Weißrussland weitet illegale Migration aus

Das Spiel um die irreguläre Migration in Osteuropa geht in die nächste Runde. Immer mehr Flieger aus Nahost landen auf weißrussischen Flughäfen. Das übersetzt sich in direkten Druck auf die polnische Grenze und deutsche Asylzentren. Lösungen werden verzweifelt gesucht. Bis jetzt gibt es vier Varianten.

IMAGO / Eastnews
"Aktivisten" helfen syrischen Migranten über die weißrussisch-polnische Grenze

Man kann die Menschenströme quasi live verfolgen. Um 23.40 Uhr am späten Sonntagabend sollte die Belavia-Maschine aus Istanbul landen. Um 00.10 Uhr folgt ein Flug aus Dubai. Danach kommen Flieger aus Moskau, Hurghada und Antalya. Im Laufe des Tages war auch ein Linienflug aus Damaskus gelandet. Nur der Flug aus dem irakischen Erbil wurde abgesagt. Insgesamt vier Flüge aus Istanbul kommen an diesem Tag in Minsk an. In der Woche landen 40 Maschinen aus Nahost in Minsk, das sind mehr als doppelt so viele wie noch im Winter 2019 vor der Pandemie. Hinzu kommen fünf einst regionale Flughäfen, auf denen inzwischen internationale Flüge landen. Zum Teil sollen Charterflüge direkt auf diese Flughäfen umgeleitet werden, die zum Teil nur wenige Kilometer von der polnischen Grenze entfernt sind.

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Am konkreten Flugplan erweist sich, was am Sonntag die deutschen Schlagzeilen beherrschte. Auch das ist kaum ein Wunder, denn in dieser Frage sind sich deutsche Medien und Politik ausnahmsweise einig: Der weißrussische Präsident Lukaschenka forciert die irreguläre Zuwanderung in die EU, indem er Migranten, vorzugsweise aus nahöstlichen Staaten, direkt in sein Land einfliegen lässt. Dazu hat Weißrussland die Visumsbestimmungen für die Staatsangehörigen mehrerer vorwiegend muslimischer Länder gelockert.

Laut der Welt am Sonntag gehen deutsche Sicherheitskreise davon aus, dass täglich 800 bis 1.000 irreguläre Migranten auf weißrussischen Flughäfen landen, um bald in voller Mannstärke die polnisch-weißrussische Grenze zu erreichen. Die polnischen Grenzschützer berichten fast täglich vom aggressiven Verhalten der Migranten gegenüber den polnischen Kräften. Doch lasse man sich nicht provozieren, man bleibe ruhig, heißt es in einem offiziellen Tweet der Grenzer.

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Das aggressive Verhalten der Migranten zielt letztlich darauf ab, Breschen in die einstweilen noch schwachen Grenzbefestigungen zu schlagen, die dann als Einfallstor in den Schengen-Raum dienen sollen. Die Polen sprechen von hunderten Versuchen am Tag, die sie verhindern. Aber klar ist auch, dass der illegale Grenzübertritt dutzenden oder gar hunderten Migranten pro Tag gelingt. Und wahrscheinlich ist das noch nicht das Ende der Fahnenstange. Die Vielzahl der bis in den März nächsten Jahres geplanten Flüge lassen nichts Gutes erwarten. Denn mit jedem zusätzlichen Migranten an der Grenze steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Grenze nicht mehr hält.

In den ersten Tagen des Novembers war es laut dem Warschauer Verteidigungsministerium zu einer oder mehreren Konfrontationen mit weißrussischen Soldaten gekommen, die gar damit drohten, das Feuer zu eröffnen. In der Obhut der weißrussischen Kräfte befanden sich nach polnischen Angaben 250 Migranten. Zahlreiche Videos zeigen, wie sich die Soldaten unter die Migranten mischen und sie an der Grenze zu Polen unterstützen. Daneben sollen bewaffnete Kräfte aus Weißrussland die Grenze auch kurzzeitig überschritten haben.

Nun will Polen einen 180 Kilometer langen Grenzwall bauen. Kernstück des Bauwerks soll ein fünfeinhalb Meter hoher Grenzzaun mit Stahlpfählen sein. Außerdem wird es Bewegungssensoren und Nachtsichtkameras geben. Angeworben werden sollen außerdem 750 zusätzlich Grenzschützer. All das will man bis zum Juni 2022 schaffen. Das entsprechende Gesetz wurde bereits im Parlament beschlossen, auch wenn die EU-Kommission sich standhaft weigert, an der Finanzierung der Grenzanlagen beteiligt zu werden, was gelinde gesagt widersinnig ist. Denn der offene, grenzkontrollenfreie Binnenmarkt setzt den wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen voraus.

