Wieso wir unsere Werte brauchen und schützen müssen

Weihnachtsmärkte sollten nicht in Wintermärkte und Martinszüge nicht in Lichterfeste umbenannt werden. Wir dürfen die Werte und die Kultur dieses Landes nicht leichtfertig für eine falsche Toleranz und Multi-Kulti-Romantik aufgeben.

Ismail Tipi, Landtagsabgeordneter CDU Hessen

Aus Nikolaus- und Weihnachtsmärkten werden Wintermärkte, aus dem St. Martinszug wird ein Lichterfest – wir opfern unsere Werte, unsere Gebräuche, unsere Geschichte und unsere kulturelle Identität auf dem Altar der falsch verstandenen Toleranz und erwarten, dass hieraufhin nur tosender Beifall erschallt.
Ich will mich diesem Beifall nicht anschließen. Ich bin nicht bereit, die Werte und die Kultur meiner Heimat so leichtfertig hintenanzustellen. Ich bin selbst als Einwandererkind nach Deutschland gekommen, habe hier die Werte einer mir völlig fremden Kultur erlernt und mich in eine mir fremde Welt eingefunden.

Ich bin in Regensburg aufgewachsen, habe hier das christliche Menschenbild als Grundlage des demokratischen, freiheitlichen und rechtsstaatlich verfassten Deutschlands kennen und lieben gelernt. Deswegen bin ich als türkischstämmiger Moslem in die CDU eingetreten.

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Ich habe verstanden, dass unsere Freiheit immer auch mit Verantwortung einhergeht. Wir tragen Verantwortung dafür, unsere Freiheit zu verteidigen. Wir tragen Verantwortung dafür, diese Freiheit so auszuleben, dass sie einander zum besseren dient, nicht einander einschränkt oder schadet. Wir tragen Verantwortung dafür, dass Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit keine leeren Worthülsen sind, sondern jeden Tag neu mit Leben gefüllt werden.

Ich kann einfach nicht verstehen, warum wir diese Werte nun einer falsch verstandenen Toleranz unterordnen sollen. Wieso sollen Weihnachtsmärkte plötzlich nicht mehr Weihnachtsmärkte heißen dürfen? Warum soll der St. Martinsumzug auf einmal zum Lichterfest umbenannt werden? Und wieso kann am 06. Dezember der heilige Nikolaus nicht kleine Geschenke in die Stiefel stecken?

Hier zeigt sich, was passiert, wenn der Begriff der Toleranz missbraucht wird, um eine Multi-Kulti-Gesellschaft zu errichten. Toleranz bedeutet eben nicht, dass allen alles recht gemacht werden muss. Toleranz bedeutet eben nicht, dass die eigenen Werte geopfert werden, um „Weltoffenheit“ zu zeigen. Toleranz bedeutet eben nicht, dass die eigene kulturelle Identität und das historische Erbe eines Landes über Bord geworfen werden müssen, um angeblich „offener“ für Einwanderer zu sein.
Ganz im Gegenteil: Toleranz bedeutet den eigenen Standpunkt, die eigene Freiheit mutig zu verteidigen, zugleich aber sich mit ganzer Kraft dafür einzusetzen, dass auch der Gegenüber einen eigenen Standpunkt entwickeln und verteidigen darf. Zur Toleranz gehört Mut und der Respekt vor der Meinung des anderen.

Wer dieses Toleranzverständnis nicht teilt, der schafft die Toleranz in ihrem originären Sinne ab. Wir müssen uns fragen: Wer profitiert davon?
Die falsch-verstandene Toleranz ist auf dem Vormarsch: Eine Toleranz, die alle Meinungen cancelt, die nicht in ihr Weltbild passt. Eine Toleranz, die schon im Vorhinein den politischen Diskurs verengt, Argumente diskreditiert und als „politisch inkorrekt“ brandmarkt, sofern sie der eigenen Position zuwiderlaufen.

Ein solches Toleranzverständnis ist mit einer modernen und liberalen Demokratie unvereinbar. Die Grundlage unseres demokratischen Gemeinwesens bildet der politische Streit. Wir müssen immer wieder neu die Diskussion um den richtigen Weg suchen.

