Israel – Teil 1: Die Vorgeschichte

Wie nennt man es, wenn jemand einer Chimäre hinterherläuft? Wenn er ohne Sinn und Verstand an einer Idee festhält, die längst gestorben ist? Wie auch immer wir es bezeichnen mögen – es trifft aktuell am ehesten die weltpolitische Situation rund um den Staat Israel.

IMAGO / ZUMA Wire

Man mag über Donald Trump denken, was man will – in Sachen Nahost war er der erste Präsident der Vereinigten Staaten, der sich von lang gehegten Illusionen verabschiedete und ein neues Kapitel aufschlug. Ein Kapitel, das sein Nachfolger im Präsidentenamt dann, wenn es nach dem linken Flügel der aktuell die Mehrheit im US-Kongress stellenden Demokraten geht, am besten umgehend zuschlagen und fest verkleben sollte. Ein Kapitel aber auch, von dem Joe Biden wissen muss, dass es nicht mehr zuzuschlagen sein wird, soll nicht die gesamte US-Politik im Nahen Osten scheitern.

Und so rettet sich der ehemalige Vizepräsident Barack Obamas in jene klassische Unlogik, die einerseits die in den USA wichtige Lobby der Juden ebenso ruhig halten wie sie andererseits die Beziehungen zu den arabischen Verbündeten nicht über Gebühr belasten soll. Dabei – das hatte Trump bewiesen – können die Araber sowohl mit einer konsequenten US-Politik leben als auch mit Israel kooperieren.

Genau diese Erkenntnis aber ist die eigentliche Ursache des jüngsten Konflikts, der passgenau in eine Situation stieß, in der Benjamin Netanjahu kurz davor stand, sein Ministerpräsidentenamt zu verlieren, und die sich anschickte, die Beziehungen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn auf neue Grundlagen zu stellen.

Wir haben uns daran gewöhnt, den sogenannten Nahost-Konflikt, aus dem im medialen Framing zunehmend ein Palästina-Konflikt werden soll, holzschnittartig zu betrachten. Wir haben uns daran gewöhnt, dass die aus Terrororganisationen erwachsenen, vorgeblichen Repräsentanten sogenannter „Palästinenser“ in der bundesdeutschen Politik deutlich vor dem demokratischen Staat Israel rangieren.

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Wir haben uns auch daran gewöhnt, dass Treueschwüre für den Staat Israel zumeist nichts anderes sind als leere Worte und die deutsche Vertretung im supranationalen Regierungsverein namens United Nations in der Regel gegen den vorgeblichen „Judenstaat“ stimmt. Denn der sozialistische Mainstream, der nicht nur in der Bundesrepublik längst die Schlüsselpositionen in Politik, Außenamt und Medien besetzt hat, folgt schon lange einer anderen Agenda. Für ihn ist Israel nicht ein Staat, der aus der Konsequenz des von Deutschland ausgehenden Menschheitsverbrechens gegen die Juden Europas zu verstehen ist und einem geschundenen Volk einen sicheren Hafen bieten sollte, sondern das Relikt einer zu überwindenden, nationalstaatlichen und imperialistischen Beherrschungskultur.

Auf den ersten Blick scheint eine solche Betrachtung nicht einmal falsch. Denn der Staat Israel ist wie kein zweiter in der Region das Produkt westeuropäischer Politik- und Gesellschaftsphilosophie. Er verkörpert das, was die europäischen Nationen zu einer Zeit ihrer weltweiten, kulturellen Überlegenheit als fortschrittlich und zukunftsfähig auswies, auch dann, wenn in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Bestrebungen die Oberhand gewannen, die genau diese Fortschritts- und Zukunftsfähigkeit ideologisch infrage stellten.

