Im Wahl-O-Mat der Bundesregierung gewinnt die AfD triumphal

Türken, Grüne, Sozis, alle wählen AfD - jedenfalls legt das der Wahl-O-Mat nahe: Hier kann man seine Bedürfnisse mit den Wahlprogrammen abgleichen. Für Peter Hahne die Bestätigung: Politiker leben weit entfernt von den Problemen des Volkes - und schreiben Programme, die niemand will.

IMAGO / Eibner

Da habe ich was angerichtet! Jetzt kommen die Mails aus dem ganzen Land im Minutentakt: „Ich bin eigentlich Stammwähler der SPD. Aber der Wahl-O-Mat macht mich zum AfD-Anhänger.“ Oder: „Wir haben die Wahl-O-Mat-Fragen im Freundeskreis beantwortet. Selbst drei grüne Familienväter und ein Türke landeten mehrheitlich bei der AfD. Was sollen wir denn jetzt wählen, Herr Hahne?“

Meine Antwort: diese Entscheidung kann ich Ihnen nicht abnehmen. Aber vertrauen Sie ruhig dem Wahl-O-Mat. Er ist nämlich sozusagen regierungsamtlich. Und wir vertrauen den Herrschenden doch auch zum Beispiel bei den regierungsamtlichen Klima- und Corona-Restriktionen. Über 80 Prozent der Bevölkerung nehmen die „unverhältnismäßigen Grundrechtseingriffe“ (Heribert Prantl) klaglos in Kauf, dagegen ist doch diese regierungsamtliche Wahlhilfe ein Klacks.

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Bei „Tichys Ausblick“ hatte ich dazu aufgerufen, unbedingt mal den Wahl-O-Mat im Internet anzuklicken und die 38 Fragen zu beantworten. Sinn und Zweck dieses Wahl-O-Mats ist es, so heißt es regierungsamtlich, „über die wichtigsten Wahlkampfthemen zu informieren.“ Man kann also per Klick zu politischen Thesen Stellung nehmen: stimme zu/neutral/stimme nicht zu. Der Wahl-O-Mat hat die Antworten der Parteien zu diesen Fragen sorgsam gespeichert, also quasi die Wahlprogramme, und berechnet dann die Übereinstimmung der Wähler mit eben jenen Partei-Antworten.

Betreiber dieser Internet-Plattform ist die Bundeszentrale für Politische Bildung. Und diese wiederum ist eine nachgeordnete Behörde des Bundesinnenministeriums. Also regierungsamtlicher gehts nun wirklich nicht. Da niemand jedoch behaupten würde, diese Zentrale sei in der Merkel-Epoche rechtslastig, noch nicht einmal CDU/CSU-lastig, erstaunt die Bilanz des Frage-Antwort-Spiels umso mehr.

Wer hat denn da nicht aufgepaßt in einem Staat, der doch „aufpaßt“ bis ins Private hinein und der „die Demokratie an Ausgangsbeschränkungen und Kontakverboten sterben läßt“, um nochmal den linken ehemaligen Chef der Süddeutschen Zeitung zu zitieren. Ob Heribert Prantl mit dieser richtigen Einstellung wohl auch bei „den Rechten“ landet? Horst Seehofer, der Wahl-O-Mat-Letztverantwortliche, hat also noch nichtmal dafür gesorgt, dass wenigstens seine in Umfrage-Turbulenzen untergehende CSU davon profitiert. Ganz im Gegenteil! Ein Treppenwitz der Geschichte. Das geht in die Annalen des 21. Jahrhunderts ein.

So schreibt die geschätzte Kollegin Susanne Gaschke, einstige SPD-Oberbürgermeisterin von Kiel, in ihrem WELT-Kommentar vom 30. August: „Ein Freund rief mich an, er ist Sozialdemokrat, arbeitet in einem Bundesministerium, er war ziemlich aufgebracht. Er habe gerade die Fragen des Berliner Wahl-O-Mats beantwortet, der ihm daraufhin eine AfD-Affinität bescheinigt habe.“ In Berlin ist ja zeitgleich mit der Wahl zum Bundestag die zum Abgeordnetenhaus.

