechende Sabotage zu verhindern, ist zu empfehlen, sich mit schnellen Schuldzuweisungen zurückzuhalten.

Unabhängig davon, ob der Staatsschutz nun tatsächlich in alle Richtungen ermittelt – was den Unmut mancher Rebellionsromantiker selbst in Regierungskreisen hervorrufen könnte –, hat die Situation am frühen Samstag einmal mehr die Anfälligkeit der bundesdeutschen Infrastruktur aufgezeigt. Und potenzielle Kriegsgegner wissen spätestens jetzt, dass ein gut geschliffener Seitenschneider völlig ausreicht, um die Deutsche Bahn aus dem Verkehr zu ziehen. Dazu muss man nicht einmal mehr in die Cyber-Tiefen des vernetzten Digitalen eindringen – ein gänzlich traditionell ausgeführter Schnitt an der richtigen Stelle tut’s auch.

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Kommentare ( 69 )

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zweisteinke
2 Jahre her

IMMER zuerst die Frage stellen, bei ALLER linken Propaganda der „Qualitätsmedien: „Wer profitiert davon?“ Wollen nicht die Kaugummifresser mit aller Gewalt ihren über tausende Seemeilen mit Schweröl angetriebenen Supertanker Frackingdreck zu Mondpreisen an die Deutschen verscheuern? So sieht „Umweltschutz“ nach Gutmenschen Art aus.

Last edited 2 Jahre her by zweisteinke
Konradin
2 Jahre her

Jedenfalls Zufall sind die bisherigen beiden Sabotageattentate gegen deutsche Infrastruktur sicher nicht. Direkt oder indirekt stehen sie im Zusammenhang mit dem gegenwärtigen militärischen Konflikt in der Ukraine und der unaufgeforderten Sanktions- und Kriegsinterventionspolitik in die die Berliner Ampel-Regierung Deutschland auf Befehl der deutschen Führungs- und Kontrollmacht USA hineingetrieben hat. Im Übrigen: Kriegspartei kann man UN-völkerrechtlich oder auch faktisch definieren – faktisch kann als Kriegspartei gelten wer z.B. mindestens eine direkt am Krieg beteiligte Partei mit 1. Personal, 2. Material, 3. Informationen, 4. Finanzen unterstützt. Die USA und ihre NATO-Vasallen, allen voran Britannien und Deutschland, unterstützen mit der Ukraine eine Partei… Mehr

LadyGrilka55
2 Jahre her

Aber ist es nicht schon merkwürdig, wenn pünktlich zur geplanten Großdemo in Berlin plötzlich ausgerechnet die Verbindungen im Norden nicht mehr funktionieren? Die im Süden hat man vielleicht nur aus kosmetischen Gründen nachgeschoben, damit des Pudels Kern nicht ganz so offensichtlich wird.

EinBuerger
2 Jahre her

Russland legt den Bahnverkehr in Norddeutschland lahm? Genau. Die typische Handschrift Putins!
Das war ein üblicher linker Anschlag auf die Bahninfrastruktur. Das haben die schon zigmal gemacht. Vermutlich um gegen die AfD Demo ein Zeichen zu setzen.

Schlagsahne
2 Jahre her

Ist schon klar, dass die Bahn das den Russen in die Schuhe schieben will. Dann muss man nicht weiter thematisieren, dass die Antifa offenbar schon in der Lage ist, ganze Streckennetze der Bahn lahmzulegen…

Paul Brusselmans
2 Jahre her

Lieber Verfassungsschutz: gleichzeitig lief in Berlin eine AfD-Kundgebung, das sollte doch zu Denken geben…..einfach die AfD fragen. Wenn die dann behauptet, sie haette nichts damit zu tun, ist dies ein Schuldeingestaendnis. Klimaaktivisten kann man ausschliessen, die durchtrennen nicht, sondern kleben nur.

Kabel am Bahndamm, nicht zu fassen. Vielleicht noch mit dem Schild: Vorsicht, kritische Infrastruktur. Beschaedigung kann zur Lahmlegung des Bahnverkehrs fuehren. Die Beschaedigung koennte aber auch natuerliche Gruende haben, den Klimawandel, oder wurden die Kabel wurden durch einen abfallenden Windradfluegel beschaedigt? EU-Freizuegigkeit nutzende Metallrecycler?