Hierfür brauchen wir grundlegende Spielregeln. Eben diese Spielregeln sind für Deutschland nicht nur grundlegend, sondern grundgesetzlich definiert. Unsere Verfassung gibt uns die Streitkultur vor: Es gelten Meinungsfreiheit und die Freiheit des politischen Bekenntnisses. Zensur ist verboten. Die Freiheit der Religion und des weltanschaulichen Bekenntnisses ist unverletzlich. Die Menschenwürde bildet die Maxime eines jeden staatlichen Handelns und sollte auch für uns oberster Maßstab in allen Handlungen sein.

Ein Toleranzverständnis, dass Meinungen cancelt, Diskussionsräume einengt und die Meinung andersdenkender diskreditiert ist daher nicht nur demokratieschädlich, sondern sogar verfassungsfeindlich.
Es ist daher unsere demokratische und staatsbürgerliche Pflicht, den Vormarsch dieser sogenannten neuen Toleranz zu bekämpfen. Wir dürfen uns den Mund nicht verbieten lassen.

Im Koalitionsvertrag nur beiläufig erwähnt
Die gefährliche Ignoranz der Ampel gegenüber dem Islamismus
Wenn ich als demokratisch direktgewählter Abgeordneter, dazu noch als Kind türkischstämmiger Gastarbeiter und Teil der Einwanderergeneration dazu auffordere, Weihnachtsmärkte nicht in Wintermärkte und Martinszüge nicht in Lichterfeste umzubenennen und dafür in den sozialen Netzwerken als „Faschist“, „Rechtsextremist“ und „Spalter“ verunglimpft werde, erfüllt mich das mit großer Sorge. Ich empfinde Sorge um die Meinungsfreiheit in unserem Land und um die Kultur des demokratischen Streitens.

Wir müssen uns bewusst machen, wer von dieser unsäglichen Diskussion profitiert: Es sind gerade diejenigen, die im Übermut ihrer eigenen Multi-Kulti-Romantik, Tür und Tor für Demokratiefeinde und Salafisten, für Dschihadisten und radikal-islamistische Terroristen öffnen.

Wer im Kleinen bereit ist, unsere christlich-abendländische Tradition und Kultur zu opfern, der ist erst recht nicht dazu in der Lage, die großen, tragenden Werte unserer Demokratie zu verteidigen, wenn die Angriffe härter werden und nicht nur um Worte und Deutungshoheiten, sondern um die Demokratie als Grundprinzip unseres Zusammenlebens gerungen wird.

Liebe Freunde, ich appelliere heute eindringlich an Sie: Soweit dürfen wir es nicht kommen lassen. Wir haben keine Wahl: Wir müssen aufstehen, müssen unsere Meinung sagen, müssen für unsere Überzeugungen eintreten. Das scheint im Moment dringender als je zuvor.

Wir können allerorts beobachten, wie unsere Werte eingedampft werden unter dem Brennglas der falschen Toleranz und der Multi-Kulti-Romantik, bis nichts übrigbleibt als ein kläglicher, inhaltsleerer Haufen an Worthülsen. Wenn es aber erst soweit kommt, dann haben die Demokratiefeinde leichtes Spiel.

Wir dürfen dieser Selbstzersetzung unseres freiheitlich-demokratischen Staatswesens nicht weiter zusehen. Ich bitte Sie eindringlich: Mischen Sie sich ein, sagen Sie Ihre Meinung. Ohne Schaum vor dem Mund, aber klar und bestimmt. Lassen Sie sich nicht unterkriegen. Lassen Sie sich nicht kleinreden oder wegcanceln, denn, wenn wir das zulassen, überlassen wir denjenigen das Feld, die es zerstören werden, ohne es selbst zu merken.

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Kommentare ( 36 )

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Deutscher
2 Jahre her
Bernd W.
2 Jahre her

Herr Tipi, sie sind richtig. Viel Feind, viel Ehr – bleiben sie dabei, geben sie nicht auf!

eschenbach
2 Jahre her

Nach meiner Erfahrung sind es nicht die muslimischen Migranten, die solche krampfigen „Umbenennungen“ fördern. Ganz im Gegenteil: Deren Kinder singen mit Begeisterung die St.-Martinslieder, in einigen Rhein-Ruhr- Stadtteilen laufen da mehr Migranten als „Autochthone“ bei den Zügen mit. Nein, nein, es sind meist „Bio“-Deutsche, bevorzugt Pastorinnen, Lehrerinnen und Erzieherinnen, die uns in einer Mischung aus Besserwisserei, moralischer Überheblichkeit und Geringschätzung deutscher Traditionen („alles Nazi“) so kommen! In Dortmund gab es in der Vor-Corona-Zeit (Gott habe sie selig!) das „Festi Ramazan“; und kein „Nicht- Muslim“, der die Veranstaltung besuchte -und das waren jede Menge!- wäre auf die Idee gekommen, den Veranstaltern… Mehr