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Da die Migranten laut Berichten direkt hinter der weißrussischen Grenze von Schleppernetzwerken in Empfang genommen werden, sind sie bald an ihrem eigentlichen Ziel: der deutsch-polnischen Grenze, an der inzwischen deutlich mehr als 100 Migranten täglich ankommen. Das ist eine massive Steigerung gegenüber den Vormonaten. Die Zahlen der Bundespolizei sprechen von einem exponentiellen Wachstum. Waren es im Juli 26 unerlaubte Einreisen, so verzeichnete man im August schon 500, im September 1.900, bevor im Oktober die 5.200er-Marke deutlich durchbrochen wurde. Insgesamt sind seit dem Sommer 8.500 Migranten illegal über Weißrussland und Polen nach Deutschland gekommen. Hauptsächlich soll es sich um Iraker (speziell Kurden), Syrer, Jemeniten und Iraner handeln. Andere sprechen auch von Afghanen.

Was tun? Vier Antworten sind im Umlauf

Eine Lösung wird inzwischen von vielen und aus unterschiedlichen Interessenlagen gesucht. Eine klassische machtpolitische Antwort hat Gerhart Baum vor einigen Tagen bei Markus Lanz gegeben: Man müsse auf jeden Fall die Sanktionen gegen Weißrussland beibehalten, vielleicht noch weitere ergreifen. Doch dieses Mittel kann, wenn überhaupt, nur mittelfristig wirken. Der Migrationsexperte Gerald Knaus, Erfinder des Türkei-Deals und an einem Wiener Thinktank tätig, will einen anderen Kurs und schlug die Errichtung von Asylzentren in Moldau oder der Ukraine vor. Das gleicht äußerlich dem dänischen Vorschlag extraterritorialer Asylzentren, der in sich schlüssig ist. Bei Knaus könnte es letztlich trotzdem um eine Variante der Aufnahmepolitik gehen, die in Deutschland vor allem die Grünen und – etwas versteckter – SPD und FDP befürworten.

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Derweil werden die Rufe aus der bald oppositionellen Bundes-CDU nach einem EU-Außengrenzwall im Osten immer lauter. Nach dem sächsischen Ministerpräsidenten forderte nun auch der für Migration zuständige Vize-Vorsitzende in der Unionsfraktion, Thorsten Frei: »Die EU muss alles in ihrer Macht Stehende tun, um Polen beim Schutz seiner Außengrenzen zu unterstützen. Dazu gehört auch der Bau eines Grenzzauns, wenn das erforderlich ist.« Außerdem will Frei ein bilaterales Abkommen mit Polen, um Zurückweisungen an der gemeinsamen Grenze zu ermöglichen. Richtig ist, dass auch Polen ein Interesse an dieser Lösung haben müsste. Denn dann wäre klar, dass der Weg nach Deutschland nicht offen steht. Auch anderen fällt diese Übertragung von Lehren, die man am Evros ziehen konnte, auf die Grenzen Polens, Litauens und Lettlands nicht schwer. Nur die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen tut so, als ginge sie das ganze Problem nichts an.

Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei – nicht zu verwechseln mit der Gewerkschaft der für den Grenzschutz zuständigen Bundespolizei –, sprach sich nun gegen feste Grenzkontrollen aus. Man sei noch weit entfernt »von der Situation, wie wir sie im Rahmen der Massenmigration 2015 erlebt haben«. Die im letzten Jahr durchgeführten Kontrollen wegen der Corona-Pandemie hätten starke Auswirkungen auf den Grenzverkehr gehabt, zitiert ihn der RBB. Das möchte Roßkopf offenbar nicht noch einmal erleben. Aber stimmt seine Aussage, dass wir noch nicht in der Nähe der Zuwanderung von 2015 sind? Und wollen die Deutschen erst dahin kommen, bevor sie Grenzkontrollen einführen und befürworten? Diese Frage stellen weder der Polizeigewerkschaftler noch der Berlin-Brandenburger Länderfunk.

