Markus Lanz zelebriert im ZDF ein Zerrbild der USA

Der journalistische Ausflug in die USA bei Markus Lanz war ein Musterbeispiel für Demagogie und Desinformation.

Screenprint: ZDF / Markus Lanz

„Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen.“ Manche brauchen sich aber gar nicht erst auf die Socken zu machen, denn sie wissen vorher schon ganz genau, was sie erwartet. Einer dieser alerten Zeitgenossen ist ZDF-Mitternachtsschwätzer Markus Lanz. Er hatte sich auf den Weg in die Vereinigten Staaten von Amerika gemacht, um Belege für den schlimmen Zustand der USA zu finden, für den es bei ARD und ZDF immer nur einen Grund gibt: Donald Trump.

Regelmäßige Konsumenten des staatlichen russischen Auslandsfernsehens Russia Today hätten gestern das ZDF gar nicht einschalten müssen, denn sie erfuhren da nichts, was sie nicht schon auf Putins Sender gesehen hätten. Möglicherweise gehört auch Lanz zu diesen. Nun aber konnte er sich selbst, im feinsten Dress-Man-Outfit, inmitten des Elends zur Schau stellen.

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Wer noch nie in den USA war, wird nach dem Lanz-Ausflug bis zum Lebensende kein Bedürfnis danach spüren, in dieses traurige Land der überwiegend schwarzen Obdachlosen und weißen rassistischen Analphabeten zu reisen. Denn das ist das Bild, welches westliche Salon-Revolutionäre wie Lanz von Amerika haben und verbreiten: ein Land in einem sich immer mehr verschärfenden Rassenkonflikt, ein Land der sozialen Gegensätze und der zynischen Herrschaft von Großkapitalisten. Natürlich kann man all das in den USA finden. Aber wer dies verabsolutiert, macht daraus eine Farce.

Das Land zwischen New York und Los Angeles kenne keinerlei Sozialsystem und sei mithin schlimmstes Beispiel des Manchester-Kapitalismus. Dabei hat Lanz doch sicherlich nicht Quartier in einem der Obdachlosen-Asyle gefunden, sondern vielmehr auf Kosten der deutschen Gebührenzahler in einem Hotel der Luxusklasse ohne den Duft der Armut logiert. Er müsste schon temporär blind gewesen sein, um die Vielzahl ganz normaler Mittelschicht-Amerikaner nicht gesehen zu haben. Aber es kann nicht sein, was nicht sein darf.

Nur so ganz nebenbei und eher zufällig erfährt der Zuschauer, dass während der Hochphase der Corona-Pandemie der Ausbeuterstaat à la Trump, auch in der Metropole Atlanta, gleich mehrere Hotels komplett gemietet hat, um Obdachlose dort unterzubringen. Vergleichbares habe ich im sozialen Paradies Bundesrepublik noch nicht gehört.

Zu Trumps Zeiten kritisierten übrigens US-Unternehmen die hohen Sozialleistungen an bedürftige Familien, deren Mitglieder sich aufgrund der hohen staatlichen Zuwendungen dem Arbeitsmarkt entziehen würden. Auch die staatlichen und damit kostenlose Gesundheitssysteme, wie MediCare und MediCat für Rentner und Bedürftige befand Lanz keiner Erwähnung wert. Dafür kommentierte er die Mitteilung eines Bedürftigen, dass er nur eine Sozialhilfe von 800 US-Dollar monatlich bekomme mit den bewegt vorgetragenen Worten: „Das ist ja zu wenig zum Leben.“ Dass in der Bundesrepublik ein großer Teil der Rentner mit der gleichen Summe von 800 Euro auskommen muss, scheint Herrn Lanz entgangen zu sein.