Sendung 09.09.2021
Tichys Ausblick Talk: „Umbruch nach der Wahl oder wird einfach weiter gemerkelt?“
Dort stehen Fragen zur Auswahl, die eine meiner uralten Thesen bestätigt: Politiker, vor allem die in den Hauptstädten, aber auch viele Journalisten leben weit entfernt von den wahren Problemen des Volkes in einer eigenen Welt. Und dieses Paralleluniversum findet eben Themen wie diese ungemein wichtig: nicht die Angst der Frauen vor „schutzsuchenden“ Messerstechern. Nicht die Furcht vor Clan-Kriminalität aus den arabisch-russischen Imperien. Nicht die Drogenmafia aus „willkommenen Ärzten und Facharbeitern.“ Das Wort Islam kommt in den Söder/Laschet-Reden kein einziges mal vor. Wen wundern also die Wahl-O-Mat-Empfehlungen Richtung AfD?!

Nein, gefragt wird, ob an allen Schulen „geschlechtliche Vielfalt“ gelehrt wird und es mehr inklusive Schwerpunktschulen gegeben soll (zu denen bekanntlich Politiker gerne ihre Kinder schicken) oder ob Lärmschutzmaßnahmen für Discotheken mit Steuergeldern gefördert werden sollen, oder Pop-Up-Radwege, was auch immer das sei. Oder Klimaneutralität bis 2035, ein Landesmuseum für Migrationsgeschichte, Kultur und Sprache der Sinti und Roma stärker fördern….Alles Themen (unter nur 38!), die unter den Nägeln brennen, oder?

Tja, und bei den Antworten, gegeben aus Biografie, Lebenserfahrung und gesundem Menschenverstand von Otto und Lieschen Normalbürger und nicht aus einem Schicki-Micki-Paralleluniversums-Wolkenkuckucksheim heraus, landet man noch nichtmal bei der Union. Man wird gleich an die AfD weitergereicht.

Bleibt die Frage: liegt es an den Themen und Fragestellungen? Oder könnte es nicht sein, dass eben jene AfD noch Antworten hat auf Fragen, die dem Volk wirklich auf der Seele brennen, das am 26. September schließlich seine Vertreter wählt. Jene Volksvertreter vertreten laut Wahl-O-Mat einen Großteil der Bürgerschaft also nur noch, wenn sie auf der rechten Seite des Plenums Platz nehmen (nichts anderes heißt ja: politisch rechts). Übrigens direkt vis-a-vis zur Regierungsbank.

Ein ehemaliger Kollege erzählt mir am Telefon: „Ich bin Deinem Rat gefolgt und habe den Wahl-O-Maten angeworfen. Ergebnis: 82 Prozent Übereinstimmung mit der AfD, als nächstes die Union, bereits mit 57 Prozent deutlich abgeschlagen. Ich darf jetzt also nicht mehr meine grüne Stammpartei wählen, oder?“

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Dabei habe er schon „so liberal wie möglich“ geantwortet auf Fragen wie: Generelles Tempolimit auf Autobahnen, Erhöhung der Verteidigungsausgaben, Förderung der traditionellen Familie, Doppelte Staatsbürgerschaft, Kopftuch bei Beamtinnen, kein Zulassungsstop von „Verbrennern“, keine Computer-Aufträge an China, Kirchensteuer-Einzug durch den Staat, Anerkennung islamischer Verbände als Religionsgemeinschaft, Asyl nur für politisch Verfolgte…. „Insgesamt 38 Fragen, und ich lande mit meinen Antworten immer bei der AfD. Mache ich was falsch?“
Ein junger Lehrer schreibt aus dem Norden: „Was ist mit den ‚Aufrechten’ unter den SPDlern, denen der Wahlomat mit seinen harmlosen Fragen dann doch hohe Zustimmung fürs AfD-Programm bescheinigt? Müssen die sich selbst anzeigen, gegen sich selbst demonstrieren oder gar ein Parteiausschlussverfahren gegen sich selbst beantragen?“ Auch in den Leserbriefen zur Talk-Show sind viele überrascht und verblüfft, etwa Tommy Buchwald: Der Wahl-O-mat hat bei mir nur 87% für die AFD ergeben. Da hatte ich mehr Punkte erwartet… Natürlich gibt es auch andere, etwa Friederike Frey:  „Habe den Wahl-O-MAT jetzt mal ausprobiert und bei mir kam die BASIS als Ergebnis, obwohl ich deren Wahlprogramm nicht kenne, die AfD tauchte auf keinem der Folgeplätze auf. Im diesem einen Punkt muss ich Herrn Hahne daher widersprechen.“ Aber auch hier führt der Wahl-O-Mat weg von den herkömmlichen Partei und möglicherweise zu einer Stimme, die wegen der 5-Prozent-Hürde nicht einzahlt auf die herkömmlichen Parteien.

