Die Verhöhnung der Demokratie

Im Rechtsstaat gilt das Recht als oberstes Ordnungsprinzip, im Gottesstaat ein Gott, etc. Mit dem Skandalurteil des Verfassungsgerichts, das den Staatsfunk ganz offen über die Demokratie stellt, wurde Deutschland quasi-offiziell zum Propagandastaat.

IMAGO / Nicolaj Zownir

Ein Rechtsstaat ist ein Staat, in welchem das für alle gültige, transparent und fair ausgehandelte Recht das oberste Ordnungsprinzip ist. Ein Gottesstaat ist ein Staat, in welchem eine bestimmte Vorstellung von »Gott« das oberste Ordnungsprinzip ist. Ein Propagandastaat aber wäre nach gleicher Logik ein Staat, in welchem die Interessen der Propaganda das ordnende Prinzip aller Gesetze und staatlichen Maßnahmen wäre.

Es war ja seit einigen Jahren schon erkennbar, so man hinsehen wollte. Spätestens als die Regierung beschloss, zusätzlich zum Staatsfunk noch direkt aus Steuergeld über eine Milliarde für Propaganda gegen Abweichler bereitzustellen (siehe Essay vom 27.11.2020: »1,1 Milliarden Euro – willkommen im Propagandastaat«) war kaum noch zu leugnen, dass Deutschland sich zum offenen Propagandastaat entwickelt.

Seit Donnerstag, dem 5. August 2021 kann es nicht mehr sinnvoll geleugnet werden, da das Bundesverfassungsgericht es de facto bestätigte: Deutschland ist ein Propagandastaat.

Einer Erhöhung der Propagandasteuer (ehemals »GEZ«, heute formal »Rundfunkbeitrag«) müssen jeweils alle Bundesländer zustimmen. Sachsen-Anhalt hatte sich dem verweigert (es hatte auch was mit Parteiengezänk zu tun, siehe welt.de, 5.8.2021), weshalb das Milliardenbudget des Staatsfunk erst einmal nicht weiter aufgestockt wurde. Der Staatsfunk hatte vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen geklagt (siehe etwa bild.de, 5.8.2021).

Es ist nicht bekannt, ob dieser Fall ein Gesprächsthema war, als die Richter des Verfassungsgerichtes sich zum Abendessen mit jener Dame trafen (siehe Essay vom 10.7.2021), die sich leider, leider nicht mehr erinnern kann, ob sie »Sekretärin für Agitation und Propaganda« bei der SED-Vorfeldorganisation »FDJ« war (vergleiche merkur.de, 9.6.2013).

Es ist aber bekannt, dass der Vorsitzende des Bundesverfassungsgerichts ein CDU-Parteifreund von Merkel ist und sich in der Vergangenheit gern mit ihr ablichten ließ – und recht kurz vor seiner Berufung erklangen im Bundestag von ihm sehr flammende, aber rechtsstaatlich eher wacklig fundierte Reden (siehe Essay vom 9.11.2018) für den offen anti-demokratischen UN-Migrationspakt (siehe Essay vom 2.11.2018).

Das sogenannte »Bundesverfassungsgericht« hat nun beschlossen, dass die Blockade der Erhöhung der Propagandasteuer angeblich verfassungswidrig sei. Es ist nicht das erste Mal, dass dieses Gericht sich selbst zu Politikern-anstelle-der-Politiker macht (wir denken an das sehr fragwürdige Klima-Urteil, siehe etwa tagesschau.de, 29.4.2021, und auch damals griff die Begründung des Gerichts offenbar auf »spannende« Quellen zurück, siehe tichyseinblick.de, 1.8.2021).

Am 5. August 2021 also hat das sogenannte »Bundesverfassungsgericht« einer Beschwerde stattgegeben, wonach es verfassungswidrig sei, wenn gewählte Politiker sich über die angemeldeten Bedürfnisse des Staatsfunk stellen.

Wörtlich heißt es:

Das Unterlassen des Landes Sachsen-Anhalt, dem Ersten Medienänderungsstaatsvertrag zuzustimmen, verletzt die Rundfunkfreiheit der Beschwerdeführer aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in der Ausprägung der funktionsgerechten Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. (bundesverfassungsgericht.de, 5.8.2021)

Das Bundesverfassungsgericht hat unzweideutig klargemacht, dass die Forderungen von ARD und ZDF über der Demokratie stehen. Die Politik hat nichts zu sagen, und wenn der Staatsfunk erhöhten Geldbedarf anmeldet, dann ist das »Unterlassen« dieser Genehmigung durch die gewählten Volksvertreter verfassungswidrig und damit nichtig. Deutschland ist seit dem 5.8.2021 de facto ein Propagandastaat.

