Italiens Ministerpräsident Mario Draghi hat nach einer Abstimmung im Senat seinen Rücktritt angekündigt. Die Linkspopulisten vom M5S hatten ihm die Gefolgschaft aufgekündigt.
Das ist vielleicht einzigartig: Ein Regierungschef tritt nach einer gewonnenen Vertrauensfrage zurück. Mario Draghi hatte – wie erwartet – eine komfortable Mehrheit für seine Regierung der „Nationalen Einheit“ im Senat bekommen. Doch die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) versagte ihm die Gefolgschaft. Draghi hatte für einen solchen Fall angekündigt, dass er zurücktreten würde. 172 Senatoren stimmten für, 39 Abgeordnete gegen das mit der Vertrauensfrage verknüpfte Konjunkturpaket.
Der scheidende Premier erklärte, dass die Mehrheit für eine Regierung der „Nationalen Einheit“ nicht mehr bestünde. Damit rechtfertigt Draghi seinen Rücktritt, obwohl es weiterhin eine Mehrheit für eine Regierung des ehemaligen EZB-Chefs gibt. Schon bei Antritt hatte Draghi klargemacht, nicht unter allen Umständen Regierungschef sein zu wollen. Er beharrte auf die Unterstützung sämtlicher Parteien. Mit dem Boykott des M5S sieht er seine Regierungsarbeit als erledigt an.
Der Rücktritt ist das Ende einer Machtprobe zwischen dem M5S unter der Führung von Ex-Premier Giuseppe Conte und Draghi. Conte hatte versucht, linke Forderungen seiner eigenen Partei, der ein Desaster bei den nächsten Wahlen droht, gegen Draghi durchzusetzen. Daraufhin erklärte Conte, dass seine Partei den Abstimmungen zum umstrittenen Konjunkturpaket fernbleiben würde. Draghi reagierte darauf mit der Rücktrittsdrohung, sollte der M5S ausscheren. Es war eine Regierungskrise mit Ansage.
In der Debatte vor der Abstimmung am Donnerstag hatten die Parteien von links bis rechts den M5S scharf angegriffen. Die konservative Forza Italia warf den Sternen vor, dass sie ihre Minister abziehen sollte, wenn sie nicht mit den Koalitionspartnern abstimmen wollten. Der linke Partito Democratico kritisierte das Verhalten des M5S als „falsch“, diese ganze Krise sei „unbegreiflich“. Eine gewisse Ironie bot der Auftritt des Ex-Premiers Matteo Renzi, der den Grillini vorwarf, sie stürzten die Regierung in einem Moment der Krise ins Chaos. Renzi hatte die letzte Regierungskrise 2021 verursacht, die zum Sturz Contes und der Einsetzung Draghis führte.
Unbeirrt verließen die M5S-Senatoren bei der Abstimmung den Saal. Dass Draghi die Vertrauensabstimmung gewinnen würde, war klar – denn allein die Opposition gegen den M5S band die Mitglieder der Regierungskoalition zu einem symbolischen Votum zusammen. Wer jetzt aus der Reihe tanzte, machte sich verdächtig.
Während der Abstimmung spekulierten die Medien bereits über einen möglichen Übergangspremier. Die Repubblica warf den Namen Giuliano Amatos in den Raum, ein Fossil aus der Übergangszeit der 1990er Jahre und heutiger Präsident des Verfassungsgerichts. Draghi machte sich indes auf den Weg zum Quirinalspalast, dem Sitz des italienischen Präsidenten.
Für den Mittwoch wird eine Ansprache des gebürtigen Römers vor der Abgeordnetenkammer erwartet. Der linke Partito Democratico hatte im Vorfeld angekündigt, sich für Neuwahlen auszusprechen, sollte es keine Regierung unter Drgahi mehr geben. Die Parteien des rechten Spektrums – Forza Italia, Lega und Fratelli d’Italia – einigten sich auf eine gemeinsame Strategie, die ebenfalls Neuwahlen befürwortet. Am Abend wurde bekannt, dass sich Draghi abermals mit Mattarella treffen werde.
Draghis Abtritt steht jedoch für mehr als nur das Ende einer weiteren italienischen Regierung. Es ist ein Mosaikstein einer sich abzeichnenden europäischen Instabilität. Dazu zählen nicht nur die Schwierigkeiten im Vereinigten Königreich und Frankreich. Mit Inflation, Preissteigerung und zurückkehrender Schuldenkrise ist das römische Beben bis nach Brüssel zu spüren. Es ist ein Symbol: Der Bazooka-Schütze Draghi ist gefallen. Vorbote dafür, dass auch sein Erbe auf EU-Ebene bald bedroht sein könnte? Angesichts dessen, dass man zur Stunde nicht einmal weiß, was aus Italien wird, sind solche Spekulationen freilich verfrüht.
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Mattarella ist teil eines degenerierten Politsystems, keineswegs ein „alter weiser Mann“.
