IfW-Kiel: Russland ist finanziell auf längeren Krieg vorbereitet – auch bei Öl-Embargo

Auch die jüngsten Sanktionen der EU gegen Russland, inklusive eines Öl-Embargos, werden die ökonomische Fähigkeit Russlands zur Kriegsführung nicht wesentlich beeinträchtigen, sagt der Handelsexperte Rolf J. Langhammer vom Kiel Institut für Weltwirtschaft.

Öl-Raffinerie in Moskau

Durch Sanktionen, wie das heute von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigte Öl-Embargo und die Verbannung der Sberbank aus dem Zahlungssystem Swift, wird Russland nicht zu einem baldigen Einlenken im Ukraine-Krieg zu zwingen sein. Das befürchtet zumindest der Ökonom Rolf J. Langhammer, Professor für internationalen Handel am Kiel Institut für Weltwirtschaft IfW. „Hoffnungen auf ein zeitnahes Einlenken Russlands im Ukraine-Krieg angesichts der einschneidenden westlichen Sanktionen dürften enttäuscht werden. Sowohl die Situation des Staatshaushalts als auch strukturelle Besonderheiten der russischen Wirtschaft schaffen gute Ausgangsbedingungen für ein längeres Durchhalten einer auf Autarkie setzenden Kriegswirtschaft“, schreibt Langhammer in einem Kommentar auf der Website des IfW.

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Sämtliche Importe von russischem Rohöl in die EU sollen nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten enden, wie von der Leyen im EU-Parlament sagte. Bis Jahresende soll das Embargo auch alle raffinierten Öl-Produkte betreffen. Es umfasse alle Einfuhren über den Seeweg und über Pipelines. Außerdem sollen die russische Sberbank und zwei weitere komplett aus dem internationalen Abwicklungssystem Swift verbannt werden. Die EU-Mitgliedstaaten müssen dem Vorhaben noch zustimmen. Ausnahmen soll es für Ungarn und die Slowakei geben, die besonders abhängig von russischem Öl sind.

Langhammer betont in seinem Beitrag, Russland habe in den vergangenen Jahren erfolgreich eine stabile Finanzlage aufgebaut:

„Dazu gehören eine im internationalen Vergleich sehr niedrige öffentliche Verschuldung (bei 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts), hohe Ersparnisse, eine zurückhaltende Ausgabenpolitik und eine starke Reservebildung. Das hatte auch der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem jüngsten Bericht zur makroökonomischen Situation Russlands (veröffentlicht im Januar 2021) dem Land attestiert. Er verwies außerdem auf Erfolge Russlands, sich unabhängiger vom Dollar zu machen. Hinzu kommen derzeit steigende Erlöse aus Energieexporten in Länder, die sich den Sanktionen verschließen oder, wie Deutschland, ihre Käufe teilweise noch aufrechterhalten. Der jetzige Ölpreis liegt weit über dem vom IMF geschätzten notwendigen Preis für einen ausgeglichenen russischen Haushalt von 10–15 US-Dollar. Ein Öl-Embargo der EU dürfte dies zunächst nicht entscheidend ändern.“

Auch auf den Verlust der politischen Unterstützung für Putins Regime in der Bevölkerung dürften die Sanktionen weniger unmittelbare Wirkung haben:

„Strukturell helfen Russland die geringe Bedeutung des privaten Dienstleistungssektors und das hohe Ausmaß geschützter Beschäftigung im öffentlichen Sektor. Diese Beschäftigten sind der Garant für die politische Unterstützung Präsident Putins im eigenen Land und werden bevorzugt alimentiert, das heißt durch Preiskontrollen oder Einkommenshilfen vor den Folgen des Inflationsanstiegs geschützt. Das Entstehen von Schwarzmärkten wird die Regierung massiv bekämpfen, da diese die Gesellschaft spalten und den politischen Rückhalt schwächen könnten.“

Längerfristig werden die Sanktionen allerdings gravierende Auswirkungen haben, das bezweifelt auch Langhammer nicht. Vor allem durch den Ausfall unersetzlicher „Kapitalgüter“, also von Technologien, über die Russland nicht selbst verfügt. Aber deren Ausbleiben werde nicht zu einem schnellen Untergang der russischen Wirtschaft führen. „Der Westen wird langes Durchhaltevermögen zeigen müssen“, so Langhammers Fazit.

