Tichys Ausblick Talk: Krieg und Inflation – was wird aus unserem Geld?

Bei „Tichys Ausblick“ diskutiert Roland Tichy mit dem ehemaligen Hedgefonds-Manager Florian Homm, dem Börsenkorrespondenten Mick Knauff und dem Verleger Frank-B. Werner.

 

Die Inflation galoppiert – viele haben Angst um ihr Erspartes. Und was jetzt? Wie sichert man sich ab? Darüber sprechen Roland Tichy und Achim Winter mit dem ehemaligen Hedgefonds-Manager und Buchautor Florian Homm, mit dem Wirtschaftsjournalisten und Börsenkorrespondenten Mick Knauff sowie mit dem Verleger von Finanzmedien und der Printausgabe von Tichys Einblick, Dr. Frank-B. Werner.

Zu Beginn der Gesprächsrunde steht die Frage im Raum, ob die auf uns zurollende Wirtschaftskrise die „Mutter aller Krisen“ sei, in der sich alle kleineren Krisen der letzten Monate und Jahre akkumulieren.

„Krisen sind so alt wie die Geschichte des Geldes“, sagt Florian Homm. „Es sind immer Zyklen zwischen einer Expansion und einer Regression.“ Für Homm hat die aktuelle Krise aber auch eine neue Größendimension: „Wir haben vier bis fünf Faktoren, die den wirtschaftlichen Aufschwung an den Börsen in den letzten Jahrzehnten erklären: niedrige Zinskosten, niedrige Steuern, höhere Geldmenge, keine nennenswerten Lohnerhöhnungen. Das hat die Gewinne der Unternehmen nach oben katapultiert, und entsprechend auch die Börsen. All diese Faktoren drehen gerade.“

Homm sieht eine Dezentralisierung: Es würden sich verschiedene multipolare Macht- und Interessensphären herausbilden. Neben den wirtschaftlichen Gründen spielen für ihn auch diese weltpolitischen Umbrüche eine zentrale Rolle. „Nach Jahrzehnten, in denen es uns wirtschaftlich gut ging, dreht dieses ganze Momentum um – die Inflation bleibt.“ Homm kritisiert hier vor allem auch den Umgang der deutschen Politik mit der Situation: „Wir sind in der deutschen sozialistischen Republik. Wir haben viel mehr Staat, der grenzt das Unternehmertum aus, die eigentliche wirtschaftliche Entwicklung der Menschen.“ Das führt für Homm in einen Zustand der Planwirtschaft.

Ist das die Krise aller Krisen?

Mick Knauff zeichnet ein optimistischeres Bild. Es habe in den letzten Jahrzehnten ja immer wieder Krisen gegeben, die Märkte hätten sich allerdings auch jedes Mal wieder erholt. Gleichwohl konstatiert Knauff: „Wir spüren es im Portemonnaie.“ Dazu komme erschwerend, dass es keine Zinsen bei den Banken gibt – „auf die Sparkonten kommt nichts mehr rein“. „Das schafft ein Loch in der Tasche“, so Knauff.

Auch wird die Frage diskutiert, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass es in der Politik Einsicht gibt, dass ein wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf besteht. Homm sieht die Wahrscheinlichkeit hierfür relativ gering: „Man entwickelt keine Lernkurve, man zeigt einen gewissen Narzissmus und ist nicht bereit, sich Fehler einzugestehen.“ Er verweist auch darauf, dass Deutschland der Weltmeister bei hohen Steuern, Stromkosten und Verordnungen sei, zusätzlich gehe die Staatsquote Richtung 60 Prozent. Es brauche hier zwar eine Einsicht, diese setze allerdings „Fachkompetenz voraus“, die er bei den Regierenden infrage stellt.

Aber bedeutet das alles, dass wir vor einer Weltwirtschaftskrise stehen? Frank-B. Werner findet: „Die Frage: ‚Ist das die Krise aller Krisen?‘ ist mit einem klaren ‚Ja‘ zu beantworten – und das ist auch gar nicht schlimm. Eine Krise gehört zum Kapitalismus. Und je schärfer sie kommt, desto schneller auch die Reinigung – dann kann sich auch alles wieder nach oben entwickeln.“ Werner sieht auch eine reinigende Wirkung für die politischen Prioritäten: „Corona-Zahlen interessieren nicht mehr, ob jetzt richtig gegendert wird spielt keine Rolle mehr, sondern selbst die Traumtänzer in der Regierung kümmern sich plötzlich um die Energieversorgung und solche Dinge. (…) Es führt dazu, dass wir uns wieder auf das Wesentliche besinnen.“

Moderator Tichy wirft ein, dass die politischen und gesellschaftlichen Folgen der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre gravierend gewesen seien, und fragt, wie Werner vor dem Hintergrund so gelassen sein kann. Dieser erwidert, dass es Ende der 20er Jahre – anders als heute – keine staatlichen Stützungsmaßnahmen gab. Eine Verarmung, wie es sie damals gegeben hätte, würden wir bei uns heute nicht erleben.

