SPD-Hessen Süd fordert: Gemeinsame Agrarpolitik verschieben

Der Arbeitskreis Landwirtschaft und ländlicher Raum in der SPD Hessen-Süd fordert, die Gemeinsame Agrarpolitik der EU zu verschieben. In dem Arbeitskreis sitzen fachlich bewanderte Landwirte, die mit ansehen müssen, wie eine Landwirtschaft zerstört werden soll.

IMAGO / U. J. Alexander
Spargelernte in Mutterstadt

Erstaunliches aus Hessen, ausgerechnet auch noch aus dem als links verschrienen SPD-Bezirk Hessen-Süd. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU solle um mindestens zwei Jahre verschoben werden, fordert dort der »Arbeitskreis Landwirtschaft und ländlicher Raum«. Zuerst machen sie in ihrer Pressemitteilung einen kleinen Kotau vor der großen Agrarpolitik. Die sieht bekanntlich eine drastische Stilllegung von Agrarflächen und eine erhebliche Verringerung der landwirtschaftlichen Produktion vor – mit entsprechenden dramatischen Folgen für die Zukunft der Landwirtschaft.

Mineraldünger und steigende Energiepreise
Wie grüne Landwirtschaftspolitik den Hunger in der Welt vorantreibt
Der Arbeitskreis begrüßt zwar zunächst die Pläne der EU-Kommission, für das Jahr 2022 die „ökologischen Vorrangflächen“ für den Anbau von Feldfrüchten freizugeben. Doch, so schränkt er ein, die Grundlagen des im Dezember 2020 vorgestellten „Green Deal“ der EU-Kommission hätten sich in den letzten Monaten drastisch verändert. »Angesichts der dramatischen Lage auf den Weltagrarmärkten verbieten sich derzeit Vorschläge zur weiteren Extensivierung wie Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, Reduzierung der Düngung, vier Prozent Stilllegung von Ackerflächen sowie aktuell weiterer Ausbau des Ökolandbaus.«

Angesichts einer drohenden Hungerkatastrophe dürfe man nicht über eine Verminderung der Ernten reden. »Dabei geht es nicht darum die ‚Zeit zurückzudrehen‘«, so der Sprecher des Arbeitskreises Landwirtschaft und ländlicher Raum Joachim Diesner. „Wir fordern die Bundesregierung und den Landwirtschaftsminister Cem Özdemir jedoch dringend auf, sich auf EU-Ebene für eine Verschiebung der Einführung der GAP 2023 um mindestens zwei Jahre einzusetzen und in der Zwischenzeit die Ziele an globale Realitäten anzupassen. Denn mit der vorgesehenen Kürzung der Direktzahlungen ab dem nächsten Jahr laufen unsere landwirtschaftlichen Betriebe angesichts des horrenden Preisanstiegs der Betriebsmittel in eine bedrohliche Liquiditätsfalle.“

Drohende Hungersnot
Die globale Ernährungskrise zeigt ihr Gesicht in Syrien
»Aus Russland und der Ukraine kommen etwa ein Drittel des weltweit gehandelten Weizens, beim Mais ist es ein Fünftel, beim Sonnenblumenöl sind es drei Viertel. Falls diese Mengen bei der nächsten Ernte fehlen, wird es zu einer deutlichen Verknappung kommen. Der Krieg wird im schlimmsten Fall weitere 100 Millionen Menschen weltweit in den Hunger treiben. Zudem sind Russland und Weißrussland große Lieferanten für Düngemittel in die EU, dessen Wegfall weitere Produktionsrückgänge nach sich zieht. Es ist weder verantwortungsvoll, noch sozial, wenn in Deutschland und der EU mit den weltweit fruchtbarsten Böden und höchsten Getreideerträgen, die Produktion von Getreide gedrosselt und somit das Angebot weiter verknappt wird, während in anderen Ländern Menschen von Hunger und dem Tod bedroht sind.«

Wer sich über die neuen Töne aus einer Ecke der SPD wundert, sollte wissen: In dem Arbeitskreis sitzen durchweg fachlich bewanderte Landwirte, die sprachlos mit ansehen müssen, wie eine Landwirtschaft zerstört werden soll. Außerdem gehören ihm sogar zwei Landtagsabgeordnete an.

Bundeskanzler Scholz (SPD) spricht zu Recht angesichts der globalen Verwerfungen durch den Krieg in der Ukraine von einer „Zeitenwende“. In der Ampel-Koalition hat sich das bereits mit wegweisenden Beschlüssen sowohl in der Außen-, Sicherheits- als auch der Energiepolitik niedergeschlagen.

Ein Festhalten von alten Zielen in der Agrarpolitik wäre fatal und hätte ungeahnte Folgen für die Ernährungssicherung von Millionen von Menschen. »Werden hier falsche Weichen gestellt, hätte dies nicht nur Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe in der EU, sondern würde auch erhebliche Migrationsbewegungen aus Ländern auslösen, deren Bevölkerung nicht mehr ernährt werden kann«, schließt der Arbeitskreis.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 11 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

11 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Mausi
2 Jahre her

All diese Pläne und Regeln, das Angebot zu verringern, zu verteuern, trifft nur diejenigen mit wenig Geld. Grün ist unsozial ohne Ende.