Um die Verhöhnung der Demokratie aber vollständig zu machen, hat das sogenannte »Bundesverfassungsgericht« in der Begründung des Skandalurteils selbst in die klebrigste, banalste Kiste der Propagandasprache gegriffen:

Dabei wächst die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltsicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden. Dies gilt gerade in Zeiten vermehrten komplexen Informationsaufkommens einerseits und von einseitigen Darstellungen, Filterblasen, Fake News, Deep Fakes andererseits. (bundesverfassungsgericht.de, 5.8.2021)

Die geradezu peinliche Propagandasprache in der Urteilsbegründung könnte glatt aus dem Framing-Manual stammen, das sich die ARD für viel Geld hat erstellen lassen (siehe Essay vom 18.2.2019).

Selbst wenn man diese Eigen-Propaganda des Staatsfunks ernst nehmen würde, so kann selbst ein denkbar weltfremder Verfassungsrichter sehen, dass Schlagerabende und Kochsendungen auch mit viel Deutungsspielraum nichts mit dem Kampf gegen angebliche »Fake News« zu tun haben. Ob Richtern eine entsprechende feuilletonistische Beurteilung zusteht, das ist eine weitere Frage. Und inwiefern Presse nur zwangsfinanziert für Wahrheit einstehen kann, das ist vollständig unbegründet – die Erfahrung lehrt das exakte Gegenteil, und wir ahnen, dass die Richter das alles durchaus sehen (können). Ich gehe davon aus, dass die Richter sehr genau wissen, dass ihre Worte den Verstand des Bürgers beleidigen – doch der offene Unsinn der Mächtigen ist eine Demonstration ihrer Macht.

Indem die Richter die Framing-Propaganda des Staatsfunks nachplappern, in vollem Wissen um die Sinnleere, führen sie uns vor: Wir sind mächtig, wir können auch Unsinn reden, und ihr müsst es zahlen – sonst wirft euch die Propagandamaschine in den Schuldenknast – wie etwa GEZ-Verweigerer Georg Thiel, der weiter im Knast sitzt (bild.de, 8.7.2021).

Es ist der 5. August 2021. Das Bundesverfassungsgericht hat de facto bestätigt, dass die angemeldeten Bedürfnisse der Propaganda (sie nennt sich selbst »öffentlich rechtlicher Rundfunk«) über der Demokratie stehen. Nebenbei hat das sogenannte »Bundesverfassungsgericht« weiter an moralischer Autorität verloren, indem es sich selbst zum willigen Rädchen in eben diesem Propagandastaat degradierte.

Nein, die Deutschen wachen am 6. August 2021 nicht in demselben Land aufwachen. Es ist ein anderes Land, es gibt kein Zurück mehr. Merkels Parteifreund Harbarth wird nicht zurücktreten. Die Staatsfunker höhnen und jubeln offen, denn sie wissen richtig, dass »ihre« Zeit jetzt begonnen hat. Natürlich werden sie das Land weiter bremsen und im internationalen Vergleich zurückfallen lassen, doch was interessiert einen Staatsfunker das Wohl eines Landes, wenn er gegen die Demokratie mit der Macht spielen kann?

Deutschland ist heute ein anderes Land geworden. Nie war es wichtiger, die Kunst zu lernen, die offiziellen Bullshit-Kanäle auszuschalten – auch wenn man sie immer teurer bezahlen muss! – und sich selbst eine Meinung zu bilden.


Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com

Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.

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Kommentare ( 69 )

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69 Comments
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Elli M
3 Jahre her

Ich für meinen Teil sehe schon seit 30 Jahren keine Staatsfunknachrichten mehr und habe auch dem letzten bis dato halbwegs ausgewogenen Radiosender mit dem letzten Regierungswechsel zur SPD in Niedersachsen den Saft abgedreht. Was die da faseln und fabulieren, geht den meisten doch eh am Knie vorbei, die leben in einen überteuerten Blase der uHus (IQ<100). Alle, die da versuchen, sich irgendwie mit zu bedienen, mögen sich tunlichst von mir fernhalten. Es ist niemand mehr da, von dem ich auch nur ein Wort hören oder sehen möchte, alles nur Schleimer außer den bekannten 2 Ausnahmen (ich weiß nicht, wer das… Mehr

Riffelblech
3 Jahre her

Lohnt es sich eigentlich über dieses monströse Urteil überhaupt
nachzudenken ?
Lohnt sich die Mühe eine Institution zu bejammern ,die ausschließlich politischen Willen einer Diktatur durchsetzt die nahezu Nation und Staat zerstört?
Es müssen Mittel und Wege gefunden werden das solches nicht mehr passiert .
Die Franzosen scheinen auf einem guten Weg . Proteste überall im Land .
Wird von den Deutschen Dumpfbacken ferngehalten ,nicht berichtet .
Warum wohl ? Weil diese Typen schiss haben das ihnen das ganze Theater um die Ohren fliegt.
Und das wird es früher oder später !

Medusa
3 Jahre her

Sie treiben es zu bunt, denn „ihre Revolution ist wie Saturn, sie frißt ihre eigenen Kinder“! Diese „linke“ Vereinnahmung der „Gewaltenteilung“ und Gängelung der Bevölkerung stößt bald an ihre Grenzen. Die Gegenströmungen zu verunglimpfen und zu unterdrücken mit Hilfe der Medien zu manipulieren gelingt nicht auf Dauer! Wie bemerke „Irlmaier“ treffend: “Wenn die ganze Lumperei aufkommt, steht das Volk auf mit den Soldaten. Dann wird jeder, der ein Amt hat, an der nächsten Laterne oder gleich am Fensterkreuz aufgehängt.”

