Lauterbach bei Maischberger: Todesfälle könnten durch bessere Behandlung verhindert werden

Corona ist behandelbar. Aber derzeit wird diese Behandlung nicht richtig durchgeführt, dadurch kommt es zu vermeidbaren Todesfällen. Das sagt zumindest Gesundheitsminister Karl Lauterbach bei „Maischberger“ – doch die Moderatorin geht darüber einfach hinweg.

Screenprint: ARD/maischberger

Sandra Maischberger kann herausragend gute Interviews führen. Doch das ist an Bedingungen gebunden: Die Moderatorin blüht bei interessanten Gästen auf, die offen und redlich erzählen – ohne eine politische Agenda zu verfolgen. Sitzen ihr aber Gäste gegenüber, die ihre Show nutzen, um politische Ziele umzusetzen, versagt sie gerne. Dann ist Maischberger Gefangene ihrer Karteikarten, die sie fleißig aber desinteressiert abarbeitet.

Vor allem aber ist die Moderatorin Gefangene ihrer eigenen politischen Meinung. Nachfragen stellt sie in politischen Gesprächen nur, wenn der Gast eine andere Meinung vertritt als sie – nicht wie eine Journalistin, sondern wie eine Aktivistin, die nicht neugierig ist, sondern sendungsbewusst.

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Nun hat Maischberger – wieder einmal – Karl Lauterbach (SPD) zu Gast. 15 Minuten vor Mitternacht. Kurz vor der Geisterstunde. Zeit, den Kindern vorm Schlafengehen Angst einzujagen. Und der „Gesundheitsminister“ liefert: „Wir leben im Risiko“, die aktuelle Variante sei sehr ansteckend, die nächste könnte zudem noch schwere Verläufe mit sich bringen – „absolute Killervariante“ lässt grüßen – und besonders hübsch, am Sommeranfang geäußert: „Jetzt kommt der Herbst.“

Maischberger widerspricht nicht, Maischberger fragt nicht nach. Nicht in diesen Punkten. Die Moderatorin ist selbst erkennbar für härtere Maßnahmen. Also zielen ihre Nachfragen dahin, in ihrer Position bestätigt zu werden. Bei Lauterbach sollte das doch möglich sein. Und Maischberger müht sich, liefert halbherzig als Fragen getarnte Vorlagen wie: „Worauf wartet die FDP dann noch?“

Doch der Gesundheitsminister nimmt Rücksicht auf den Koalitionspartner und attackiert nicht in Maischbergers Richtung. Bestenfalls ließe sich ihr Vorgehen noch dadurch entschuldigen, dass Maischberger sich eine Schlagzeile wünscht, in der „Koalitionskrach“ vorkommt. Schließlich schwächelt die Quote, lag die ARD-Talkshow zuletzt hinter Lanz. Doch ein Interesse an einer inhaltlichen Erörterung des Themas zeigt die Moderatorin nicht.

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Das zeigt sich dramatisch bei Lauterbachs weitestreichender Aussage: „Wir brauchen ein viel besseres Behandlungskonzept.“ Nach einer Infektion werde derzeit nicht alles Mögliche getan für einen besseren Verlauf: „Wir könnten viele der 180 (täglichen) Sterbefälle verhindern, wenn wir die Medikamente, die wir schon haben, die wir schon bezahlt haben, besser einsetzen würden.“ Wir haben Medikamente gegen Covid-19, sagt der Gesundheitsminister. Sie werden nicht richtig eingesetzt, sagt der Gesundheitsminister. Es sterben Menschen, weil Medikamente nicht richtig eingesetzt werden, sagt der Gesundheitsminister. Und die öffentlich-rechtliche Moderatorin? Sie geht darüber hinweg, als wenn das gar nichts wäre.

Maischberger kann eine großartige Gesprächsführerin sein. Doch hier versagt sie. Sei es, weil das Gesagte nicht in ihre eigene Agenda passt. Weil die Aussage keinen „Koalitionskrach“ hergibt. Oder schlicht, weil es nicht auf ihrer Karteikarte gestanden hat. Im Gespräch mit Lauterbach wirkt Maischberger wie eine Sprechpuppe, die mit einem Algorithmus versehen ist, der von einem C64 programmiert wurde.

So steht die Teststrategie auf Maischbergers Karteikarte. Wer die künftig finanzieren solle? Vielleicht ist jetzt der Koalitionskrach drin, oder wenigstens der Krach zwischen Bund und Ländern. Vielleicht erhält Maischberger jetzt die Schlagzeile, die sie in der Quote vor Lanz schiebt. Und immerhin: Lauterbach sagt, der Bund werde nur die Hälfte der Kosten übernehmen. Endlich etwas, das sich auf einer Kachel über Instagram posten lässt. Etwas aus der Berliner Regierungsviertel-Perspektive.

