Knight Rider: „Ein Mann und sein Auto kämpfen gegen das Unrecht“

Vor 40 Jahren begann die Produktion von "Knight Rider". Die Serie über ein selbst denkendes Auto wurde zu einem großen Erfolg und einem Meilenstein des deutschen Privatfernsehens.

IMAGO / Allstar

„Des is woas mit Autos. Die Deutschen mögen Autos.“ Gespühr fürs Publikum zu haben, ist gar nicht so schwer, wie immer getan wird. Zumal dann nicht, wenn man Helmut Thoma ist, ein Genie der deutschen TV-Geschichte. Und ein Österreicher, der es versteht, aus seinem Näschen für Erfolg kein großes Ding zu machen. Auch nicht, als er „Knight Rider“ günstig aus den USA einkauft.

Das mit dem Auto funktioniert in Deutschland. Aber die Serie hat weitere Stärken. Sie knüpft an die erfolgreichen Krimiactionserien der 70er Jahre an wie etwa „Einsatz in Manhatten“, „Die Straßen von San Fransisco“ oder „Starsky und Hutch“. Hinzu kommt ein für die frühen 80er Jahre typisches Element: Neugier auf das Thema Künstliche Intelligenz. Der Star der Serie ist – Thoma weiß das – das Auto.

„KITT“ kann denken, sprechen, beschleunigen wie kein anderes Auto und über Hindernisse springen. Zudem ist er kugelsicher und auch leichtere Sprengsätze machen ihm nichts aus. Doch oberste Regel für Science Fiction: Der Held muss ein Kryptonit haben. Schwächen, die ihn aushebeln. Sonst wird’s doch schnell etwas langweilig. Kitt hat nicht viele. Eine davon ist, dass er Anlauf nehmen muss, um über Hindernisse zu springen. Das gibt der fürs Werbefernsehen produzierten Sendung eine feste Zeitdramaturgie: Nach 24 Minuten, vor dem ersten Werbeblock, scheitert ein Sprungversuch. Meistens schneidet die Produktionsfirma aus Kostengründen den selben Güterzug in die Folge, der Kitt im Anlauf in den Weg fährt. Nach 40 Minuten glückt dann ein Sprung. Fünf Minuten später kommt der Verbrecher dorthin, wo er hingehört: Ins Gefängnis.

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Auch hier ist „Knight Rider“ ein typisches Kind der 80er Jahre. Im Kino ist das eine Übergangsphase. Nach Vietnam, Vietnam-Papers und Watergate herrschte in den USA der 70er Jahre großes Misstrauen gegenüber der Regierung. Das wirkte sich auf das Kino aus. Selbst in Blockbuster-Produktionen wie „Der weiße Hai“ oder „Der Untergang der Poseidon“ tauchen korrupte oder dilettantische Obrigkeiten als festes Element auf. Diese skeptischen Filme weichen in den 80ern Achtionhelden wie Rambo: Sie stehen für das optimistische Amerika der Reagan-Ära, in der sich der gute Starke einfach den Weg über Feinde und Zweifel bahnt.

Knight Rider steht an der Grenze zwischen beiden Epochen. Michael Long, später Knight, ist ein enttäuschter Polizist, der im Dienst angeschossen wurde und frustriert ob der Korruption seiner Vorgesetzten ist. Er stellt sich in den Dienst der „Knight Foundation für Recht und Verfassung“. Als die Serie 1982 startet, nimmt diese Foundation das Recht noch in die eigenen Hände. Doch umso länger „Knight Rider“ gedreht wird, desto stärker arbeitet Michael Knight mit seinen ehemaligen Kollegen zusammen.