Der Konflikt um Israel oder – wenn man so will – um die „Palästinenser“ ist insofern nur scheinbar ein regionaler Konflikt, der sich auf einen vergleichsweise kleinen Landstrich am Ostufer des Mittelmeeres beschränkt. Tatsächlich ist es ein Konflikt, der nicht nur den bislang nicht entschiedenen Kampf zwischen dem Diktat der menschlichen Vernunft und dem Diktat der menschlichen Unvernunft ausficht, sondern der in seinem eigentlichen Kern eben auch die Auseinandersetzung zwischen Illusion und Pragmatismus innerhalb des europäischen Kulturkreises kennzeichnet. Gleichzeitig und parallel dazu ist er aber auch Spiegel des nicht gelösten Konflikts innerhalb der islamischen Welt – des Konflikts um die Frage, ob die Zukunft der Völker rückwärtsgewandt unter dem Diktat einer fiktiven Gottesillusion stehen oder vorwärtsgewandt einem modernen und aufgeschlossenen Menschheitsverständnis folgen soll.

Um zu verstehen, wie der Nahostkonflikt in diese übergeordnete Situation eingebettet und Gradmesser einer nicht auf das östliche Mittelmeer beschränkten Auseinandersetzung ist, müssen wir den Blick zurückwerfen. Wir müssen darauf schauen, wie der aktuelle Konflikt entstand, was seine eigentlichen und tieferen Ursachen sind und wie er im Rahmen der Entwicklungen der vergangenen 150 Jahre zu verstehen ist.

Teil 1 – Die Ursprünge eines jüdischen Nationalstaats

Überlegungen europäischer Juden, das biblische Palästina 1.800 Jahre nach der Vertreibung der jüdischen Bewohner durch die Römer im Jahr 136 n. Chr. infolge der Bar-Kochba-Aufstände sowie der Christianisierung der Region durch das Römisch-Byzantinische Reich und die Zwangsislamisierung durch arabische Imperialisten wieder zur eigentlichen Heimat der Juden zu machen, kamen parallel zu den europäischen Nationalstaatsüberlegungen seit Beginn des 19. Jahrhunderts auf. Sie wurden zuerst vor allem im russischen Zarenreich entwickelt, in dem ein ausgeprägter Antijudaismus wiederholt zu Pogromen führte.

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Auf dem Höhepunkt der europäischen Nationalstaatenbildung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, nachdem im Westen des Kontinents die Deutschen und die Italiener dem entsprechenden französischen Vorbild gefolgt waren, entwickelte der 1860 im ungarischen Pest geborene Theodor Herzl das Konzept eines jüdisch geprägten Nationalstaats. Ursprünglich war der mittlerweile in Wien lebende Künstler und Journalist überzeugter Deutschnationaler, der die Überwindung des Antijudaismus durch die Massenkonversion von Glaubensjuden zum Christentum anstrebte. Seine frühe Prägung erfolgte maßgeblich durch die Gründung des Deutschen Reichs im Jahr 1871, welches in seiner laizistischen Grundausrichtung erstmals Bürger jüdischer Religion in jedweder Hinsicht gleichstellte. Das wiederum führte dazu, dass jüdische Deutsche in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur führende Positionen einnehmen konnten und zu einer tragenden Säule des fälschlich so genannten „Kaiserreichs“ wurden.

Gleichzeitig jedoch verstärkte der Erfolg der jüdischen Deutschen und der damit oftmals verbundene Aufstieg ins Großbürgertum den seit dem Hochmittelalter Antijudaismus als diffuse Mischung aus sozialem Neidkomplex und messianischer Judenverteufelung. Offen deklarierte Judenfeindlichkeit in deutschen Intellektuellenstuben und der durch den Staat beförderte Antijudaismus in der Französischen Republik, den für jedermann sichtbar der französische Offizier Alfred Dreyfus in einem Schauprozess wegen des erfundenen Vorwurfs der Spionage für das Deutsche Reich vor allem wegen seiner jüdischen Herkunft über sich ergehen lassen musste, führten bei Herzl zu einem Umdenken.

