Vor der UN-Klimakonferenz in Glasgow: „Erst kommt das Fressen und dann die Moral!“

Am Sonntag beginnt im schottischen Glasgow die 26. UN-Klimakonferenz. Doch in Zeiten, in denen Strom-Blackouts und gewaltige Energiepreissprünge den Verbrauchern weltweit zusetzen, erfahren die Klimapolitiker heftigen Gegenwind.

IMAGO / ZUMA Press

In den kommenden zwei Wochen wird wieder verschärft ein moralisch und ideologisch aufgeladenes Trommelfeuer an klimapolitischen Hiobsbotschaften auf uns einprasseln. Denn in Glasgow trifft sich die Staatengemeinschaft zur 26. Weltklimakonferenz. In der Regel werden wohlfeile Absichtserklärungen vereinbart, um die Welt vor dem apokalyptischen Untergang zu retten. Doch den Realitätstest haben die verlautbarten guten Absichten fast noch nie bestanden. Es ist bei großspurigen Ankündigungs-Konferenzen geblieben. Der CO2-Ausstoß steigt global weiter, in diesem Jahr sogar verschärft.

Denn die gesellschaftliche Realität kollidiert mit der gewünschten Treibhausgas-Neutralität. Überall auf der Welt steigen die Energiepreise rasant. In solchen Zeiten bestätigt sich auch in der Klimapolitik der Satz, den Bertolt Brecht einst in seiner Dreigroschenoper formulierte: „Erst kommt das Fressen und dann die Moral!“ Wenn der Energiemangel serienweise Blackouts produziert wie in China, die Spritpreise durch die Decke gehen wie in den USA oder in Europa, die Gaspreise für die Endverbraucher um 30 Prozent und mehr explodieren, dann werden nicht nur die schmutzigsten Kohlekraftwerke hochgefahren und im Privathaus die alten Holzfeuerungen aktiviert, nein, dann reagieren auch die Regierungen und subventionieren die fossilen Brennstoffe für Auto und Wohnungsheizung. Was klimapolitisch gewünscht ist, scheitert am Widerstand der Menschen, die sich Treibstoffe und Wohnungswärme weiter leisten können wollen.

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Gerade in Deutschland, wo die Klimadebatte schon lange fast ersatzreligiöse Dimensionen angenommen hat, sollte Brechts Dreigroschenoper-Mahnung auch Eindruck auf die laufenden Koalitionsgespräche in Berlin machen. Denn wer das Primat der Klimapolitik so ultimativ verfolgt, wie es etwa die Grünen tun, deren Wähler meist zu den Gutverdienern zählen und massive Energiekostensteigerungen deshalb recht schmerzfrei wegstecken, sollte immer bedenken, dass die sozialen Folgen einer unvernünftigen Klimapolitik Regierungen ganz schnell aus dem Amt jagen können. Man muss nicht nur an die Gelbwesten-Proteste in Frankreich erinnern, die Frankreichs Präsident Macron massiv zusetzten und bis heute seine Wiederwahl im kommenden Jahr gefährden.

Deutschlands historischer Alleingang, der Doppelausstieg aus der Kernenergie und der Kohleverstromung, macht international fassungslos und findet nicht umsonst keine Nachahmung, weil niemand der eigenen Bevölkerung die weltweit höchsten deutschen Strompreise zumuten will. Doch die immer noch leistungsstarke deutsche Volkswirtschaft ist auf eine unterbrechungsfreie und bezahlbare Energieversorgung angewiesen. Die werden Wind und Sonne als volatile Energieträger aber nicht garantieren können, zumal gleichzeitig die Stromverbräuche durch die politisch verordnete Elektrifizierung der Mobilität und der Raumwärme gewaltig steigen.