Vom Nürnberger CSU-Parteitag mailt mir ein TV-Techniker: „Gerade rettet Söder mal wieder die Welt, heuchelt Schulterschluß mit Laschet, tut so, als wäre die Union die letzten 16 Jahre nicht für alles verantwortlich. Machte gerade aus Langeweile mal den Wal-O-Mat. Irre! Hat die Union vergessen, dort ihr Wahlprogramm einzuspeisen oder haben die wirklich keine Antworten zu den Themen?“ Ein journalistischer Kollege: „Was sollen Laschets und Söders Warnungen vor dem Linksruck? Es war doch die Union, die Ramelow ins Amt brachte und nun im Amt hält, indem man das Neuwahl-Versprechen bricht. Der Wahl-O-Mat führt mich nun auf eine interessante neue Fährte….“

Summa Summarum: Der Wahl-O-Mat ist also die von der Bundesregierung in höchsten Tönen gepriesene künstliche Intelligenz, sozusagen die digitale Antwort auf Fragen, die man „wegen der Pandemie“ in den üblichen Wahlveranstaltungen nicht mehr stellen kann. Danke für die regierungsamtliche Wahl h i l f e! Denn vor Risiken und Nebenwirkungen wird man gleich auf der Wahl-O-Mat-Startseite gewarnt: „Der Wahl-O-Mat ist keine Wahlempfehlung, sondern ein Informationsangebot über Wahlen und Politik.“


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Kommentare ( 235 )

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P. Pauquet
3 Jahre her

Ich benötige eigentlich noch keinen Wahlomat für betreutes Denken. Habe es trotzdem gemacht. Ich glaube nur das, was ich mit den Sinnen erfassen kann. Und selbst die sind manchmal hinterlistig und versuchen Einen zu täuschen. – Was soll ich sagen? Wie erwartet: 78,4 % AfD, 71,x Freie Wähler. Er macht ein Angebot, was man nicht ablehnen kann.

Bahl Renate
3 Jahre her

Dann doch auch endlich die AfD wählen! Immer nur zu jammern, dass man die Altparteien nicht wählen kann, da es dann ein Weiterso ist, hilft doch nicht. Farbe bekennen und AfD wählen, Punkt. Es ist schliesslich keine Ehe, die bis zum Sankt Nimmerleinstag halten soll. Ud egal, was der Wahl-O-Mat ausspuckt: Ich brauche den nicht. Ich kann lesen und eigenständig denken.

Del. Delos
3 Jahre her

Tja, so kann’s kommen, wenn man das Programm der Partei, die man womöglich seit JAHREN wählt, gar nicht kennt und wahrscheinlich auch aus purem Desinteresse niemals zuvor gekannt hat. Wenn man nur den Leitmedien glaubt und sich dann für informiert hält. Wenn man den dummen und falschen Sprüchen derer aufsitzt, die behaupten, die AfD sei „braun“ oder „rechts“ und in jedem Fall ganz, ganz böse. Dann bekommt man, wenn man plötzlich mit dem Fazit seiner eigenen Wünsche konfrontiert wird, eben als Ergebnis die WAHRHEIT…. nämlich genau DAS, was man eigentlich, was man TATSÄCHLICH will. Also, liebe Wähler, AUGEN AUF: Es… Mehr

Der Winzer
3 Jahre her

Noch zur Ergänzung, werter Herr Hahne.
Nach dem Kollaps des Euro, dem Lastenausgleich, der Vermögenssteuer, den ersten Blackouts sowie der Erkenntnis, dass Bhakdi, Wodarg, Hockertz, Malone, Yeadon, Levitt & Co. mit ihren Befürchtungen bzgl. der „Impfstoffe“ recht hatten, werden auf einmal „alle“ die Alternative gewählt und unterstützt haben. Schon immer … .

Last edited 3 Jahre her by Der Winzer
Der Winzer
3 Jahre her

„Oder könnte es nicht sein, dass eben jene AfD noch Antworten hat auf Fragen, die dem Volk wirklich auf der Seele brennen, das am 26. September schließlich seine Vertreter wählt ?“
Sie sind auf dem richtigen („rechter“ wäre politisch inkorrekt) Weg, Herr Hahne.
Weiter so … .

Ms.Headlost
3 Jahre her

Als AfD Wähler habe ich den Wahlomat aus probiert und als Ergebnis kam der „Dritte Weg“. Schlimmer geht immer! 😀

Germer
3 Jahre her
Antworten an  Ms.Headlost

Das liegt daran, dass die Fragen des Wahl-o-Mat zu undifferenziert sind.

