Impfen und impfen ist nicht dasselbe und die Meinungen sind so verschieden wie eh und je

Ob der Impfzwang als gesetzliche Impfpflicht daher kommt oder als versteckter Impfzwang durch den sonst drohenden Ausschluss von Berufen, von Reisen und von anderen Zugängen zum öffentlichen Leben, macht keinen Unterschied. Freiheit ist oder sie ist nicht.

IMAGO / Christian Ohde

Argo Nerd kennen bei Twitter viele. Kein Wunder, ist er doch regelmäßig eine wahre Fundgrube. Diesmal meine ich diesen Tweet zum Impfen:

Mir geht es nicht um die Person von Prof. Dr. Siegwart Bigl, geb. 1938, Mikrobiologe, Infektionsepidemiologe und Kinderarzt, einst Abteilungsleiter am Hygiene-Institut Karl-Marx-Stadt und Mitglied der DDR-Impfkommission – auch nicht darum, dass Bigl 1991 die Sächsische Impfkommission gründete und von 1998 bis 2008 Mitglied der Ständigen Impfkommission des RKI (Stiko) war.

Den zitierten Passus von Bigl fand @argonerd in einem Beitrag des MDR über Die Geschichte der Impfgegner vom März des Jahres. Der Beitrag von Tom Fugmann, der sich auf Arbeiten von Professor Malte Thießen stützt, erinnert daran, „die Auseinandersetzung ums Impfen ist so alt wie die Impfpflicht in Deutschland“: 1874 von Reichskanzler Otto von Bismarck gegen die Pocken eingeführt nach der großen Pockenepidemie 1870 und 1873 in Deutschland mit mehr als 400.000 Erkrankten und 181.000 Toten (Der Streit ums Impfen begann allerdings schon 1768 mit Erzherzogin Maria Theresia, als sie in Wien eine Jahrtausende alte Form der Pockenimpfung aus Indien anordnete).

Die ersten Impfgegner in Deutschland organisierten sich 1869 in Leipzig und Stuttgart, 1874 in Hamburg. 1872 gab es „erste impfskeptische Petitionen“ im Reichstag. Fugmann: »Der Abgeordnete August Reichensperger von der Zentrumspartei verwies auf die Gefahr „nämlich, dass, wenn die eine Krankheit vielleicht ferngehalten wird, dafür eine andere schlimmere Krankheit ihren Einzug in das betreffende Individuum hält“.« In der Weimarer Republik wurde die Impfpflicht fortgesetzt, Impfgegner organisierten „einen Reichsverband zur Bekämpfung der Impfpflicht mit 300.000 Mitgliedern“.

Ich schicke mich hier nicht an, über das Impfen in seinen verschiedenen Formen zu urteilen. Ich zweifle allerdings daran, dass die vielen Mediziner und Nichtmediziner, die das tagtäglich tun, dafür kompetent genug sind. Mir geht es nicht um den fachlichen Aspekt, sondern darum, ob die Politik eine Impfpflicht anordnen und durch den Staat durchsetzen lassen darf oder nicht. Fugmann zitiert Malte Thießen:

»Beim Streit ums Impfen geht es um die Frage: Darf der Staat den Einzelnen zwingen, zum Wohle aller eine Impfung vorzunehmen? Wer hat das Sagen über den eigenen Körper oder über den Körper des Kindes?«

Politik und Staat dürfen das nicht, das ergibt sich für mich ganz klar aus der Freiheit des Einzelnen, die jedes Gemeinwesen konstituiert, das auf Freiheit durch Recht und Recht durch Freiheit gründet. Wo es solche Gemeinwesen heute gibt, wird mich der eine oder andere fragen. In Relikten in einigen Bundesstaaten der USA.

