Pünktlich und zuverlässig brachte sie die Menschen in Deutschland von hier nach da und stand für technischen Fortschritt und Mobilität in einem freien Land, in dem wir gut und gern gelebt haben. Die Deutsche Bahn, mit der wir gut und gern gefahren sind. Von Bettina Hagen
Und heute? Wofür steht die Deutsche Bahn in diesen Zeiten eigentlich, in denen alle nur noch von Klima und Krise, von Zukunftsängsten und Niedergang, von Dunkeldeutschland und Spaltung der Gesellschaft reden?
Was ich diesbezüglich höre, wenn vom Fahren mit der Bahn die Rede ist, sind nur Hiobsbotschaften: defekte Züge, Verspätungen, schlechter Service, genervte Leute. Und die Bilder – speziell von den 9-Euro-Ticket-Wochenenden – waren auch nicht gerade dazu angetan, den Traum vom erholsamen Reisen schmackhaft zu machen.
Aber trotz alledem: Die Leute reden viel, wenn der Tag lang ist, und ich selbst rede gern nur über Dinge, die ich aus eigener Erfahrung kenne und beurteilen kann. Ich reise nicht mehr so viel und gern wie früher, aber den TE-Autorentag wollte ich mir nicht entgehen lassen. (Ganz nebenbei: Der Autorentag war äußerst informativ, lehrreich und unterhaltsam.) – Also ab von Hamburg nach Frankfurt und zurück.
Der Online-Ticketkauf funktionierte leider nicht. Ob ich einen Eingabefehler gemacht hatte oder der Fehler im System lag …, wer weiß das schon? Also blieb nur das Reisezentrum im Hamburger Dammtor-Bahnhof, das ich am Nachmittag zur normalen Geschäftszeit aufsuchte. Die Schlange davor war riesig lang, der Anblick frustrierend. Besonders, wenn man durch die Scheiben ins Reisezentrum blickte. Von drei Schaltern war sage und schreibe nur einer besetzt. Nach gefühlten hundert Minuten erbarmte sich eine weitere Mitarbeiterin seelenruhig, nach der Kaffeepause noch mit der Tasse in der Hand, ihren PC anzuwerfen und dem wartenden Fußvolk mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Die Fahrt nach Frankfurt verlief dann reibungslos – außer dass kein Getränkeservice stattfand und ein Klo verstopft war.
Dann kam die Rückfahrt um 11:58 Uhr ab Frankfurt Hauptbahnhof. (Über das Bahnhofsumfeld möchte ich mich an dieser Stelle eher nicht auslassen.) Ich war sehr rechtzeitig da, um noch Kaffee, Sandwiches und Zeitungen für unterwegs zu kaufen. Ein Blick auf mein Ticket sagte mir, dass der Zug von Gleis 3 abging. Aber es ging gar nix von Gleis 1 bis 3. Abgeriegelt, stillgelegt oder wer weiß was. Da mein Zug noch nicht auf der großen Anzeigetafel erschienen war, blieb mir nur das Anstehen beim Reisezentrum übrig.
Ich vertrieb mir die Zeit mit dem Betrachten der Menschenmassen und dem Verfolgen der Lausprecherdurchsagen: „Regionalzug nach A. … ausgefallen“. „ICE nach B. 30 Minuten Verspätung“. „IC Nach M. heute auf Gleis 7 statt auf Gleis 4“ usw. usf. … So ging es ununterbrochen.
Als ich schließlich auf dem mir zugewiesenen Gleis 8 ankam, schoss mir ein Riesenpulk von Leuten mit Koffern und Geschrei entgegen, die offensichtlich in letzter Minute zu einem anderen Bahnsteig beordert worden waren. Mehrere Bahnbeamte waren belagert von wütenden Reisenden und versuchten, etwas Ruhe in das Chaos zu bringen. Nachdem die Leute weiter gehetzt waren, sagte ich zu einem der Beamten, der noch so aussah wie vom alten Schlag: „Ich bewundere Sie. Wie halten Sie das bloß aus?“ „Das ist nicht zum Aushalten, ich kann bald nicht mehr …“ Diese Antwort schien mir aus tiefstem Herzen zu kommen.
Mein ICE fuhr ein. Die Anzeigentafel kündigte eine pünktliche Abfahrt um 11:58 Uhr an. Der Zug – auch die erste Klasse – war voll. Es wurde 12:10. Der Zug stand immer noch. Dann die Durchsage. Es gäbe einen Defekt und der Lokführer – ja: der Lokführer – sei dabei, das Problem zu lösen. Dann fiel das Licht aus zusammen mit der nächsten Durchsage, dass das Problem immer noch nicht gelöst wäre. Eisiges Schweigen im Waggon, die Stille des Zorns. Schließlich eine halbe Stunde später: „Der Zug fällt leider aus, weil …“
Wir sollten den nächsten Zug nach Hamburg nehmen, der gegenüber auf Gleis 9 stünde. Der Zug sei aber auch schon voll. Das kümmerte aber niemand – auch mich nicht. Und so muss man sich an Bilder von Zügen in Kalkutta oder sagen wir lieber mal in Tokyo erinnern: Züge, vollgestopft wie eine Sardinendose.