Politkaetzchen
2 Jahre her

„Wir dürfen die Werte und die Kultur dieses Landes nicht leichtfertig für eine falsche Toleranz und Multi-Kulti-Romantik aufgeben.“

Die Deutschen haben bereits ihre Grundrechte für Bratwurst und Party aufgegeben. Nach Trump also „the worst trade deal“ aller Zeiten.

H. Hoffmeister
2 Jahre her

Herr Tipi,
Ihre Ermahnungen zur Vernunft und der Verteidigung unserer Werte werden an den meterdicken Betonwänden der Echokammern verhallen, in denen Haltungsjournalisten und Politdarsteller residieren. Letztere sich gegenseitig des überragenden Gutmenschentums versichernd und in dem Bewusstsein, es besser zu wissen als alle anderen. Abweichende Diskursbeiträge, gar verschiedene Auffassungen werden nicht zugelassen, deren Vorbringer verbannt, diffamiert und wirtschaftlich vernichtet.

Robert Tiel
2 Jahre her

Sehr geehrter Herr Tipi, Sie haben ja so Recht.
Gehen Sie gleich morgen in Ihre Fraktion und bekehren Sie sie.
Dort sitzt die Exgeschäftsführerin, eine Pfarrerstochter, als Quell allen Übels.

Michael M.
2 Jahre her
Antworten an  Robert Tiel

Genau das dachte ich mir eben auch.
Alles was Herr Tipi fordert bzw. feststellt unterschreibe ich 1:1, aber gerade die CDU, genauso die CSU, sind doch seit Jahren federführend an dieser Entwicklung (ganz aktuell beim Corona-Irrsinn die „CDU/CSU-Granden“ wieder ganz vorne mit dabei) beteiligt. Wie war das noch gleich mit dem „vor der eigenen Haustüre kehren“…

Chris Groll
2 Jahre her

Ein sehr guter Artikel, der aber wohl nur Ihre persönliche Meinung wiedergibt. Die CDU, der Sie ja immer noch angehören, sieht das wohl anders, da sie ihre christlichen Werte längst verraten hat.

Toleranz ist gut, aber nicht gegenüber den Intoleranten.

Wilhelm Busch

Mausi
2 Jahre her

Völlig richtig. Toleranz gegen über anderen Kulturen ohne Toleranz gegenüber der eigenen Kultur ist ein Widerspruch in sich.

Es ist zutiefst unchristlich: Matthäus 22,35-40 Du sollst deinen Nächsten lieben w i e D i c h s e l b s t.

Und es ist unlogisch.

Manfred_Hbg
2 Jahre her

Mhh, auch wenn ich Ihnen soweit zustimme, doch nur mit reden und sich nicht den Mund verbieten lassen, wird es nix mehr und es müssen meiner Meinung nach andere Wege eingeschlagen werden um der Lage noch Herr zu werden: So müßte, > erst einmal ein rigoroser Stop des Asyl-Tourismus angewendet werden da vor allem seit Anfang der 1990er und 2014/15 schon zu viele -vor allem muslimische und afrikanische- „Fachkräfte“ ins Land und unsere Sozialsysteme geflutet sind! > jede sich hier aufhaltende „Fachkraft“ ohne echten Asyl-Grund, ohne glaubhaften Personennachweis oder die zum Beispiel bei uns wie auch immer strafbar oder kriminell… Mehr

Reinhard Schroeter
2 Jahre her

Tipi sitzt für die CDU im hessischen Landtag.
Nur eben da ist er noch nicht damit aufgefallen, dass er oder seine Partei das schützen und verteidigen bereit wären, was er hier mit schönen Worten wieder mal so fordert.
Es wäre glaubwürdiger, in Wiesbaden vor versammelten Landtag , das vorzutragen, was man hier bei Tichy schreibt.
Aber das wird eher nicht passieren.