Zwei Drittel der Krankenhäuser schreiben rote Zahlen – Pflegenotstand verschärft sich

Den Kliniken in Deutschland geht es wirtschaftlich so schlecht wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Grund sind die wegen der Corona-Pandemie reduzierten Behandlungen. Neben der finanziellen Situation ist der Pflegenotstand nach wie vor ein Problem.

picture alliance/dpa

Eine repräsentative Umfrage in deutschen Krankenhäusern hat gezeigt, dass es den Kliniken aktuell wirtschaftlich so schlecht geht wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Hauptgrund sei die geringe Auslastung der Normalstationen in Folge der Pandemie-Politik. Auch der Pflegenotstand verschlimmere sich.

Obwohl die Krankenhäuser während der Corona-Pandemie umfangreiche finanzielle Mittel vom Staat erhalten haben, rechnen zwei Drittel der Kliniken 2021 mit wirtschaftlichen Verlusten. Dies zeigt das aktuelle Krankenhaus-Barometer des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI). Das Institut hat für seine Umfrage zwischen Mai und Juli 2021 insgesamt 291 Krankenhäuser mit über 100 Betten in ganz Deutschland befragt. Ergebnis: Die finanzielle Lage der Kliniken ist so schlecht wie seit Beginn der Umfragen im Jahr 2000 nicht.

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Im Vergleich zum Vorjahr dürfte sich laut der Umfrage die Zahl der Kliniken, die mit Verlusten rechnen, verdoppeln. Während 2020 noch 29 Prozent der Kliniken ein negatives Jahresergebnis angaben, sind es 2021 ganze 60 Prozent. Der Erhebung zufolge schätzt aktuell nur noch jedes zehnte Krankenhaus seine wirtschaftliche Lage als gut ein. Die Hälfte der Kliniken haben ihre finanzielle Situation als „eher unbefriedigend“ bewertet. Mit einer Verbesserung der Situation rechnen die Kliniken nicht. Jedes zweite Haus erwartet 2022 eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, lediglich ein Fünftel der Einrichtungen geht davon aus, sich im kommenden Jahr finanziell zu erholen.

Grund für die wirtschaftlichen Verluste sind wohl vor allem die aufgrund der Corona-Pandemie stark reduzierten Behandlungszahlen. Jedes zweite Krankenhaus gab für den Befragungszeitraum eine geringere Auslastung als im Vorjahr an. Dies habe sich vor allem auf den Normalstationen gezeigt. Die Hälfte der Häuser berichtete, dort weniger Patienten als im Vorjahr behandelt zu haben – das kann damit erklärt werden, dass die Krankenhäuser absichtlich planbare Operationen abgesagt oder verschoben haben.

Fast alle Kliniken (95 Prozent) haben einen Rückgang der elektiven Fälle verzeichnet. Jedes zweite Haus hat zudem weniger Notfälle als im Vorjahr behandelt, was daran liegen könnte, dass sich Patienten aus Angst vor einer Infektion nicht mehr ins Krankenhaus getraut haben. Bei den Intensivstationen hingegen zeigte sich ein ambivalentes Bild: 43 Prozent der Kliniken hatten dort 2021 eine höhere Auslastung als im Vorjahr. Ein Drittel gab einen Rückgang der Intensiv-Fälle an.

Doch nicht nur die finanzielle Situation der Krankenhäuser ist laut der Umfrage ein Grund zur Sorge. Auch die Angaben der Kliniken zu ihrer Personalsituation sind alarmierend. So haben vier von fünf Krankenhäusern Probleme, offene Pflegestellen auf Allgemeinstationen zu besetzen. Bei den großen Krankenhäusern mit mehr als 600 Betten finden sogar 97 Prozent der Kliniken für ihre offenen Pflegestellen keine Anwärter. Insgesamt sind bundesweit aktuell rund 22.300 Pflegestellen auf den Normal- und Intensivstationen frei. Das sind dreimal so viele wie noch 2016. Besonders auf den Intensivstationen verschlechtert sich die Personallage dramatisch: Gegenüber 2016 hat sich hier die Anzahl unbesetzter Stellen um rund 150 Prozent erhöht (von 3.150 auf 7.900).

Auch beim Pflegemangel ist laut der Umfrage keine Besserung in Sicht. Jedes zweite Krankenhaus rechnet in den nächsten drei Jahren mit einer weiteren Verschlechterung der Pflegepersonal-Situation. Als Gründe wurden von den Kliniken vor allem der Renteneintritt sowie die allgemeine Erschöpfung der Pfleger durch Überlastung genannt.

