Elisabeth verkörperte die Würde des Amtes und die Ausstrahlung ihres Charakters in ihrer Person. Die Zukunft wird zeigen, ob ihre Nachfolger dieses ebenso wie sie fortsetzen und die Idee der britischen Monarchie in diesem chaotischen 21. Jahrhundert erhalten können.
Der 28. Mai 1965 war in Hamburg ein sommerlicher Tag. Um einen Blick auf den Staatsbesuch aus dem fernen Britannien zu erhaschen, erklommen mein Schulfreund und ich das Ehrenmal für die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs am Dammtor-Bahnhof und klammerten uns irgendwie an den Beinen des Halbreliefs dieses wenig ansehnlichen Betonklotzes fest. Eine andere Möglichkeit, über die Köpfe der Menschenmenge hinweg irgendetwas zu sehen, gab es nicht – und ohne es auch nur im Ansatz zu ahnen, entstand so nicht zuletzt eine gewisse Symbolik, wenn zwei gerade einmal zehnjährige Steppkes gleichsam auf den Gebeinen jener, die sich für Reich und Empire gegenseitig den Tod gegeben hatten, der Königin jenes Landes zujubelten, das nach dem letzten, verheerenden Krieg in der Hansestadt die Besatzungsmacht gestellt hatte.
Mein Vater hatte uns damals mitgenommen zu diesem Jahrhundertereignis, dessen Tragweite uns in unserer Jugend nicht bewusst sein konnte. Als Nachkriegskinder hatten wir zwar noch in den Bombentrichtern und zwischen Häusertrümmern gespielt – doch das Verständnis für die eigentliche Tragweite dessen, was sich keine zehn Jahre vor unserer Geburt auf dem Planeten Erde abgespielt hatte, stellte sich erst später ein. Das Ereignis dieses kurzen Momentes am Dammtor-Bahnhof selbst sollte sich dennoch für immer in das Bewusstsein eingraben. Dieser mühsam erhaschte Blick auf die Königin von England, damals noch eine junge Frau, die dennoch schon länger im Amt war als ich selbst auf dieser Welt, ließ irgendwelche feindlichen Gefühle gegenüber den „Tommies“ niemals zu. Auch nicht, als erst später wirklich aufgearbeitet werden sollte, wie Bomber-Harris mit der Operation Gomorrha die den Briten traditionell verbundene Hansestadt an der Elbe zu einem Feuerofen gemacht hatte.
Die Aussöhnung nach dem verheerenden Krieg
Genau und nur zwanzig Jahre war es damals her, dass die deutsche Wehrmacht ihre bedingungslose Kapitulation gegenüber den Alliierten erklärt hatte. Als der nationalistische Traum der Sozialisten von einem germanischen Weltreich unter deutscher Führung sein historisches Ende gefunden und eine neue Weltordnung hinterlassen hatte, in der zwei Supermächte miteinander konkurrierten und der Rest der Welt nur zuschauen konnte.
Umso höher zu bewerten war der Mut der jungen Königin, mit Deutschland das Land ihrer Vorfahren zu besuchen, dessen Feldzüge maßgeblich dazu beigetragen hatten, die globale Dominanz der Europäer und damit die des Empires zu beenden. Mit ihrem Besuch von 1965, der vor allem in England nicht nur auf Gegenliebe traf, schlug sie auf ihre Weise ein neues Kapitel in den nicht immer glücklichen Beziehungen zwischen den Angelsachsen und dem Kontinent auf.
Elisabeth hatte früh erkannt, dass die Splendid Isolation der Inseleuropäer kein Weg mehr sein konnte, um in einer sich wandelnden Welt erfolgreich zu bestehen. Der Einfluss ihres Prinzgemahls Philip aus der Verbindung der Häuser Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg und Battenberg, von den Briten lange Zeit wegen dieser deutschen Herkunft beargwöhnt, wird dabei nicht zu unterschätzen sein. So, wie der durch manche Exzentrik populäre Duke of Edinburgh bis zu seinem Tod am 9. April 2021 stets der Queen zur Seite stand und als heimlicher Manager des Königshauses galt, war auch er jemand, der stets über die Ufer des Königsreichs hinaus in die Welt blickte.
Ein Fels in der Brandung
Was damals, in jenem Mai 1965, noch niemand ahnen konnte, war die Länge der Amtszeit dieser Elizabeth Alexandra Mary aus dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha, dessen englische Linie sich 1917 in „House of Windsor“ umbenannt hatte. Als Elizabeth II. am 8. September 2022 auf ihrem Schloss Balmoral in Schottland starb, hatte sie eine Ära geprägt. In einer Zeit, in der die europäische Zivilisation sich zunehmend selbst zu Grabe trug, war sie nicht nur für ihre Briten ein steter Fels in der Brandung, der Sockel, auf dem das Königreich auch dann noch stand, als das Empire zerfallen war.
Auch wenn sie sich nie öffentlich zur Tagespolitik äußerte – wenn sie sich politisch positionierte, dann geschah dieses über Besuche, Symbole und Gesten. So positionierte sich Elisabeth auch ohne ein Wort in der Diskussion um den EU-Austritt durch ein Outfit in sanftem Blau mit gelben Sternen ebenso, wie sie die von ihr als falsch empfundene Entscheidung unkommentiert akzeptierte.