Worauf ich hinaus will, ist zweierlei: Die Impfpflicht wollen stets die Herrschenden den Beherrschten verordnen – und das Pro und Contra zur Impfpflicht war von Anfang an richtungspolitisch gefärbt. Impfen müssen oder nicht, wurde nie medizinisch entschieden, sondern immer politisch. Nicht zuletzt die Sozialdemokratie war in ihrer damaligen Sicht von Sozialreformen skeptisch beim Impfen überhaupt:

Die meisten würden erwarten, dass der Staat in den Händen der Nationalsozialisten, in dem die Euthanasie tobte bis zum Wahnsinn des Massenmordes, eine besonders strikte Impfpflicht verfolgt hätte. Aber man erfährt bei Fugmann: »Die Gesundheitspolitik im Nationalsozialismus war grausam mit den Zwangssterilisationen und der so genannten „Euthanasie“. Leitbilder waren der „gesunde Volkskörper“ und die „Volksgesundheit“. Nur bei der Impfpflicht waren die Nazis erstaunlich locker. Der Grund: Unter ihnen gab es viele Anhänger der Naturheilkunde, die Impfungen generell ablehnten.« Nicht nur das, viele Anhänger Hitlers glaubten seinen Ideologen, die Impfpflicht sei „eine jüdische Erfindung“ (einer der vielen Hinweise auf die Schnittmengen von Lebensreform-Bewegungen, Antisemitismus und Nationalsozialismus).

Nach 1945 trennten sich die Impfen-Müssen-Wege in Deutschland West und Ost, die heute offensichtlich wieder Richtung DDR damals streben:

 

 

 

 

 

 

 

In der DDR gab es am Ende 20 verschiedene Pflicht-Impfungen für Kinder. Hier greift, was @argonerd aufspießte:

Bigl ist bei weitem nicht der einzige, der glaubt, dass Freiheit aus Impfpflicht erwachsen oder sie bedingen kann. Allerdings verwechselt er ideologisch logisch Freiheit mit Gleichheit: „Impfungen als ein Gleichheitssatz und Versprechen, die Zukunft gestalten zu können, sind in der DDR hoch politisch aufgeladen.“ Sein Glaube zieht sich durch alle politischen Lager. Dass nur frei ist, wer nicht gezwungen werden kann zu tun, was er nicht tun will, ist keine etablierte Position in deutschen Landen. Dass alles andere in der Verantwortung jedes Einzelnen für sich und die Seinen, vor allem auch die Kinder liegt, ist allen Arten von Sozialimus fremd: ideo-logisch.

Bei Fugmann steht auch: »In der DDR wurde systematisch geimpft, um die Bevölkerung vor Pocken, Diphterie, Tuberkulose und anderen Krankheiten zu schützen. In den Bezirken werden Dauerimpfstellen eingeführt, es entbrannte ein regelrechter Wettbewerb um die beste Impfquote.« Wann beginnt ein solcher  „Wettbewerb“ heute auch wieder?

Über den Unterschied zwischen den herkömmlichen Impfungen und den im Eiltempo amtlich einstweilig zugelassenen mRNA-Vakzinen wird die breite Öffentlichkeit nicht aufgeklärt. Das Versprechen, dass selbst immun sei, wer sich die neuen Stoffe injizieren lässt, und andere nicht anstecke, hat viele beeindruckt. Wer sich informiert, weiß: Dieses Versprechen hält nicht. Eine Politik, die so unaufrichtig handelt, ist leider nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Die Classe Politique der Bundesrepublik hält den Bürger für so unmündig wie weiland die Politfunktionäre der DDR. Was da an Politischer Klasse seit 1990 zusammen kam, haben die nicht gemeint, die damals sagten: „Es wächst zusammen, was zusammen gehört“.

In einem Gemeinwesen von Freiheit und Recht haben Politik, Staat und Medien die Bürger umfassend zu informieren und deren Freiheit der Entscheidung – hier: ob impfen, womit oder nicht – zu respektieren. Punkt. Sonst nichts.

Doch die Heimat von Freiheit und Recht liegt nicht in Deutschland. Die kurze Chance ihrer Einbürgerung in der Bonner Republik war leider schnell vorbei – noch vor 1967 und mit den Achtundsechzigern unübersehbar.

