Das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte, die „Moskwa“, ist gesunken. Das hat am Donnerstagabend das russische Verteidigungsministerium bestätigt. Zum Einsatz kamen dabei nach ukrainischen Berichten zwei Neptun-Seezielflugkörper.
»Während das Schiff … in Richtung des Zielhafens geschleppt wurde, verlor es aufgrund von Schäden am Rumpf das Gleichgewicht, als nach einer Munitionsexplosion ein Feuer ausbrach. Angesichts der unruhigen See ist das Schiff gesunken«, so zitierte die staatliche Nachrichtenagentur TASS das russische Verteidigungsministerium.
Der 187 Meter lange Kreuzer sollte alle maritimen Aktionen Russlands im Schwarzen Meer anführen. Das Schiff verfügte über hohe Feuerkraft und Flugabwehr und wäre für den Schutz von Seelandeoperationen von zentraler Bedeutung. Es galt zudem als Garant für die russische Vormachtstellung im Schwarzen Meer. Ohne die Moskwa ist Russlands Schwarzmeerflotte stärker durch Raketen und Drohnen gefährdet, denn das Schiff war als einziges mit einer wirkungsvollen Luftabwehr ausgestattet und konnte anderen Schiffen Luftschutz bieten. Ähnliche Schiffe der russischen Marine können nicht ins Schwarze Meer, weil die Türkei die Meerenge am Bosporus für Kriegsschiffe für die Dauer des Krieges gesperrt hat.
Der abgefeuerte Marschflugkörper ist offenbar in der Lage, Ziele mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometer zu treffen, und kann so niedrig fliegen, dass er nicht vom Radar entdeckt werden kann. Er kann außerdem eine Steuerung mithilfe des GPS mit Trägheitsnavigation kombinieren, um die Genauigkeit der Navigation zu verbessern; der Marschflugkörper verfügt über einen aktiven Radarsucher an Bord, um sein Ziel in der letzten Phase vor dem Aufprall genau zu erkennen und anzusteuern.
Für Russlands Marine ist die Zerstörung ein Desaster und wird auch militärisch erhebliche Folgen haben. Die »Moskwa« der Slawa-Klasse ist zwar alt – sie wurde 1982 in Dienst gestellt -, wurde aber 2010 überholt.
Die russische Marine hat in diesem Krieg bisher eine relativ geringe Rolle gespielt. Sie wird vor allem als zusätzliche Quelle für Marschflugkörper eingesetzt, um Ziele in der gesamten Ukraine anzugreifen. Die »Moskwa« verfügte zwar nicht über solche Raketen, aber sie trug die Anti-Schiffs-Raketen, die sie im Kalten Krieg zu einer Speerspitze gegen die amerikanischen Trägerflotten machten. »Diese Schiffe würden die amerikanische Trägerflotte vollständig neutralisieren«, schrieb der russische Historiker Andrej Subow am Donnerstag in einem Facebook-Post mit der Überschrift »Das unrühmliche Ende des Ruhms«. Er erinnerte damit an die Worte seines Vaters, der den Bau der Moskwa und anderer großer Marine- und Zivilschiffe beaufsichtigte.
Subow erinnerte sich, dass sein verstorbener Vater – ein Admiral – den schweren Kreuzer als Abschreckung sah, die niemals eingesetzt werden sollte. »Gott sei Dank hat er nicht gesehen, wie die heutigen russischen Strategen seinen Stolz ausgenutzt haben«, sagte er. »Es ist an sich schon ein großer militärischer Fehler, ein Abschreckungsschiff als Feuerunterstützung für eine amphibische Landung einzusetzen.«
Die Schwarzmeerflotte sei seit Beginn des Krieges am 24. Februar mehrfach zum Angriff auf Odessa aufgebrochen, doch habe sie ihn nicht durchgeführt. Das liege, so Kaushal, zum großen Teil daran, dass die Landungstruppen mit 3.000 Mann zu klein wären, um einen größeren Landangriff zu bewerkstelligen. Zu diesem Landangriff ist es einem Bloomberg-Bericht zufolge bisher nicht gekommen, weil die russischen Streitkräfte bei Mykolajiw, dem Tor zu Odessa und den größten Schwarzmeerhäfen der Ukraine, immer wieder blockiert wurden. Wären sie durchgebrochen, hätte die Moskwa eine Sicherung für einen Landangriff bilden können.