Der „Knight Rider“ – der fahrende Ritter – ist David Hasselhoff. Ein bis dato unbekannter Darsteller, der zwar enorm gut aussieht, dessen mimisches Talent aber überschaubar ist. Was sich nicht so schlimm auswirkt, schließlich ist das Auto der Star der Serie. Das treue Pferd des Ritters. So wie Michael meist in schwarzes Leder gekleidet auftritt, hüllt sich auch Kitt in schwarzes Blech. Unterbrochen nur von roten Lichtern, vor allem der markanten, waagerechten roten Lampe auf der Motorhaube. Konterkariert wird dieses martialische Erscheinungsbild in der deutschen Synchronisation von Kitts Sprecher Gottfried Kramer. Der verleiht dem gepanzerten Pferd etwas Snobistisches. Ein Ton, der später für den Cheers-Ableger „Frasier“ typisch sein wird.

Die Serie spielt immer wieder mit dem Wechsel aus Humoristischem und Martialischem. Der Trailer ist eindeutig Letzteres: Erst sorgt eine Basslinie für die richtige Stimmung – im amerikanischen Original ist sie markanter als in der deutschen Version. Dann setzt ein für die 80er typischer Synthisound ein. Und Manuel Naranjo formuliert in wundervoll tiefer Stimme: „Ein Mann und sein Auto kämpfen gegen das Unrecht.“ Im amerikanischen Vorspann betont der Text stärker, dass Michael Knight selber eigentlich außerhalb des Rechts steht. 1982 ist das Misstrauen in die Obrigkeit noch stärker als 1985, als die Serie erstmals in Deutschland läuft.

Anfangs hat sie wenig Zuschauer. Das bedeutet aber nicht, dass „Knight Rider“ floppt. Es liegt schlicht daran, dass „RTL plus“ kaum Reichweite hat. Kabelfernsehen ist noch teuer und nur wenige Familien gönnen sich den Anschluss. Erst in der Zweit- und Drittausstrahlung hebt die Action so ab, wie es Kitt tut. Es entsteht ein Merchandising-Markt mit Hörspielfolgen und Miniatur-Kitts, die sich aufziehen lassen. Hasselhoff wird in Deutschland zu einem Weltstar, dem das Publikum sogar das von Jack White produzierte „Looking for Freedom“ abkauft, das dann tatsächlich die Mauer fallen lässt – aber das ist eine andere Geschichte.

Zur Geschichte von „Knight Rider“ gehört, dass die Serie einen Meilenstein in der Geschichte von „RTL plus“, dem heutigen RTL darstellt. Der Privatsender geht 1984 an den Start. Das L steht für Luxemburg, dem damaligen Sitz der heutigen Kölner. Die Anfänge sind chaotisch. Vor allem das erste Jahr. Der Sender besitzt kaum Rechte, Filmmogul Leo Kirch steht hinter dem Projekt, aus dem das heutige Sat1 geworden ist. Oft sagen die Moderatoren um 16 Uhr Filme an, die sie um 18 Uhr wieder absagen müssen. Die Luxemburger improvisieren.

Die ersten Moderatoren kommen vom Radio. Anfangs macht RTL Fernsehen tatsächlich wie Radio: Ein Moderator führt durch den Tag, plaudert vor sich hin, unterhält die Zuhörerschauer. Statt Musik gibt es zwischendrin Filmbeiträge oder Werbung. Sehen tut das kaum jemand. Zum einen wegen der fehlenden Reichweite. Rufen Zuschauer im Live-Programm an – auch so ein Radio-Element – dann kommen die aus dem Saarland, wo RTL per Antenne zu empfangen ist. Oder aus dem Großraum Hannover, wo es ein Kabelpilotprojekt gegeben hat und mehr Menschen das Angebot empfangen als im Rest der Republik. Damals regiert die CDU in Niedersachsen. Während sich die SPD und die Grünen gegen Kabelfernsehen wehren, wird es von der Regierung Helmut Kohls gepusht.

