Der Protest gegen die Ampel ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen

Der Frust über die Politik ist längst kein Phänomen des radikalen Randes mehr. Das zeigt die Wucht, die der Post einer Metzgerei auf Facebook erhält. Die Polizeigewerkschaft GdP rechnet mit einem anstrengenden Herbst.

IMAGO

Nudeln mit Wurstgulasch – für 6 Euro die Portion. Das sind klassische Tagesgerichte der Metzgerei Wolf in Vielank, einem kleinen Ort im Westen Mecklenburg-Vorpommerns. Ihre Speisekarte veröffentlicht die Metzgerei auf Facebook. Mal teilen das zwei Kunden, mal fünf Kunden – ein Beitrag mit Bildern aus der Metzgerei wird knapp 30-mal geteilt.

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In der Nacht zum Sonntag ändert die Metzgerei den Ton. Sie schreibt einen Beitrag über die Energiepolitik der Bundesregierung. Über 300-mal wird der bis zum Montagmorgen kommentiert, über 900 Nutzer setzen ein Emoji als Reaktion und über 1.800 Nutzer teilen den Beitrag. Die Metzgerei Wolf scheint einen Nerv getroffen zu haben. Im Beitrag heißt es: „Guten Abend, die massiven Erhöhungen der Energiepreise trifft nicht nur die Bäckereien, auch uns als Fleischerei trifft es mit voller Wucht!“ Der Abschlag für Strom habe sich für die Metzgerei von 2.950 auf 8.450 Euro im Monat erhöht. Umgerechnet in Nudeln mit Wurstgulasch sind das 1.408,3 Portionen. Nur für den Strom.

„Wie sollen wir diesen Betrag erwirtschaften?“, fragt die Metzgerei Wolf. Und gibt auch die Antwort: „Es ist schlichtweg nicht möglich, es über die Verkaufspreise wieder reinzuholen.“ Die Wut richtet sich gegen die Bundesregierung: Sie solle „endlich gegen diesen Wucher“ vorgehen. „Ansonsten wird auch unsere Traditionsfleischerei, genauso den Bach runter gehen, wie wahrscheinlich alle anderen Handwerksbetriebe ob Bäcker, Fleischer und so weiter.“ Durchhalteparolen würden nicht helfen.

Screenprint via Facebook

Die „Schweigespirale“ ist gebrochen. Die Wut über die ruinöse Energie- und Wirtschaftspolitik der Ampel ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Zwar versuchen verantwortliche Politiker wie die Innenministerin Nancy Faeser (SPD), den Kampf ums wirtschaftliche Überleben als rechts und rechtsextrem zu framen. Doch dieser Kniff – erfolgreich während der Pandemie – scheint immer weniger zu funktionieren. Zumindest das „Hufeisen“ ist schon mal im Protest gegen die Ampel vereint.

An Montagen rufen zwar tatsächlich extrem rechte Gruppen zu Demonstrationen auf. Aber auch die Partei die Linken. Sie will ein „breites Bündnis“ gegen die Ampel schmieden und verspricht einen „heißen Herbst“. Wobei sie sich gleichzeitig von den Rechten abgrenzen will. Dadurch entstehen absurde Situationen. So wie am vergangenen Montag, als die Linken vor der Bundesgeschäftsstelle der Grünen demonstrierten. Unter den rund 1.000 Teilnehmern waren auch ein halbes Dutzend „Freie Linke“. Sie unterscheiden sich von anderen Linken dadurch, dass sie Corona-Maßnahmen ablehnen. Bereits diese kläglich kleine Gruppe reichte, um die „Antifa“ aufmarschieren zu lassen und diesen Teil des breiten Bündnisses auszuschließen. Quasi in Anlehnung an einen alten 68er-Slogan: „Komm schon Spießer, reih dich ein, halt mit uns Gesetze ein!“

Demonstrationen in Berlin und Leipzig
Die Linken rufen zum „Heißen Herbst“ auf der Straße
Diese Spaltung der Protestbewegung hilft der Polizei nicht. So lustig die Auseinandersetzung zwischen Maßnahmen-Gegnern und anarchistischen Verordnungs-Einhaltern ist. Schon sechs Leute reichen, um die Polizeipräsenz erhöhen zu müssen. Deren Kräfte sind erschöpft, warnt Oliver Malchow im RBB24 Inforadio. Zu wenige Beamte insgesamt, mit zu viel Einsätzen und Überstunden im Kreuz ließen eine Überanstrengung befürchten, wenn der Herbst wirklich heiß werde, sagt der Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP. Zudem seien die Polizisten in die Pandemie in die politische Auseinandersetzung gezogen worden. Das will der Gewerkschafts-Chef künftig vermeiden.