Klar, der Zug konnte so natürlich aus Sicherheitsgründen nicht abfahren. Wir wurden über Lautsprecher aufgefordert auszusteigen, weil die Eingangsbereiche überfüllt waren. Was ich auch tat, weil ich direkt am Ausgang stand. Die meisten Leute aber blieben schweigsam, stur und mit geballter Faust in der Tasche stehen.
Ich rannte zum Kopfende des Gleises, wo sich bei diesem Zug die erste Klasse befand. Und siehe da: Das Abteil war zwar voll und man musste im Gang stehen, aber der Eingangsbereich war wenigstens frei. Dann sah ich, wie der kaputte Zug aus dem Bahnhof geschleppt wurde und Security-Leute in gelben Warnwesten unseren Zug enterten.
Ich stand an der gläsernen Schiebetür im Waggon, vor der sich ein schmaler Sitzplatz und ein kleiner Metallsockel befanden. Gerade ausreichend für eine halbe Pobacke. Zum Glück hatte die nette Frau, die dort saß, nichts dagegen, dass ich mich hinkauerte und ganz klein machte … das kann ich nämlich auch. So hoffte ich, dass die Security bei meinem mickrigen Anblick ein Auge zudrücken würde. Den beiden anderen umstehenden Frauen erklärte und begründete ich, dass ich die obligatorische Maske wohl überwiegend unter der Nase tragen würde und – oh Wunder – sie hatten für meine Argumente Verständnis.
Plötzlich rollte der Zug nach mehr als eineinhalb Stunden Verspätung ohne Vorankündigung an, nur um gleich darauf wieder in Frankfurt Süd zu halten. Die Security-Leute, die es nicht mehr bis zu den letzten Waggons – in dem auch ich saß – geschafft hatten, stiegen aus … Auf einmal spielte die Sicherheit keine Rolle mehr, denn man wollte schließlich rechtzeitig zum Abendbrot zu Hause sein.
Und weil’s so schön war, hielt der Zug noch einmal auf freier Strecke, ohne dass wir erfuhren warum. So „genoss“ ich den Anblick der riesigen Windparks, die gerade wegen Windstille keine Vögel schredderten, aber auf ihren gewaltigen Betonsockeln die Kämme der Mittelgebirge bei Kassel überragten. Sie rundeten das Stimmungsbild dieser Reise ab.
Ein Schaffner ließ sich auf der gesamten Fahrt nur einmal blicken, als er sich wegen der vielen stehenden Leute durch den Mittelgang zwängte und mich auf das falsche Tragen der Maske hinwies. Ordnung muss sein, Fahrkartenkontrolle dagegen: Fehlanzeige. Bis Hannover durfte ich dann die Zeit noch stehend oder kauernd im Zug verbringen. Dort stieg nämlich die nette Frau aus. Und mit ihr fiel ein Stück Wandverkleidung auf den Boden, die Kabel und anderes Innenleben zum Vorschein brachte. Nachdem ich erschöpft auf ihrem Sitz Platz genommen hatte, kam ich mit eindreiviertel Stunden Verspätung in Hamburg Dammtor an.
Das Reisezentrum – von wegen der Reklamation – hatte natürlich schon geschlossen. Die generösen 15,80 Euro Schadenersatz (25 Prozent des Fahrpreises für die einfache Fahrt unter zwei Stunden Verspätung) holte ich mir am folgenden Tag ab. Wieder bei einfacher Besetzung des Reisezentrums und langer Schlangenbildung.
Thank you for choosing Deutsche Bahn! – Nein, diese verunglückte Reise mit der Deutschen Bahn Anno Domini 2022 war kein Drama, kein großes Unglück, und sie hat mich als Beobachter der Szene noch nicht mal an den Rand des Ausflippens gebracht. Aber sie war für mich ein Spiegelbild, eine Facette der desolaten Zustände in diesem Land, in dem wohl derzeit eine Menge Züge ungebremst aufeinander zurasen.
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Da hier in den Artikel Japan erwähnt wird: Die haben in meinen Augen das beste Bahnsystem der Welt. Die Züge kommen Pünktlich sind sauber, die TOILETen funktionieren. Es gibt Panorama Züge die durch die schönsten Landschaften fahren(z.b am Fuji San vorbei) Es gibt Schlafzüge(mit richtigen Schlafkabinen)usw. Gab es bei uns auch mal. Wurde aber abgeschaft von der Bahn. Zu teuer. Was würde ich für einen Shinkansen in Deutschland geben. ?
