Offenbar soll Schluss sein mit unterschiedlichen Leistungen im Sportunterricht!

Nach dem Willen von Helga Leineweber von der Deutschen Sporthochschule Köln soll auch der Sportunterricht endlich gerecht werden. Also müsse es an den Schulen überall Sensibilisierungsmaßnahmen dafür geben. Aber man macht die Schwächeren nicht stärker, indem man die Stärkeren bremst.

IMAGO / Political-Moments
Sporthalle der Katholischen Grundschule, Hermann-Gmeiner-Schule in Düsseldorf, 02.09.2021

„Gerecht“ ist die ultimative Jahrhundertvokabel: gendergerecht, klimagerecht, generationengerecht, sozial gerecht, einkommensgerecht, bedarfsgerecht, zukunftsgerecht, chancengerecht, bildungsgerecht, notengerecht, tiergerecht, naturgerecht, ernährungsgerecht … Alles muss „gerecht“ sein, und damit es – vermeintlich – gerecht zugeht, muss alles gleich- und plattgemacht werden. Die Jakobiner haben zu diesem Zweck vor gut zwei Jahrhunderten sogar Kirchtürme entweder abgerissen und in ihrer Höhe gen Himmel zumindest gleichgemacht. Die berühmt-berüchtigte Losung der „égalité“ gebot es ihnen.

Aber ist es gerecht, wenn alle gleich sind? Jedenfalls soll nach dem Willen der Dozentin Helga Leineweber der Deutschen Sporthochschule Köln auch der Sportunterricht endlich gerecht werden. Denn schwächere sportliche Leistungen könnten ja von bestimmten Schülern als Stigmatisierung erlebt werden. Außerdem komme es nicht nur auf die Leistung, sondern auf den „Prozess“ („Was hat ein:e Schüler:in dazugelernt?“) an. Und dass Schüler ihre Spielmannschaften selbst zusammenstellen, das gehe schon gleich gar nicht. Da könnte ja jemand übrigbleiben. Also müsse es an den Schulen bald allüberall entsprechende Sensibilisierungsmaßnahmen dafür geben.

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Nun ist es aber mal so, dass sich Menschen, auch heranwachsende, in ihren intellektuellen und in ihren sportlichen Fähigkeiten ziemlich unterscheiden. Was die Unterschiede im Intellektuellen betrifft, haben wir sie ja fast gänzlich eingeebnet, indem es etwa beim Abitur fast nur noch Bestnoten gibt. Aber dass ein Schüler A 5,20 Meter weitspringt und ein Schüler B nur 3,60 Meter? Dass eine Schülerin C einen Salto vorwärts oder gar rückwärts beherrscht und eine Schülerin D keine Rolle vorwärts zustandebringt? Dass bei freier Mannschaftaufstellung ein Korbjäger Schüler E sehr begehrt ist und keine Mannschaft eine Schülerin F haben möchte, weil sie nicht einmal einen Basketball richtig fangen kann? Das geht doch gar nicht.

Zigtausende an Sportlehrern kennen das und haben eigentlich immer eine Lösung gefunden, die möglichst niemanden frustriert oder demotiviert: weder die Spitzensportler noch die motorisch schwächer Begabten einer Klasse. Sie würdigen bis hinein in die Notengebung das kameradschaftliche Engagement von Schülern, die Regelkenntnis, die Schiri-Leistungen, die Hilfestellungen beim Turnen. Da bedarf es – schon gar nicht mit Hilfe des WDR – keiner Unterstützung der Deutschen Sporthochschule Köln. Und auch nicht der Unterstützung des Deutschlandfunks, in dem Dozentin Leineweber sich über den „Notenwahn“ im Sportunterricht und über den angeblich mangelnden Gedanken der Inklusion auslässt.

Frau Dozentin, nichts ist so ungerecht wie die gleiche Behandlung ungleicher. Und gerade der Sport zeigt, wie unterschiedlich Menschen sind. Hier die Fähigeren vor lauter Rücksichtnahme auf die „Inklusion“ Schwächerer zu bremsen ist für die Fähigeren frustrierend. Fairplay ja, Rücksichtnahme der Stärkeren auf die Schwächeren ja, Motivation der Schwächeren durch das Vorbild der Stärkeren ja! Aber man macht die Schwächeren nicht stärker, indem man die Stärkeren bremst.

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Kommentare ( 75 )

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manfred_hbg1
2 Jahre her

Bravo – Toll – Super! Orientieren wir uns nicht mehr an die Besten damit wir so voran kommen und damit es vorwärts geht, nein, orientieren wir uns doch an den Schwächsten damit dieses Land der Dichter & Denker noch schneller zur Drittstaatlichkeit wird.

Öhm, überhaupt: wie wäre es wenn wir dieses Umkehrprinzip auch in der Arbeitswelt einsetzen würden: Orientierung an den langsamsten Arbeiter?? (Sark/Iro off)

armin wacker
2 Jahre her

ja was mich immer gewundert hat, war , dass in der emaligen DDR kein Mittel gescheut wurde, um die Athleten zu den Besten der Welt zu machen. Wo die doch alle gleich sein sollten.

armin wacker
2 Jahre her

Ich war im Sport einer der letzten drei looser in jeder Disziplin. Mein Sportlehrer hat es jedoch fertig gebracht, dass ich mein bestes gegeben habe. Er kannte auch nur drei Noten. Was hab ich mich für ihn gequält. Ja auch wenn ich die tausend Meter laufen als drittletzten geschafft hab, aber ich kam ins Ziel. Ich ging in den TSV nur um besser zu werden und ich wurde besser, für mich, aber die anderen halt auch. Ja aber sollten desweg die anderen vor dem Ziel warten, bis ich auch da war? Ja es tat trotzdem weh.

