Gorleben – die endlose Geschichte vom Endlager

Andere Länder lagern ihren atomaren Abfall so, dass er wieder benutzt und dabei die Strahlung abgebaut werden kann. Aber die gründlichen Deutschen neigen zur endgültigen Endlagerung.

Gorleben ist vom Tisch, ist nicht vom Tisch, ist vom Tisch. So lautet kurz zusammengefasst die Empfehlung der Endlagerkommission. Die hat vor kurzem ihren Abschlussbericht vorgelegt und nach gefühlten 100 Jahren der Diskussion um Atommüll neue Kriterien für die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle aus den Kernkraftwerken empfohlen.

Wie alles im Leben in der neuen Bundesrepublik soll auch hier nichts diskriminiert werden: Weder Salz, noch Ton oder Granitgestein. In ganz Deutschland sollen nach neuen Lagermöglichkeiten gesucht werden. Völlig gleichberechtigt, in allen Bundesländern, so schlägt die Kommission vor. Zunächst soll auf der Landkarte am Schreibtisch gesucht werden, dann an ein paar Orten direkt und schließlich soll ein neues Forschungsbergwerk entstehen.

In 20 Jahren soll dann der Standort gefunden sein, ab 2050 soll dann die Einlagerung des radioaktiven Mülls beginnen. Danach hat er Zeit, eine Million Jahre dort sicher zu lagern. Jedenfalls soweit es sich die Kommissionsmitglieder vorstellen.

2050 – wird übrigens ein großartiges, bedeutendes Jahr für die Umwelt. Dann soll Deutschland auch vollkommen CO2-frei sein. Und ohne Atommüll. Prima. Wir gehen herrlichen Zeiten entgegen.

Endlager-Suche als Selbstzweck?

Nach diesem Abschlussbericht der Kommission soll das schon einmal beschlossene Gesetz zur Standortauswahl noch einmal überarbeitet werden. Im Herbst soll das Kabinett einen Gesetzentwurf vorlegen – sofern es dann noch im Amt ist.

Gorleben – das ist eines jener großen Reizwörter, die wie Atomkraftwerk und Wiederaufarbeitungsanlage regelmäßig die Bundesrepublik zum Kochen brachte. Es ist zwar schon eine Weile her – jene Bilder von Straßenschlachten rund um Castorbehälter und Transporte mit »verzweifelten« jungen Menschen, die sich vehement gegen die Transporte wehren, um unser Land vor dem atomaren Untergang zu retten.

Das Land steht immer noch. Eine radioaktive Katastrophe ist ausgeblieben. Aber dennoch ist Gorleben immer wieder gut für ein paar grüne Ohrfeigen.

Trittin: »Die Anti-AKW-Bewegung und ihre Mitglieder bei den Grünen konnten die Gesellschaft überzeugen, dass der bisherige Weg nicht nachhaltig war. Es ging aber nie nur um den Ausstieg aus der Atomkraft, sondern auch um den Einstieg in die erneuerbaren Energien.«

»Im Strombereich«, schwindelt er weiter, »ist die Energiewende bereits ein Erfolg: Wir hatten mal einen Atomstromanteil von 27 Prozent, heute liefern wir 33 Prozent aus erneuerbaren Energien. Im Bereich der Stromerzeugung sind viele Unternehmen und Arbeitsplätze entstanden – zeitweise mehr als 400.000. Jetzt müssen wir mit den Folgen dieses Erfolgs fertigwerden.«

Selbst wenn 90 Prozent Strom aus Sonne und Wind kommen sollten – für die restlichen zehn Prozent werden immer noch Großkraftwerke benötigt, die in Flauten Strom liefern. Die stehen ansonsten herum und müssen bezahlt werden. Oder wir sitzen wieder im Dunkeln.

Trittins Nebelkerzen

Trittin tut das, was Grüne am besten können: Geld aus Kassen anderer abgreifen. Er verteidigte den Vorschlag des Gremiums, wonach die Atom-Konzerne 23,34 Milliarden Euro an den Staat für Zwischen- und Endlagerung überweisen sollen. „Damit haben wir ein sehr viel höheres Maß an Sicherheit für diesen Teil der Entsorgung“, sagte er.

Die Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung sei dann nicht mehr an das Schicksal der Unternehmen gebunden und geschützt vor Umgestaltungen oder Insolvenzen. „Und mit dem Risikoaufschlag sichern wir uns gegen Kostensteigerungen ab.“ Zudem müssten die Unternehmen die Kosten für den Rückbau der Kraftwerke und die Behälter von rund 60 Milliarden Euro bis etwa zum Jahr 2040 zusätzlich zahlen.

Er hat vergessen, dass die Stromkonzerne von Beginn an Rücklagen für den Abbau von Kernkraftwerken und für die Lagerung von Atommüll gebildet haben. Nur haben Politiker wie Oskar Lafontaine der Anhäufung von Milliarden nicht widerstehen können und das Geld von den Unternehmen abkassiert. Da war Trittin Bundesumweltminister. Jetzt lauthals zu beklagen, die Energieunternehmen würden nicht vorsorgen, ist schon ziemlich frech.

Im ehemaligen Salzbergwerk Gorleben wurden sieben Kilometer neue Stollen vorgetrieben, alles an Anlagen installiert, was gut, neu und teuer ist und das gesamte Gebirge so gründlich untersucht wie kaum ein zweites Mal auf der Welt.