Ob der Impfzwang als gesetzliche Impfpflicht daher kommt oder als versteckter Impfzwang durch den sonst drohenden Ausschluss von Berufen, von Reisen und von anderen Zugängen zum öffentlichen Leben, macht im Ergebnis keinen Unterschied. Freiheit ist oder sie ist nicht.

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Kommentare ( 124 )

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anita b.
3 Jahre her

Mit Verlaub, alle die hier verächtlich über das impfen schreiben und sich auf keinen Fall impfen lassen werden, wieviel von deben haben sich vor einem halben Jahr fürchterlich empört, dass Deutschland nicht genug impfstoff beschaffen konnte.
Wer nur immer dagegen ist, ist nicht besser als diejenigen, die die afd verteufeln und auf jeden Fall widersprechen, such wenn due der gleichen Meinung sind .
Es ist wahrscheinlich nicht nötig, sich impfen zu lassen aber es ist jedem seine Sache. Wer sich sichere fühlt sollte es tun. Was besser ist , weiss keiner .

Chaosherrscher
3 Jahre her
Antworten an  anita b.

Mit Verlaub, aber was hat denn das Eine mit dem Anderen zu tun?

Darf ein überzeugter Bahnfahrer sich nicht darüber beschweren, dass viele Autobahnbrücken marode sind?

AnSi
3 Jahre her
Antworten an  anita b.

Hier sind nicht alle „immer nur dagegen“. Es geht auch nicht „verächtlich über das Impfen“ im allgemeinen, wohl aber gegen Zwangsimpfen mit neuartigen Gen-manipulierenden/verändernden Impfstoffen. Kleiner, aber feiner Unterschied! Die meisten sind gegen irgendetwas geimpft. Viele hier sind jedoch gut informiert und die wenigsten haben vor einem halben Jahr nach Impfstoff geschrien, weil man hier schon seit einem Jahr wusste, dass es sich um eine Krankheit handelt, die man gut auch ohne den ganzen Brimborium überstehen kann! Ich weiß ja nicht, was Sie sonst so lesen. Fast alle hier sind der Meinung, dass Impfen eine Entscheidung ist, die jeder selbst… Mehr

Warte nicht auf bessre zeiten
3 Jahre her

Wenn ich richtig informiert bin, muss man bei der Impfung unterschreiben, dass man den Haftungsausschluß akzeptiert. Ggf. das ist und bleibt so, wie soll da eine Impflicht durchgesetzt werden? Will man mich verpflichten, das zu unterschreiben? Ich vermute, es ist schlichte Panik unter den Politikern und Neid der Geimpften. Anfangs waren sie scharf darauf, jetzt merken sie, dass die Versprechen nicht eingelöst wurden und hören von nicht unerheblichen Nebenwirkungen, anders als bei Corona auch im persönlichen Umfeld. 100 Prozent Geimpfte in Gibralter und eine immense „Inzidenz“, auf Malta ähnlich – wie soll man das „den Bürgern“ erklären? Ein Ausstiegsszenario ohne… Mehr

AP
3 Jahre her

Es geht doch auch darum, dass es sich bei dieser „Impfung“ nicht um eine Impfung im herkömmlichen Sinn mit abgetötetem oder abgeschwächtem Erreger handelt sondern um ein für Menschen völlig neues Verfahren ohne ausreichende vorherige Testung, das in ca. drei Monaten aus dem Boden gestampft wurde und für dessen Folgen die Hersteller keine Haftung übernehmen wollten.

thea
3 Jahre her

Zum dritt-letzten Absatz möchte ich ergänzen: Die Bürger selber haben sich auch mal selbstständig zu informieren und nicht bloß darauf zu warten, dass sie umfassend von Politik, Staat und Medien informiert werden.
Dieses passive Abwarten, dass einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, ist zu wenig.