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Maischberger fühlt sich wohl. Die Staatsanwaltschaften, die wegen Massenbetrug durch Testzentren ermitteln, erwähnt sie nicht. Was die Journalistin unterlässt, holt der Politiker nach. Um die Schuld an seinen Vorgänger Jens Spahn (CDU) weiterzureichen, weil der die Zentren nicht streng genug geprüft habe. Jetzt bräuchte es eine Journalistin, um daran zu erinnern, dass die Kontrolle Ländersache gewesen wäre. Aber Maischberger hat das nicht auf ihrer Karteikarte stehen und trotzdem nachzuhaken, so weitreichend ist sie nicht programmiert worden. Wenigstens hat Maischberger in Lauterbach einen Gast, der sich von ganz alleine entlarvt, wenn er nur lange genug nicht unterbrochen wird.

So soll nächste Woche eine Kommission ihre Ergebnisse vorstellen. Die wurde noch unter Spahn eingesetzt, um herauszufinden, welche der Maßnahmen wirkt – und welche nicht. Die Kommission werde nicht zu dem Ergebnis kommen, dass die Maßnahmen nicht wirksam waren – obwohl eben das unter anderem durch die Welt vorab berichtet wurde. Und falls doch, baut Lauterbach schon vor und erinnert daran, dass er im Zweifelsfall „internationale Studien“ dagegen setzen wolle. Ob er die Ergebnisse noch nicht kenne, ob er sie noch beeinflussen werde oder ob er sie auch dann anerkennen werde, wenn die Ergebnisse seinen Positionen widersprechen? Alles spannende Fragen, die aber nicht auf Maischbergers Karteikarten stehen und folglich ungefragt bleiben.

Das „Post-Vac-Syndrom“ steht auf den Karten. Folglich spricht es Maischberger an. Und „es gibt Impfschäden, natürlich“, räumt Lauterbach ein. Was in krassem Widerspruch zu Aussagen steht, die er früher getätigt hat. Doch auch dieser Widerspruch bleibt unangesprochen im Raum stehen. Stattdessen darf Lauterbach die Impfschäden relativieren, ohne dass Maischberger nachhakt oder nachhaken könnte.

Letztlich sind sich beide einig: „Im Herbst werden wir andere Probleme haben“, bindet die Moderatorin das Thema ab. Es wird also schlimm, derzeit wird nicht genug getan und schuld ist die FDP. Nur hat er das leider so deutlich nicht gesagt, dass die Sendung es im Quotenkampf gegen Lanz einsetzen könnte.



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Kommentare ( 50 )

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Maria Andersen
2 Jahre her

Wir werden doch eigentlich sehr freundlich von einer Regierung, die sich für uns Deutsche garnicht mehr interessiert, darauf hingewiesen, dass im kommenden Herbst der Stom ausfallen wird/kann. Es gibt Ratschläge auch von der Innenministerin, bei der ich mich frage, wie ein Mensch mit einer linksradikalen Gesinnung in ein solches Amt kommt?
Akif Pirincci hat mal ein Buch geschrieben: „Deutschland von Sinnen“, er hat recht und seitdem darf er nirgendwo mehr auftreten.Ich will damit nur sagen, dass jegliche Regierungskritik in DE gefährlich wird.

AnSi
2 Jahre her

Ja, im Herbst werden sie ganz andere Probleme haben. Es wird kalt und ungemütlich, die plötzlichen und unerwarteten Todesfälle nehmen zu, die Nebenwirkungen nehmen nach Viert- und Fünftimpfung massiv zu, der Hunger kommt durch Lieferausfälle und die Maskenpflicht kommt wieder. Vielleicht gibt es auch den ein oder anderen Stromausfall. Das wäre gut, denn dann kann Maischberger auch nicht gesendet werden. Das wiederum wäre ein Segen für die Menschheit!

Christa Born
2 Jahre her

Ich denke im Herbst werden wir andere Probleme haben wenn es kalt und ungemütlich wird in Deutschland. Noch wärmen sich alle an der Sonne…

MariaundJosef
2 Jahre her

**** Gute Interviews****. sind bei dieser Dame schon lange Fehlanzeige. Auch ihre früheren Gespräche mit Helmut Schmidt… sind nur „ gehypt“ worden. Interessant war bei diesen Treffen nur, dass Herr Schmidt sie vollqualmen durfte und er ein ganz besonderer Gesprächspartner war.

vinkd
2 Jahre her

Warum muß sich Herr Thurnes und damit TE eigentlich ständig diesem Lauterbach/Maischberger-Müll widmen. ÖRR ist out, und wir sollten alle den Sommer ohne Medien genießen, ist gut für die Gesundheit!