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Tichys Ausblick: "Energiekrise spitzt sich zu - letzte Rettung Kernkraft?"
Je nach Witterungsverhältnissen – wie lange scheint im Jahresdurchschnitt die Sonne in den kommenden zwei Jahren, wie stark und beständig weht dann der Wind? – wird allein das Abschalten der letzten sechs deutschen Kernkraftwerke (je drei zum Jahresende 2021 und 2022) zu einem Anstieg des CO2-Ausstoßes um 40 bis 80 Millionen Tonnen im Jahr führen. Statt wenigstens eine Debatte über die Laufzeitenverlängerung dieser sechs Kraftwerke zu führen, um die negativen Klimafolgen der Abschaltung zu verhindern und Zeit für die vielbeschworene Transmission zu gewinnen, bleibt das Infragestellen des „Atomausstiegs“ ein deutsches Tabuthema. Das ist irrational und demaskiert alle verschärften CO2-Minderungsziele, die sich die deutsche Politik nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch am Ende der letzten Legislaturperiode des Bundestags in Rekordgeschwindigkeit verordnet hat.

Eine letzte Mahnung an alle, die immer nur „Klima, Klima, Klima“ rufen und das drängende Megathema der Alterung unserer Gesellschaft ausklammern, das gravierende Folgen für die Finanzierung der Alterssicherung und der Gesundheit, aber auch für den Arbeitsmarkt hat: Eine übersteigerte und ineffiziente nationale Klimapolitik erhöht zwar massiv die Kosten für die Bürger, ändert aber an der Erderwärmung so gut wie nichts, solange nicht internationale und effiziente Emissionshandelssysteme den Treibhausgasausstoß wirkungsvoll begrenzen. Außerdem werden die positiven Folgen einer klimaneutralen Welt Jahrzehnte brauchen, ehe sie spürbar werden.

Doch der Wegfall von Millionen Menschen im Erwerbsalter wird die Produktivität in Deutschland bereits in den kommenden zehn Jahren deutlich reduzieren und damit den Wohlstand des Volkes absenken. Auch der weitere Ausbau des Sozialstaats, das Festhalten an der heutigen Altersgrenze im Rentenrecht oder die üppigen Versprechungen in der Kranken- und Pflegeversicherung werden in viel kürzeren Zeithorizonten ihre negativen Wirkungen für die Menschen entfalten: weit höhere Sozialabgaben, höhere Steuern und Kaufkraftverlust durch die Inflation. Dieser Belastungscocktail kann sich zur demokratiegefährdenden politischen Zeitbombe entwickeln. Dieses Szenario sollten nicht nur die grünen Klimaschützer auf dem Schirm haben und endlich ideologisch abrüsten.

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Kommentare ( 24 )

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November Man
3 Jahre her

Man weis immer noch nicht, kämpfen, randalieren und demonstrieren FFF, Extinction Rebellion, Antifa und die roten linken Grünen nun für oder gegen das natürliche Klima.

Monika
3 Jahre her

Eine Religion dient eben erstmal gut als Ablenkung von echten Problemen. In 10 Jahren haben wir dann das schlechteste aus beiden Welten, nämlich eine überalterte Gesellschaft, die nur noch Geld kostet und eine Wirtschaft, die aus klimareligiösen Gründen vernichtet wurde und so kein Geld mehr einbringt. Wir hätten jetzt z.B. gerade noch Zeit, mit umfangreichen Steuer- und Sozialreformen sowie digitaler Modernisierung und Bürokratieabbau echte Fachkräfte ins Land zu locken. Gemacht wird das Gegenteil. Es werden Nichtleister angelockt und Firmen vertrieben. Was mich am meisten daran aufregt, ist, daß diejenigen Wähler, die das voll treffen wird, nämlich die zukünftigen Rentner, sich… Mehr

zweisteinke
3 Jahre her

Moment mal! Die Menschen „fallen“ doch nicht weg, nur weil die nicht mehr erwerbstätig sind. Das ist vielleicht der große Wunsch der grünroten Vollpfosten, die sich jetzt Regierung nennen. In der Tat sind dies Menschen aber noch da und müssen mit ansehen, wie dahergelaufen Taugenichtse fürstlich für nichts und wieder nichts gepampert werden, während zugleich durch die gesetzwidrige Renten Besteuerung ihr Leben immer weiter in Atmut abdriftet. DAS ist die Realität im angeblich „Besten Deutschland“, das es je gab. Für Spinner, Nichtskönner, Schwätzer, Bereicherer, Perverslinge und natürlich „Politiker“ bei denen fassen sich allerdings alle vorangestellt Gruppen zusammen.