Hohe Energiepreise treffen alle. Von Stromausfällen gar nicht zu reden. Entsprechend ist die Wirtschaftspolitik der Ampel kein Thema mehr, das ausschließlich von den extremen Rändern des Hufeisens aufgegriffen wird. Der Protest ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Etwa bei der Metzgerei Wolf, mit Nudeln und Wurstgulasch für 6 Euro. Sie kündigt auf Facebook an: „Die Metzgerei ruft zu politischem Engagement auf: Wir werden ab sofort regelmäßig auf jede Demo gehen und wir rufen auch alle Bevölkerungsgruppen dazu auf!“ Es sei ihnen auch egal, wer zur Demo aufrufe.

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Kommentare ( 87 )

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Sani58
2 Jahre her

Sie immer mit den “ extrem Rechten“.
Wer soll das sein?
Ich sehe nirgends Springerstiefel, Naziparolen, Aufrufe zur Abschaffung des Grundgesetzes.
Also wo sind die?
Ist die Forderung nach einem Politwechsel zum Wohle der angestammten Bevölkerung rechtsextrem?.
Nein, ich meine das ist rechtskonservativ. Das ist legitim und normales politischens Spektrum, anscheinend in allen Demokratieen, außer in Deutschland.
So weit sind wir nun schon.
Gut, das ich alt bin, ist nicht meine Zukunft.
Schwurbelt ruhig weiter. Unterdrückt weiter auch hier Meinungen durch Nichtveröffentlichung.
Gute Nacht.Deutschland.

Franz O
2 Jahre her

Doch dieser Kniff – erfolgreich während der Pandemie – scheint immer weniger zu funktionieren.“

Der Kniff hat schon bei der Pandemie eine Ecke schlechter funktioniert, als er es noch bei der Masseneinwanderung getan hat.

a.bayer
2 Jahre her

Das Problem ist, daß es – überparteilich- unabhängig gewissermaßen- jede Menge Leute gibt, die durch die Energiewende reich werden. Denen ist unser Land völlig wurscht; in Deutschland verdiente Euro können sie ja auch in der Toskana oder in Miami verjubeln…

Last edited 2 Jahre her by a.bayer
Autour
2 Jahre her

Na ob der Protest in der Mitte angekommen ist wird die Wahl in Niedersachsen zeigen! Ich prophezeie ihnen, dass nichts angekommen ist!
Deutschand muss erst wieder komplett in Schutt und Asche liegen bevor der Dummichel kapiert was los ist! Nein wir haben noch einen lange Weg vor uns!

nachgefragt
2 Jahre her
Antworten an  Autour

In Niedersachsen kann man von daher nichts erwarten, weil bei vielen Stadtwerken die neuen Strompreise noch nicht vor den Wahlen an die alten Kunden weitergegeben wurden. Als gekündigter Kunde und Neukunde bei einem Grundversorger, dem bereits die neuen Preise mitgeteilt wurden, kann ich Ihnen sagen, dass die Überraschung nach den Wahlen in so manches Gesicht geschrieben stehen wird. Bislang hält man sich vielleicht noch für einen Glückspilz, dass man ja auf das richtige Pferd beim Versorger gesetzt hat. Aber wie das eben so ist beim Regional-Filz: Man versaut sich ungerne gegenseitig das Geschäft. Die Politik wird sich bestimmt bei den… Mehr

eschenbach
2 Jahre her

Es gab mal eine Zeit, da galt bei den Grünen die Devise; „Small ist beautiful“. Wieder ein Prinzip, dass auf dem Altar der Energiewende geopfert wird.

Waldorf
2 Jahre her

Der Versuch der Regierung, ihr unerwünschte Demonstrationen als „Rechts“ zu framen und in Ruhe ihren Stiefel weiter machen zu können, vom dämlichen Herdenbürger ungestört, muß und wird scheitern. Die Klima- und Energie-Politik der Ampel (und früher der Union) ist derart unfähig und unsozial, dass es noch den Friedliebesten auf die Palme treiben wird oder schon getrieben hat. Schon lange vor dem Ukrainekrieg hatten wir die höchsten Stromkosten Europas und auch unsere Heizkosten waren saumäßig hoch. Jetzt sind sie durch jede zumutbare und vorstellbare Decke geknallt. Da ist nichts mehr zu framen, die politische Atombombe („Preissignale“ LOL) wurde im Portemonnaie aller… Mehr

Andreas Stueve
2 Jahre her

Sehr geehrter Herr Thurnes, selbst “ extrem rechts “ ist von Grundgesetz gedeckt. Bitte entwerten Sie sich nicht selbst.
Unsere Regierung besteht aus extrem Linken, schon einmal bemerkt?