In meinem Fall waren die AfD, Der 3. Weg und die NPD mit jeweils 80,3% gleichauf. Die Wahlprogramme dieser Parteien unterscheiden sich allerdings erheblich.
Weil für mich aber weder internationale, noch nationale Sozialisten in Frage kommen, wird mein Kreuz auch dieses Mal wieder bei der AfD platziert.

Den vorletzten Platz haben in meinem Fall übrigens die Linke und den letzten Platz die Grünen belegt.
Alles in allem, war das Ergebnis für mich nicht besonders überraschend.

IdonotloveMoerkl
3 Jahre her

Danke für Ihre Mühe. Man muss halt immer prüfen, von wem man wie hinter die Fichte geführt werden soll!

Enigma
3 Jahre her

Ja aber leider wird die Masse über Bild und Ton von Staatsfunk und Presse emotional maipuliert. Wählen ist kein rationaler, sonder ein überwiegend emotionaler Prozess.

Monika Vogel
3 Jahre her

Wie man an den Ergebnissen und den Reaktionen darauf sieht, vertrauen die Deutschen nicht einmal ihrem eigenen Verstand. Normal ist das nicht, aber was ist hier überhaupt noch normal. Die AfD ist die Partei, die in wesentlichen Fragen die Angst vor der Zukunft nimmt. Nehmen wir nur den Energiewandel. Wer durch die Art und Weise des Energiewandels die Versorgungssicherheit eines ganzen Landes gefährdet mit all den möglichen Folgen zuzüglich unsinnig hoher Kosten – und das sind alle Altparteien gleichermaßen – kann allein deswegen nicht wählbar sein. Die Grünen könnte ich nur wegen ihrer Forderung nach einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h… Mehr

bfwied
3 Jahre her
Antworten an  Monika Vogel

Politisch sind die Deutschen mehrheitlich nicht rational, sondern eigentlich zur Gänze emotional-irrational. Das war allerdings schon immer so, jedenfalls kann ich mich an keine Wahl erinnern, die wirklich sehr viel anders gelaufen wäre, und wenn ich an die erste Hälfte des 20. Jh.s denke, lief das damals kein bisschen anders und dient als Blaupause für die diesjährige Wahl.
Tempo 130 km/h – völlig in Ordnung, es gäbe sogar noch ein paar Punkte mehr, in denen ich eher den Grünen zuneige, aber das sind nur völlig unwichtige Peanuts!

jorgos48
3 Jahre her
Antworten an  bfwied

„Vox populi Vox Rindvieh“ Scheint was dran zu sein.

EndemitdemWahnsinn
3 Jahre her
Antworten an  bfwied

Bei Tempo 130 bin ich etwas gespalten. Wenn man es mit dem Klimawahn begründet wie die Grünen oder gar durch zusätzliche Einnahmen durch Blitzer, bin ich absolut dagegen. Geht es dagegen um Sicherheit auf der Straße und um gleichmäßigeren Verkehrsfluss, wäre ich eher dafür, aber auch nicht unbedingt gleich 130. Ich wäre eher für 150-160. Aber das ist jetzt auch kein Thema, das mir wirklich unter den Nägeln brennt wie der Coronawahn, Klimawahn, Massenmigration, also eher Nebensache.

Forist_
3 Jahre her
Antworten an  EndemitdemWahnsinn

Verkehrsleitsysteme, die lageabhängig regulieren lösen das von Ihnen angesprochene Problem ohne harte Deckelung besser.
Die angesprochenen 160 sind unter Umständen schon zuviel an einem Freitag Nachmittag, es gibt aber keinen Grund für eine solche Grenze zu Zeiten mit wenig Verkehr.

Ecke
3 Jahre her

Zitat: So schreibt die geschätzte Kollegin Susanne Gaschke,……..
Ihr Freund, der von Gascke, kann/sollte sich geehrt fühle, das ihm eine AfD-Affinität bescheinigt wurde. Ist sie doch die einzige Partei, die ohne wenn und aber zum Grundgesetz steht.
Übrigens, ich kenne die von ihnen geschätzte ex Zeit Kollegin noch aus ihrer Zeit als ex Kieler Bürgermeisterin. Sie wurde von der SPD ins Amt gehievt und war danach schlichtweg massiv überfordert.

jorgos48
3 Jahre her
Antworten an  Ecke

Wer nichts tut macht auch keine Fehler. Für das gemeine Wahlvolk gibts vor den Wahlen die tollen Grossplakate mit den Sprüchen aus dem Märchenbuch
„ Es wird einmal sein! “ Und Schuld sind immer die Anderen.