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Kommentare ( 68 )

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Carl51
2 Jahre her

Hoffentlich haben recht viele „Bürger/*“ via TV Herrn Habeck gehört nach seiner Stimmabgabe für die „gemeinsamen“ EU-Sanktionen in Brüssel. Die Sanktionen seien echt hart, und bedeuteten empfindliche Einschränkungen und Blahblahblah, und alles nicht einfach durchzustehen! Und plötzlich war klar: Habeck schildert die kommenden Leiden der Sanktionierer, nicht die des sanktionierten Rußlands. Und Habeck war so stolz…

Ruhrler
2 Jahre her

Eigentlich sollte Russland ja schon längst bankrott sein, so las man es zumindest in den letzten Wochen wiederholt. Und wenn „wir“ jetzt einen langen Atem brauchen gibt es Russland genug Zeit neue Absatzwege und Märkte zu erschliessen. Mal sehen wer eher Pleite ist, die EU oder Russland. Ich bin mir da nicht sicher. Bisher zeigt sich Putin eher unbeeindruckt von den westlichen Sanktionen, und das würde sich wohl erst ändern wenn China mitmacht, und das ist unwahrscheinlich. Da wird sich wohl eher eine neue Achse Russland/China/Indien bilden, und dann ist die EU in der Bredoullie.

Michael Palusch
2 Jahre her
Antworten an  Ruhrler

„Da wird sich wohl eher eine neue Achse Russland/China/Indien bilden,…“
Die wird sich nicht bilden, die ist längst Realität!
Die Länder die den Sanktionsforderungen begeistert zustimmten umfassen einen Wirtschaftsraum mit max. 1,5Mrd. Einwohnern, die „restlichen“ Länder sind nicht mit an Bord, dummerweise Länder, die in den kommenden Jahren einen enormen Hunger nach fossilen Energieträgern haben werden.

Michael Palusch
2 Jahre her

Wenn Putin im Winter die, wegen der nun fehlender Luxusartikel und dem jetzt teureren elektronischen Schnickschnack, murrende Bevölkerung von einer Revolution abhalten muß, wird er nur Bilder aus der Eurozone und, für die ganz Hartgesottenen, speziell aus Deutschland zeigen müssen, und ihm werden die Herzen nur so zufliegen.

Montesquieu
2 Jahre her

Wer ist „der Westen“? Wer im Westen verfolgt welche Ziele? Die USA haben es geschafft, Russland (damals noch Sowjetunion) zum zweiten Mal in die gleiche Falle laufen zu lassen. Das Vorgehen entspricht dem in Afghanistan, als Brzezinski Carter dazu brachte , wenig clandestin militärisch die Islamisten zu unterstützen, um die Sowjet nahe Regierung zu destabilisieren. Das begann wohlbemerkt vor dem Einmarsch der Sowjets in Afghanistan. Das Ziel, die Sowjetunion zu einer nicht zu gewinnenden militärischen Intervention zu provozieren, wurde erreicht. Der Anfang vom Ende der Sowjetunion. Geschadet hat es aber auch den Afghanen. Die waren nur geopolitisches Mittel zum Zweck.… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Montesquieu
Bob Hoop
2 Jahre her

„Längerfristig werden die Sanktionen allerdings gravierende Auswirkungen haben…“ Ja, das glaub ich auch. Und zwar für uns. Da hat die Uschi uns wiedermal schön ins Knie geschossen. Aber für die stellt das natürlich kein Problem dar. Hat ausgesorgt, genauso wie die anderen Gangster, die über unsere Zukunft bestimmen und uns immer tiefer in den Dreck reiten.

pbmuenchen
2 Jahre her

Unseren »Politikern« ist es gelungen, vor allem uns selbst zu sanktionieren. Nach der Massenmigration und dem Corona-Terror wird und dies vermutlich den Rest geben. Es wird sich zeigen, ob noch etwas aus der Reset-Kiste gezaubert werden muss, oder der Auftrag bereits erfüllt ist.