Homm zeichnet ein etwas pessimistischeres Bild – aktuell lebe bereits jeder siebte deutsche Haushalt am Existenzminimum. Dieser Anteil könne sich bald verdoppeln. Auch betont Homm mit Blick auf die Inflation: „Gelddrucken wird keine Probleme lösen.“

Droht die große Verarmung?

„Wenn wir so weitermachen wie bislang, kulminiert das irgendwann“, erläutert Werner, „und jetzt wird uns der Stecker gezogen.“ Er sieht es positiv, dass die Regierung durch externen Druck gezwungen wird, zu handeln und eine Reduzierung zuvor beschriebener Verordnungen, planwirtschaftlicher Eingriffe und staatlicher Belastungen der Wirtschaft zu forcieren. „Der Druck, der von außen kommt, ist so groß, dass sich etwas Grundlegendes ändern muss.“

Knauff wirft ein, dass der DAX bei der Lehman-Brothers-Pleite weitaus schlimmer abgestürzt ist als jetzt nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, dennoch habe er sich erholt. Homm widerspricht ihm und bezweifelt die grundsätzliche Stabilität des Euro: „Man muss sich schon die Frage stellen, ob der Euro überhaupt systemfähig bleiben kann.“ In Bezug auf die Äußerungen vergangener Zentralbank-Chefs, eine Krise würden wir nicht mehr erleben und die Inflation sei bloß temporär, sagt Homm: „Wir reden hier über ein Suppentheater, das seinesgleichen sucht, von einer Unglaubwürdigkeit der Macher, die ja mittlerweile wirklich der Masse auffällt.“

Knauff rechnet mit einem Ende der Krise, allerdings könne das noch eine Weile dauern: „Ich denke, dass wir uns hier erholen werden, aber wir haben vermutlich ein bis eineinhalb Jahre vor uns, die schwierig werden.“ Homm sieht es anders: „Ich glaube tatsächlich, dass dieser Damm so brüchig ist – und ich meine das ernst –, dass bei uns bis zu 80 Prozent der Bevölkerung verarmen werden.“



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Kommentare ( 27 )

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27 Comments
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Thomas Mairowski
2 Jahre her

Sind wir in der Mutter aller Krisen? Ich bin inzwischen über 50 Jahre alt und habe somit auch einige Börsenkrisen miterlebt. Richtig großeWirtschaftskrisen waren nicht dabei, jedenfalls keine, die mit den 1920er Jahren oder dem 2. Weltkrieg vergleichbar waren. Die Krisen sind immer anders. Eine neue Krise fühlt sich bedrohlicher an als eine Krise, die schon einmal vorgekommen ist. Deshalb kann es sein, dass fast jede neue Krise automatisch die „Mutter aller Krisen“ ist. Dazu sinngemäß Dr. Andreas Beck aus einem kürzlich bei youtube veröffentlichten Video zitiert: „Ich beobachte den Markt seit 40 Jahren und es hat immer nur 2… Mehr

Thomas Mairowski
2 Jahre her

Wie wird überhaupt der Warenkorb berechnet? Das wäre doch ein interessantes Thema für Tichys Einblick. Ich habe früher mal gehört, dass der Warenkorb ständig angepasst wird. Das ist auch sinnvoll, denn wen interessiert heute schon der Preis eines Cassettendecks oder der Preis eines Schallplattenspielers (ist inzwischen beides nur etwas für Freaks aber nicht für die Masse). Daraus ergibt sich aber auch eine Problematik bei den normal gefragten Gütern. Bisher konnte ich noch nirgendwo nachlesen, wie dieses Problem gelöst wird bzw. wieviel Manipulationsmöglichkeiten schon genutzt wurde. Es wäre schön, wenn Tichys Einblick hier Aufklärung betreiben könnte. Nehmen wir dazu Margarine und… Mehr

Michael Palusch
2 Jahre her
Antworten an  Thomas Mairowski

Teuerung, nicht Inflation! Inflation ist die Teuerung bei ausgelasteten Produktionsanlagen mit überschüssiger Liquitität, wir haben aber Preisanstiege durch tatsächliche oder künstliche Verknappung. Mit dem Warenkorb ist es die gleiche Schummelei wie mit der Berechnung des BIP. Der Warenkorb wird wohl immer mal angepasst, ob und für wen diese Zusammensetzung danach repräsentativ ist bleibt Ansichtssache. Ähnlich beim BIP, selbst so unsinnige „Leistungen“ wie das Ausheben eines Loches und dessen unmittelbarer Verfüllung wie auch das Umsetzen eines Sandhaufens fließen ebenso ins BIP mit ein, wie der anwaltliche Widerspruch gegen einen Bußgeldbescheid und dessen anschließende Rücknahme wegen Aussichtslosigkeit. In beiden Fällen wird nichts… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Michael Palusch
fatherted
2 Jahre her

