Wie Politik Stil und Anstand verloren hat

Während das Volk geknebelt wird, kümmern sich die Herrschenden keineswegs um ihre eigenen Verordnungen. Merken sie wirklich nicht mehr, wie sie sich in ihrem Paralleluniversum inzwischen meilenweit vom Volk entfernt haben und wie Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen?

IMAGO/STPP

Nein, wenn es um Stilfragen geht, die inzwischen zu Politik entstellt werden, will ich mir das angemessene Wort dafür verkneifen. Obwohl es einem schwer fällt. Also wähle ich die harmloseste Variante: Merken wir eigentlich gar nicht, wie wir von den herrschenden Politikern auf den Arm genommen werden? Hinter die Fichte geführt, veräppelt und zum Narren gehalten werden?

Beispiel: Die Kollegen von BILD haben gerade im Reichstag recherchiert. Was da ans grelle Tageslicht kam, raubt einem den Atem: Während der Sommerpause werden die menschenleeren Gebäude von der Bundestagsverwaltung so behandelt, als wären sie proppenvoll. Das Licht brennt selbst am helllichten Tage, die Klimaanlagen laufen auf Hochtouren, alle Fahrstühle und Rolltreppen sind in Betrieb. Energiesparen? Pustekuchen! Weit und breit nichts davon zu sehen in den heiligen Hallen von Reichstag und Abgeordnetenhäusern.

MANGELVERWALTUNG STATT VERSORGUNG
Das Spargipfele zu Stuttgart
In Berlin wurde extra eine Verordnung geschaffen, die es den Senatoren erlaubt, mit ihren dicken Dienstwagen privat in den Urlaub zu fahren. Gleichzeitig verkünden die Politiker aus ihren Urlaubsorten (die sie doch sicherlich mit Fahrrad oder Ruderboot erreicht haben) den größten Horror für uns Bürger: weniger Auto fahren, Heizung und Klimaanlagen neu justieren, kochen nur noch mit Deckel und duschen höchstens drei Minuten. Unbekümmert schwurbeln sie vor sich hin. Eine allumfassende Verschwörungs-Praxis, die jede Theorie bei Weitem übertrifft. Der Guru der Grünen, Winfried Kretschmann, droht seinem Ländle jetzt sogar mit einem „Sparbüchle“. Während das Volk bedroht und zur gegenseitigen Denunziation angehalten wird, kümmern sich die Herrschenden keineswegs um ihre eigenen Knebel-Verordnungen. Volksverdummung im Endstadium. Anstands- und Haltungs-Leugner, nur krude querdenkende Weintrinker und Wasserprediger.

Einen Höhepunkt erreichte dieses „Auf den Arm Nehmen“ zum Wochenanfang. Das Heil-Faeser-Duo reiste im Rahmen des beliebten Kriegstourismus in die Ukraine. Nicht mutig zu Putin, um ihm als früher doch engste Verbündete und Besucher massiv ins Gewissen zu reden. Nein, Ukraine. Und dort fröhlich mit der ach so umweltfreundlichen Bahn. Weder Arbeits- noch Innenminister waren im Zug mit Maske zu sehen.

Wer bei der Deutschen Bahn so erwischt wird, kann gleich aussteigen. Klar, das Virus existiert offenbar ohnehin nur noch in Deutschland. Alles um uns herum lacht sich schief, wie wir uns in Todesangst irrsinnigen Verordnungen unterwerfen. Und während das Volk angehalten wird, für den Frieden zu sparen und zu spenden, ja sogar zu frieren, präsentieren sich die Wallfahrer mit ihrem Pilgerziel Bürgermeister Klitschko lachend und Sekt schlürfend auf einem Balkon.

Noch peinlicher allerdings die heute erschienene Ausgabe der Modezeitschrift Vogue — mit einer langen Foto-Modestrecke des ukrainischen Präisdentenpaares „aus der ukrainischen Hölle“. Ja, Sie lesen richtig: Modefotos mit allem stylischen Drum und Dran. Ein Hochglanz-Foto-Shooting, während allein 150.000 Flüchtlingskinder in deutschen Schulen sitzen. An Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten: Assistenten, eine Frisörin, eine Stylistin, eine Visagistin und dazu die Starfotografin Ann Leibovitz. Keine ukrainischen Kriegsbilder von verwundeten Menschen, nein: Aufs Cover hebt Vogue die Frau des Camouflage-Präsidenten, Olena Selensca.