Maria Andersen
2 Jahre her
Antworten an  vinkd

Ganz einfach: Weil wir von Maischberger und Co regiert werden sollen und werden. Der ÖRR ist nicht out, sondern er ersetzt die Regierung. Herr Thurnes hat sich sehr klug mit diesem nationalen Notstand beschäftigt.

mediainfo
2 Jahre her

Nachfragen stellt sie in politischen Gesprächen nur, wenn der Gast eine andere Meinung vertritt als sie – nicht wie eine Journalistin, sondern wie eine Aktivistin, die nicht neugierig ist, sondern sendungsbewusst.

Stimmt. Und für mich verträgt sich eine solche Verhaltensweise, unter Missbrauch ihrer Stellung als Journalistin, nicht mit der Wahrnehmung „herausragene Interviews“. Die ich ohnehin nicht teile. Maischberger hat Routine in dem, was sie seit 30 und mehr Jahren macht, Herausragendes entdecke ich nicht.

elly
2 Jahre her

„Wir könnten viele der 180 (täglichen) Sterbefälle verhindern, wenn wir die Medikamente, die wir schon haben, die wir schon bezahlt haben, besser einsetzen würden.“
Gäbe es da nicht die lukrative Fallpauschalenregelung, die maximalinvasive Beatmungstherapie ist besonders lukrativ. Tja, mit Lauterbach als Gesundheitsminister wurde der Bock zum Gärtner gemacht. Er war maßgeblich an den Fallpauschalen beteiligt und seither explodieren die Kosten für die Krankenkassen.

Maria Andersen
2 Jahre her
Antworten an  elly

Die Fallpauschale damals wurde für Krankenhäuser schlimm, es wurde ja auch mit der Liegezeit Missbrauch betrieben.
Aber die Fallpauschale hat in erster Linie beigetragen zur Privatisierung von Krankenhäusern durch Gesellschaften und jetzt das Gleiche durch die massenhafte Übernahme bzw Aufgabe von Arztpraxen.
Das geht seinen Gang nach unten und Lauterbach ist nur noch zuständig für Panik und Repressialien.

Riffelblech
2 Jahre her

Hier darf einmal kräftig widersprochen werden .
Maischberger hat noch niemals den journalistischen Werkzeugkasten heraus geholt um ein Regierungsmitglied zu irgendwelchen offensichtlichen Fehlern zu grillen . Immer schön schlank auf Linie bleiben , niemals gegen den Strich bürsten scheint das Motto zu sein .
Die gesamte Sendezeit wäre mit Weltraumbildern besser gefüllt und dazu noch billiger .

mitternachtnovelle
2 Jahre her
Antworten an  Riffelblech

Sie sehen das völlig richtig: Weltraumbilder wären spannender und interessanter gewesen. ABER: Was erwarten Sie denn von Angestellten bei einem regierungsverlautbarenden Sender? Ich habe mich längst von der gesamten Regierungssender-Familie verabschiedet. Und nachdem offensichtlich auch die meisten Privatsender sich dem Mainstream anheischig gemacht haben, fehlen die auch auf meiner Senderliste. Heutzutage gibt es viele andere interessante und echte Nachrichten vermittelnde Medien als Alternative. NOCH. Denn die derzeitige Regierung steuert, meiner Meinung nach, immer mehr auf Meinungsdiktatur. Und das gab es schon mal: in der DDR. Wehret den Anfängen. Oder sind wir schon mittendrin?

Tacitus
2 Jahre her

Naja, es tut sich nichts Neues ‚im Staate Dänemark“ (sehr frei nach Shakespeare). Lauterbach und Maischberger ‚spulen ab‘, auch wenn es vordergründig neue Infos gibt.
Ich habe zwei Anmerkungen:
1) Liebes Tichy-Team, bitte erläutern Sie den Menschen unter 40, was ein C64 ist. Ich weiß es … ?.
2) Ich stimme mit Herrn Lauterbach und Frau Maischberger überein, dass wir im Herbst andere Probleme haben werden. Ich selbst werde z.B. das Problem haben, dass sich meine alte Jeans-Hose verschlissen hat. Im Sommer ist es egal, aber im Herbst könnte es ungemütlich werden.

MartinB.
2 Jahre her

Wenn die deutsche Intensivmedizin den unweigerlich Sterbenden in die Finger kriegt, schlachtet sie ihn finanziell aus, soweit und solange sie nur irgendwie können. Das bemängelten Palliativmediziner bereits weit vor Corona. Genau dafür hat Herr Lauterbach federführend mit der Umstellung des Abrechnungssystems gesorgt. Mit Corona hat man dieses „Karren“ auf die Intensivstation der alten Multimorbiden noch intensiviert. Da muss man sich auch nicht über die Aussagen des Intensivpersonals wundern, dass sie so etwas noch nie erlebt haben. Haben sie auch nicht, denn früher rief man in vielen Fällen noch die Angehörigen an, um ihnen mitzuteilen, das es Zeit zum Verabschieden wäre.… Mehr