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Kommentare ( 66 )

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RA.Dobke
3 Jahre her

Die Flieger kommen wohl hauptsächlich mit diesen Leuten aus der Türkei, dem Rechtsstaat Türkei! Dann muß man da Druck machen, knallhart! Und gucken welche Fluglinien bedienen das Geschäft, denn die sind ja untereinander wirtschaftlich verflochten und es verdient denn auch der Aktionär von StarAlliance oder Lufthansa & Co., … Da gibt es viel zu tun! Außerdem, wenn die bei Betreten der EU in unerlaubter also illegaler Form eingedrungen sind, und nicht sofort Asyl gesagt haben dann darf man sich vor weiterer Einreise und erst recht vor Weiterreise nach Deutschland auch durch Puschback schützen. Und jedem dem es gelang nach Deutschland… Mehr

Demokratius
3 Jahre her

Die Bundespolizei nimmt die illegale Einwanderer, die sie nahe der polnischen Grenze aufgegriffen hat, liebevoll an die Hand und bringt sie in das nächste Aufnahmelager. Dort werden sie versorgt mit allem, was sie zum Leben und zum Asylantrag brauchen. Eigentlich wirkt das sehr einladend wie bereits 2015. Nur weiß man mittlerweile, dass Teddybären nicht gebraucht werden, weil die Jüngsten schon länger im Erwachsenenalter sind.

Innere Unruhe
3 Jahre her

Dass Deutschland TEile des Grundgesetzes außer Kraft setzt, interessiert in der EU niemanden.
Wie wäre es, einen anderen Artikel außer Kraft zu setzen? Der Anfang ist ja bereits gemacht.
Aber Rechtsstaatlichkeit soll ein europäischer Wert sein. Es ist so frustrierend.

puke_on_IM-ERIKA
3 Jahre her

Die Flieger, die diese Menschen aus Irak, Syrien etc. nach MInsk fliegen, sind ja bekannt und deren Triebwerke ja gewartet werden. EInfach allen Turbinen-Wartungs-Firmen verbieten, die Triebwerke zu warten und bei Zuwiderhandlung strengstens sanktionieren und das Einfliegen in europäischen Luftraum untersagen.
Dann ist ganz schnell vorbei mit dieser Art Schlepperei wenn sich in Minsk die Flugzeuge am Boden stauen !

MfS-HN-182366
3 Jahre her
Antworten an  puke_on_IM-ERIKA

Ist DAS ein Resultat Ihrer Überlegungen?
Die EU, vorneweg Merkeldeutschland, hat sich in die inneren Angelegenheiten von Weißrussland eingemischt. Die „Westelite“ wollte ein Regimewechsel. Nun soll sie nicht jammern, wenn Lukaschenko „zurückschießt“. Wenn mich jemand so behandeln würde, wäre er nicht mein Freund. Das was Lukaschenko macht, nennt man „auf Unrecht antworten“, auch wenn die EU und D dies als Verbrechen ansehen.
Wo sitzen die wahren Verbrecher? In Minsk, in Berlin oder Brüssel? Ich kenne die Verursacher, die Wölfe im Schafpelz.

Cyber Politics
3 Jahre her

Da hilft nur noch eins:

Asyl mit sofortiger Wirkung aussetzen und ebenso sofort auf allen SocialMedia-Kanälen publik machen, daß in Deutschland der Antrag auf Asyl und entsprechende Verfahren ab sofort (bis auf Weiteres) nicht mehr möglich sind. Damit auf auch keine Gewährung auf Duldung und Zahlungen aus dem Sozialsystem mehr möglich sind.

Manfred_Hbg
3 Jahre her
Antworten an  Cyber Politics

UND all jene, die nicht wirklich Asyl-berechtigt sind oder keinen Anspruch auf vorübergehenden Schutz haben und die sich zum Beispiel bei der Personenidentifikation verweigern oder als Hilfesuchende wie auch immer straffällig geworden sind usw, sollten sofort auf Sachleistungen(inkl Monatsmarke u. etwas Taschengeld) umgestellt werden.