Don Didi
3 Jahre her

Es ist doch im Endeffekt noch viel einfacher. Entweder, die Impfung funktioniert, dann kann es jedem Geimpften völlig egal sein, ob 1%, 10% oder 100% seiner Umgebung ebenfalls geimpft sind. Es betrifft ihn einfach nicht. Oder die Impfung wirkt nicht, dann ist sie obsolet und es ist ebenfalls unerheblich, ob 1%, 10% oder 100% der Umgebung geimpft sind. Wie auch immer, die Konsequenz ist immer die selbe, die Impfquote ist unerheblich. Zumindest für diejenigen, die Angst haben oder vermeintlichen Schutz vor Corona suchen. Einzig die Impfgegenr hätten im Falle, die Impfstoffe würden wirken, einen leichten Vorteil von einer hohen Impfquote,… Mehr

anita b.
3 Jahre her
Antworten an  Don Didi

Sehe ich auch so. Ich bin geimpft. Mir ist es völlig egal , ob sich die anderen impfen lassen. Ich möchte aber nicht ständig auf sie Rücksicht nehmen müssen. Es muss zur Normalität übergegangen werden.

Don Didi
3 Jahre her
Antworten an  anita b.

Das wird nicht passieren, weil es einfach überhaupt nicht um Gesundheitsschutz geht. Da hat man einen Vorwand gefunden, nach belieben Repressalien einführen zu können, absurde Regeln und Verbote, diverse Personen(gruppen) verdienen sich dumm und dusselig, der einfache Bürger leidet und zahlt. Solche Macht gibt man nicht aus den Händen.

AnSi
3 Jahre her
Antworten an  anita b.

Wo müssen denn Geimpfte Rücksicht auf Ungeimpfte nehmen? Geimpfte sind derzeit die größten Virenschleudern überhaupt, zudem ist ein Aufenthalt einer ungeimpften Person in der Nähe einer Geimpften auch nicht ganz ungefährlich. Geimpfte dürfen überall Viren verteilen, während GESUNDE ständig dazu gezwungen werden, sich zu testen! Ich habe es satt, auf Geimpfte zu treffen, die mich als gesunden Menschen ständig einer Gefahr aussetzen!

Der Winzer
3 Jahre her

Auf den Punkt, Herr Goergen – vielen Dank !

Ralfi
3 Jahre her

Wenn Gesunde benachteiligt werden, geht es nicht um die Gesundheit!
Und noch etwas das mich doch sehr stark zum nachdenken bringt:
https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_90512888/laender-ruecken-studie-zu-corona-an-schulen-nicht-raus.html#utm_source=websuche&utm_medium=t-online-ergebnisse&utm_campaign=link1

Korner
3 Jahre her

Millionen von Impfdosen liegen rum. Die müssen irgendwie verarbeitet werden, damit sie nicht auch noch abgeschrieben werden müssen. Die Schadensbilanz in Sachen Corona, zeigt die völlige Inkompetenz und Unfähigkeit dieser Regierung. Das hat allerdings keinen Alleinanspruch.

Peer Munk
3 Jahre her

Nach bald eineinhalb Jahren Grundrechtseinschränkungen komme ich zu folgender Einschätzung: Es geht den Regierungen weder um de Gesundheit noch darum, möglichst bald wieder Grundrechte für alle zu garantieren. Im Gegenteil. Der Zustand, indem man Grundrechte einschränken und durchregieren kann, soll dauerhaft weiter bestehen. Nachdem Inzidenz gerade nicht taugt als Argument, ebensowenig Überlastung des Gesundheitssystems oder Todesfälle, nun also der Impf-Aktionismus: „Wir könne noch nicht zur freien Gesellschaft zurückkehren, solange nicht alle geimpft sind.“ Schuld sind also die Impfunwilligen. Glaubt tatsächlich irgendwer, alles wird gut, sobald alle geimpft sind? Dass wir dann wieder alle unsere Freiheit wiederkriegen?

Michael Theren
3 Jahre her

Allein die „ernsthafte“ Diskussion darüber beweist die Nichtexistenz einer freiheitlichen Gesellschaft und eines autonom handelnden selbstverantwortlichen Bürgertums…