Die besten Quoten fährt anfangs das Testbild ein, das bis 16 Uhr zu sehen ist. Ihm unterlegt RTL das Radioprogramm. Das gilt als origineller als die miefigen ARD-Angebote. Die Beatles laufen zum Beispiel bereits in Luxemburg, als sich die ARD-Funktionäre genau wie SED-Chef Walter Ulbricht noch gegen das „Yeah Yeah Yeah“ wehren. Dank Kabelfernsehen können die Niedersachsen RTL-Radio endlich in UKW-Qualität hören – und machen davon vergleichsweise reichlich Gebrauch.
Ein festes Sendeschema erhält RTL erst später. Ab da kommen Nachrichten immer zur gleichen Zeit. Bestimmte Sendeplätze sind für Actionserien vorgesehen, andere für Shows oder Filme. RTL professionalisiert sich. Kabel wird günstiger und immer mehr Familien lassen sich ans Netz anschließen. In diese Phase hinein entdeckt Thoma „Knight Rider“. Die Serie wird nach dem Testbild zum ersten großen Erfolg des Senders. Klar, ein Auto. Die Deutschen mögen das.

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Kommentare ( 11 )

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11 Comments
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Alexis de Tocqueville
2 Jahre her

Die Kunst imitiert das Leben, und das Leben imitiert die Kunst. Die Filme der 60er strotzen vor Optimismus. Die Zukunft ist schön, ist utopisch, ist erstrebenswert. Man träumt von der Eroberung des Weltraums, die Figuren sind Helden ohne Fehl und Tadel. Dann kommt Vietnam, kommt die Ölkrise. Die Versprechen von der strahlenden Zukunft erfüllen sich nicht. Was sehen wir in den 80ern? Dystopien und Endzeitfilme noch und nöcher: Mad Max, Class of 1999, Robocop, Terminator, Die Klapperschlange Snake Plisskin, Tron, Aliens, The Day After, Predator, Running Man, Outland, Die Fliege… und natürlich Blade Runner. Slums, Ghettos, Armut, Verfall. Die nahe… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Alexis de Tocqueville
Jerry
2 Jahre her

Leider haben sich die Filme, sagen wir mal ab 2010, nochmal in eine ganz andere Richtung entwickelt: Zu Erziehungsfilmen!
Allein die veränderten Kriterien für die Oscar Vergabe sagen eigentlich alles.
https://www.dw.com/de/oscar-reform-für-mehr-vielfalt-im-kino/a-54864965
Zumindest bei mir hat das dazu geführt, dass ich mir solche Filme erst gar nicht zumute, sondern lieber auf meine recht umfangreiche Filmsammlung der letzten normalen(!) Jahrzehnte zurückgreife.

szenaria
2 Jahre her

Danke für diesen wundervollen Artikel. All Jene, die sich freudig dieser Zeitreise anschließen, das sind auch Diejenigen, die dieses Land zur Blüte brachten. Und es sind Jene, die den Freiheitsbegriff und das Grundgesetz als das begriffen, als was es ersonnen wurde. Die Freiheit des Individuum. Und genau das ist der Grund, dicke Karren, verwegene amerikanische Schauspieler und das versumpfte Amerika zu damaligen Zeit noch immer toll zu finden. Es war die Zeit der freien Entfaltungsmöglichkeit. Die grün-rot bis tiefrot Woken unter ihrem Regenbogenhimmel sind wohl nicht in Lage das Lebensgefühl der blühenden Nachkriegsjahre nachzuvollziehen. Ein verdrehtes Sprachverständnis, gebrochene Bildungsbiografien und… Mehr

Harry Charles
2 Jahre her

ICH LIEBE MEIN AUTO, da bin ich ganz sicher typisch deutsch: unter anderem, weil es so schön berechenbar ist (anders als z.B. Frauen) – wenn etwas kaputt ist, dann baut es man es Schritt für Schritt aus, der Logik und Ratio folgend, und das Neue ebenso Schritt für Schritt wieder ein. IN 99,5% der Fälle (der Rest ist vernachlässigbar und wenig frusterregend) funktioniert es dann. Aus einem anderen US-Film der 80-er stammt die Zeile „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.“ Ich bin zwar gegen Planwirtschaft, aber bei einer Autoreparatur ist es ein beglückendes, männliches Gefühl, wenn ein Plan funktioniert.… Mehr