Geprägt durch die westeuropäische Vorstellung eines Nationalstaats von Völkern in ethnisch-kultureller Einheit übernahm Herzl die Idee des aufgrund der gemeinsamen Identität seiner Menschen geeinten, modernen Staats als Idealvorstellung – ein Staat in jüdischer Selbstverwaltung, der jüdische Menschen vor der Ablehnung und Feindschaft durch nicht-jüdische Mitmenschen schützen sollte.

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Obgleich mit der in Mittelosteuropa beheimateten jiddischen Kultur jener deutsch-jüdischen Migranten, die im Hochmittelalter im Rahmen der Kreuzzüge und im Spätmittelalter im Zuge der Großen Pest vertrieben worden waren, das europäische Judentum längst eine eigene Nationalidentität entwickelt hatte, galt „jüdisch-sein“ bis zu diesem Zeitpunkt maßgeblich als religiöses Bekenntnis. Herzl initiierte mit seinem 1896 veröffentlichten Werk „Der Judenstaat“ nun jedoch die Wandlung des Judentums von einer reinen Glaubensgemeinschaft hin zu einer Volksgemeinschaft mit eigenem, nationalem Bewusstsein. Die Idee eines jüdisch geprägten Nationalstaats, orientiert an den Nationalstaatsideen der modernen westeuropäischen Staaten, war geboren.

Die Geburt der jüdischen Nationalstaatsidee

Die durch Herzl popularisierte Idee bezog – ähnlich den Vorläuferbewegungen im Russland des Zaren – ihre Bezeichnung vom obersten Gericht des antiken Staates Judäa, welches als Zion im Tanach, dem Alten Testament der Christen, in der finalen Auseinandersetzung mit dem früheren Verbündeten gegen die Assyrer, Nebukadnezar von Babylon, zugleich als Synonym für die Selbstbestimmung der Judäer steht. Dieses ist durchaus programmatisch zu verstehen, denn es signalisiert die Orientierung an der westeuropäischen Vorstellung eines Staates auf der Grundlage von Recht und Gesetz.

Das zionistische Konzept ist insofern ohne die westeuropäische Aufklärung nicht vorstellbar. Ähnlich der christlichen Prägung der europäischen Nationen steht im Zionismus das Judentum nicht als Religion im Vordergrund, sondern als Grundlage einer gemeinsamen kulturellen und traditionellen Identität. Herzl strebte nach einem Staat, in dem Menschen jüdischer Identität als Nation und Staatsvolk selbst über ihre Belange entscheiden und sich selbst verwalten – dabei selbstverständlich auch, soweit sie dieses wünschten, ohne Bedrängung durch Nichtjuden ungehindert ihre mosaischen Glaubenstraditionen leben konnten.

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Anders als das historisch belegte, antike Vorbild der judäischen Hasmonäer, die zwischen 167 und 63 vor Christus über den Jordan hinaus ein jüdisches Reich errichtet hatten, und aus dem religiös motivierten Makkabäeraufstand hervorging, stand für Herzls Zionismus nicht die Vorstellung eines Gemeinwesens von dem mosaischen Gesetz verpflichteten Glaubensjuden im Vordergrund, sondern der laizistische Staat einer jüdischen Nation, die sich – vergleichbar den christlich geprägten Staaten der Zeit – zwar an den Traditionen der die eigene Kultur prägenden Religionsauffassung orientiert, in dem jedoch das Staatsvolk sich in freier, demokratischer Selbstbestimmung selbst organisieren lässt.

Auf der Grundlage dieser Vorstellungen eines modernen Nationalstaats begann die anfangs eher zögerliche Migration von jüdischen Menschen an das Ostufer des Mittelmeeres. Jüdische Migranten und Organisationen kauften in der bis 1918 osmanischen Provinz von den ortsansässigen Arabern Land und begannen mit dem Aufbau von nicht selten an kommunistischen Vorstellungen orientierten Kommunen. So gelten heute die Gründung der Siedlungen Petach Tikwa und Rischon LeZion bei der historischen Stadt Jaffa in den Jahren 1878 und 1882 als eigentlicher Start der Siedlungsbewegung.