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„Wenn die Tatsachen nicht zur Ideologie passen, ist es die Schuld der Tatsachen“, formulierte der Urvater der Sowjetischen Revolution, Wladimir Iljitsch Lenin über „Die Diktatur des Proletariats“ (mit dem „Goldkorn, der Partei an der Spitze“) in seinem begründenden Werk „Was Tun“ aus dem Jahre 1912. Gerichtet waren diese Worte ganz besonders an die Journalisten im Lande, die die Aufgabe hätten, das proletarische Bewusstsein und den wissenschaftlich begründeten Optimismus des Marxismus in die Massen hineinzutragen. Medienschaffende, so Lenin weiter, hätten sich als kollektive Organisatoren, Agitatoren und Propagandisten zu verstehen. Mit Markus Lanz wäre der Genosse Lenin mehr als zufrieden gewesen!

Unwillkürlich musste sich hier der Zuschauer fragen, warum sich aus den USA nicht ein unendlicher Flüchtlingsstrom von Armen und Entrechteten über den Rest der Welt ergösse. Bekanntlich sind die Vereinigten Staaten das Land, das die meisten Flüchtlinge in der Welt aufnimmt. Im Übrigen hat noch kein US-Staatsbürger jemals in der Bundesrepublik Deutschland um politisches Asyl oder Aufnahme in das deutsche Sozialsystem gebeten. Wahrscheinlich handelt es sich bei den US-Bürgern um Masochisten und „Hungerkünstler“. So gesehen kann man beruhigt sein, denn ein solches Machwerk über die USA, wie im ZDF ausgestrahlt, widerlegt sich von selbst.

Nicht minder interessant und ebenso einseitig präsentierte sich die nachfolgende Talkrunde. Eingeladen waren der ehemalige SPD-Spitzenpolitiker und heute als Berater diverser Großkonzerne sowie als Präsident der Atlantikbrücke tätige Sigmar Gabriel, der ZDF-Journalist Johannes Hano und die USA-Expertin – was immer das auch heißen mag – Annika Brockschmidt. Natürlich waren weder ein Korrespondent amerikanischer Medien oder auch eine andere, möglicherweise korrigierende und ergänzende Aspekte beitragende Person eingeladen. Das US-Bashing konnte also munter weitergehen!

Lediglich der etwas vorsichtiger agierende Gabriel musste bei aller Kritik zugestehen, dass es sich bei den USA um die kulturell, wissenschaftlich und nicht zuletzt militärisch führende Macht mit weitem Vorsprung vor allen anderen Staaten handelt.
Das Wesentliche gab´s wie so oft zum Schluss: Die „Amerika-Expertin“ führt aus, dass die Mehrheit der Amerikaner ein anderes Staatsverständnis hätten als die meisten Europäer. Die amerikanische Rechte – überwiegend bestehend aus weißen, rassistischen und religiösen Gruppierungen – allen voran Donald Trump, würden den Staat nur für die Erfüllung der für das Gemeinwesen notwendigsten Aufgaben sehen. Über allem stünde für diese Amerikaner das Recht der individuellen Freiheit, sei in großen Teilen der US-Bevölkerung Konsens. Danach gilt die Überzeugung, dass je größer der Einfluss des Staates sei, umso mehr der Wert der Freiheit sinke.

In dieser Unterschiedlichkeit des Denkens und der Mentalitäten liegt der Grund für das Unverständnis besonders der europäischen Linken für die Vereinigten Staaten. Wer dieses nicht begreift, dem muss dieses Land für immer fremd bleiben. Dies umso mehr, wenn man den Staat als Instrument zur Umerziehung der Menschen nach vermeintlich höheren Werten als den geltenden begreift. In seinen ausgeprägtesten Formen führt dieses Denken zwangsläufig zu Erziehungsdiktaturen. Eine Minderheit, die sich für besser hält, möchte ihre Auffassung allen anderen aufzwingen. Ein solches Denken ist zutiefst unamerikanisch.