Jetzt allerdings wurden alle Messgeräte abgebaut, die Bergleute räumen Stollen und Schächte. Es soll nichts mehr vorhanden sein, was auf Gorleben als möglichen Standort deuten könnte. Die Suche soll auf einer weißen Landkarte stattfinden, betont die Kommission. Kosten spielen keine Rolle.

Der 14. Juni 2000 war ein besonderer Tag für Gorleben: An diesem Tage waren sich alle einig, der Bund, die Länder, die Stromwirtschaft. Stromwirtschaft und Bundesregierung stimmten einer gemeinsamen Vereinbarung zu. Darin wurde nicht nur der Ausstieg aus der Kernenergie, sondern auch die Lagerung des Atommülls neu geregelt.

Bis dahin gab es in Deutschland zwei so genannte Entsorgungspfade für radioaktiven Atommüll: Einmal die Wiederaufarbeitungsanlage im französischen La Hague oder im englischen Sellafield. Dieser »Wiederaufarbeitungspfad« sollte im Jahre 2005 aufgegeben werden.

Beim Müll nur national?

Ganz im Sinne der neuen grünen Müllideologie: Unser Müll ist unsere Angelegenheit.

Dann gab es die direkte Endlagerung. Die verbrauchten Brennelemente aus deutschen Kernkraftwerken wurden zunächst in ein zentrales Zwischenlager transportiert und gelagert. Doch die sollten sich nach dem Willen der rot-grünen Bundesregierung grundsätzlich ändern. Die Federführung für die Grünen und Wortführung hatte seinerzeit Umweltminister Trittin.

2009 war Siggi Gabriel Bundesumweltminister: Eine weitere Erkundung von Gorleben sei »praktisch ausgeschlossen«.

2011 dann ein erneuter Anlauf: Der damalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen berief eine Entsorgungskommission. Das war noch vor Fukushima, als alles noch ganz anders war.

Nach dem Atomausstieg bleibt der radioaktive Abfall
Mit dem Atommüll intelligent umgehen - ja bitte
Es sollte ergebnisoffen – wie man so schön sagt – nach einer geeigneten Lagerstelle gesucht werden. Gorleben steht in der Liste, hätte aber auch herausfallen können. Sogar die Länder Baden-Württemberg und Bayern erklärten sich bereit, dass auch in ihren Ländern nach einem Standort für ein Endlager gesucht werden sollte. Damit war vor allem das Schreckgespenst Gorleben als einzige Lösung vom Tisch.

Jetzt also soll der letzte Kernreaktor 2022 in Deutschland vom Netz gehen. Bis dahin wird es noch keine »endgültige« Endlösung für Atommüll aus Reaktoren geben. Die Abfälle, die stark strahlen, sollen in provisorischen Zwischenlagern deponiert werden.

Was aus dem Salzstock in Gorleben wird – vollkommen offen. Taugt der Salzstock als Endlager – ja oder nein? Eine Frage, die bisher wunderbar viele Wissenschaftler in Lohn und Brot gebracht haben, eine endgültige Antwort steht aus.

Dabei ist es von der Menge erstaunlich wenig, was da lagert: knapp 18.000 t. Doch die Mengenangabe in Tonnen täuscht. 18.000 t klingt viel; das spezifische Gewicht von Uran und anderen radioaktiven Stoffen ist jedoch sehr hoch, das Volumen relativ klein. Als in Deutschland früher insgesamt 17 Kernkraftwerke Strom produzierten, fielen pro Jahr gerade einmal 800 Kubikmeter radioaktive Abfälle an. So viel wie das Innere eines Einfamilienhauses.

In diesen Abfällen ist noch viel Energie enthalten. Die Reaktoren haben nur etwa 4 (!) Prozent verbraucht. Mehr konnten die alten amerikanischen Konstruktionen aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht aus den Brennstäben herausholen. Das bedeutet: Es steckt noch sehr viel Energie in diesem Abfall.

Rohstoff-Verschwendung

Den kann man mit Kernkraftwerken der Zukunft nutzen. Die nächsten Generationen werden diesen Müll also wieder als Brennstoff für neue Reaktoren benutzen. Vielleicht nicht die politischen Kinder heutiger Grüner, aber dennoch wie in anderen Ländern, die uns diese Abfälle abkaufen werden. Der EU-Ministerrat hat übrigens in einer Richtlinie zur Endlagerung abgebrannter Brennelemente den Export von Atommüll erlaubt. Allerdings dürfen sie nicht in afrikanische, karibische und pazifische Länder verkauft werden, ebenso wenig wie die Antarktis. Umweltschutz pur.

Das entspricht übrigens einer alten Tradition. Bergleute durchbohrten jahrhundertelang Gebirge, holten Erze heraus und schütteten das, was sie nicht verwenden konnten, auf Abraumhalden. Nächste Generationen durchwühlten diese Abraumhalden auf der Suche nach neuen Rohstoffen, die sie mit neuen Technologien aus dem herausgebrochenen Gestein lösen konnten.

Das ist doch eigentlich sehr nachhaltig. So lagern andere Länder ihren atomaren Abfall so, dass er wieder benutzt und dabei die Strahlung abgebaut werden kann. Aber die gründlichen Deutschen neigen zur endgültigen Endlagerung.

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Kommentare ( 1 )

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Co Li
7 Jahre her

Es tut mir leid, aber Ihr Beitrag ist schlicht und ergreifend inhaltlich nicht korrekt. Im Salzstock Gorleben werden de facto keine radioaktiven Stoffe gelagert.
Es war ein Erkundungsbergwerk, in welchem wertvolle wissenschaftliche Arbeit geleistet wurde.