Memphrite
3 Jahre her

Ich bin kein Jurist aber teilweise hat das Gericht und der ÖR (den ich verachte und meinen „Beitrag“ zurzeit zurückhalte) recht. Fakt ist, das der MP bzw. das Parlament von Sachsen-Anhalt die Beitragserhöhung eben nicht demokratisch (per Mehrheitsentscheid) abgelehnt haben, sondern diese Abstimmung wurde einfach nicht vorgelegt. Also ein bürokratischer Taschenspielertrick um vor dem Wähler vor der Wahl gut dazustehen. Jeder von uns würde genauso vorgehen, wenn er auf eine Entscheidung warten würde, diese aber einfach von der entsprechenden Stelle nicht zur Entscheidung vorgelegt würde. So funktioniert ein Rechtsstaat nicht. Das alles ist doch nur typische CDU Propaganda. Hätte SA… Mehr

Werner Brunner
3 Jahre her

Es ist an der Zeit dem Treiben der Regierenden
ein Ende zu setzen !
Nur , wie macht man / frau das ??????

Sani58
3 Jahre her
Antworten an  Werner Brunner

Dumme Frage.
Ach, Verzeihung, gibt keine dummen Fragen.
Also , einfache Antwort: Wählen. Grünschwarzrot abwählen. Auf allen Ebenen. Und weil es die , (alle) Medien nicht unterstützen, selbst den Nachbarn ansprechen.

Werner Brunner
3 Jahre her
Antworten an  Sani58

Wahlen ändern nichts !
Haben sie noch nie !

jopa
3 Jahre her
Antworten an  Werner Brunner

Besser fragen: Wer? Denn auf den Wähler kann man nicht setzen.

Hairbert
3 Jahre her

Ich zitiere einen Altlinken, Dieter Süverkrüp, seines Zeichens Hardcore-Linker und DKP: „Demokratie-hi-hi-hi
Genau das ist es heute: Schweigen im Walde, 1984, Beifall zum totalitären Manipulations- und Überwachungsfaschismus!!
(Meinungs-)Freiheit verrecke!

Wolf Koebele
3 Jahre her

„Siehst, Vater, du den Hut dort auf der Stange?“ Das habe ich vor über einem Jahr schon in die Lesermenge hineingerufen. Manche haben den „Wilhelm Tell“ erkannt und aufgegriffen. Jetzt: „der offene Unsinn der Mächtigen ist eine Demonstration ihrer Macht.“ Das habe ich privat wie öffentlich benannt: Eine vernünftige Maßnahme liegt auch in des Diktators Macht, aber eine absurde liegt nur in des Diktators Macht. Zum Glück hat dieser famose Herr Harbarth rechtzeitig verkündet, daß unser Land mitnichten eine Diktatur sei, auch nicht eine (bisher theoretisch noch nicht erörterte) parlamentarische Diktatur. In der Geschichtswissenschaft kennt man einen paternalistischen Absolutismus, wir… Mehr

Kassandra
3 Jahre her

Ulf Poschardt veröffentlicht eine Wahlumfrage unter den Volontären der ARD. Danach ist nichts zu erhoffen: https://twitter.com/ulfposh/status/1423228876059250690
Die „dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltsicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden“ kann damit nicht gelingen.

Bea McL
3 Jahre her

Lieber Herr Wegner, Sie sprechen mir aus der Seele. Nun sind Bürger die Ihre Informationen ausschliesslich aus den ÖRR- und den Mainstreammedien beziehen (und das sind viele, sehr viele) gefangen im besten Deutschland aller Zeiten. Meine Verzweiflung kennt kaum noch Grenzen, und meine inneren Kreise mutieren zu Ellipsen. In spätestens 5 Jahren wandern mein Mann und ich aus. Er ist Amerikaner und unser Ziel ist entweder Neuengland oder Hawaii. Hoffentlich hält sich hier alles noch einigermaßen bis 2026!

Deutscher
3 Jahre her

Heute nachmittag auf BR2: Im Rahmen der Sendung „Tatort Geschichte – True Crime meets History“ von Niklas Fischer und Dr. Hannes Liebrandt wurde ausgiebig und recht emotional mit bebenden Stimmchen die Niederschlagung des Spartakusaufstandes von 1919 bejammert. Als ob man Land und Bürger nicht vor den „Säuberungen“, welche von den kommunistischen Mordbrennern zu erwarten waren, hätte schützen müssen. Und natürlich wurde wieder mal so getan, als ob die Niederschlagung der roten Verbrecher den Aufstieg der Nazis verursacht hätte. Mitnichten: Die Nation hat sich erfolgreich gegen die roten Faschisten und ihr verbrecherisches System verteidigen können! Gegen die braunen Sozialisten ist das… Mehr