Der Euro ist doch schon tot – das weiß auch der tragische Draghi. Ich habe den Eindruck, immer mehr von diesen globalistischen Protagonisten verlassen noch „rechtzeitig“ das sinkende Schiff, um nicht unter Umständen von einem aufgebrachten Volk „gestellt“ zu werden.
Nach Großbritannien steht die nächste Demokratie vor dem Aus: moralisch verkommen, völlig überschuldet und wirtschaftlich bankrott! Wer das erbärmliche Postengeschachere in GB um die Nachfolge Johnsons mitansieht, ist einfach nur noch schockiert! In Italien ist es nicht viel anders. Hoffen wir nur, dass die Fratelli d’Italia um Georgia Meloni die nächste Wahl gewinnt!
Bei den Gestalten, um die seit Jahren die Politik in Italien kreist, ist es kein Wunder, dass sich nichts ordnet. Aber warum auch, man hat doch die EU mitsamt dem Euro.
Ein voller Erfolg für Super Mario Draghi. Konsequent vertrat er Italiens Interessen. 200 Milliarden aus dem schuldenfinanzierten EU-„Wiederaufbaufonds“, 26 Milliarden Euro für Deutschland. Billionenschwere Anleihenkäufe der EZB, keine wirklichen Zinserhöhungen schonen weiterhin Italien. Reformen? Fehlanzeige. Auch die Liraisierung des Euro ist gelungen. Was will er mehr? Vielleicht noch mal zurück als Berater zu Goldman-Sachs? .Das Bundesverdienstkreuz hat er ja bereits.
Genau. Man soll aufhören wenn es am schönsten ist. Die drecksarbeit nach dem Zusammenbruch… nein Great Reset sollen andere jüngere machen.
Die Dominosteine fallen… Das Geschäftsmodell vieler EU-Staaten und der EU selbst wackelt, Leben auf Pump, aus dem Nichts, geht nicht mehr. Neue Schulden treiben die Inflation noch weiter in die Höhe, die Zinsen niedrig lassen, um Club-Med im Zombiestatus „lebend“ aussehen zu lassen, führt zu Kapitalflucht, zumindest Abwanderung, also Game over – natürlich auch in Deutschland, nur etwas später, vielleicht. Solide Wirtschaftspolitik ist so weit das Auge trägt Fremdwort, die neoliberalen Globalisten „des Westens“ (bis zu Biden in den USA) haben sich schon vor Jahren von der Realwirtschaft verabschiedet, die Geldmenge grandios aufgebläht. Klima und Corona waren die Zauberwörter dieser… Mehr
In der deutschen Tageszeitung auf Seite 2 Bedauern über den Rücktritt Draghis, diesen vermeintlich so guten Staatschef Italiens, der den Umbau Italiens nach EU-Vorgaben durchsetzen wollte. Mehr Ignoranz geht kaum. Italien ist eines der wenigen Länder, in denen die Reallöhne auf den Stand der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gefallen sind. Die Bevölkerung Italiens wollte Draghi nie. Denn alle Pläne waren höchstens gut für die EU-Bürokratie, aber nicht wirklich für die Italiener. Der größte Wohlstandskiller aller Zeiten war und ist der Euro, bzw. die Handhabung des Euro. Die EZB interessiert sich kein Stück für die Bürger der Länder. Das macht… Mehr
Draghi wurde als Erzieher nach Italien gesendet. Dieses sperrige Völkchen sollte endlich mal hören lernen.
Wir haben noch viel von Italienern, Griechen, Lybier etc. zu lernen, insb den Staat und seine Ideen einfach nicht so wichtig, ernst etc zu nehmen, ihn nicht „als Freund“ (Papa, Muddi etc) zu sehen, nicht an ihn zu zahlen, sondern von ihm nach Möglichkeit nur zu kassieren usw Die „alte“ Bürgerdenke deutscher Prägung ist nicht mehr zeitgemäß, der Staat heute hat sich vom Staat der 70er oder 80er soweit entfernt, dass auch wir unser Verhalten ihm gegenüber gründlich verändern müssen. Und zwar so lange und so gründlich, solange Witzfiguren wie Habeck und Co meinen, Bürger bevormunden oder gar gängeln zu… Mehr
Als Demokrat wäre er viel früher zurückgetreten.
Er war nie von den Italienern gewählt!
„Es seien nicht mehr „die Voraussetzungen gegeben, um das Regierungsprogramm umzusetzen“, sagte Draghi. „
das ist durchaus vorstellbar, da die EU mit ihrer Sanktionspolitik gerade die Wirtschaft nicht nur in Deutschland ruiniert. Perfekter Zeitpunkt also für Draghi zu gehen
Dieser Mann startete mit seiner Bazooka den Weg zum absoluten Scheitern. Jetzt plötzlich will er sich absetzen. Wir haben nicht einmal mehr die geringsten Grundrechte, um menschenwürdig leben zu können. Er sollte nicht so einfach gehen dürfen.