Euro-Bonds oder besser gleich Geld drucken? Mit den billigen Patentrezepten der Bankenlobby ist der Euro nicht zu retten.
Vor dem kommenden, dem 14. EU-Rettungsgipfel im Dezember wächst der Druck auf die Bundeskanzlerin. Dabei hilft es, sich einmal die Interessen derer genau anzuschauen, die guten Rat andienen. So wäre es für die wachstumsarmen und hoch verschuldeten Länder in Südeuropa am einfachsten, wenn Deutschland mit Euro-Bonds die Haftung für ihre Schulden übernehmen würde und damit ihre Zinsen sinken könnten. Es ist an sich ja nicht verboten, die Deutschen generell als die Dummen in Europa in Anspruch zu nehmen; dass die deutsche Bonität dabei ebenfalls in den Hades fährt, interessiert Italien und Griechenland kurzfristig ja nicht so sehr.
Die deutsche Bundeskanzlerin schon.
Die gewieften Banker in Frankfurt, London und New York haben längst begriffen, dass auch die deutschen Taschen nicht tief genug sind für all die gierigen Hände. Sie fürchten, dass Deutschland schneller zahlungsunfähig wird, als die Banken ihre Anleihen aus Südeuropa in Euro-Bonds umtauschen können. Deshalb schicken die angelsächsischen Banken ihre Chefvolkswirte, Nobelpreisträger und rosa Zeitung vor. Hedgefonds-Zar George Soros lässt seine persönliche Lobby-Organisation durch deutsche Talkshows tingeln – immer mit dem Rat, die Europäische Zentralbank solle unbegrenzt wertlose Südeuropa-Anleihen ankaufen – sprich, sie den Banken zum vollen Preis abnehmen. Damit wächst die Geldmenge, und die beste Voraussetzung für eine Hyperinflation wird geschaffen. Aber daran können Banken dann wieder gut verdienen und was soll’s: Sind Bank und Bonus gerettet, kann das Land verrecken, wen interessiert das schon?
Die Bundeskanzlerin schon.
Deshalb war sie gut beraten, diesem Totentanz der Banken, Brüsseler Bürokraten und Europapolitiker entgegenzutreten. Denn es ist ein Totentanz – wenn die Löcher in den Haushalten kurzfristig mit deutschem Geld oder europäischer Inflation gestopft werden, lockert man zwar kurzfristig den Druck zum Sparen und für die notwendigen Reformen. Wirtschaftlich gesunden aber kann Europa so nicht. Und glauben wir nicht länger das Kindermärchen vom guten Euro: Längst eint er nicht mehr Europa, sondern treibt es auseinander.Seine wirtschaftlichen Vorteile sind längst teuer erkauft; Rettungsschirm-Milliarden, Euro-Bonds und Inflationsgift vermischen sich zum monetären Gift-Cocktail.
Wie eisern ist die Kanzlerin?
Dabei war der Kurs von Angela Merkel im Rahmen der beschränkten europäischen Möglichkeiten nicht verkehrt – mit Geld Zeit für Sparprogramme zu kaufen und gleichzeitig den Druck zu Reformen aufrechtzuerhalten. So lässt sich Griechenland nun dazu herab, Finanzpolitik und Verwaltung nach mitteleuropäischem Standard einzuführen. Nach eineinhalb Jahren Nichtstun hat sich in Belgien übers Wochenende eine neue Regierung gebildet; drohende Zinssteigerungen erzwangen die Einigung. Und Bunga-Bunga-Land hat wieder einen richtigen Regierungschef, der weiß: Der Schlüssel zur Rettung des Euro liegt nicht in Euro-Bonds, sondern in Italien. Eine Vermögensteuer könnte die Schuldenlast senken und Reformen einen Wachstumsschub auslösen. Beides zusammen würde eine wahre Flut frischen Kapitals nach Europa und Italien auslösen. Denn die bösen Finanzmärkte hoffen ja auf Europa. Jedes positive Wachstumssignal lässt sofort die Zinsen für Staatsanleihen sinken und die Aktienkurse steigen.
In den nächsten zehn Tagen wird die europäische Gipfeldiplomatie erneut den Umverteilungstango tanzen – oder Reformen beschließen. Es ist eine Gratwanderung: Vage Versprechungen, Protokollnotizen und ähnliches Euro-Wischiwaschi stellen das zerstörte Vertrauen nicht mehr her; denn der Euro ist eine Geschichte gebrochener Verträge. Im März 2010, zu Beginn der Euro-Krise, habe ich an dieser Stelle die Frage aufgeworfen, ob Angela Merkel das Zeug zur eisernen Kanzlerin hat.
In diesen Tagen kann und muss sie es zeigen.
(Erschienen auf Wiwo.de am 03.12.2011)
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