Das ist völlig normal bei der Dt. Bahn. Jeder der öfter fährt kann das bestätigen. Am meisten regt mich aber auf, wenn man seinen Anschluß wgn. 10 Min versäumt und dann 1 Std warten darf.
Eine Stunde warten geht ja noch irgendwie, aber inzwischen muss man die Züge so wählen, dass man nach Fahrplan den vorletzten Anschlusszug des Tages erreicht, damit es für den letzten mit eingermaßen Sicherheit reicht.
Die Deutschen wählen ganz überwiegend Weltrettung statt Nationalinteresse und jeder Dritte oder Vierte gar nicht. Entsprechend werden ihre Interessen von den Gewählten auch nicht vertreten! Im Großen ist das femistische Außenpolitik, ein leitender Parteisoldat als BVerfGPräs. und ein Kanzler ohne Gedächtnis; im Kleinen ein verwahrloster Staatsbetrieb namens „Die Bahn:in“ oder die Regenbogenbinde mit kniefallender „Die Mannschaft:in“. Haltung statt Leistung, Idelogie statt Vernunft, Moral statt Produkt und Rotgrüngelbmerkelistas statt AfD. Warum die Deutschen unverdrossen immer wieder so oder gar nicht wählen, konnte mich zwar jahrelang beschäftigen, ist mir aber mittlerweile egal. Ich habe anderes zu tun und zu überlegen; zum Beispiel… Mehr
Vor Corona habe ich die Bahn gern für Ausflüge oder Messebesuche benutzt. Mittlerweile empfinde ich schon vor Fahrtantritt Wut und Frust, weil ich den Zug nur betreten darf, wenn ich der Obrigkeit meinen Gehorsam durch das Tragen der Maske beweise. Polizisten und Sicherheitsleute sind streng und unerbittlich gegenüber denen, die sich nicht dem Corona-Regime unterwerfen wollen. Nach der Bahnfahrt bin ich glücklich, weil ich dem Unterdrückungsapparat vorerst entkommen bin.
Interessante Frage habe ich. Ich habe in diesem Jahr die innere Zugverbindung in Italien und Frankreich einige Male benutzt – moderne Züge, sauber, pünktlich und kostet ca. ein Viertel von hiesigen Preisen. Wie schaffen die es, die nicht so hoch moralisch wie wir sind?
Als Kind mochte ich die Bahn. Mit den Eltern in den Urlaub nach Österreich, im Schlafwagen, welch ein Abenteuer. Auto hinten mit dabei. Gibts alles nicht mehr. Anfang der Nuller Jahre fuhr ich noch oft von Regensburg (Studienort) nach Düsseldorf. Platz habe ich nicht reserviert, denn es gab ja den gemütlichen Speisewagen. 5 Stunden Fahrt, 5 Bier und zwo leckere Chili con Carne. Ein Buch dazu, es war sehr gemütlich. Dann verschwand der Speisewagen, und wurde ersetzt durch einen Stehimbiss mit weniger Charme als dem in einer beliebigen Tankstelle. Statt lecker gekochtem Essen gab es da abgepackte Ekelsandwiches. Das wars… Mehr
Ihr Bericht entspricht voll der Wahrheit. Ich war am Mittwoch in Muenchen mit Umsteigen in Stuttgart. Die Hinfahrt war fast puenktlich. Die Hinfahrt von Muenchen begann mit Verspaetung, dafuer hat die oestr. Bahn einen schoenen Speisewagen mit guenstigen Preisen. Den Anschlusszug in Stuttgart rreichte ich, weil dieser Zug einen Schaden hatte. Dafuer bekam ich 12 mails ueber meine Verspaetungen
Witzigerweise sitze ich gerade in einem ICE der DB nach Süden. 5 min Verspätung bei der Abfahrt, ein nachfolgender ICE hat 40 min Verspätung. Das Personal läuft eifrig durch den Zug, keine Kontrolle. Eigentlich ein herrlicher Normalzustand. Die Leute auf dem Bahnsteig in vorauseilendem Gehorsam schon ihre Maske auf, ein in der Zwischenzeit ekelerregender Anblick, im Zug alle brav und artig. Ich trinke meinen vom Bahnhof mitgebrachten Kaffee (Servicepersonal ist leider unsichtbar, richtige Entscheidung also). Bahnfahren macht keinen Spaß mehr, aber wenigstens werde ich heute pünktlich ankommen und bin gespannt, wer sich an der Grenze seinen Lappen aus dem Gesicht… Mehr