Den notwendigen Rahmen zum Schutz des Einzelnen bilden auch in den USA die Gesetze. Niemand aber würde die Veränderungen des menschlichen Wesens, seiner gewünschten Art der zwischengeschlechtlichen Beziehungen, seiner Ernährungs- und Mobilitätsvorlieben zur Staatsdoktrin erheben. Die Bundesrepublik Deutschland ist schon seit einiger Zeit auf dem besten Wege zu so einer Gesellschaft. Mittlerweile regt sich gegen diesen Anspruch Unwillen, der sich zurzeit in „Spaziergängen“ gegen die Corona-Politik der Regierung entlädt, deren Triebkräfte aber wesentlich tiefgründiger zu verorten sind.

Die all abendliche scheinbar lockere Beträufelung durch Lanz und Genossen trägt zur Spaltung der Gesellschaft bei. Der journalistische Ausflug in die USA à la Lanz war ein Musterbeispiel für Demagogie und Desinformation – als abschreckendes Moment den journalistischen Fakultäten wärmstens empfohlen.

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Kommentare ( 65 )

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Reinhard Benditte
2 Jahre her

Ich kann jedem nur empfehlen, sich folgendes Video anzusehen: https://youtu.be/bpAi70WWBlw . Ich empfehle außerdem, sich über die Politik in den demokratisch regierten Städten zu informieren. Dann bekommt man vielleicht einen Eindruck, welches Desaster diese Politik verursacht. Abschliessend sei bemerkt, dass Hr. Lanz anscheinend so arrogant ist, dass er Fakten verschweigt und stattdessen bemerkt, die USA haetten „keinerlei Sozialsystem“. Wer sich ein wenig auskennt, weiß, dass es Unemployment Benefits gibt (natürlich kann man sich über Höhe und Dauer streiten), dass es ein Rentenversicherungssystem gibt (Social Security) und dass es auch eine umgängliche medizinische Versorgung für Rentner gibt (Medicare). Nateurlich sollte man… Mehr

Deutscher
2 Jahre her

Naja, „gottgegeben“, wenn man so will, war Amerika wohl eher den Urvölkern. So ehrlich wollen wir schon bleiben.

Last edited 2 Jahre her by Deutscher
StefanieReger
2 Jahre her
Antworten an  Deutscher

„Gott gegeben“ bezog sich auf die Grundrechte, nicht auf den Landbesitz. Was diesem angeht, haben die „Urvölker“ auch nicht mehr Recht auf das Land, denn sie haben es ebenso besiedelt und erobert und darüber untereinander Kriege geführt.

Michaelis
2 Jahre her

Es gibt Deutsche, die sich gerne erziehen lassen wollen. Es gibt Deutsche, die sich erziehen lassen, ohne es zu wollen. Es gibt Deutsche, die glauben gar nicht erzogen zu werden. Und es gibt eine kleine Minderheit, die sich nicht erziehen lassen, weil sie das nicht wollen.

Frankpx
2 Jahre her

Lanz und die anderen Talkrunden in den ÖRR sind einfach unerträglich. Dort treffen sich meistens selbstgefällige Nullen, die meilenweit von der Realität in ihrem eigenen Kosmos leben. Brauchen wir so etwas? Ich meide die ÖRR wie der Teufel das Weihwasser.

Michaelis
2 Jahre her

„…, dass alle sozialen Probleme nicht mehr auf Klassenunterschiede, sondern nurmehr auf identitäre Unterschiede zurückzuführen seien.“ Da hat der Professor nicht ganz unrecht, nur sollte es korrekt heißen, dass sich die Neulinke ein neues Narrativ zugelegt hat, weil das mit den Klassenunterschieden „unmodern“ geworden ist. Unabhängig von dem was ist. Hauptsache man hat wieder seine Feinbilder und seine Schuldigen, sein „Weltbild“ von Guten und Bösen. Einst waren es die Kapitalisten, die bösen, jetzt sind es die weißen Männer usw. Einst waren es die Proletarier, die armen, jetzt sind es die Frauen usw. Interessant und wohl auch wesentlich an diesem Wandel… Mehr

EinBuerger
2 Jahre her

Wenn Luxemburg sich aufregen, wie schlimm Frankreich ist, interessiert das irgendjemand in Frankreich? – Nein!
Sollen halt die BRD-Zwergerl klug über die USA daherreden. Sollten sich die USA irgendwann aus Europa zurückziehen, wird Europa von der nächsten „Schutzmacht“ überrannt.

