Chinesische Zensurbehörden ließen den Film „Fight Club“ ändern. Das in Revolution endende Original fällt weg, dafür erscheint eine Schrift und der Zuschauer erfährt, dass sich die Partei um alles gekümmert hat. Wirkt lustig. Zeigt aber auch, wie sich die chinesische Unfreiheit allmählich auf den westlichen Kulturbetrieb ausbreitet.
Zu den ungeschriebenen journalistischen Gesetzen gehört, dass der Name „Fight Club“ nicht geschrieben werden darf, ohne dass davor die erklärende Bezeichnung „Kultfilm“ steht. Diesen Status hat sich der 1999 erschienene Thriller durch seine düstere Optik verdient, seine namensgebenden Kampfszenen, eine Vielfalt an Filmzitaten und durch die spektakulären Wendungen in der Handlung: Ein unter Schlafstörung leidender Erzähler (Edward Norton) wird von Tyler Durden (Brad Pitt) in den Fight Club gezogen. Der startet als Selbsthilfegruppe, dann erwächst daraus eine anarchistische Widerstandsbewegung. Diese will durch einen Terroranschlag das Finanzsystem lahmlegen. Doch bevor es zum Showdown kommt, bemerkt der Erzähler, dass Durden nur eine Wahnidee war und tatsächlich er selbt hinter ihm steckt. Am Ende bricht alles zusammen.
Im Originalende. Diese anarchistische Version war für den chinesischen Markt nicht tragbar. Die Filmplattform Tencent Video biegt dort vorm Finale ab: Die Revolution bleibt aus. Stattdessen wird auf einer Schrift erklärt: Die Partei habe die Terroristen gestoppt, um die Hauptfigur sei sich gekümmert worden. Er sei in eine Irrenanstalt geliefert und später als geheilt entlassen worden.
— Dr Jordan B Peterson (@jordanbpeterson) January 27, 2022
Der Autor der Romanvorlage, Chuck Palahniuk, fand das zuerst lustig und twitterte: Das ganze sei wunderbar und in China bekomme jeder ein Happyend. Dann gab er dem amerikanischen Portal TMZ ein Interview und erklärte zum einen, das chinesische Ende komme der Romanvorlage näher als das ursprüngliche Filmende. Zum anderen verstehe er die Aufregung nicht. In den USA würden seine Bücher auch verboten. Er bezieht sich dabei unter anderem auf staatliche sowie auf christliche Privatschulen, in denen seine Werke auf dem Index stehen.
Die Aussage Palahniuks nahmen deutsche Medien dankbar auf. Sie betonten erwartungsgemäß den Aspekt, dass es Zensur auch in den USA gebe. Ein beliebtes Motiv in einem Land, das sich und seine Regierungschefs gerne selbst als „Führerin der freien Welt“ sieht. Befremdlich wirkte indes die Betonung, das chinesische Ende sei letztlich künstlerisch wertvoll. Als ob das die Absicht der Zensurbehörden wäre. Der Beigeschmack von Freispruch für die Zensur lag so unter der deutschen Berichterstattung.
Es waren nicht westliche Medien, die den Eingriff in „Fight Club“ aufdeckten. Chinesische Filmfans hatten sich beschwert, die das Original von Raubkopien kannten. Zwar lässt China ausländische Filmexporte zu – vorwiegend amerikanische -, begrenzt aber deren Anzahl. Zum einen soll so die heimische Filmindustrie gefördert werden. Zum anderen erleichtert es die Zensur ausländischer Werke. Wie im fiktiven „Fight Club“ will die Partei auch real alles unter Kontrolle haben.
Eingriffe wie beim 23 Jahre alten „Fight Club“ sind dabei nur selten notwendig. Der internationale Markt passt sich in den letzten Jahren an den Markt der Boomnation an. So kommt es zu Co-Produktionen wie „The Great Wall“, in dem Matt Damon und Jing Tian die Hauptrollen spielen. Aber auch die eigenen Neuveröffentlichungen produzieren die Amerikaner schon nach staatlichen Wünschen – aus China. So wurde der Comic „Dr. Strange“ 2016 verfilmt. Doch die tibetische Hauptfigur wurde ersetzt – durch einen Kelten. Gespielt von Tilda Swinton.
„Dem Volk und dem Sozialismus dienen“ solle der Film grundsätzlich, heißt es in den chinesischen Zensur-Bestimmungen. Also liefert Hollywood nun Filme, die Volk und Sozialismus dienen, weil das auch dem kapitalistischen Hauptzweck entspricht: Geld verdienen. Ohne diese lästige Freiheit sind sich Kapitalismus und Sozialismus erstaunlich schnell einig.
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Warten Sie mal ab, bis komplett neue Verfilmungen alte Fassungen vergessen werden lassen… Und das wird überall passieren und passiert auf Youtube schon mit Musikvideos.
„….don’t mention the war!“
China lernt doch nur vom Westen.