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Kommentare ( 28 )

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Helene Baden
2 Jahre her

Es wurde zuviel geredet und zu wenig getan, die Situation in den Krankenhäusern zu verbessern. Da wäre es sicher notwendig, den Beruf des Pflegers attraktiver zu machen.Das hieße vermutlich in erster Linie: mehr Geld. Ich glaube nicht, dass Generation Schneeflöckchen, wie hier jemand schreibt, per se nur in Medien oder so machen wollen und eh zu faul sind. Wer berät sie denn darin, unbedingt studieren zu müssen, selbst, wenn ihre Fähigkeiten vielleicht eher praktischer Natur sind?

Holzdrache
2 Jahre her
Antworten an  Helene Baden

Hallo Frau Baden, nach meinen Erfahrungen klagen die meisten Mitarbeiter von Krankenhäusern und Seniorenwohneinrichtungen (vulgo Altenheimen) vorrangig über die zu hohe Arbeitsbelastung (Pflegeschlüssel zu niedrig, hohe Krankenstände die von den verbleibenden Mitarbeitern aufzufangen sind, unqualifizierte und unmotivierte Neueinstellungen). Außerdem verlassen viele Mitarbeiter Häuser weil sie den Patienten keine adäquate Versorgung (zeitliche Zuwendung) mehr angedeihen lassen können. Natürlich ist eine auskömmliche Vergütung ebenfalls essentiell, jedoch nicht vorrangiger Kritikpunkt. Ich kenne auch einige Mitarbeiter die gerne von einer 50% bzw 75% Stelle auf 100% aufstocken würden, der Arbeitgeber jedoch lieber neue Teilzeitkräfte einstellt.

chaosgegner
2 Jahre her

Gemach, gemach! Das DKI ist kategorisch einem RKI vergleichbar. Beide dienen einem Herren, dem sie bei Bedarf Zahlen liefern. Dieser Bedarf wird durch die jeweils verfolgten Ziele und deren Erreichung generiert. Eine Regierung schreit hysterisch nach schnellem Aufbau von Intensivbetten und bezahlt dafür Prämien. Für die Belegung dieser Intensivbetten werden ebenfalls Prämien bezahlt und für die Belegung mit Covid-Patienten nochmals. Bekanntermaßen wurden, nicht notwendigerweise, Patienten auf Intensiv verlegt. Also Prämien kassiert. Dabei allerdings „Normalbetten“ weniger belegt. Dieses Szenario soll jetzt letztendlich zu roten Zahlen geführt haben. Nachdem die prognostizierte Überbelegung niemals eintrat, war die Auslastung dieser Intensivbetten ebenso wie die… Mehr

Britsch
2 Jahre her
Antworten an  chaosgegner

Oder noch besser ein Herr Lauterbach, der an der Einführung solchen Unsinns (Kosten „Optimierung“) im Gesundheitssektor maßgeblich beteiligt war.
Z. B. Fall Pauschalen. es zählt nicht mehr die Bei Menschen sich unterschiedlich zeigenden Beschwerden. Beschwerden müssen schon in eine Schublade passen einem Fall, einer Nummer, zugeordnet werden können sonst kann es sich nicht um Beschwerden handeln die behandelt und abgerechnet werden können

Mausi
2 Jahre her

Rote Zahlen sind immer ein Grund, Personal zu entlassen. Zur bevorzugten Gruppe, von der man sich gerne trennt, gehört insbesondere altes und daher teures Personal.

Es ist eine Endlospirale. Und D hat keinen Notbremser! Und Querdenker, die das Salz in der Suppe sein könnten, fallen den Ernährungs-Vorschriften zum Opfer.

Last edited 2 Jahre her by Mausi
RandolfderZweite
2 Jahre her

Dies war ein Blick in die Gesundheitssysteme, der allgemeine Blick in viele andere Bereiche, wie z. B. in das Handwerk, offenbaren die gleichen Parallelen. Deutschland hat ein strukturelles Problem mit „körperlicher Arbeit“! Ob AfA (Abitur für Alle) ein Grund dafür ist, scheint naheliegend, schließlich wird jedem eine Chance auf Bildung gewährt und bezahlt. Dass das per se nicht schlecht sein muss, klingt logisch, da gewisse persönliche Vorlieben gefördert und gestärkt werden können. Leider hat das Bildungssystem hier einen grundsätzlichen Systemfehler, der mit der Berechnung der Planstellen einhergeht: Je weniger Schüler, desto weniger Planstellen. Die Folge ist, dass die Schulen versuchen… Mehr