Eloman
2 Jahre her

Erwähnenswert wäre zum Thema USA noch, dass die übelsten Orte alle durch die Bank seit Jahrzehnten von den Demokraten regiert werden und dasd die Mordrate amerikanischer Städte stark mit dem Anteil Schwarzer an der Bevölkerung korreliert. Auf YouTube gibt es jede Menge Videos dazu.

Henni
2 Jahre her

Diese Talkrunde war wie alle anderen Talkrunden in den öffentlich-rechtlichen, einseitig und möglichst ohne allzu scharfe und in Unterzahl besetzte Kritiker. In sofern ist das nichts Neues. Wer um Kenntnisgewinn bedacht ist, macht einen großen Bogen nicht nur um Lanz. Ich weiß, viele Bundesbürger bilden sich fast ausschließlich ihre Meinung mit diesen Mainstreammedien.Das gilt aber nicht nur für Deutschland. Menschen sind in der überwiegenden Zahl psychosenanfällig und manipulierbar. Das ist eine Tragik, der man auf den Grund gehen sollte. Führt diese doch immer wieder zu schrecklichen Handlungen. Die USA haben Probleme genauso wie alle anderen Länder auch. Diese gleichen sich… Mehr

Freedomofspeech
2 Jahre her

Ich vermisse eine Diskussionsrunde im ÖRR, die sich einmal – gerne kontrovers – der aktuellen und der zukünftigen Probleme unseres Landes annimmt. Quer durch die Themen von Bildung, über Altersabsicherung der künftigen Generationen, Verschuldungsproblematik, Perspektiven der Integration, Reform des Gesundheitswesens, Mängel der digitalen und der sonstigen Infrastruktur…..und ja, gerne auch über Fehlentwicklungen in unserer Demokratie von Verkleinerung des Bundestags über Begrenzung der Wahlperioden von Kanzler und Kabinett bis zur Frage, wie man den Respekt vor der anderen Meinung und die Freiheit, diese zu sagen, wieder herstellen kann. Die USA brauchen unsere Besserwisserei nicht, dort kennt man die eigenen Probleme. Dass… Mehr

Vivi_Virtual
2 Jahre her
Antworten an  Freedomofspeech

Eine solche Diskussionsrunde, wie Sie (und wir alle) sie vermissen, wird es in naher Zukunft im ÖRR nicht geben. Alleine schon deshalb nicht, weil den Programm-Machern die Bedeutung des Wortes „kontrovers“ nicht mehr bekannt ist. Beantworten würden diese Ihren Wunsch mit: „Haben wir doch, schauen Sie mal hier, hier und hier“ (nachts um 2 auf neo z. B.). Sie erleben dann zum Thema Kohleausstieg 2 Gruppen äußerst „kontrovers“ diskutierend, die eine will den Ausstieg sofort, die zweite 2030. Andere Meinungen zu diesem wie auch allen anderen Themen sind von vornherein nicht existent. An ein anderes der Bevölkerung auf den Nägeln… Mehr

Peter Silie
2 Jahre her
Antworten an  Vivi_Virtual

„Kontrovers“ bedeutet beim ÖRR: eine Grün:In diskutiert mit einem linken Sozi, einem linken Linken, einem linken CDU’ler und einer linken Journalist:In und Expert:In.

elly
2 Jahre her

Sie kriegen die volle Wucht der Zerstörung“
Nein, sie haben jetzt Annalena in Deutschland. Wir werden die volle Wucht abbekommen. Russland liegt in Europa, der Kontinent Amerika ist weit weg.