In Berlin wurde bei der jüngsten Wahl von Amts wegen Manipulation ermöglicht – durch gesetzwidrige Wahlvorbereitung und weil viele Wähler ihre Stimmen nicht abgeben konnten. Wenn die Bundestagswahl in Berlin wiederholt wird, könnte die Linke den Einzug in den Bundestag doch noch verpassen.
Während schon über Koalitionen nachgedacht wird und Sieger und Verlierer auserkoren werden, ist in der Hauptstadt noch gar nicht klar, ob die Wahl nicht doch wiederholt werden muss. Über die Folgen der Wahlpannen in Berlin diskutiert Roland Tichy heute Abend mit seinen Gästen in der neuen Ausgabe von „Tichys Ausblick“.
Anatol Wiecki hat das Desaster selbst miterlebt. Er war Wahlvorsteher in einem Briefwahllokal in Berlin und wurde am Wahltag – während der Auszählung – seines Amtes enthoben. Er hatte schon vor der Wahl auf gravierende Mängel hingewiesen, die Wahlmanipulation ermöglicht haben könnten. Möglicherweise wurden zehntausende Stimmen abgegeben von Wählern, die gar nicht wahlberechtigt waren, und umgekehrt Wahlberechtigte bei der Stimmabgabe behindert.
Marcel Luthe ist Unternehmer und Politiker, erst bei der FDP und jetzt bei den Freien Wählern, für die er als Spitzenkandidat für das Berliner Abgeordnetenhaus kandierte. Er berichtet von Verstößen gegen das Wahlrecht und erläutert, welche Folgen das hat. Insgesamt kommt er auf „120 unterschiedliche Punkte bisher“. Er habe trotzdem von noch niemandem aus dem neuen Abgeordnetenhaus gehört, der die Vorgänge hinterfragt. Der dramatische Vorgang einer möglichen Wahlmanipulation wird also nicht untersucht. Das hat Folgen für die politische Akzeptanz der Demokratie generell.
Rupert Scholz ist Staatsrechtler, ehemaliger Bundesverteidigungsminister und ehemaliger Vorsitzender des Rechtsausschusses des deutschen Bundestages – er kennt das Wahlrecht genau und nennt es „das höchste demokratische Teilnahmerecht des Bürgers“. Er erwartet, dass nach einer Prüfung festgestellt wird, ob die Wahlen, zumindest die auf Berlin bezogenen, wiederholt werden müssen. Allerdings stellt er fest: „Von der Basis kommt zu wenig aktives Bewusstsein.“ Dabei hat jeder Bürger, auch außerhalb Berlins von Berchtesgaden bis Flensburg das Recht, beim Wahlausschuss des Deutschen Bundestages eine Überprüfung einzufordern und kann nach Ablehnung sogar das Bundesverfassungsgericht anrufen. Dieser Weg sei wichtig und richtig, weil die Wahl das Wesen der Demokratie sei und nicht in Zweifel gezogen werden dürfe.
Georg Gafron floh einst im Kofferraum aus der DDR und wurde später Chefredakteur der B.Z. und des Hörfunksender 100,6. Er stellt klar: „Diese Wahl muss wiederholt werden!“ Er sieht in dem Verlauf der Wahl aber keine mutwillige Manipulation, denn: „Dafür sind die zu schlampig.“ Auch er sieht die Möglichkeit, dass möglicherweise bei einer korrekten Neuwahl eines der beiden Berliner Direktmandate der LINKEN nicht bestätigt wird – und damit die 39 zukünftigen Abgeordneten der LINKEN im Deutschen Bundestag nicht in das Parlament einziehen können. Damit steht möglicherweise der Bundestag vor einer Neuzusammensetzung.
Manipulation oder Schlamperei? Und was sind die Folgen für ganz Deutschland? Darüber diskutiert Roland Tichy mit seinen Gästen heute Abend bei Tichys Ausblick. Schalten Sie um 20:15 Uhr ein. Entweder bei tv.berlin oder ganz bequem hier auf der Seite und via YouTube.