Britsch
2 Jahre her
Antworten an  RandolfderZweite

Die Anforderungen im Handwerk und in praktischen berufen werden z.Teil total unterschätzt. Viele Abiturienten mit Abitur sind den Anforderungen gar nicht gewachsen.
Ein kleines Beispiel, erst kürzlich erlebt
Ein Bauingeneur sollte den Planentwurf (CAD) eines Zimmerers in einen Plan für eine Bauangabe umsetzen, natürlich gemäß den vorgegebenen Maßen. War dazu nicht fähig
Habe z.B auch schon erlebt wo Techniker und Ingeneure in der Montage von Zeit zu Zeit arbeiten mußten um ihre Produktkenntnisse zu fördern und das für die Arbeit erforderlicher teilweise überhaupt nicht „blickten“ / zu Stande brachten

Sohn
2 Jahre her

Die Situation im Gesundheitssystem ist rein politisch verursacht und kann auch nur politisch gelöst werden. Und sie wäre auch durchaus zu lösen, wenn denn der politische Wille dafür da wäre. Das ist er allerdings nicht mal ansatzweise. Im Gegenteil, man hat eher den Eindruck, die Politik verschärft die Probleme ganz bewußt und nimmt damit eine erhöhte Rate an überflüssigen Sterbefällen in Kauf. Der Ausdruck „beschämend“ gibt diese politische Untätigkeit nur unzureichend wieder.

Peer Munk
2 Jahre her

43 Prozent der Intensivstationen hatten 2021 eine höhere Auslastung als im Vorjahr.
Klingt für mich nicht nach Notlage aufgrund einer ganz schlimmen Pandemie.

Kruemelmonster
2 Jahre her

Was man sich bereits denken konnte, steht hier schwarz auf weiß: der Beruf des Kranken- und Altenpflegers ist seit Corona deutlich unattraktiver geworden – kein Wunder. Als Laie weiß ich wenig über den Kostendruck im Gesundheitsbereich. Aber eines ist sicher: die Pfleger durch Impfpflicht und sonstige Schikanen wie Dreck zu behandeln, ist wohl das Dümmste, was man tun kann.

Berlindiesel
2 Jahre her
Antworten an  Kruemelmonster

Nein, das hat nichts mit der Impfpflicht zu tun. Ich war selbst ein paar Jahre Krankenpfleger. Und das kann ich Ihnen sagen: Pflege ist anstrengend. Sie ist ein Knochenjob. Schichtdienst, familienfeindlich. Das war so, ist so, bleibt so. Sie so zu bezahlen wir Ärzte, ist nun beim besten Willen nicht zu finanzieren. Aber es ist eben nicht nur das Geld: Der Beruf ist der Generation Snowflakes einfach zu anstrengend. Sie haben da keinen Bock drauf, und wollen irgendwas mit Medien oder NGOs machen, oder Apps schreiben. Oder chillen. Wie lange sie noch Phillipinas und Bosnier finden, die diesen Job in… Mehr

Mausi
2 Jahre her
Antworten an  Berlindiesel

Ja, Pflege ist körperlich anstrengend. Wo also bleibt die Entlastung für den Körper durch Roboter? Mir als Patient wäre es lieber, den Knochenjob würde eine Maschine erledigen, als ein Mensch ohne Hilfsmittel. Dann könnten sich Pfleger endlich mal um das Menschliche kümmern.

Susisorglos
2 Jahre her

Läuft doch alles prima. Der Bertelsmannclan hat entschieden, dass Deutschland zu viele Krankenhäuser betreibt. Ein großer Teil wurde in den letzten zwei Jahren eiligst geschlossen, der Rest folgt in Kürze. Ich bin schon jetzt gespannt was passiert, wenn die befürchteten Impfspätfolgen eintreten.

Elki
2 Jahre her

„Grund sind die wegen der Corona-Pandemie reduzierten Behandlungen.“ – Für jedes „freigehaltene“ Bett sollen laut Berichten Kliniken Geld vom Staat erhalten haben, wohl auch nicht zu verwechseln mit den horrenden Summen für den Abbau von Intensivbetten. „…weniger Notfälle als im Vorjahr behandelt, was daran liegen könnte, dass sich Patienten aus Angst vor einer Infektion nicht mehr ins Krankenhaus getraut haben.“ – wer Angst haben muss, dass sein Ehepartner oder seine Kinder nicht mehr besuchen dürfen, überlegt es sich sicherlich (wenn Angst vor einer Infektion, dann vlt. vor den berüchtigten, multiresistenten Krankenhauskeimen). Der Pflegenotstand kann tatsächlich als solcher bezeichnet werden und… Mehr

Alfonso
2 Jahre her

„Den Kliniken in Deutschland geht es wirtschaftlich so schlecht wie seit über 20 Jahren nicht mehr.“

Solche Meldungen (PR) werden von den Kliniken gezielt lanciert um das Feld vorzubeireiten um noch mehr Geld aus der Staatskasse zu erhalten.

Wie schlecht oder gut es den Kliniken finanziell geht, das werden wir nicht wirklich erfahren.