Marcel Seiler
2 Jahre her

Gemeinsame Agrarpolitik der EU? Also noch ein Politikbereich, der aus dem Bereich des Nationalen, wo (jedenfalls theoretisch) noch eine Demokratie existiert, in den Bereich der EU wandert, wo eine der demokratischen Kontrolle entzogene namenlose Bürokratie waltet.

Unabhängig davon, was in dieser gemeinsamen Agrarpolitik entschieden wird, ist diese Entdemokratisierung eine wirklich schlechte Nachricht.

Protestwaehler
2 Jahre her

„Aus Russland und der Ukraine kommen etwa ein Drittel des weltweit gehandelten Weizens, beim Mais ist es ein Fünftel, beim Sonnenblumenöl sind es drei Viertel. Falls diese Mengen bei der nächsten Ernte fehlen,…“ Die werden wohl dauerhaft fehlen. Die Ukraine wird ein von Russland besetztes Land bleiben, Produktion und Ernte stehen also zukünftig unter der Kontrolle des von uns sanktionierten Russland… da kann sich wohl jeder selbst ausmalen wie diese Geschichte weiter verläuft. Der Russe ist doch kein Idiot, der wusste genau welche Konsequezen der Einmarsch in die Ukraine hat, und wie er dem entgegenwirken würde. Wie viele Kraftwerke sollen… Mehr

Biskaborn
2 Jahre her

Dort sitzen Landwirte in dieser Kommission? Die kriechen tatsächlich erst einmal vor der EU und Özdemir! Die müssten vom ersten Wort an auf dennTisch hauen und zwar so laut ,das man es in Brüssel hört und dieser Özdemir vor Schreck vom Stuhl fällt. Machen sie aber nicht, insofern wird ihr Appell verhallen und ihr Brief in den Papierkorb wandern. Solche Landwirte brauchen wir nicht!

Schlaubauer
2 Jahre her

Paperlapapp. Es ist wie bei Energiewende und Ukarainekrieg. Alles nur böse Verschwörungstheorien. Essen kommt von Aldi oder aus der Fabrik, grüner Strom aus der Steckdose und Waffenlieferung bringen der Frieden.

Roland Mueller
2 Jahre her

Die Forderung von den Herrschaften, die unsinnige Agrarpolitik zu überdenken, ist bestenfalls halbherzig. Durch die Aufschiebung um zwei Jahre wird daran nichts wirklich besser. Vor allem sollte klar sein, dass in einem Land, in dem jeder willkommen ist, grössere Mindererträge desaströse Folgen haben werden. Dazu lassen aber die Herrschaften von der SPD nichts verlauten. Offenbar möchten sie nirgendwo anecken und mit ihrer Warnung in Ruhe wohlig weiterschlafen.

Protestwaehler
2 Jahre her
Antworten an  Roland Mueller

In Steinmeiers besten Deutschland das es jemals gab berichten die Tafeln gerade von Versorgungsengpässen, einige musste daher bereits schließen… und dabei hat die nächste Welle gerade erst begonnen. Wie Bearbock u. Faeser da wohl ihre Gäste aus aller Welt demnächst ernähren wollen… gut, beim Denken hatten Linke und Grüne noch nie großes Talent bewiesen.

Maria KH
2 Jahre her

Herr Özdemir weigert sich jetzt noch, wie von der EU-Kommission empfohlen in diesem Jahr Brachflächen für den Anbau aller Getreidearten freizugeben.

Aber sicher nicht mehr lange.

Protestwaehler
2 Jahre her
Antworten an  Maria KH

Die Grünen sind eine US-Lobbyorganisation. Nach dem Fracking-Gas das wir demnächst mit großen Tankschiffen aus den USA importieren, um das Weltklima zu retten, folgt sicher bald der Gen-Mais etc. aus den USA.

ramseshelge
2 Jahre her

Ich freu mich jedes mal, wenn wieder ein Stück,,Kuchen“von den Giganten-Torten der übergroßen Dienste abbricht, schmälert es doch auch deren Gewinne aus Werbung etc. Dann werden die sich aber schon zu wehren wissen und harbarthisierte Richter finden und gekaufte Politiker, die dann nur noch ,,Genehme Dienste“ zulassen. Wäre ja für die neofeudale Nomenklatura auch gefährlich, freien Meinungsaustausch in unabhängigen Kanälen zuzulassen. Wie sowas gemacht wird, zeigt das Beispiel Telegram. Von China haben diese Politypen hier schon viel gelernt!

derostenistrot
2 Jahre her

Schön und gut, nur die Außenministerin will im Verbund mit Faeser 10 Millionen Ukrainer, Afrikaner oder wer auch immer kommen will importieren. Wie sollen diese Menschen untergebracht und ernährt werden? Das erklärt diese „Völkerrechtlerin“ nicht. „Wir schaffen das“ 2.0.