Nix fuer ungut
2 Jahre her

Ich will auch endlich eine Goldmedaille im 100 m Lauf. Das wäre wirklich gerecht, äh gerächt.

J.Thielemann
2 Jahre her

Auch hier sind viele der Meinung, Sport usw. gehörten nicht bewertet. In meiner Schulzeit hatte ich auch Mitschüler, die trotz härtestem Einsatz recht schlechte Zensuren hatten. Mathe, Physik, Chemie ff. eine hart erkämpfte 4,3 – so könnte man es beschreiben. Aber dann in Sport, Kunst/ Zeichnen und Musik auch mal einen ermutigenden Zweier oder gar Einser – da war die Drei in Deutsch nicht so einsam (Rechtschreibung usw. 4 s.o., Ausdruck usw. 1 bis 2 ergab dann z.B. 3). Dass auch Sport ff. bewertet wurde, baute dann solche Mitschüler auf. So mancher, der ungesunder weise nur hinter den Büchern klemmte,… Mehr

Hippokrates
2 Jahre her

Unfair am Sportunterricht ist nur, dass den Schülern Sportarten aufgezwungen bekommen und darin benotet werden.
Ich möchte mal sehen, welche Note unsere Spitzenfußballer auf dem Schwebebalken bekämen, mit der im Schulsport üblichen Übungszeit versteht sich, oder anders herum eine zierliche Gymnastin beim Gewichtheben.
Da haben in der Schule manche Glück, weil ihnen die Sportart, meist ein Ballsport, liegt oder sie diese sogar vereinsmäßig betreiben, und andere, die vielleicht super im Rudern, Radfahrer oder Schlittschuhlaufen sind, schauen in die Röhre.

Andy Malinski
2 Jahre her

Passt doch zum Zeitgeist: Nicht mehr Gleichheit der Chancen, sondern Gleichheit im Endergebnis – also letztlich Quote. Mal sehen, wie lange es noch dauert, bis die erste Adipöse Prima Ballerina im Stuttgarter Ballet wird.

Homer J. Simpson
2 Jahre her

Doch, dass erkenne ich schon an. Aber das muss und darf nicht mit einer Note klassiert werden. Dafür hat man Mathe oder Deutsch. Aber in Sport, Musik, Kunst und Religion hat Notenrelevanz nichts verloren. Wenn da „teilgenommen“ steht ist das wünschenswert!

Monika
2 Jahre her

Ich war immer, und bin es noch, der Meinung, daß Sport als Schulfach mit Noten und Teilnahmepflicht in der Schule gar nichts verloren hat. Wer Sport machen will, kann das in seiner Freizeit tun. Besser wäre es wahrscheinlich, wenn die Kinder zu Fuß zur Schule gingen statt mit dem Elterntaxi. Sport in der Schule als offizielles Fach erst zu veranstalten und dann nicht nach Leistung zu benoten, ist allerdings typisch gutmenschlicher inkonsequenter Blödsinn. Dann kann man es gleich als freiwillige AG machen und die Nichtsportler damit in Ruhe lassen.

fatherted
2 Jahre her

Doch…stimmt….Sport, Kunst und Musik sollten Notenfrei sein. Das sind tatsächlich Fächer, die ein gewisses Talent oder eine körperliche Eignung erfordern. Ich war im Sport immer eine Niete und wurde als letzter in die Mannschaften gewählt…hatte immer eine 3 oder 4. Ich bemühte mich aber…nur eben ohne Erfolg. Einige Sitzenbleiber die einen Kopf größer waren und körperlich weiter entwickelt, sahnten die 1er ab. Ich fand immer das die Leistungsbenotung im Sport ungerecht ist…ebenso in Musik…ich kann nicht singen….bekam es sogar verboten mitzusingen….Ergo: eine 3 oder 4 im Zeugnis. Andere die im Chor sangen, hatten ihre 1 sicher. Diese Fächer eignen sich… Mehr

meister eder
2 Jahre her
Antworten an  fatherted

Eben, wen juckt das heute noch? Auch wenn Sie nicht singen können, so sollte doch manches aus dem Musikunterricht hängen geblieben sein, was nichts mit Singen zu tun hat, z. B. Kenntnisse über Musikinstrumente, Interpretation von Opern, Stilrichtungen usw., Wissen also, das zur Allgemeinbildung gehört.Und da ist eine Bewertung durchaus möglich. Vielleicht werden manche auch durch den Unterricht erst zur Musik hingeführt. Wenn der Musiklehrer die Note allerdings nur vom Singen abhängig macht, dann macht er es sich zu einfach. Auch selber zu musizieren beeinflusst das Wesen positiv. Die berufliche Zukunft kann davon völlig unabhängig sein und in eine völlig… Mehr