Führen die Energiekrise und Fehler der EZB zum Bankencrash?

Dass die Lage für den Bankensektor ernst ist, zeigt auch die erstmalig eingesetzte „allgemeine Warnung“ des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken. Er konstatiert aktuell „eine Reihe schwerwiegender Risiken für die Finanzstabilität“. Von Alexander Mitsch

IMAGO / Hannes P. Albert

Dramatisch steigende Energiepreise belasten zahlreiche Sektoren der europäischen und besonders der deutschen Wirtschaft. Vielen Unternehmen gelingt es nicht, die gestiegenen Kosten für Energie in Form höherer Preise an ihre Kunden weiterzugeben, zumal deren eigene Kaufkraft ja durch die Inflation geschmälert wird.

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Die Folge sind sinkende Gewinne oder sogar Verluste, welche in einigen Bereichen existenzbedrohend sind und zur Insolvenz führen werden (sofern nicht nach Habeck einfach aufgehört wird zu produzieren). Mehr Insolvenzen bedeuten nicht nur mehr Arbeitslose und Verluste für die Eigenkapitalgeber, sondern in hohem Maße auch für die Fremdkapitalgeber, im mittelständischen Bereich also insbesondere für die Banken. Deren Kredite an die betroffenen Unternehmen werden nicht mehr zurückgezahlt, womit bei den Banken hohe Abschreibungen notwendig werden, was bedeutet, dass die finanzielle Lage der Banken schlechter wird.

Schon jetzt sind teils spektakuläre Kreditausfälle zu beobachten, dabei hat die Rezession gerade erst begonnen. Das ganze Ausmaß ausfallender Kredite wird sich also erst noch zeigen. Außerdem besteht die Gefahr, dass auch andere Vermögenswerte in den Bankbilanzen durch die aktuelle Krise an Wert verlieren, etwa Aktien, Anleihen und Immobilien. Auch kann die enge Verflechtung der Banken durch gegenseitige Kreditvergaben schnell zu einer Kettenreaktion führen, wenn einzelne Banken ihre Kredite nicht zurückzahlen können.

Hinzu kommt, dass die durch die jahrelange Niedrigzinspolitik der EZB, immer strengere regulatorische Vorschriften und die Corona-Krise ohnehin gebeutelten Banken selbst mit strukturellen Problemen im operativen Geschäft zu kämpfen haben. Teilweise ist sogar die Eigenkapitaldecke schon etwas dünn.

Die Anzeichen einer Bankenkrise verdichten sich. Der Aktienkurs des einstigen Flaggschiffs Credit Suisse zum Beispiel hat in den letzten 12 Monaten rund 60 Prozent verloren. Die Prämie für eine Kreditausfallversicherung für das Schweizer Institut ist seit Juni um das Vierfache gestiegen. Klare Zeichen dafür, dass die Investoren ihr Geld bei der Bank nicht mehr gut aufgehoben sehen – eine gerade für Banken existenzbedrohende Entwicklung, die 2007 schon beinahe die gesamte Finanzwirtschaft zum Einsturz gebracht hätte. Es gilt als sicher, dass die Credit Suisse neues Kapital in Milliardenhöhe benötigt – aber wer soll das angesichts der Entwicklung geben?

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Dass die Lage für den Bankensektor ernst ist, zeigt auch die erstmalig eingesetzte „allgemeine Warnung“ des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken. Er konstatiert aktuell „eine Reihe schwerwiegender Risiken für die Finanzstabilität“.

Da das Funktionieren des Bankensystems mit seiner Finanzierungsfunktion immer noch systemrelevant ist, droht bei weiteren Verspannungen dort die Gefahr eines Flächenbrands. Denn die durch Corona, Energiepreisschock, Krieg in der Ukraine und Inflation ohnehin schwer angeschlagene Wirtschaft ist auf die Kredite der Banken angewiesen. Werden diese nicht mehr gewährt, geraten viele Unternehmen in Liquiditätsnot. Das wiederum würde die Probleme der Banken weiter verschärfen und könnte in eine dramatische Abwärtsspirale münden.