Last edited 3 Jahre her by zweisteinke
Rosalinde
3 Jahre her

Der Klima- und Corona- Sozialismus ist ein Geschäftsmodell für alle Staaten weltweit. Keine dieser Maßnahmen ist ohne Planwirtschaft möglich. Marktwirtschaft sieht anders aus und beinhaltet vor allem keine planwirtschaftlichen Eingriffe in die Zins und Finanzwirtschaft.

Peter Gramm
3 Jahre her

es geht nur um’s Geschäft. Der Erfolg ist zweifelhaft und wenig vorhersehbar. Die Klimarettung, Energiewende oder auch die ganze Impferei – alles sehr teuer ohne dass man sagen könnte – sinnvoll oder sinnlos. Diese ganze Experteritis hat in in einem Übermaß zugenommen ohne etwas zu bewirken. Ideologen beherrschen die Szenerie. Das war noch nie von Vorteil.

Menkfiedle
3 Jahre her

Herr Metzger, Ihr Ansinnen in allen Ehren, aber diese abwägende Haltung ist doch schon seit 20-30 Jahren in der Politik verankert. Diese Politik hat zu dem geführt, was wir heute haben: Steigende CO2-Emissionen und steigende CO2 Konzentration weltweit. Daher brauchen wir in der Tat gravierende Änderungen, weil es so nicht weiter gehen kann. Das Problem ist, dass wir in D Wege bestreiten, die nicht zum Ziel führen werden. Wir führen die falschen Diskussionen und haben die falschen Konzepte. Hierauf müssen wir den Fokus legen: Wir kämpfen hier um jedes Windrad, was unglaublich aufreibend und teuer ist, es ist aber nicht… Mehr

Manfred_Hbg
3 Jahre her

Zitat: „Dieses Szenario sollten nicht nur die grünen Klimaschützer auf dem Schirm haben und endlich ideologisch abrüsten.“

> Öhm, „ideologisch abrüsten“?

Also ich denke, die Grünen rüsten eher ideologisch auf. Oder wie soll man es einordnen wenn grad im Teletext zu lesen war, dass die Grünen in NRW die Intelligenzbestie „Luisa Neubauer“ als Spitzenkandidatin(Wahl 2022?) aufstellen wollen?

w.k.
3 Jahre her

Herr Metzger, einige Wissenschaftler beweisen, dass die Atmosphäre kühlt sich seit 20 Jahren ab. Wenn das der Fall ist, dann ist die menschenfeindliche, sogenannte „Klimapolitik“ nicht nur ein Schwachsinn, es ist ein Verbrechen. Klar, dadurch wird mehr Geld generiert, aber nur zur Alimentierung der korrupten Wissenschaftler, Politiker und Medien. Das Geld wird verbrannt. Dazu kommen noch die verdeckten Steuern als CO2-Zertifikate. Das ist unser Geld, das wir lieber in gute Schulen, Sicherheit, saubere Umwelt und gesundes Essen investieren würden.

chino15
3 Jahre her

Sie setzen bei den Klima-Religiösen offenbar Verstand, ein gewisses Maß an Realitätssinn und selbständiges Denken voraus. Ist das nicht sehr optimistisch?

Mausi
3 Jahre her

Die GRG Regierung wird es wenig interessieren. Der Kurs wird beibehalten. Eher werden die „Armen“ mit Geld (= Essen) moralisiert.

In F oder IT interssiert sich die Regierung ja auch nicht für Corona-Proteste. Und D hat die ja anscheinend wirksam unterbunden. Wieso sollte es bei Klima anders laufen? Das Ende der Sackgasse ist ja noch weit weg.