Damon71
2 Jahre her

Die Schließung von Metzgereien ist von den Grünen doch genau so gewollt, auf diese Weise sollen wir alle zwangsweise zu Vegetariern umerzogen werden, daher wird der Protest die Verantwortlichen auch einen Scheiß interessieren.

John Farson
2 Jahre her

Tipp an der Autor: Statt sich ausufernd über SED Schergen zu freuen, welche nun wieder so tun, als wären sie Freund der Bürger, oder irgenwelche belanglosen Facebook Post zum Start großer bürgerlicher Proteste umzudeuten, mal die Rede von Alice Weidel analysieren, sowie die Pressekonferenz. Frau Weidel war nämlich die einzige, die dem Bürger die Wahrheit sagte: Die nächsten sechs Monate werden verheerend, dagegen war alles bisherige ein Kindergeburtstag. Das hat auch der brave Metzger noch nicht kapiert, der natürlich, in halb sozialistisch-deutscher Manier, den bösen Konzernen die Schuld gibt. Es ist die Politik, welche die Energie vorsätzlich verknappt und die… Mehr

Wilhelm Roepke
2 Jahre her

Es gab und gibt keine „Schweigespirale“, das ist Unsinn. Was es gab, war politisches Desinteresse. Die Themen waren: Wetter, Urlaub, Party, wo gehen wir am Samstag hin, wie spielt die Borussia, mein Chef ist doof, unser Nachbar mäht am Sonntag den Rasen, meine Frau hat Migräne, usw. Uninteressant waren: der Streckbetrieb der Kernkraftwerke, der Staatssekretär Graichen, die Wahl in Schweden, der Kohletransport auf dem Rhein, das BBK, der Füllstand der Gasspeicher, die. Jetzt lenken die Preiserhöhungen massiv von den o.g. Lieblingsthemen ab. Wenn am Ende des Geldes erst der 19. des Monats ist, kann ich Politik nicht mehr ignorieren. Fast… Mehr

Epouvantail du Neckar
2 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Auch Sie täuschen sich-hier in meiner unmittelbaren Nachbarschaft und in der Famile waren oder sind alle von Ihnen aufgezählten Themen Gegenstand von Diskussionen. Und was die Schwedenwahl betrifft-jetzt muß nur noch Italen und Frankreich rechts wählen-dann stehen unsere Politelden im Regen.

elly
2 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Roepke

die Maskenpflicht war und ist Aufreger, die Bundesnotbremse aber, die eine anlasslose Hausdurchsuchung möglich machte, interessierte niemanden. Wichtig war eine bundesweite Regelung, damit die Bewohner auf den Halligen genau so in den lockdown mussten, wie die Bewohner in Hintertupfingen.
Ja, an den Nebenkriegsschauplätzen reiben sich die Menschen auf und verlieren den Blick auf das Wesentliche..

Mausi
2 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Sinn und Zweck einer Demokratie und eines Rechtsstaates ist es m. E., dass der Bürger sein Leben angstfrei und friedlich leben kann. In politischem Desinteresse. In dem Augenblick, in dem das Leben nach den eigenen Wünschen nicht mehr möglich ist, weil nämlich die Politik in den vergangenen Jahrzehnten den Rechtsstaat aus den Augen verloren hat, sich massiv in Richtung Durchregeln und Planwirtschaft bewegt hat, in dem Moment bricht unser Rechtsstaat und damit die Demokratie zusammen. Denn Planwirtschaft bedeutet Zwang. Für jeden Einzelnen. Der eine mag den Zwang toll finden, weil er die vorgegebenen Ziele zu ihm oder zu seinem Geldbeutel… Mehr

Waldorf
2 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Nicht umsonst wußten die römischen Kaiser, der Plebs braucht „Brot und Spiele“ sonst gibt’s Aufstände. „Spiele“ (also Zeitvertreib mit oder ohne Niveau) gibt’s heute wie Sand am Meer, nur das „Brot“ wird jetzt erstmals seit Jahrzehnten knapp oder unbezahlbar, was aufs Gleiche hinausläuft. Dämliche Politiker, die sich für Aushilfspädagogen der Massen halten, waren und sind der Meinung, dass „Preissignale“ die Massen in die klimagerechte Zukunft steuern und reglementieren würden. Teures Gas und teuerer Strom sei pädagogisch wertvoll, viel davon einzusparen. Die dämlichen Verschwender im reichen Deutschland sind ja faktisch Massenmörder der Südsee und das müßte pädagogisch wertvoll geändert werden –… Mehr