Ein Judenstaat auf türkischem Territorium

Um 1900, als in Europa die Idee eines unabhängigen, zionistischen Nationalstaats gedanklich Form annahm, waren die Regionen am Ostufer des Mittelmeeres Teil des Osmanischen Reichs. Hierbei nahm das Vilayet Beirut als Provinz den größten Teil ein und war verwaltungstechnisch in sechs Sandschaks („Banner“) organisiert. Zum Gebiet des späteren Israel gehörten als Teil des Vilayets Beirut das Sandschak Akko, von der Mittelmeerküste um Haifa bis an das Westufer des Sees Genezareth (Kinneret) reichend; und das Sandschak Balqa, das in etwa die im Alten Testament erwähnte, assyrische Provinz Israel um die Jesreel-Ebene umfasste und dessen namensgebende Region am Ostufer des Jordan heute zu Jordanien gehört.

Südlich davon gelegen war das unabhängige Sandschak Jerusalem. Die nunmehr sehr konkrete Forderung, in diesen Sandschaks das von Herzl noch „Judenstaat“ genannte Projekt als „öffentlich-rechtlich gesicherte Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“ zu schaffen, wurde erstmals anlässlich des Ersten Zionistenkongresses am 29. August 1897 in Basel erhoben. Sie war seitdem Kernziel der ebenfalls anlässlich des Kongresses gegründeten, zivilgesellschaftlichen „Zionistischen Weltorganisation“.

Zionismus und die sozialistische Bewegung

Die bis heute bestehende Abneigung der internationalistisch ausgerichteten, kommunistischen Arbeiterbewegung gegen einen israelischen Staat nahm bereits unmittelbar nach dem Baseler Kongress deutliche Formen an. Den Marxisten, die in ihrer utopistischen Ideologie die Überwindung der bestehenden Gesellschaftsverhältnisse durch die Diktatur des Proletariats anstrebten, galt der zionistische Weg als bewusste Selbstausgrenzung aus ihrem Projekt einer proletarischen Weltgesellschaft, in welcher – so das marxistische Dogma – notwendig auch keine Diskriminierung jüdischer Werktätiger mehr erfolgen könne.

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Die Einrichtung eines national-jüdischen Staats stand insofern konträr zur Vision der marxistischen Systemüberwinder – und wäre der Begriff heute nicht durch den Tribalismus der national-sozialistischen Deutschen der NSDAP eindeutig belegt, so könnte die maßgeblich von Juden aus dem russischen Herrschaftsbereich propagierte Kombination aus zionistischer Staatsidee und sozialistischer Gesellschaftsutopie durchaus als jüdische Ausprägung eines nationalen Sozialismus bezeichnet werden.

Diese sich an sozialistischen Gesellschaftsvorstellungen orientierende Richtung innerhalb der zionistischen Bewegung bot gleichzeitig den Anlass, dass sich führende Sozialdemokraten jener Zeit sehr bewusst zu ihr bekannten. Die Vorstellung eines sozialistischen Judenstaats in der früheren römischen Provinz Palästina wurde anlässlich der 1907 in Stuttgart tagenden „Internationale“ durchaus begrüßt. Sozialdemokraten um den Vordenker Ernst Bloch betrachteten den Zionismus als „sozialistische Kolonialpolitik“, die im Sinne der überlegenen „Kulturmenschheit“ den unterentwickelten Bewohnern der immer noch osmanischen Region Fortschritt und Wohlstand bringen könnte – eine Position, die einem Sozialdemokraten heute umgehend das Parteiausschlussverfahren bescheren müsste.