Sorry….aber das war ein Ding mit X….nix. Abgehobene Börsen-Spekulatius dazu zu befragen, wie Lieschen Müller ihren Spargroschen retten kann ist wohl keine Option. Die Herren waren allesamt so selbstverliebt in ihre Spekulations-Fantasien, dass auch ein Herr Winter sie da nicht rausholen konnte. Bitte zu diesem Thema lieber wieder Herrn Sinn einladen….Krall, Otte, Knauf und Homm sind eher nicht geeignet in einer solchen Diskussion….entweder durch Eigeninteressen geleitet….oder in abgehobener Spekulations-Manier pallierend. Fazit: War nix. Man kann sich ja selbst mal Gedanken machen….hängt halt auch stark von der Entwicklung der nächsten Monate ab. Sollte, wie Söder letztens meinte…die Inflation anfangen zu „gallopieren“…..werden… Mehr

mlw_reloaded
2 Jahre her

Etwas schade dass Herr Winter mehrmals explizit nach Strategien für Durchschnittsverdiener bat, und mehrmals keine vernünftige Antwort erhielt. Ist ja schön dass die Herren mit ihrer Spielgeld-Mentalität erfolgreich auf steigende oder fallende Kurse pokern. Wenn man schon den Leuten helfen möchte, die ihr Geld auf dem Konto dahinschmelzen sehen, dann auch bitte Klartext. Das hat mich bereits vor einigen Jahren, als Dr. Markus Krall bei TE aktiv war, massiv gestört… vor dem Kollaps warnen, sich selbst als gut geschützt hinstellen, aber keine Auswege für Ottonormal aufzeigen? Würde mir wirklich wünschen dass TE hier nochmal ein paar Artikel oder Talks nachschiebt.

Johann Thiel
2 Jahre her
Antworten an  mlw_reloaded

Mir scheint der Grund für die stets unklaren Aussagen der Experten in der Angst eine falsche Empfehlung zu geben begründet. Ist ja auch verständlich in einer Gesellschaft in der immer die anderen Schuld sind und keiner mehr bereit ist persönliche Verantwortung zu übernehmen.

mlw_reloaded
2 Jahre her

Etwas schade dass Herr Winter mehrmals explizit nach Strategien für Durchschnittsverdiener bat, und mehrmals keine vernünftige Antwort erhielt. Ist ja schön dass die Herren mit ihrer Spielgeld-Mentalität erfolgreich auf steigende oder fallende Kurse pokern. Wenn man schon den Leuten helfen möchte, die ihr Geld auf dem Konto dahinschmelzen sehen, dann auch bitte Klartext. Das hat mich bereits vor einigen Jahren, als Dr. Markus Krall bei TE aktiv war, massiv gestört… vor dem Kollaps warnen, sich selbst als gut geschützt hinstellen, aber keine Auswege für Ottonormal aufzeigen? Würde mir wirklich wünschen dass TE hier nochmal ein paar Artikel oder Talks nachschiebt.

roffmann
2 Jahre her

Schade, die guten Nachfragen von Herrn Tichy kamen akustisch etwas schwach an . Ansonsten ein gute Runde

Wilhelm Roepke
2 Jahre her

Bitte beim nächsten mal ein Interview zwischen Herrn Dr Werner und Herrn Tichy, dann bekommt das Ganze ein ordentliches Niveau.

Mikmi
2 Jahre her

Es ist Krieg in der Ukraine, da gehört die CO2 Umlage ausgesetzt, so lange der Krieg dauert und zwar sofort.
Ich will nicht von einem Kinderbuchautor hören, jeder Deutsche wird auf 3000,- Euro im Jahr verzichten müssen, dann schmeißt diesen unfähigen lieber raus, Prioritäten setzen heißt für mich, wie kann ich all diesem gegen steuern.

Giovanni
2 Jahre her

Ich sehe mir mit Interesse Tichys Ausblick an, in dem meistens kompetente Gäste eingeladen sind. Zudem ist Roland Tichy ein vorbildlicher Moderator.
In seiner letzten Talk-Show „Krieg und Inflation – was wird aus unserem Geld?“ war seine Gästeliste m.E. fehlbesetzt. Florian Homm als Hedgefonds-Manager und Börsenkorrespondent Mick Knauff machten mächtig Werbung für ihr jeweiliges Gebiet. Dabei „schwurbelten“ sie über ihr Fachgebiet in einer schwer verständlichen Fachsprache. Schade!!

cleverfrank
2 Jahre her

Nun, Shorts auf Aktien, Rohstoffspekulationen, Auslagern der Privatimmobilie in GmbH´s sind nicht unbedingt die Empfehlungen, die der Normalanleger erwartet. Die Erkenntnisse aus dem Talk waren für mich nicht sehr erhellend.
Dennoch war die Gesprächsführung von Achim Winter gut, aber leider vergebens in dem Bemühen, die Diskutanten etwas zu „erden“.