Nie waren die Themen drängender. Maybrit Illner aber macht aus jeder Runde einen Fernsehgarten ohne Musik und Blumen. Warum, zum Teufel, dann dieser Eintopf mit Brexit, Migranten und ein bisschen Trump, den wir Ihnen dennoch pflichtschuldig servieren.
Kann sie nicht? Will sie nicht? Oder darf sie nicht? Nie waren die Zeiten besser für politischen Talk mit Verstand. Nie waren die Themen drängender. Maybrit Illner aber macht aus jeder Runde einen Fernsehgarten ohne Musik und Blumen. Warum, zum Teufel, dann dieser Eintopf mit Brexit, Migranten und ein bisschen Trump, den wir Ihnen dennoch pflichtschuldig servieren.
Als bekennender Medien-Populist der Mitte müssten wir den Text jetzt eigentlich ein bisschen hochjazzen. „Wie wird aus Wut Politik?“ mit Daniel Cohn-Bendit! Der „Held der Pariser Barrikade“ (Emma), Best Buddy von Straßenschläger J. Fischer, erzählt seinen Weg vom Straßenterror zur Staatsversorgung auf höchstem Niveau. Ein Lehrstück für Wutbürger bis heute.
Dann Stefan Petzner, PR-Profi von der anderen Seite. Ehemals „Rechte“ Hand von Jörg Haider. Mit Malte Kaufmann ein CDU-Mann, der zur AfD wechseln will. Das Ganze eineinhalb Stunden lang, weil es ein „Spezial“ war. Die Sendung hätte was werden können.
„Hätte, hätte, Fahrradkette“ sagte mal einer der SPD-Populisten, bevor die Partei von Volksbeschimpfern und PR-Minderbegabten übernommen wurde. Nein, wir wollen dem Leser nichts vormachen. Gut, wenn Sie den Abend nicht mit Frau Illner verbracht haben.
Ohne Illner der bessere Abend
Irgendwie ging‘s beinahe eine halbe Stunde lang um Brexit, was einerseits der recht sympathischen bayerischen Britin Gisela Stuart geschuldet sein mag, die für „Leave“ geworben hatte. Ihr und allen Briten wurde die Strafe Gottes und Brüssels in Aussicht gestellt für ihren Frevel. Das war alt, langweilig und wenig von Fakten getragen. Frau Stuart bemühte sich wiederholt, der starrsinnigen Illner zu erklären, dass die Briten es nicht schätzen, wenn man eine Regierung nicht abwählen kann, und das kann man die in Brüssel nun mal nicht.
Dann gab es ein Trump-Filmchen, das zeigen sollte, wie schrecklich der Mann ist. Zitat: „Millionen ungeprüft ins Land lassen? Die könnten von ISIS sein“ hatte der US-Populist doch tatsächlich behauptet. Vielleicht hätte das TV-Team diesen Quote weggelassen, hätte einer die Zeitungen der letzten Tage gelesen. Und dass Trump Frauen hasst, kann nur jemand sagen, der noch nie ein Bild von Melania gesehen hat. Aber gut, die machen ja auch nur ihren Job. Vielleicht hätten sie als Beispiel für Populisten mal den Obama-Besuch in Berlin einblenden sollen, wo mehr begeisterte Berliner auf der Straße waren als zu Führers Geburtstag.
Den, der nicht genannt werden sollte, führte Daniel Cohn-Bendit in Permanenz an. Auf ihn stützt sich augenscheinlich seine Unterstützung für die große Migrationsbewegung. „Dass Deutschland anders wird als vor 70 Jahren.“ Cohn-Bendit wirkt aus der Zeit gefallen wie Fidel Castro oder Bob Dylan. Und so wie der eine seinem Volk (?) noch immer stundenlange Reden aufdrängt, der andere nun als Nobelpreisträger weitersingt, so schwätzt auch der „rote Dany“ über alles ohne Pause, sobald ein Kameralicht aufleuchtet. Die Runde hörte ihm – teils ergeben – zu, wie sie dies wohl auch bei Fidel oder Bob getan hätte, wären sie da gewesen.
Dany, Fidel und Bob
Leider hat Illner ihn nichts zur Kette „Wut – Politik – Karriere“ gefragt, also moderierte er die Sendung zum Teil einfach selbst, wusste er doch zu allem mehr als die Gefragten, und war – ja, man muss es zugeben – durchaus unterhaltsam. Er hatte sogar einen Satz auf Lager, den Heiko Maas und Genossen niemals begreifen werden: „Ich finde es normal, dass es die AfD gibt. Das ist der SPD mit den Grünen passiert.“ Er wolle Politik machen für die 80%, die nicht AfD wählen sagt der Grüne, den 90% nicht gewählt haben. Und er glaubt auch, dass 80% für Merkels Flüchtlingspolitik sind. Auch er hat die dazugehörige Umfrage nicht gelesen, die das Gegenteil belegt.
Dann wechselte Illner zu Mike Kaufmann. Mike, weil sie wohl dachte, einer, der zur AfD wechselt, muss Ossi sein (wo der Name häufiger ist). Der stellte sich dann als Malte vor. Sprach sachlich, ruhig und wurde nicht unterbrochen. Julia Klöckner, die Malte K. einlud, ihm zu folgen, sagte irgendwas davon, dass die AfD das christliche Abendland nicht retten werde oder wolle. Und dass die AfD Homosexuelle zählen und an der Grenze schießen wolle. Da war nicht viel, was hier wiederholt werden müsste. Herr Malte stellte nochmal fest, dass Daniel Cohn-Bendit, den er wie das englische „Bandit“ aussprach, der größte Populist am Tisch sei.
Was wohl richtig war, aber am Tisch gab es keine Konkurrenz. Ein Politologe, der keinen rot-grünen Blödsinn verzapfte, wurde ein wenig befragt und wusste: „Auch emanzipatorische Bewegungen fangen mit Wut an.“ Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke, gewohnt souverän, meinte „jeder Politiker muss ein bisschen Populist sein, wenn er gewählt werden will, aber nicht contre coeur“. Und weil der rote Dany dann doch noch ein wenig kiebig in seine Richtung wurde („Sie sind einer von denen, die…“), sagte er streng „Jetzt aber aufpassen!“ oder „Sie sind ja wie ein Platzanweiser hier.“ Oder „Jetzt einmal ohne Adolf!“
Stefan Petzner berichtete aus seiner Zeit als Haider-Helfer, und wie die Pawlowschen Reflexe der Medien perfekt einsetzbar sind, um eine höchstmögliche Aufmerksamkeit zu bekommen. „Mein Job war zu gewinnen, und ich habe gewonnen.“ Dann erzählte er die Geschichte einer alten Dame aus dem Wiener Bezirk Ottakring, die ihm gesagt habe: „Man muss armen Flüchtlingen ja helfen, aber schauen Sie sich um, was aus meiner Heimat geworden ist. Und fing an zu weinen.“
Petzner steht als Wahlkampfhelfer übrigens zur Verfügung. Hätten die Volksparteien auf Gisela Stuart gehört, wäre das allerdings nicht nötig: „Es wäre die Aufgabe der Volksparteien, a l l e Strömungen aufzunehmen, und dann in die Politik zu integrieren. Eine kluge Erkenntnis, die wohl für CDU/SPD zu spät kommt.
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