Alexis de Tocqueville
2 Jahre her
Antworten an  Harry Charles

Frauen sind eigentlich ziemlich berechnenbar. Man weiß zwar nicht wann sie grundlos ausflippen, aber man weiß, dass sie es tun werden. 😉

„Wenn einem damals einer gesagt hätte, dass unsere Gesellschaft ab dem Jahr 2015 etwa mal so völlig durchdreht, man hätte ihn für verrückt erklärt.“

Obwohl sich die Filmkunst der 80er unentwegt damit beschäftigt hat, dass die Welt den Bach runtergeht. Apokalypse bald sozusagen. Snake Plisskin, Class of 1999, Mad Max, Terminator…

Return
2 Jahre her
Antworten an  Harry Charles

Sie sprechen mir mit vielen ihrer Worten aus dem Herzen. Das heutige Deutschland erscheint mir wie ein Albtraum – wie ein wahrgewordener dystopischer Horrorfilm. Sollte keine politische Wende eintreten, (und diese ist nicht zu erkennen), ist Deutschland dem endgültigen Untergang geweiht. Allerdings müssen wir erkennen, dass in den 1980ern bereits all die Entwicklungen längst in vollen Gange waren, die zu den heutigen Zuständen geführt haben. Die von ihnen genannten „Linksgrünen“ waren in den 1980ern dabei sämtliche Elite-Institutionen des Staates zu unterwandern oder hatten diese bereits schon erfolgreich unterwandert. Die CDU und ihr „Umfeld“ brachte ihnen keinen Widerstand entgegen. Und die… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Return
Iso
2 Jahre her

Ich weiß nicht, Knight Rider, Bay Watch, A-Team oder Mac Gyver, das ist so richtig nerviger Ami-Kitsch, von dem man mal gehört, aber nichts gesehen hat. Die Privaten sind sowieso ziemliche Assisender, die ohne jeden Inhalt auskommen und neuerdings mit mehr Afrikanern in der Werbung nerven, als im Görlitzer Park mit Crack handeln. RTL ist besonders schlecht, aber das sehe ich nicht allein so. Man muss sich nur deren Aktienkurs ansehen. Da geht es stetig bergab und es gibt da nichts, was mich einen Abend vor diesem Sender halten würde. Falls sie doch mal einen echten Kinofilm bringen, dann hat… Mehr

RMPetersen
2 Jahre her

Heute wäre der Star ein Elektro-Fahrrad, darauf eine nicht-weisse Transfrau.
Und gekämpft würde gegen SUVs und zu warme Heizungen.

Ede
2 Jahre her

Ja, das waren noch Zeiten. Heutzutage würde es bestimmt Kritik hageln, weil es „falsche Anreize schafft“ und nicht Klima – konform ist.. Außerdem werden essentielle Quoten nicht eingehalten.
Manchmal wünsche ich mir in der Zeit zurückreisen zu können. Aber dieses „Gedankengut“ outet mich als „ewig gestrigen“ 😉
Scherz beiseite, ich bin stolz darauf die 80er als junger Mensch erlebt zu haben!

Jerry
2 Jahre her
Antworten an  Ede

Ich wünsche mir auch oft die 80er zurück, war das beste Jahrzehnt. Knight Rider würde ich mir aber auch dieses Mal nicht anschauen, ich mochte die Filme nicht. Gibt aber genug Serien die ich mir wieder reinziehen würde, Simon & Simon wäre z. B. so eine 🙂

Frank K.
2 Jahre her
Antworten an  Ede

So ist es. Die 80’er und 90’er waren die besten Jahrzehnte der Nachkriegszeit. So frei, unbeschwert und unkompliziert wird die Welt nie wieder sein.

Last edited 2 Jahre her by Frank K.