Wer denkt da nicht daran, als im selben Blatt die Frau des syrischen Diktators einst hemmungslos-heuchlerisch über die Güte ihres Gatten schwadronieren durfte? Dort nun also die Selenskyjs. Fotos zum Beispiel vor einem ausgebrannten russischen Kampfjet mit perfektem Make-up, perfekt sitzender Frisur, in passende Braun-Grün-Töne gewandet, an den Präsidenten geschmiegt … Ach, hören Sie am besten den Kontrafunk-Kommentar des Schweizer Kollegen Rene Zeyer von heute Morgen.

Herrscht also kein Krieg und all die selbstzerstörerischen Sanktionen sind für die Katz – oder sind diese Herrschaften nur noch abgedreht und mit ihrer menschenverachtenden Stillosigkeit auf den Hund gekommen? Merken die wirklich nicht mehr, wie sie sich in ihrem Paralleluniversum inzwischen meilenweit vom Volk entfernt haben und wie Anspruch und Wirklichkeit in Lichtgeschwindigkeit auseinanderklaffen?

Der Kollege Gunnar Schupelius greift in seiner viel gelesenen BZ-Kolumne aktuell weitere Berliner „Fälle“ auf, die zum Himmel schreien. Politiker seien zwar keine Heiligen, meint Schupelius, „aber man muss sich auf ihren Charakter und ihr Wort verlassen können“. SPD-Generalsekretär Kühnert, der als ewiger Student unter dem Tarnwort „Studierender“ noch nie in seinem Leben einen Handschlag getan hat, verlautbarte jetzt, er wolle lieber zur Miete wohnen, „denn die Verpflichtungen, die eine Eigentumswohnung mit sich bringt, sind mir zu groß“. Diese „Belastung“ gibt er lieber an Immobilienbesitzer ab, die er vor drei Jahren ihrer Existenz berauben wollte.

Noch schlimmer der grüne Herr Kerstan, seines Zeichens Umweltsenator von Hamburg: Er will künftig den Bau von Einfamilienhäusern verbieten, wohnt jedoch wie selbstverständlich in einem solchen. Er gönnt sich, was er anderen verbieten will. Mehr Doppelstandard geht nicht. Aber die Menschen werden ihn wieder wählen – wetten, dass …?

Die einstige Berliner Grünen-Umweltsenatorin Günther übertraf diesen volksverachtenden Wahnsinn noch, indem sie den privaten Autoverkehr abschaffen wollte, für sich selbst jedoch weiterhin einen Dienstwagen mit Chauffeur beanspruchte. Solche Leute, so Schupelius, seien charakterlich nicht geeignet, Aufgaben in unserer Demokratie wahrzunehmen. Wie recht er hat!

Wer bleibt denn da noch übrig? Der schwarze Söder („Ich bin der Markus …“) trägt auf dem „Grünen Hügel“ natürlich keine Maske, nur sein „großes Vorbild“ Angela Merkel auf dem Bayreuther Gruppenfoto. Und die saß übrigens genau an dem Tag, als sie den Menschen im Land die komplette Maskenpflicht oktroyierte, mit hunderten unmaskierten Spitzenpolitikern eng an eng im Brecht-Theater zum Biermann-Geburtstag.

Grün albert herum
Nur bei den Reichen brennen noch die Lichter und die Badenden bleiben ohne Bad
Apropos Bayreuth: Während Stoiber, Claudia Roth, die Grünen-Vorsitzende und andere ohne Masken den Opernsaal füllten, als gäbe es kein Morgen mehr, wurde im Fernsehen ein Live-Gottesdienst übertragen. Die paar Gläubigen und der Klerus im Altarraum kauerten ängstlich hinter Masken. Von der Kanzel „Frohe Botschaft“, im Habitus Angstreligion. Der Hoffnungsglaube pervertiert zur Fakenews.

Man erträgt diese ganze Heuchelei, dieses Pharisäertum vielleicht nur noch mit ironischem Zynismus. Den liefert „Zippert zappt“ in der WELT. Er preist Privatflieger Merz als Ikone der Zukunft: „Bei einem Testflug zu einer Porschepräsentation auf Sylt fand er heraus, dass sein Flugzeug weniger Energie verbraucht als handelsübliche Dienstwagen von Berliner Politikern.“ Flugzeuge stünden seltener im Stau, was weniger Energie benötigt. Fliegen kann so (mit 9-Euro-Ticket natürlich) zum neuen Bahnfahren werden. Schraubt man mehrere Merz-Maschinen hintereinander, hat man sogar ein umweltschonendes Massenverkehrsmittel.