Fragen eines frierenden Arbeiters. PS: heisst die Verbindung Prag Dreseden nun Baghdadbahn?

Last edited 2 Jahre her by Paul Brusselmans
beko
2 Jahre her

Stammt nicht von mir, der andere oder folgende Denkansatz! Aber ich hinterfrage schon, was da gestern an Sabotageakt oder digital/analogem Versagen passiert sein soll?! Ausgerechnet am Tag der von AfD angekurbelten Großdemo in Berlin? Welch grober Zufall??? Würde der Politik ein Massenauflauf aus de ganzen Republik passen? Wohl eher nicht – und nicht zu vergessen, seit einiger Zeit wird totalitär verhindert. Egal ob andere Stimmen im Recht oder nicht – sie kommen von Leugnern, Rechten, V-Theoretikern und anderen bösen Untertanen, während sich bei den „Guten“ immer mehr Tendenzen zum Totalitarismus breit machen?! Mittlerweile und man verzeihe mir meine Denkweise, glaube… Mehr

LadyGrilka55
2 Jahre her
Antworten an  beko

Es gibt im linksgrünen Deutschland keine „anderen Stimmen, die im Recht sind“. Das ist gar nicht möglich, denn „die Partei, die Partei, die Partei, die hat immer recht“, so ist das halt bei Sozialisten, egal ob bei roten, braunen oder grünen.

In der Realität haben natürlich andere Stimmen recht, aber weil die nicht recht haben dürfen, werden sie eben als „rechts“ gebrandmarkt, was für ein Unrecht! Aber so sind eben die linksgrünen Sozialisten, die nur in einer Sache wirklich kompetent sind: in der Realitätsverweigerung.

akimo
2 Jahre her

Was war der in letzter Zeit so vollkommen selbstverständlich erwähnte ‚Staatsschutz‘ nochmal genau?

Mausi
2 Jahre her

Glauben Sie, dass die Situation besser wird mit Digitalisierung, die nicht über Kabel läuft? Sie glauben nicht, dass dann die Waffen anders werden? Keine Ahnung. Klar, der Satellit ist nicht mehr analog zu erreichen. Aber es gehört ja zu diesem Anschlag nicht nur eine Schere. Man braucht auch das Wissen um die Knotenpunkte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass kabellose Digitalisierung sich nicht angreifen lässt. Die schönsten Theorien lassen sich wunderbarerweise über den Hintergrund aufstellen: Klima? Na, so ein Anschlag ist nicht gerade ein Argument, mir die Bahn anstelle des Autos schmackhaft zu machen. Putin? Ach, der hat das doch… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Mausi
Peter G.
2 Jahre her
Antworten an  Mausi

Im TV verlautete, dass nicht nur die Hauptleitung sondern zugleich deren Reserveleitung durchtrennt wurden. Das spricht für tiefreichende Kenntnisse der Bahn-Infrastruktur sowie planvolles Vorgehen. Beides ist den FFF-Hüpfern eher nicht zuzutrauen.

Mausi
2 Jahre her
Antworten an  Peter G.

Ja, das stimmt. Ich wollte damit ausdrücken, dass Klima und Minderjährigen-Hüpfer als Mäntelchen für vieles dienen. Wo immer es passt. Nur ist das hier eben absolut unlogisch.

alter weisser Mann
2 Jahre her

„Und potenzielle Kriegsgegner wissen spätestens jetzt, dass ein gut geschliffener Seitenschneider völlig ausreicht, um die Deutsche Bahn aus dem Verkehr zu ziehen.“
Sorry, aber das wissen die und andere doch längst.
Selbst Otto Normabürger weiß es, allein durch etliche Kabelbrände der letzten Jahre und deren Wirkung.

Mausi
2 Jahre her
Antworten an  alter weisser Mann

Ich frage mich, wo man ansetzen muss, um einen Blackout zu verursachen. Vielleicht war das ganze eine Warnung, dass sich noch ganz andere Schäden verursachen lassen.