Linker Sören Benn lässt sich mit Stimmen der AfD zum Bezirksbürgermeister wählen

Die AfD ist rechtsextrem. Sie muss isoliert werden. Wer dennoch mit ihr zusammenarbeitet, ist ein Nazi. So lautet das Mantra der Linken - es sei denn, es verschafft ihnen selbst einen Vorteil. Dann ist es in Ordnung. Wie für Sören Benn, der sich mit den Stimmen der AfD zum Bezirksbürgermeister von Pankow wählen ließ.

IMAGO / Jürgen Ritter

Als sich Thomas Kemmerich (FDP) in Thüringen mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen ließ, warf ihm die heutige Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow einen Blumenstrauß vor die Füße. Eine Geste, die zeigte: Die Linke ist eine Partei der Moral. In Berlin-Pankow ist sie noch mehr – dort ist sie eine Partei der Doppelmoral.

In Pankow hat sich Sören Benn mit den Stimmen der AfD zum Bürgermeister wählen lassen. Deren Bundestagsabgeordneter Götz Frömming gehörten zu den ersten Gratulanten. Alles in allem war das manchen Linken dann doch etwas zu viel und sie hätten sich gewünscht, die Doppelmoral um die Hälfte zu reduzieren. Die Funktionsträger der Partei verteidigen ihn indes. Die Funktionsträgerinnen auch.
Vor der Abstimmung waren die Verhandlungen von SPD und Linken mit den Grünen gescheitert. Die sahen ihren Führungsanspruch nicht ausreichend gewürdigt. Mit 24,7 Prozent landeten sie im September in Pankow vor Linken (19,7) und SPD (17,1). Die Grünen wollten daher den Bürgermeister selbst stellen. Ursprünglich hatte das Gesetz vorgesehen, dass in den Bezirken jeweils die stärkste Partei den Bürgermeister stellt – das hatte die große Koalition nach der Wiedervereinigung geändert. Um Bürgermeister der PDS zu verhindern. So hieß die Partei nach ihrer Zeit als SED und vor der Phase als Linke.

In der TAZ verteidigt sich Benn nun. Linke und SPD hätten eine einfache Mehrheit gehabt, die hätte in dem Wahlgang ausgereicht. Die Stimmen der AfD hätte er nicht gebraucht. Es sei „perfide“, dass ihre Abgeordneten für ihn gestimmt hätten. Wie Kemmerich zurücktreten werde er nicht. Aus selbstlosen Gründen: Denn sonst würde er das Spiel der AfD mitspielen. Und wer ihm diesen Grund nicht glaube, vergifte das politische Klima und missbrauche das politische System.

Diesen „Missbrauch des politischen System“, wie es Benn nennt, betreiben nun die Grünen: Ihre Landesvorsitzende Nina Stahr spricht von einem „Dammbruch“ und fordert seinen Rücktritt. Vertrauen bringt dem linken Bürgermeister indes die AfD Pankow entgegen. In einer Abwägung der Kandidaten sei er für die Alternative für Deutschland der geeigneteste gewesen.

Unter dem Hashtag #Pankow blüht das, was Benn für „Missbrauch“ hält. Doch nicht von allen. Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken feiert sich sonst gerne selbst als Antifaschistin und geht im Kampf gegen die AfD weit – doch nicht so weit, die Pankower Genossen zu kritisieren, wenn sie in Zusammenarbeit mit der AfD Posten sichern können.

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