Bloomberg zitiert eine Quelle aus dem russischen Verteidigungsministerium, nach der es mit oder ohne »Moskwa« sehr schwierig wäre, Odessa vom Meer aus anzugreifen, und wertete dies als einen eher symbolischen Verlust. Russland verfüge nur über eine kleine Anzahl von Schiffen dieser Klasse und habe nicht die Schiffbaukapazitäten wie zu alten Sowjetzeiten.
Die Moskwa werde mittelfristig wahrscheinlich nicht ersetzt werden. Denn die Stadt Mykolajiw verfügt nicht nur über die einzige Werft in der ehemaligen Sowjetunion, die in der Lage ist, einen Flugzeugträger zu bauen. Dort sitzt auch der Hersteller von Gasturbinentriebwerken für große Schiffe wie die Moskva. Solche Triebwerke sind wichtig, weil sie ein besseres Leistungsgewicht haben und nicht nur den zusätzlichen Schub erzeugen, der nötig ist, um ein 11.490 Tonnen schweres Schiff wie die Moskwa anzutreiben, sondern auch die elektrischen Energiemengen bereitzustellen, die für komplexe Systeme auf modernen Kriegsschiffen immer wichtiger wird, wie kausal hinweist.
Die Bedrohung von Schiffen durch Raketen sei eine alte Tatsache, schreibt der Missile-Experte Sidharth Kaushal vom Sicherheitsforschungsinstitut RUSI. Neu sei jedoch die wachsende Zahl der Akteure, die sie einsetzen. Neben der Ukraine hätten sowohl die Hisbollah als auch die Houthis in ihren Konflikten mit Israel und Saudi-Arabien ältere Anti-Schiffs-Marschflugkörper aus chinesischer Produktion gegen teure Schiffe eingesetzt. Die wachsende Zahl von Instrumenten zur Verfolgung von Zielen auf See, darunter kommerzielle Satellitennetzwerke, Open-Source-Daten und relativ billige Möglichkeiten wie Drohnen, bedeute, dass ein Angriff auf maritime Ziele in Reichweite nicht mehr nur Großmächten vorbehalten sei.
In dem Maße, so Kaushal, in dem die Fähigkeit zunehme, Schiffe auf See mit Marschflugkörpern anzugreifen und sie im Hafen mit ballistischen Raketen zu zerstören, könnte auch die militärische Machtprojektion für alle Großmächte schwieriger werden.
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Ich wundere mich sowieso, warum die Ukraine so auf die Lieferung schwerer Waffen drängt statt auf die Lieferung einiger 1000 Marschflugkörper -letztere wären doch viel effektiver? Sieht man ja auch am Beispiel der Moskwa: zwei Marschflugkörper und das ganze Kriegsschiff ist weg.
Sollte mit Panzern und Nachschubtransportern doch dasselbe sein, oder?
„Das Schiff verfügte über hohe Feuerkraft und Flugabwehr und wäre für den Schutz von Seelandeoperationen von zentraler Bedeutung.“
Scheint wohl nicht viel genutzt zu haben.
Die russische Luftwaffe wird die ukrainischen Abschussvorrichtungen in Odessa aller Voraussicht nach in den nächsten Tagen mit schweren Bunkerknackern in Schutt und Asche legen. Danach gibt es keinen Grund mehr für eine Landung in Odessa von der See aus.
Hier spricht wohl der Experte.
Bisher wurden Wohngebäude und zivile Infrastruktur in Schutt und Asche gelegt.
„Landung“ in Odessa?
Da haben Putin und seine Schergen sich wohl verzockt,
Bunkerknacker? Ihnen ist schon klar, daß es sich um Marschflugkörper mit mobilen Abschußrampen handelt. Nicht um atomare Langstreckenraketen in unterirdischen Raketensilos?