Es scheint sich nun zu rächen, dass die EZB mit Unterstützung der Politik jahrelang die Geldmenge aufblähte und mit Niedrigzinsen die Kreditvergabe übermäßig stimulierte. Nicht nur, dass dies inflationssteigernd und damit jetzt krisenverstärkend wirkte. Die hohe Geldmenge suchte sich Anlagen und schuf so auch Blasen an den Kapital- und Immobilienmärkten, die nun platzen könnten. Der lange herrschende Negativzins machte es für Staaten attraktiv, sich höher zu verschulden, statt effizient und sparsam zu wirtschaften.

Demzufolge sind die Schuldenberge deutlich angewachsen und engen den zukünftigen Spielraum, etwa bei Krisen, deutlich ein. Außerdem floss viel billiges Geld in eigentlich unprofitable Projekte und Unternehmen, welche in einem normalen Zinsumfeld kaum überleben können und daher in ständiger Gefahr sind. Da die steigende Inflation die Notenbanken jetzt zwingt, die Zinsen anzuheben, wird die höhere Zinsbelastung aus den Schulden viele Staaten, Unternehmen und Haushalte in Schwierigkeiten bringen.

Es ist also durchaus zweifelhaft, ob die EZB oder die Staaten in diesem Umfeld in der Lage sind, den gefährdeten Bankensektor notfalls zu stützen. Ein Bankencrash, der durch politische Fehler der Vergangenheit befeuert wird, ist jedenfalls nicht auszuschließen.

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Kommentare ( 13 )

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HeinerL
2 Jahre her

Als 2002 das „Jahrtausendhochwasser“ der Elbe alles überschwemmte (kleine Anmerkung: nach 11 Jahren war das Jahrtausend schon vorbei, denn 2013 kam das nächste … wie das eben so ist mit den Jahrtausenden, Tausendjährigen Reichen etc.) … also 2002 sagte mir ein Freund: Mensch, was für spannende Zeiten, erst erleben wir den Untergang eines ganzen Systems (wie er doch irrte), dann fliegen Flugzeuge absichtlich in Wolkenkratzer und nun wird Mitteldeutschland geflutet … Es hätte doch damit an Highlights wirklich gereicht. Aber nix da, der Irrsinn ist seitdem in 10er-Potenz gewachsen. 16 Jahre Merkel und 1 Jahr Ampelmänn:*+/-Innen fahren alles, was uns… Mehr

Mausi
2 Jahre her

Hauptsache, die EZB hat für ihren eigenen Betrieb ein ausreichendes Notstromaggregat.

Und hoffentlich hat jedes Windrad eins. Denn ohne Fremdenergie können die wohl nicht anlaufen, vgl. Artikel auf Achgut.

Funktionieren eigentlich Sonnenkollektoren bei einem Blackout?

Last edited 2 Jahre her by Mausi
Peter Schulze
2 Jahre her
Antworten an  Mausi

Nein. Die Wechselrichter der normalen PV Anlagen brauchen die 50 Hz des Netzes als „Steuerstrom“. Inselanlagen ohne Netzanbindung arbeiten weiter.

Prometheus
2 Jahre her

Der Papst hat nicht ohne Grund die Überweisung aller Kirchengelder an die Vatikanbank bis zum 30. September angeordnet. Walmart hat Mrd.-Dollar-Bestellungen storniert. Gewisse Player wissen mehr. Man muss sich einfach nur klar machen, dass die katholische Kirche der größte Immobilienkonzern der Welt ist…Die bereiten sich grad alle auf eine große, wenn nicht sogar die größte Wirtschaftskrise der Geschichte vor. Die Wirtschaft bricht weltweit zusammen. China hat Probleme im Immobiliensktor und im Westen bricht alles wegen zu hohen Energiekosten und fehlenden Rohstoffen zusammen. Egal welches Land man sich weltweit anschaut, überall steigt die Inflation. Die Probleme von der Lehman-Krise wurden nicht… Mehr