Bezeichnend ist, dass weder bei der Ablehnung des Zionismus durch die Marxisten noch bei der Zustimmung durch die Sozialdemokraten die Möglichkeit eines durch die zionistische Besiedlung aufkeimenden, religiösen Unfriedens auch nur ansatzweise eine Rolle spielte. Als klassische Ideologen europäischer Prägung fanden religiöse Motive und Befindlichkeiten in ihren Vorstellungen schlicht nicht statt. Hier lagen die Systemüberwinder der Wende zum zwanzigsten Jahrhundert uneingeschränkt auf der Linie des damaligen Mainstreams: Kolonialismus galt Marxisten und Sozialisten als zivilisatorisches Projekt, um die in ihren archaischen Stammestraditionen verharrenden Völker Afrikas, Asiens und Ozeaniens den Anschluss an die Moderne finden zu lassen. Religion war das überwundene Relikt aus der Zeit vor der Aufklärung, welchem, wenn überhaupt, nur Reaktionäre und Bürgertum frönten. Beim angestrebten sozialistischen Zivilisierungsprozess dessen, was später „Dritte Welt“ genannt werden sollte, wurde Religion als kulturprägendes Element schlicht ausgeblendet.


Lesen Sie demnächst im zweiten Teil, wie es durch Besiedlung, Weltpolitik und Menschheitsverbrechen zur Gründung des Staates Israel gekommen ist.

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Kommentare ( 10 )

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h.milde
2 Jahre her

Was ua. die desaströse Finanzolitik der Osmanischen Türkei angeht, haben eben vertriebene jüdische Emigranten ab 33 für Atatürks modernen Staat sehr erfolgreich gearbeitet -> Prof.Fritz Neumark,Uni Ffm- uva., im übrigen sehr zum Mißfallen der nationalen Sozialisten.Da gibt es irgendwo einen Podcast mit Interview?
Sehr schöne Zusammenfassung, freue mich auf die Fortsetzungen.

outoffocus
2 Jahre her

Lieber Herr Spahn, hier möchte ich noch folgendes zu Ihrem ersten Teil anmerken. Ende des 19. Jahrhunderts, 1897, entstand die Bewegung, die sich „Zionismus“ nennt. Die ersten größeren Einwanderungen aus Russland ab 1881 entstanden, beschrieben im „ersten Buch“ zu diesem Thema von Moses Hess (Philosophische und sozialistische Schriften 1850/1857) Das von Herzl 1896 veröffentlichten Werk „Der Judenstaat“ würde ich eher als ein Essay beschreiben. Einige Sätze daraus: „Der Gedanke … ist ein uralter.. Es ist die Herstellung des Judenstaates. Die Welt widerhallt vom Geschrei gegen die Juden, und das weckt den eingeschlummerten Gedanken auf…..Bin ich meiner Zeit voraus?? ….Der Judenstaat… Mehr

LV
2 Jahre her

Sehr geehrter Herr Spahn, ich würde vorschlagen, dass sie auf sehr eingefärbte Aussagen wie „rückwärtsgewandt unter dem Diktat einer fiktiven Gottesillusion stehen oder vorwärtsgewandt einem modernen und aufgeschlossenen Menschheitsverständnis“ in welchem ihr Standpunkt überdeutlich wird (auch wenn ihnen das zweifelsohne und ungeingeschränkt zusteht) verzichten. Dies macht aus einem Bericht eine Einordnung und mag seine Qualität in den Augen des Lesers mindern. Außerdem machen sie sich argumentativ überaus angreifbar. Sie verwenden rückwärtsgewandt sowie vorwärtsgewandt/modern, als Bewertung und dies entspricht lediglich einer Behauptung ihrerseits. Korrekt ist, dass Religionen (generell) alt sind, dadurch jedoch, getestet durch Jahrhunderte, eine zeitloses Element für die Menschheit… Mehr

Tomas Spahn
2 Jahre her
Antworten an  LV

Sehr geehrter LV, ich sehe nicht, wieso ich mich durch die Tatsachenfeststellung des „Diktats einer fiktiven Gottesillusion“ angreifbar mache. In seinen vier Wänden und von mir aus auch in Moscheen, Synagogen, Kirchen und sonstigen Tempeln der Anbetung mag ein jeder gern glauben, was er will – solange er das für sich tut und damit keinen Macht- und Bekehrungsanspruch verbindet. In der Politik – gleich, in welchem Kulturkreis – hat ein solches Diktat jedoch nichts zu suchen. Denn dann wird aus dem, was Sie als „Religion“ bezeichnen, eine diktatorisch-intolerante und damit menschenfeindliche Ideologie mit Alleinvertretungsanspruch. Und ein ideologischer Anspruch, gleich ob… Mehr