Da die dümmsten Kälber bekanntlich ihre Schlächter selber (wieder) wählen, hilft nur noch eine Radikal-Kur gegen Volksverdummung, für die das Maß längst voll ist. Unsere long-Covid-geplagte, mehrfach geimpfte Annalena Baerbock hat sich in ihrer Außenpolitik darin verstiegen, künftig im diplomatischen Dienst weniger auf Leistung als auf Haltung zu setzen. Also zu deutsch: ruhig dumm wie Bohnenstroh, Hauptsache das Herz pocht auf dem rechten, sorry: richtigen Fleck. Am besten natürlich queer.

Wäre ich Klinikchef, würde ich ihr bei einer anstehenden Operation sagen: „Ach, liebe Frau Baerbock, tut mir leid. Unsere feministischen und queeren Ärzt*innen und Chirurg_innen und Professx sind gerade im Urlaub, heute operiert die Putzfrau, und zwar mit Haltung.“ Was meinen Sie, wie schnell die Veräppelei von uns Bürgern ein Ende hätte! Denn wir brauchen keine Vorschriften, sondern Vorbilder.


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Kommentare ( 178 )

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Helfen.heilen.80
2 Jahre her

In Italien ist bei den Mitgliedern der ehemals grossen Volksparteien (ähnlich SPD und CDU) der Groschen damals auch zu spät gefallen. Die selbstgefälligen, trägen Apparate waren zu verkrustet, und haben lieber ihrem eigenen Soundtrack gelauscht, als „dem Volk aufs Maul zu schauen“. Deshalb hat es die klassichen Parteiblöcke zentrifugiert, und eine frische Wiese aus neuen Kleinstparteien und Bewegungen ist entstanden. Dabei hat es eine grosse Menge der überalterten, erstarrten Parteigänger abgestreift, die die alten Mega-Parteien stabilisiert hatten. Macron konnte seine Position in Frankreich auch nur noch mit einem Trick retten: mit seiner Parteigründung „République en marche“ sammelte er in einer… Mehr

Ingolf
2 Jahre her

Urlaubsbedingt habe ich mich mir für knapp 14 Tage eine Medienabstinenz verordnet. Was Peter Hahne hier beschreibt katapultiert mich von 0 auf 100 in Lichtgeschwindigkeit wieder in den Irrsinn im Land zurück.

wackerd
2 Jahre her

So blöd das für die noch Aufrechten im Land ist, Deutschland muss endlich und schnell wirtschaftlich abwracken. Es müssen mehrere 100.000 ihre Arbeit verlieren, es muss zu bundesweiten Pleiten der Unternehmen kommen und unsere neuen Mitbürger, die sich alle etwas anderes versprochen haben, dürfen den Anfang mit Verteilungskämpfen und Plünderungen von verbliebenen Geschäften machen. Dann, aber nur dann denke ich hört der Schwachsinn auf. PS Heil/Faeser wirklich unangenehm, wie sie Sekt saufen und „schöne“ Bilder schicken.

Rene Meyer
2 Jahre her

Sehr gut, Herr Hahne, danke! Die Menschen, zwar nicht alle, aber schon sehr viele, merken längst, dass etwas nicht stimmt, dass sie verarscht werden. Sie wissen nicht, was es genau ist, aber sie spüren, dass da etwas faul ist. Politik, Medien, Kirchen sind nicht mehr offen und ehrlich unterwegs, sondern klandestin und tükisch.

Odysseus JMB
2 Jahre her

Nach offiziellem Sprachgebrauch regelt die Kategorie Wokeness der aktuellen US-Colleges den neuen Stil und Anstand eines jeden weltbezogenen Demokraten, nach innen als auch nach außen. Ganz an der Spitze dieser -bedenklichen- Bewegung stehen ja Sleepy Joe Biden und seine Mitstreiter der US-amerikanischen Democrats, die darin im weitesten Sinn neue US-Doktrin für die Haltung eines weltrettenden Erweckten formulieren. Nur mit Aufklärung hat das Ganze wenig zu tun, eher schon mit einer Ersatz-Religion, um den „Bio-Normalos“ dieser Welt den Stinkefinger zeigen zu können und deren Schatztruhen genüsslich plündern zu können (zumindest in D’land). Wenn ich es mir aber genauer überlege, kann ich… Mehr

Gruger1
2 Jahre her

Ich kann das „rumgeheule“ so langsam nicht mehr ab. So lange wir uns das gefallen lassen ändert sich nichts. Ich hoffe mittlerweile das genau das Eintritt wovor die Baerbock und Faeser „gewarnt“/“Angst“ haben einen Aufstand und Unruhen. Es muss endlich was getan werden gegen diesen Wahnsinn.