Aussöhnung als Lebensaufgabe
Wie die von ihr als unverzichtbar betrachtete Anbindung an den Kontinent, war ihr die Aussöhnung mit Deutschland ebenso ein Herzensanliegen wie die Aussöhnung mit den Iren, die in der Vergangenheit unter britischen Königen wie kaum ein anderes Volk Europas gelitten hatten.
Den Zerfall des Empires konnte Elisabeth dennoch nicht aufhalten. Nicht nur ehemalige Kolonien, die sich vom House of Windsor abkehren und sich zur Republik erklären – selbst in Schottland, das in einem Jahrhunderte währenden Kampf von den Briten unterworfen worden war, sollte der Geist der Unabhängigkeit neu erwachen. Und so mag nun ihr Tod in ihrem Sommersitz auf dem schottischen Schloss Balmoral selbst eine eigene Symbolik entfalten, sollte es ihrem Sohn und Thronfolger Charles nicht gelingen, die stets aufsässigen Nordbriten vom Verbleib in der geeinten Monarchie zu überzeugen.
Das Ende einer Ära
Mit dem Tod Elisabeths, die mit 70 Jahren und 214 Tagen auf die längste Amtszeit eines Monarchen überhaupt zurückschauen kann, geht eine Ära zu Ende. Er fällt in eine Zeit, in der mit dem russischen Überfall auf die Ukraine, dem imperialen Gehabe der Rotchinesen, dem weltweiten Erstarken totalitärer Regimes und der Abkehr zahlreicher Staaten dieser Erde von den Ideen der aufgeklärten Europäer die Illusionen und Hoffnungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vergehen wie die Nebel von Avalon.
Die Hoffnung der britischen Monarchie ruht nun auf einer Generation, die vom 1982 geborenen Thronfolger William wird repräsentiert werden müssen. Entstammte schon seine Mutter Diana Spencer dem niederen Adel, so signalisiert vor allem die Ehe Williams mit der Bürgerlichen Catherine Middleton einen Wandel, der das Ansehen des Hochadels nicht mehr aus der Position, sondern vor allem aus der Persönlichkeit des Würdenträgers herleitet.
Elisabeth gelang es, die Würde des Amtes und die Ausstrahlung ihres Charakters in ihrer Person zu verkörpern. Die Zukunft wird zeigen, ob ihre Nachfolger in der Lage sein werden, dieses ebenso wie sie fortsetzen und die Idee der britischen Monarchie in diesem chaotischen 21. Jahrhundert erhalten zu können.
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Der Verlust der Queen wirkt über die historische Bedeutung ihrer Regentschaft hinaus deswegen so einschneidend, weil sie in eine Zeit fällt, in der es gerade die Europäer selbst sind, die sich von ihren eigenen Ideen der Aufklärung und ihrer Geschichte glauben abwenden zu müssen. Insofern erscheint der Tod Elisabeth II. wie ein Symbol des Abschieds von einer besseren Zeit.
Bei aller Wertschätzung für Elisabeth II. sollte man die Rolle der britischen Monarchie nicht übertreiben. Das Empire war nach dem 1. und dann nach dem 2. Weltkrieg einfach nicht mehr zu halten, egal, wie sympathisch und moralisch integer die symbolische Führungsfigur auch sein mochte. Der politische Zeitgeist stand dem entgegen. (Wobei manche Staaten, gerade in Afrika, vermutlich besser gefahren wären, hätten sie weiterhin unter britischer Verwaltung gestanden, so ketzerisch das auch in Zeiten hysterisch-aggressiven „Postkolonialismus“ auch klingen mag. Auch die Einwohner Hongkongs, das vor Ankunft der Briten genau wie Shanghai nur ein besserer Fischerhafen ohne Bedeutung war, wären heute wohl… Mehr
Die „New York Post“ meldete, während Königin Elizabeth II ihren letzten Stunden entgegen sah, erhob sich in den sozialen Medien eine schrille Stimme der U.S.-Sprachprofessorin UJU ANYA, nigerianischer Provenienz, von der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh, PA und wünschte der Monarchin einen „excruciating death“, einen qualvollen Tod ! In einem weiteren Kommentar trug ANYA nach: „Ich hörte, der Hauptmonarch eines diebischen, vergewaltigenden, genozidialen Empires stirbt endlich. Ich habe nur Verachtung für die Monarchin einer Regierung, welche den Genozid vollzog und meine halbe Familie massakrierte und vertrieb“. — Die „NYP“ erhielt auf Anfrage von der Universitätsleitung die Antwort, „Wir entschuldigen uns… Mehr
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Die EU-Nomenklatura würde Schottland ohne weiteres in die EU aufnehmen, wenn sie schon bereit ist, dies mit korrupten Oligarchenstaaten wie der Ukraine zu tun oder die Türkei weiterhin als „Anwärter“ duldet. Mit der Aufnahme von künftigen Kostgängern hatte das Brüsseler Regime ohnehin noch nie ein Problem. Könnte nur schwierig werden, wenn beim europäischen Dukatensche..er Deutschland demnächst die Lichter ausgehen werden.