Everhard
2 Jahre her
Antworten an  Tomas Spahn

Sehr geehrter Her Spahn, selbstverständlich ist die Formuierung „Diktats einer fiktiven Gottesillusion“ deutliche Abwertung. Sie beziehen damit eine polemisch atheistische Position. Die selbstverständlich angreifbar ist. Sodann ist die Selbstverständlichkeit, mit der Sie „vorwärtsgewandt“ und „rückwärtsgewandt“ wertend verwenden, ebenfalls eine nicht neutrale, damit also kritisierbare Position. Ich verweise hier auf Hegels Geschichtsbild und Poppers Kritik daran. Und zum letzten: Selbstverständlich bedeutet Religionsfreiheit nicht nur das Recht, im stillen Kämmerlein zu beten. Auch diese Forderung stammt aus der Ecke radikaler Atheisten. Sondern es hat jeder das Recht, seine Religion in der Öffentlichkeit zu leben und basierend darauf auch politische Prozesse zu gestalten.… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Everhard
LV
2 Jahre her
Antworten an  Tomas Spahn

Sie sind also der Meinung, Menschen mit anderen Weltanschauungen(Ideologien), auch spirituell geprägt (Religionen), haben nur Anrecht auf Meinungsfreit wenn sie auf ihre Redefreiheit verzichten? Sie verlangen von Menschen anderer Ansichten (in diesem speziellen Fall Gläubige, explizit Muslime) sollen sich gefälligst in privaten Räumen und nur im eigenen Kopf ausleben? Sie wollen diesen Menschen das öffnen und austauschen der Eigenen Ansichten und Überzeugungen, alltäglich wie in der Politik verbieten solange sie entsprechend ihrer Überzeugung falschen Ansichten haben? Sie erklären ein Diktat, das „intolerant, diktatorisch und menschenfeindlich mit Alleinverteranspruch“ ist und wollen es verbieten (egal welcher Art) oder zumindest verbannen. Sie erklären… Mehr

Schmidtrotluff
2 Jahre her

Das ist wirklich die alte Schule des sterbenden Systems. Teile und herrsche. Die Grenzen sind doch sehr fließend und weniger Schwarz-Weiß. Herr Spahn, an welcher Stelle sind Sie festgefahren ? Wer hat Sie darauf hingewiesen, auf Parteilinie zu bleiben ? Seit kurzem schreiben Sie nur noch Stuß. Bitte Bedenken, es ist vorbei. London und Washington haben fertig.Hamburg wahrscheinlich auch.

ludwig67
2 Jahre her

Danke für den aufschlussreichen Artikel!

Tomas Spahn
2 Jahre her
Antworten an  ludwig67

Gern geschehen

bkkopp
2 Jahre her

Ob und wie weit Ramallah, Amann, Beirut, Damaskus, Bagdad und Kairo mit Israel kooperieren können und wollen, wird die Zukunft zeigen. Der Fortschritt des Abraham-Accord mit den Golfstaaten, und in indirekter Folge sogar Marokko, ist sicher bemerkenswert, scheint aber für den existentiellen Konflikt Israels in seiner unmittelbaren Nachbarschaft nicht so bedeutend zu sein. Die Idee zu dieser Vereinbarung entstammt mit hoher Wahrscheinlichkeit der Küche von Netanjahu mit Jared Kushner, den er seit Kindesbeinen kennt, weil er mit den Kushners seit Jahrzehnten familiär bekannt ist. Saudi Arabien, die Hüter von Mekka, halten sich offiziell zurück, auch wenn ihnen eine Kooperation mit… Mehr