Was da im Artikel und besonders im letzten Absatz steht: Kapitalismus schützt nicht vor Sozialismus. Das ist ein Irrglaube. Lenin hatte das schon erfasst, als er sagte, die Kapitalisten werden den Bolschewicken noch den Strick verkaufen, an dem sie sie dann aufhängen werden. Und Hitler hat die Wirtschaft ja auch vor seinen Karren gespannt. Das einzige, was vor Totalitarismus schützt, ist ein bewaffnetes Bürgertum. Der Bürger in Uniform also. Oder auch der Soldat ohne Uniform. Nebenbei: Das Phänomen mit Fight Club und dem sinnentstellend manipulierten Ende in China, ist kein rein chinesisches Problem. Das gleiche Problem gab es nicht nur… Mehr
Erste Regel des Fight Club lautet, rede niemals ueber den Fight Club.
1979 habe ich zum ersten mal chinesischen Boden betreten und wer das klamme Gefühl von damals, verbunden mit gleichzeitiger Bewunderung und großem Staunen selbst erlebt hat, der wird es erstens mal nie mehr los und kennt auch noch die Verhältnisse von damals und kann sehr wohl zu heute unterscheiden, wenn man über viele Jahrzehnte permanent vor Ort war. Damals war es nur möglich sich unter Aufsicht zu bewegen und die Schatten folgten, egal wo man gerade war, obwohl man es nicht vordergründig wahrgenommen hat und noch erleben durfte, wie Chinesen auf einer Straße oder einem Platz eine Langnase angefaßt haben… Mehr
In der Buntesrepublik wird es sich auch bald Neuverfilmunjgen geben, als Kommissarin Derrik eine lesbische PoC, ihr zur Seite eine Transgendermännin mit Führerschein.
Ich denke folgender Aspekt ist ein guter Gradmesser des Politisch-Gesellschaftlichen Zustandes eines Landes. Wo und von wem, gegenüber wem werden die Orden verliehen. Auf westlichen Social Media Plattformen wird zunehmend der „negative“ Bewertungsdaumen unterbunden bzw. ausgeblendet, oder nur die positiven Zählen. Das ist gleich einer Zensur. Hier bei Tichy gibt es eine milde Form dieser Zensur, keine absolut erkennbaren Daumen/Zahlen/Bewertungen sondern nur einen Gradmesser. Im Westen verleihen bzw. erschleichen sich die Linken Bessermeschen die Orden und damit die zirkuläre Aufmerksamkeit seit geraumer Zeit mit ihrem Marsch durch die Institutionen mittlerweile komplett selber. Über staatlich-medial gepumpte Social-Media Blasen über Ideologie und… Mehr
Jede positive Ordnung endet dort wo der Wettbewerb ausgeschaltet ist. Jeder positive Wettbewerb endet dort wo die Ordnung ausgeschaltet ist. +++ Während im Westen mittlerweile jegliche Ordnung fehlt, und die individuelle Willkür von echten Minderheiten Übergriffig mit Hilfe von „Social Media“ durch wie die Pest wuchernde, vereinahmende, egozentrische, zumeist politisch linke Selbstdarsteller:innen Raum greift – siehe NGOs, Annalena, Greta, Böhmermann, et al. zum Thema Migration, Umwelt etc.; ist es in China genau anders herum, hier bestimmt der Staat den Rahmen der Entwicklung, positiv wie negativ. +++ Was nun besser ist? eine müßige Frage. In jedem Fall Gerechtigkeit; die beiden Spielarten… Mehr
Die Zukunft wird düster. Die letzten knapp 60 Jahre werden als „Goldene Zeit“ in die Geschichte eingehen; als es zumindest den überwiegenden Teilen der europäischen und nordamerikanischen Bevölkerung über alle Gesellschaftsschichten hinweg gut und bergauf ging. Eine Anomalie in der Geschichte. Nun ebnet sich dies wieder ein zu einem „Normslzustand“, in dem ein kleiner Teil tun kann was er will & einer Mehrheit, die nicht weiß wie ihr geschieht. Dass eine Minderheit der Menschheit über die Mehrheit herrscht ist nach der menschlichen kognitiven Prägung immanent (geradezu logisch). Eigentlich unfassbar, meine Großeltern haben für diese Epoche gekämpft und viele Entbehrungen auf… Mehr
Es könnte durchaus sein, dass in den Geschichtsbüchern für die BRD und größere Teile Europas die Zeit ab den 1950iger Jahren bis … als wirtschaftlich goldene Zeit angesehen wird. Politisch und militärisch war Europa allerdings schon damals schwach.
Früher sind Trends aus den USA nach Deutschland gekommen, heute kommen immer mehr Trends aus China nach Deutschland.
Früher haben wir China wg. Zensur im Internet kritisiert, heute ist Deutschland Zensur-Vorbild für Autokratien. Mit dem Film brauchen wir uns auch nicht über China aufregen, einfach wieder einmal ein paar Minuten ARD/ZDF einschalten, die stehen den Chinesen kaum etwas nach.