Wir erleben gerade eine militärische Zeitenwende, die alle bisherigen Entwicklungen in den Schatten stellt: Die hochpreisigen Maschinen des klassischen Luft-, Land-, und Seekrieges werden zunehmend obsolet! Seitdem zumeist von einem Menschen tragbare, intelligentere und vor allem vergleichsweise kostengünstige Systeme wie Panzerfäuste, Stingerraketen, Bazookas und bombenbestückte kleine Drohnen in die Lage versetzt worden sind, schwerste Panzer, Hubschrauber und selbst hochinvestive Jagdflugzeuge sowie prestigeträchtige Kriegsschiffe innerhalb Sekunden zu Schrott zu verwandeln, gilt nicht mehr in der Kriegsführung, was gestern noch galt. Insbesondere die Staaten, die zu träge, zu bräsig, zu ideologisch bigott waren, mit der allgemeinen Entwicklung in der elektronischen Kampfführung mitzuhalten,… Mehr
Es ist ein prestigeträchtiger Verlust, besonders da es die zentrale Luftabwehr der Schwarzmeerflotte stellte. Damit ist für Russland klar, dass es erst mal seine Luftabwehr verbessern muss.
Ich vermute, dass eine NATO-Waffe eingesetzt wurde und auch Koordinaten geliefert wurden.
Vermutlich gab es viele Opfer. Bestimmt mehr als offiziell zugegeben wird.
Insgesamt ein typisches Verlustbild: zuerst gibt es einen schweren Treffer, dann brechen Brände aus und Munition explodiert. Am Ende sinkt das Schiff. Erinnert an die Hood, Bismarck und Yamato …
Die Neptun ist die ukrainische Weiterentwicklung einer sowjetischen Antischiffsrakete.
Die Hood explodierte nach einer Treffersalve und sank in weniger als 3 Minuten, der genaue Grund für das Sinken der Bismarck ist bis heute ungeklärt. Ein Vergleich verbietet sich jedoch schon deswegen, weil die Schiffe komplett anders konzipiert und konstruiert waren. Beide hätten vermutlich aufgrund ihrer massiven Gürtelpanzerung einem Raketentreffer besser standgehalten als die Moskwa.
Ich denke, der Krieg ist für Putin ein Desaster. Und natürlich ändern sich Kriegswaffen, und welche wie effektiv sind, laufend. Der Krieg Aserbaidschan gegen Armenien hat gezeigt, dass türkische Drohen sehr effektiv sind. Umgekehrt wird natürlich versucht werden, Abwehrwaffen gegen solche Raketen und Drohnen zu entwickeln. Das alles kostet sehr viel Geld.
Genau wie die derzeitige politische Entwicklung könnte auch die militärische ergebnisoffen sein: Man weiß nicht, wer in ein paar Jahren wie stark sein wird.
Jetztfalls ist das ein weiterer zentraler Bestandteil des Great Game, welches derzeit sicherlich eröffnet ist.
Mein Gott, eine weitere Ölpest wird die Folge sein.
Warum ?
Aus reinen Prestigegründen.
Ehrlich, liebe Gretas und Luisas, wo bleibt da der Aufschrei ?
Hatten wir ja schon vor 40 Jahren im Falklandkrieg
Argentien – Exocet vs. GB – Luftabwehrzerstörer Sheffield
Ein glücklicher Treffer reicht gelegentlich, die Zerstörung eines so empfindlichen Gerätes wie ein Schiff auszulösen, aber nicht für den Sieg im Krieg.
Ich kann mich nur wiederholen: Nur weil die Russen einen Schweren Kreuzer verloren haben, muss das nichts für große Überwasserschiffe allgemeinen bedeuten. Nicht jede Marine ist Teil einer korrupten Diktatur!
Alles hat seine Zeit und sein erstes mal.
Denken Sie daran, wenn eines Tages der erste westliche Flugzeugträger schwer getroffen oder versenkt werden wird.
„Nicht jede Marine ist Teil einer korrupten Diktatur!“
Ja und was half das z.B. der Sheffield? Gelten für Demokratien andere technische Einsatzgegebenheiten?
Für große Überwasserschiffe wie Schlachtschiffe hat „das“ längst etwas bedeutet. Es ist z.B. auch nicht davon auszugehen, dass Flugzeugträger lange überleben, wenn sie nicht nur vor relativ wehrlosen Ländern aufkreuzen.