Alte weise Frau
2 Jahre her

Gut, dann legen Sie doch einmal Ihre Vermögensverhältnisse offen, sehr geehrte Frau Göring-Eckardt. Am besten das gesamte Einkommen Ihres Haushalts. Seien Sie vorbildlich. Bitte nennen Sie uns auch die Quadratmeter Ihrer Wohnung und die Anzahl Ihrer Urlaube. Auch die Marke Ihrer Kleidung sowie die Anzahl Ihrer Urlaube mit dem Flieger wären interessant. Gehören Sie zu den Reichen? Ja? Nein? Dann definieren Sie dies bitte genauer! Was meinen Sie genau mit dem schlanken Fuß? Es hapert mit Ihrer Definitionsfähigkeit, verehrte Dame. Egal. Ob Sie meinen, dass soziale Gerechtigkeit nicht mehr von Klimagerechtigkeit zu trennen ist, geht mir ziemlich am Ärmel vorbei… Mehr

Dr. Friedrich Walter
2 Jahre her

Die SPD unter Schröder hat die Anforderung der „charakterlichen Eignung“ für höhere Beamte abgeschafft, da der Begriff nicht eindeutig zu definieren sei. Bei einer Diskussion über Korruption in der Politik sagte der ehemalige „ehrenhafte“ Bundespräsident Johannes Rau (Bruder Johannes): „Die Bevölkerung möge sich doch nicht so anstellen, sie mache es den Politikern ja schließlich vor“! Da fragte ich mich schon, wer denn eigentlich Vorbild für wen sein sollte. So wurden die Anforderungen der Sozis an Aufrichtigkeit, Anstand und Ehrlichkeit im Beamtentum und in der Politik nach und nach immer mehr aufgeweicht und heute dürfen absolut charakterlosen Kreaturen alle Ämter bekleiden.… Mehr

AnSi
2 Jahre her

Gerade lese ich in der Welt, dass eine gewisse KGE eine CO2-gebundene Vermögensabgabe fordert. Ja, die haben wirklich jeglichen Stil und Anstand verloren! Wenigstens gibt es harsche Kritik in den Lesermeinungen und (ein Wunder) die Welt lässt heute ziemlich alle durch. Aber keine Bange, sie bleibt trotzdem auf spur, nicht dass sie noch in Verruf gerät…
https://www.welt.de/politik/deutschland/article240181241/Staatsverschuldung-Goering-Eckardt-fordert-CO2-gebundene-Vermoegensabgabe.html

LadyGrilka55
2 Jahre her
Antworten an  AnSi

Links zu WELT-Artikeln, z.B. auf politikversagen.net, klicke ich gern an. Vom Artikel selbst lese ich meist nur die Überschrift(en) und den Text „quer“. Denn das eigentlich Interessante sind da nur die Leserkommentare.

Viele Weltleser scheinen vernünftige Leute ohne Berührungsängste zur Realität zu sein. Frage mich nur, wieso die überhaupt noch die WELT lesen.

Rene Meyer
2 Jahre her

Alles Veröffentlichte ist nur noch Camouflage oder Pseudo… – Pseudo-Politik, Pseudo-Moral, Pseudo-Toleranz, Pseudo-Wissen, Pseudo-Tatsachen, Pseudo-Nachrichten, Pseudo-Debatte und so weiter und so fort. Alles eklig, abscheulich, C. S. Lewis würde wohl sagen: von Satan umgekehrt! Um 180° müsste alles gedreht werden, dann wären wir wieder auf einem richtigen und guten Kurs, von dem aus man mit Vernunft und Anstand weiter überlegen und handeln könnte.

LadyGrilka55
2 Jahre her
Antworten an  Rene Meyer

Franz-Josef Strauß sagte einst: „Den Rückschlag der 70er-Jahre haben wir nicht zuletzt … der Tatsache zu verdanken, dass die anderen sich der Sprache bemächtigt haben, die Sprache als Waffe benutzt haben, dass sie Begriffe herausgestellt, mit anderem Inhalt gefüllt haben und dann auf einmal als Wurfgeschosse nicht ohne Erfolg gegen uns verwendet haben. Daher ist für mich der Kampf um die Sprache eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die geistige Selbstbehauptung.“ Diese Sätze erklären m.E. gut, womit wir es zu tun haben, und woher diese Sprache mit Pseudo-Begriffen kommt. Um den umgedeuteten Begriffen noch mehr Durchschlagskraft zu verleihen, haben sie mit… Mehr

Last edited 2 Jahre her by LadyGrilka55