Bundesregierung strich die Waffen-Wunschliste der Ukraine zusammen

Die deutsche Rüstungsindustrie ist bereit, der Ukraine zahlreiche schwere Waffen zu liefern. Doch die Bundesregierung entfernte aus einer Liste ausgerechnet die Panzer, die die Ukraine sich wünschte. Nun werden Ukrainer ausgebildet an deutschen Geschützen, die die Niederlande liefern.

IMAGO / Björn Trotzki
Panzerhaubitzen 2000 des Artilleriebataillons 295 aus Stetten am kalten Markt

Deutschland habe es »ermöglicht, dass die Ukraine Militärgüter aus industrieller Produktion« kaufen könne. Das behauptete Bundeskanzler Olaf Scholz noch am Dienstagabend auf einer Pressekonferenz.  Auf die Frage, ob dies auch den Verkauf schwerer Waffen beinhalte, antwortete Scholz, man sei „zusammen mit der Ukraine eine Industrieliste durchgegangen“ und Deutschland plane, „diese Lieferung zu bezahlen“.

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„Täuscht der deutsche Kanzler die Welt?“, fragt jetzt die Bild-Zeitung und legt demgegenüber eine „Bedarf“-Liste der ukrainischen Armee und eine Liste vor, die die deutsche Industrie über „Unterstützungsmöglichkeiten Industrie – konsolidiert“ aufgestellt hat. Doch von dieser Liste strich das Verteidigungsministerium sämtliche schweren Waffen – obwohl die Industrie sofort liefern könnte. „Wie üblich auf Drängen des Kanzleramtes“ schreibt Bild.

„Leopard“-Panzer, „Puma“- und „Marder“-Schützenpanzer, gepanzerte Truppentransporter wie „Boxer“ und „Fuchs“ stehen neben Mehrfachraketenwerfern und Anti-Schiff-Raketen sowie Panzer-Abwehr-Raketen von Typ „Milan“ und „Spike“ auf jener Liste, mit der die Ukraine ihren dringenden Bedarf aufführt.

Doch diese schweren Waffen strich nach Bild-Angaben das Kanzleramt; übrig bleiben lediglich Fahrzeuge, persönliche Ausrüstung, Sensorik und Aufklärung, Munition, Logistik, Handwaffen sowie „Feldzeug“ für die Ukraine. Im wesentlichen Helme also neben einigen Hightech-Radar-Geräten und ferngesteuerten Waffenstationen zur Montage auf ukrainischen Panzerfahrzeugen. Aufgerüstete Geländewagen, gepanzerte Lkw, gesicherte Busse sowie fast 100 schwere Sattelschlepper vom Typ HX81 zum schnellen Transport von Panzern dürfen nach Scholz ebenfalls noch geliefert werden.

Am 9. April bat das ukrainische Verteidigungsministerium („geschockt“ laut Bild) das Bundesverteidigungsministerium nochmals um Leopard-2-Panzer und Panzerhaubitzen vom Typ „2000“ und am 16. April um Flugabwehrraketen vom Typ „IRIS-T“. Entsprechende Hilfsgesuche liegen Bild vor. Die Bundesregierung antwortete am 19. lediglich, sie habe sich „mit dem Verteidigungsministerium in der Ukraine rückgekoppelt“.

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Dafür gab es auf der Pressekonferenz warme Worte von Scholz: „Das Leid der Ukraine lässt niemanden kalt. Wir spüren unendliche Trauer über die Opfer und  auch das muss gesagt werden große Wut auf den russischen Präsidenten und diesen sinnlosen Krieg.“ Er wies auf „klare Prinzipien“ hin, über die sich alle einig seien: „Die Ukraine bekommt weiterhin unsere volle Solidarität und Unterstützung.“ Doch während USA, Großbritannien, Australien und die Niederlande schwere Waffen liefern, erlaubt Scholz Exporte nicht. 

Die Verrenkungen der Bundesregierungen zur Vermeidung der Lieferung schwerer Waffen bestätigt auch, was die Nachrichtenagentur Bloomberg News aus Regierungskreise laut Presseberichten erfahren hat. Demnach sollen ukrainische Soldaten an der in Deutschland hergestellten Panzerhaubitze 2000 zwar womöglich in Deutschland oder Polen ausgebildet werden – aber die Geschütze selbst sollen die Niederlande liefern. Sprecher der Bundesregierung wollten sich auf der Bundespressekonferenz am Mittwoch zu den Plänen nicht äußern.

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Kommentare ( 100 )

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jem54
2 Jahre her

Wie viele Panzer haben die anderen NATO-Staaten eigentlich bisher geliefert?