Maja Schneider
3 Jahre her

Auch hier sind die EU. insbesondere Frau v.d.Leyen und Deutschland völlig überfordert, Nichtstun und Wegducken helfen nicht mehr, zumal bei uns die Grünen und auch die SPD gar nicht genug Migranten begrüßen können, sie würden sie am liebsten persönlich abholen. Nur auszubaden haben das dann wieder diejenigen, die hier schon länger leben, und die überforderten Behörden. Geht das alles so weiter und wird nicht endlich einmal auf die Stimme wirklicher Experten gehört, wird die so eskalieren, dass sich mancher eher die von 2015 noch herbeiwünscht. Diese Entwicklung gepaart mit der ins Haus stehenden Energiekrise und ihren Folgen – explodierende Preise,… Mehr

MfS-HN-182366
3 Jahre her
Antworten an  Maja Schneider

Nichtstun und Wegducken“
Sind Sie blind? Die Verantwortlichen in der EU und D handeln aktiv., da kann man nicht von Nichtstung und Wegducken reden.

Manfred_Hbg
3 Jahre her
Antworten an  MfS-HN-182366

Nun ja, ein gewisser politischer Teil duckt sich im gewissen Sinnr schon weg um die Realitäten nicht sehen und anerkennen zu wollen.
Und dann gibt es da sehr wahrscheinlich auch noch jene „Politelite“ die sich wegdukt weil sie nicht den Ar…. in der Hose und Angst haben die „bereichernen“ bunten Zu- und Mißstände auszusprechen und anzuklagen.

Diese wegdukende „Politelite“ ist genau so schuldig und mitschuldig wie jene die diese bunten Zu- und Mißstände aktiv fördern.

RA.Dobke
3 Jahre her
Antworten an  Maja Schneider

Und unsere Kapitalisten in der Wirtschaft freut es, kann man so doch druck durch Arbeitskräfte also die Arbeitnehmerseite machen. Hatten wir doch alles mit der Gast- / Fremdarbeiterwelle, statt die Wirtschaft damals zu modernisieren, war es doch billiger und effektvoller gegenüber der Arbeitnehmerseite Lohndruck aufrecht zu erhalten. War es nicht so statt eines Deutschen zwei AN aus der Türkei, dann für einen aus der Türkei zwei aus Osteuropa, insbesondere der ehemaligen Sowjetunion. Seit einiger Zeit statt einem AN aus osteuropa lieber zwei Asylanten oder Bürgerkriegsflüchtlinge etc. pp ! Das Kapital sammelt sich immer mehr in einigen wenigen Händen und die… Mehr

Peter Klaus
3 Jahre her

CDU: „Wir brauchen einen Grenzwall.“, Ex-CDU-Vorsitzende:“Grenzen kann man nicht schützen.“ Finde den Fehler!

RS
3 Jahre her

Wie kommen diese Migranten eigentlich in die Flugzeuge nach Weißrussland? Fängt man die etwa von der Straße weg und zerrt sie in die Flugzeuge? Sicher nicht. Illegale Grenzübertritte sind auch in den Herkunftsländern illegal, die Migranten wissen das. Sie entschließen sich jedenfalls ganz bewußt, sich irgendwie illegal in die EU schleusen zu lassen. Ohne eine grundsätzliche Bereitschaft zur Illegalität = Kriminalität macht das niemand. Die zahllosen versuchten gewaltsamen Grenzdurchbrüche sowie die Kriminalstatistiken bei uns zeigen genau diesen Trend. Wir müssen diese Entwicklung so schnell wie möglich stoppen, notfalls mit Gewalt. Da, wo heute 250 gewaltbereite Migranten versuchen, die Grenze zu… Mehr

Robert Tiel
3 Jahre her

Es wäre sehr einfach zu lösen:
Für illegale Migranten nur noch Versorgung mit Naturalien.
Bett, Kleidung, Standard-Verpflegung.
Dazu ein Video ausstrahlen, in allen betreffenden Landessprachen.
Ich möchte wetten, dass unter einem halben Jahr das Problem gelöst wäre.

Man will das Problem nicht lösen.
Mal sehen, wann die FDP das auch merkt.

DM
3 Jahre her

Irreguläre Migration in und aus Osteuropa. So, so. Und was ist mit Seawatch und sonstigen Migrationsförderen? Solange die hiesigen Gutmenschen dem Migrations- und Flüchtlingspakt auftragsgemäß erfüllen und die Sozialleistungen immer noch zu beziehen sind, wird sich an der Sogwirkung nichts ändern. Am besten noch die Ungarn verärgern, dann gibt bald zusätzlich einen gut ausgebauten Korridor über Österreich nach Restdeutschland. PS: lt. RRG gibt es keine Illegale, zudem sind jetzt alle Klimaflüchtlinge.