Kassandra
2 Jahre her

Muss gar nicht sein, dass der Regionalkrieg dort noch lange dauern wird.
Wenn durch Sanktionen hier die Lichter ausgehen, haben sie ihr Ziel „große Transformation – Welt im Wandel“ erreicht.
Zumal Nachrichten nicht nur aus der Ukraine dann nicht mehr ankommen und verbreitet werden können – was im Ahrtal auf kleiner Fläche letztes Jahr bereits bewiesen wurde.
Morsen kann hier keiner mehr – und bis wieder Berittene mit Briefen losgeschickt werden – oder gar Kutschen fahren, das wird dauern.

Kassandra
2 Jahre her

Philipp de Villiers, 2-facher französischer Präsidentschaftskandidat, beschrieb schon vor Zeiten, dass die EU dem Ende entgegendriftet – und dass das schon so geplant war: „Die Europäische Gemeinschaft ist kein Ziel an sich. Wichtig ist, dass die alten Nationen von gestern mit ihrer jeweiligen Souveränität nicht mehr der Rahmen sein sollen, in dem die aktuellen Probleme gelöst werden. Die Gemeinschaft als solche ist nur eine Etappe auf dem Weg zu Organisationsformen der Welt von morgen. Da erhebt sich dann in der Sicht Philippe de Villiers die Welt-Governance, Globalia, die von allen Attributen wie Souveränität, Demokratie und verschiedenen Völkern «befreit» ist. Der… Mehr

pbmuenchen
2 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Noch mehr darüber können Sie beim WEF nachlesen. Da gab es auch schon eine detaillierte Covid-19-Transformation-Map, bevor Corona eigentlich richtig »ausgebrochen« ist.

Lara
2 Jahre her

Deutschland werden diese Sanktionen vernichtend treffen. Die deutsche Wirtschaft kann nicht mehr konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt agieren, wenn die Energiepreise zu hoch sind.
Dieser Niedergang ist vollständig selbst verschuldet durch die Energiewende und die Sanktionen. Beides ist nicht sinnvoll.
Besonders schlimm sind die kürzlich getroffenen Aussagen man wolle Russland vollständig niederringen und dauerhaft am Boden halten. Krieg und Sanktionen über Jahre.
Da unten am Boden wird sich dann auch Deutschland wiederfinden.
Die Regierung arbeitet erfolgreich weiter gegen das eigene Volk.

Sani58
2 Jahre her

Jedem kleinen Elektriker, Schlosser, Landwirt, eigentlich Jedem mit etwas Schulbildung, und Lebenserfahrung und Menschenverstand …. ist klar und sich sicher, was der Handelsexperte verlautbart.
Nur unsere Fachleute, Prakiker, und Wissenschafler der Regierung und deren etablierten Journalien wollen es besser wissen, von weither angestachelt – und ruinieren unseren Mittelstand, unsere Lebensgrundlage , in unserem Rohstoffarmen Land. Die schaffen das. Ganz sicher und mit tatkräftiger Unterstützung der gendernden, linksträumenden, staatshörigen, Unterwürflern.

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Sani58

Schwer zu glauben, dass die wüssten, was sie tun.
Aber Schellnhubers zugrunde liegende Agenda lässt nicht zu, ihnen Unwissenheit zuzubilligen – sie verraten und verkaufen uns Deutsche mit offenen Augen.
Seit Merkel ist der Weg ins Nirwana klar vorgezeichnet.