Shalom Lachaim
2 Jahre her

Scholz gleicht immer mehr einer russischen Holzfigur, einem Scholzomaten Marke T-72. Eher würde er wohl nochmal zusammen mit Russland Osteuropa aufteilen und seine eigenen Taschen und die seiner Freunde in der SPD füllen, als auch nur einen Finger zur entschlossenen Verteidigung der Ukraine und der anderen Länder Osteuropas zu rühren. Er ist und bleibt ein Gefolgsmann der russischen Welt, in der Folge so vieler „politischer Freunde“ in seiner Partei. Ihn einen Defätisten zu nennen, wäre geschmeichelt. Er muss sofort zurücktreten, und die gesamte SPD, die vollkommen mit Rußland kohabitiert, muss erneuert werden. Solange Leute wie Mützenich, Klingbeil, Scholz, Weil, Schwesig… Mehr

fatherted
2 Jahre her

Kaum zu glauben, dass „medien-übergreifend“ die Meinung vorherrscht, dass Deutschland Waffen jeder Art in die Ukraine liefern soll/muss. Warum eigentlich? Wie wäre es einfach nur die Flüchtlinge aufzunehmen, humanitäre Hilfe zu leisten und Versorgungsgüter zu liefern? Die Waffen werden den Krieg in den Länge ziehen und das Leid der Bevölkerung erhöhen. Wer glaubt die Russen aufhalten zu können, vergisst wohl das Putin „die Bombe“ hat….und wenn es schlecht läuft hat der keine Probleme damit sie einzusetzen. Warum wohl haben sich die Russen „weiträumig“ aus Kiew zurück gezogen?

Der_Diddi
2 Jahre her

Dieser Krieg ist mehr als nur schrecklich,darin sind wir uns doch alle einig!!?? Aber wer hat ihn eigentlich verursacht? Wie es im Leben so ist hat alles letztendlich 2 Seiten!! Die Ukrainer(die Regierenden) sind wahrlich keine Engel. Diesbezüglich gibt es im „Netz“ viele kritische Berichte bzw Informationen!! Jetzt wird die Bundesrepublik immer und immer wieder an den „ Pranger“ gestellt,entweder durch die Regierung in Kiew oder durch den Ukrainischen Botschafter in Deutschland! Was für eine Schuld haben wir eigentlich gegenüber der Ukraine zu begleichen ?? Wenn es um weltweite Zahlungen(in die EU, in die UNO,auch in die Ukraine unsow!) geht,steht… Mehr

Strange
2 Jahre her

Schon lustig, dass die Grünen seit ihrer Gründung Angst vor AKWs hatten bzw. geschürt haben, andererseits aber keine Angst vor einem theoretisch möglichen Nuklearschlag haben, falls wir jetzt als Kriegsgegner betrachtet werden.

Hannibal ante portas
2 Jahre her

Jetzt gilt es die wirklich ernste Lage nicht zu verschlimmbessern: was soll durch unsere Waffenlieferungen eigentlich erreicht werden? Kann die Ukraine Russland schlagen und Putin zu einem Friedensschluss zwingen? Aber das Allerwichtigste: ist dieser Staat, für den jetzt soviel Opfer gebracht werden, in der bisherigen Form überhaupt weiterhin denkbar? Da sage ich ganz klar nein! Ja, da wurde von Putin ordentlich Öl ins Feuer gegossen, um die russischsprachigen Ukrainer gegen den Zentralstaat aufzubringen, aber bekanntermaßen gab es auch auf der anderen Seite wenig versöhnliche Maßnahmen und mehr. Jetzt muss eine dauerhaft tragbare Lösung her: den Weltfrieden für einen definitiv nicht… Mehr

Michael Palusch
2 Jahre her

Übrigens ist auch der von TE bereits am 15.04.2022 quasi für tot erklärte Sergei Shoigu (Im Kreml rollen Köpfe – Shoigu aus dem Feld) wieder aufgetaucht und hat mit Putin die Lage in Mariupol besprochen. Demnach wird Russland, auf Geheiß Putins, die Eroberung des Stahlwerks Aswostal abblasen und stattdessen auf die Kapitulation der dort verschanzten Einheiten warten.

Put1200
2 Jahre her

Ich finds auch immer witzig: Waffen über die Westukraine liefern und sich dann wundern dass das russische Militär genau dort bombardiert. Umso mehr Lieferungen desto mehr wird der Konflikt doch an die Westgrenze herangetragen.

Carlos
2 Jahre her

It’s an Olaf. Mit seinem Waffentrick wird Scholz nichts erreichen, schon gar nicht seinen Freund Vladi überrumpeln. Wir können uns schon mal auf eine kalte Wohnung im Winter vorbereiten. Wie gewählt, so erhalten.

Thorsten
2 Jahre her

Ohne Panzer ist kein guter Krieg gegen Russland zu machen. Das mussten die Deutschen schon am Kursker Bogen erfahren, nachdem sie wochenlang auf Nachschub warteten.
Es änderte auch nichts am Ausgang. Auch dieses Mal ist der Ausgang klar, der Westen möchte offensichtlich Russland nur durch den Waffengang „entwaffnen“ und schwächen.
Das die Gewinner dieses Konfliktes in Peking und Washington sitzen, sollte langsam klar werden. Und auch die Ölscheichs werden sich die Finger reiben, dass sie für ihren CO2-Schmonz das Dreifache wie früher bekommen.