Teiresias
2 Jahre her

So wie die Verknappungs- und Verarmungspolitik namens „Green Deal“ mit vorgeschobener Klimapropaganda von antidemokratisch ausgekungelten EU-„Eliten“ geplant und vorangetrieben wird, muss man klar von Vorsatz ausgehen. Seit Schäuble in der NYT verkündete, man brauche die Krise, um „Europa“ weiterzuentwickeln, wurde eine Krise nach der anderen inszeniert – „Und der Fürst sprach zum Kaplan, halt du sie dumm, ich halt sie arm.“ Die potentiell aufmüpfige Mittelschicht soll weg, weil Umstürze nie von den Armen ausgehen. Die Eigentumskonzentration bei den Hyperreichen wird vorangetrieben – Inflation ist immer auch Umverteilung von unten nach oben bei gleichzeitigem Schuldenabbau. „Ihr werdet nichts besitzen, und ihr… Mehr

Julie Krefeld
2 Jahre her

Leider stimmt das bei den Volkswirtschaften nicht so ganz…es wird erst ein Problem wenn die Zinsen nicht mehr tragbar sind… zurückzahlen der Schulden geht gar nicht

elly
2 Jahre her

was ist denn mit Basel III, Nachfolger von Basel I und II? https://de.wikipedia.org/wiki/Basel_III Wieder mal Regelungen geschaffen um hochdotierte Posten für Berater, Aufsichtsräte, Vorstände zu schaffen? Ach, ich vergaß „Im Oktober 2021 stellte die EU-Kommission einen Entwurf zur Umsetzung der neuen Regelungen in der EU vor. Hierzu soll insbesondere die CRR erneut angepasst werden.[12] Die Vorschläge der EU-Kommission orientieren sich an den Basler Beschlüssen, weichen jedoch in verschiedenen Details ab. Wichtigster Unterschied ist das Inkrafttreten, das erst für 2025 vorgesehen ist.“ Na da kann ja noch fröhlich gegen die Wand gefahren werden, Deutschland rettet doch. Ist halt alles systemrelevant und alternativlos. Bei Banken,… Mehr

ketzerlehrling
2 Jahre her

Warum nicht? Wenn schon Crash, dann richtig. Totaler Zusammenbruch, ein bisschen Bombardement aus Russland und voilà, schon ist das grüne Wirtschaftswunder wahr. Die Überlebenden dürfen wieder aufbauen, dieses Mal trifft es die Wohlstandsschrottgeneration.

Protestwaehler
2 Jahre her

Ich verstehe auch nicht warum man mir ständig abverlangt für mein Sondervermögen Dispozinsen zu zahlen :-/

Bernd Bueter
2 Jahre her

Leute, bringt euer Geld in Sicherheit. Wer viel hat, im Ausland, umgetauscht in SF. Die kleinen Summen in guten Wertschränken zuhause. Wenn der Crash losgeht, ist jede Bank geschlossen, jeder Geldautomat abgeschaltet und Onlinebanking nicht mehr möglich. Selbst an eure gemieteten Schließfächer kommt ihr, die Regierung schon, nicht mehr ran. Girokonto nur noch etwas oberhalb des monatlichen Umsatzes im Plus halten. Kleinste Silbermünzen erwerben, um nach dem Eurocrash kauffähig zu bleiben. Es reicht nicht an das wann sondern vor allem an das danach zu denken. Das grün-rote Sozialismusregime steuert mit aller Macht auf den staatlichen Zerfall zu. Jegliche Ordnungsform soll… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Bernd Bueter
H. Meierhuber
2 Jahre her

Die EZB weiß genau, was sie tut. Zum Beispiel gilt Deutschland in Brüssel als „over-banked“, mittelstandsorientierte kleine Sparkassen und Genossenschaftsbanken passen nicht in die Agenda der zentralen Planwirtschaft samt digitaler Zentralbankwährung.