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Sehr gute Debatte. Leider wurden die Details der Wahlanfechtung nicht benannt. Man muss sich erst an den Wahlprüfungsausschuß des BT wenden,der sich aber sehr, sehr viel Zeit nimmt. Bei der letzten Wahl waren es über 1,5 Jahre. Das VerfG, das ich seinerzeit angerufen hatte, hatte sich die Arbeit leicht gemacht und plötzlich behauptet, daß nur die Argumente und Fakten berücksichtigt werden,die bereits gegenüber dem Wahlprüfungsausschuß genannt worden sind. So eine Argumentation erschwert die Wahlprüfungsbeschwerde.
Anweisung zur Stimmauszählung entgegen der Bundeswahlverordnung, und das noch in schriftlicher Form sowie “ Entfernung“ eines kritischen Wahlleiters/Zeugen kurz nach 18 Uhr..usw. Die einzige Panne dürfte sein, daß das ganze Wahltheater zu offensichtlich über die Bühne ging. Aber vielleicht „juckt“ auch das die Verantwortlichen nicht mehr , “ denn sie wissen, daß wir wissen, daß sie betrügen/lügen…“ und es passiert ihnen NICHTS.
Bürgermeister Müller hat gerade erklärt die Wahl wird nicht wiederholt. So geht Demokratie heute. Da braucht ein Staatsrechtler nicht dazwischenreden. Beschwerden sind sinnlos.
Ein vielleicht etwas dünnes und unergiebiges Thema, mit dem ständigen Schweiss auf der Stirn, bloss nicht in die Ecke der Verschwörungstheoretiker zu geraten. Bezeichnend wie aufschlussreich, gerade die beiden etwas älteren Herren Gafron und Scholz mit der naturgemäß anzunehmenden, meisten Lebenserfahrung. War gerade ihnen durch Herrn Luthe nicht verständlich zu machen, dass ihre Sichtweise auf die Verfehlungen bei der Wahl überaus naiv sind. Sind doch die Grenzen zwischen Schlamperei und Manipulation fließend, soll heißen, wer ohnehin schlampig ist, dem fällt diese Eigenschaft überall dort besonders leicht, wo diese ihm zum Vorteil gereicht. Da braucht es gar keinen Vorsatz, Gelegenheit macht… Mehr
Wenn ich das richtig verstehe, muss erstmal das amtliche Endergebnis festgestellt werden. Das kommt Mitte Oktober.
Die Einwände sind dann an im ersten Schritt an den neuen BT zu richten. Der neue BT liegt in weiter Ferne.
Es ist also noch Zeit.
Ich würde vermuten, dass Wahlbeschwerden zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht möglich sind. Unzulässig? Ist das der richtige juristische Ausdruck? Und daher abgewiesen werden.
Die Wahlen werden nicht wiederholt, denn dazu müssten in diesem Land demokratische Verhältnisse herrschen. Aber kein Problem: Denn auch wenn die Wahlen nicht wiederholt werden, glauben immer noch mindestens 90% der Deutschen sie lebten „im besten Deutschland, das es je gab.“
Es wird keine Neuwahlen geben. Dafür sorgen schon die etablierten Parteien. Vor allem die Linken, die durchaus Gefahr laufen, eines ihrer drei Direktmandate zu verlieren und damit nicht mehr im Bundestag vertreten zu sein, werden sich mit Zähnen und Klauen wehren. Wahlen können ausschließlich von der Kanzlerin rückgängig gemacht werden.
Erledigt, Einspruch eingelegt. Allerdings, mein letzter Einspruch wurde erst zwei Jahre später beantwortet. So wird das hier sicher auch wieder sein.
Es geht um Berlin. Ich hätte mich gefreut, wenn ein Berliner AfD-Bundestagsabgeordneter mitdiskutiert hätte. Gottfried Curio oder Beatrix von Storch hätten sicher ebenso gut in die Runde gepasst wie z. B. Marcel Luthe. Nach welchen Kriterien wird eingeladen?
Zitat: „Er sieht in dem Verlauf der Wahl aber keine mutwillige Manipulation, denn: „Dafür sind die zu schlampig.“
> Nun ja, aber WAS ist es denn und WIE nennt man es denn sonst wenn zum Beispiel schon bei der vorigen Wahl auf gravierende Fehler und Probleme hingewiesen wurden, diese Hinweise jedoch nicht beachtet worden sind und sich somit nun wiederholt haben??
Also zumindest ich würde hier schon von einer bewußten „Manipulation“ sprechen.