In Spanien erleben Kryptowährungen großen Auftrieb

Die Corona-Pandemie hat in Spanien zu einem Boom von Kryptowährungen geführt / Exklusiv für TE-Leser verschenkt die Frankfurt School of Finance & Management Eintrittskarten zur Crypto Assets Conference CAC21A.

IMAGO / NurPhoto

Europas umsatzstärkte Kaufhauskette „El Corte Inglés“ zieht unter dem akuten Druck der Pandemie und der nicht nur dadurch bedingten Veränderung der  Konsumbedingungen radikale Schlüsse. In einem Umbruchjahr für Spanien und den Rest der Welt gehört dazu nicht nur die Diversifizierung des Angebots – mit einer eigenen Mobiltelefonie-Marke und dem Verkauf von Solarenergie – sondern auch die Hinwendung zu einem neuen Zahlungsmittel: digitales Kryptogeld, das durch die Blockchain-Technik „geschürft“ wird. Die Warenhauskette ließ sich den Namen für eine mögliche Kryptowährung beim Amt für geistiges Eigentum der Europäischen Union in Alicante registrieren: „Bitcor“.

Das von Marta Álvarez als Chairwoman geführte und von Víctor del Pozo in der Praxis geleitete El Corte Inglés mit dem grünen Logo, war mit Kreditangeboten und Versicherungsprodukten immer auch Finanzdienstleister. Aus dem verschwiegenen Warenhaus, das in diesem Jahr erstmals massenhaft Personal entlassen musste, verlautet nur, dass damit vorgesorgt werden soll, „für den Fall, dass…“. Lorenzo Fuentesal vom andalusischen Zahlungsdienstleister Clickcoin erklärt das damit, dass Amazon beim Geld-Management neue Maßstäbe gesetzt habe: „In Spanien hatte El Corte Inglés immer einen enormen Vorteil, weil sie ihre Zulieferer erst nach drei Monaten bezahlten, obwohl sie das Geld von den Kunden sofort bekamen. Mit einer Kryptowährung können sie wie Amazon eine Gemeinschaft schaffen. Sie haben die El Corte Inglés-Kundenkarte, aber eine eigene Währung wäre nochmal ein Schritt weiter, auch in Sachen Cashflow“. Die Kaufhauskette hat schon Allianzen mit Alibaba geknüpft, um seine spanischen Gourmet-Delikatessen und Marken in China zu verkaufen und seine digitale Plattform und Logistik in der Pandemie in Höchstgeschwindigkeit ausgebaut. Bei der Lebensmittel-Lieferung in Spanien sind sie inzwischen schneller als Amazon. Dennoch belasten die hohen Fixkosten in Zeiten, wo weniger Touristen kommen.

Spaniens Regierung setzt auf dezentralisierte Finanzwirtschaft

Die spanische Regierung unterstützt alles, was mit DeFi (dezentralisierter Finanzwirtschaft) und der Blockchain-Technologie zu tun hat, auf der die neuen Währungen basieren. Deswegen ermöglichte sie nicht nur vor einem Jahr als erstes Land in der EU eine nationale Testumgebung, eine sogenannte Sandbox, sondern versucht auch, den gesetzlichen Rahmen für den Zahlungsverkehr mit Kryptowährungen günstig zu regeln. Der sozialdemokratische Premier Pedro Sánchez sieht eine Chance, wo die meisten Politiker in anderen Ländern eher Risiken sehen. Spanien hat kaum Schwerindustrie, die Landwirtschaft kämpft hart gegen die billige Konkurrenz aus Marokko und der Tourismus ist sehr konjunktur- und pandemieabhängig. Das vergangene Jahr hat gezeigt, es muss schnell etwas passieren, damit die strukturelle Arbeitslosigkeit von um die 15 Prozent reduziert und die Gesellschaft nachhaltig stabilisiert werden kann.

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Mit einer eigenen Kryptowährung, erklärt Fuentesal, könnten Händler Angebote personalisieren, weil sie noch mehr Daten von jedem Käufer erhalten. Aber vor allem könnten sie ihre Liquidität noch weiter erhöhen, weil die Kunden virtuelles Geld in einem Konto deponieren könnten, womit sie sich an den Marktvorteil von Amazon annähern, der seine Zulieferer erst bezahlt, wenn der Kunde die Ware gekauft hat. „Es ist viel billiger, Krypto-Geld zu managen als jede Art von Kundenkarten oder Bonus-Schecks“, glaubt Fuentesal. Das Argument des hohen Energieverbrauchs der Rechner sei auf Dauer gesehen nicht relevant, weil demnächst saubere Lösungen und sparsame Datenspeicher verfügbar seien. „Niemand will jetzt schon die Karten auf den Tisch legen, wo Kryptowährung immer noch von vielen als pures Spekulationsgeld bezeichnet wird, weil niemand versteht, was den Wert ausmacht“, sagt Javier Rivas, Dozent an der EAE Business School und Krypto-Experte.

Das Trauma der Finanzkrise pusht die Kryptowährungen

Die Finanzkrise 2011 hat Spaniens Bankenlandschaft nachhaltig verändert. Viele Sparkassen wurden komplett aus dem Verkehr gezogen. Nicht einmal eine Handvoll haben überlebt. Es entstanden schnell alternative Finanzdienstleister. Risikokapitalanbieter und Crowdfunding boomten. „Die rasante Entwicklung von Fintech in Spanien hat auch damit zu tun“, glaubt Bankenexperte und Uni-Dozent Javier Morillas. Kryptowährungen ermöglichen digitalen Zahlungsverkehr ohne Zentralinstanzen wie etwa Banken. „Damit brauchen sie aber auch eine eigene Gesetzgebung, die Transparenz und Sicherheit garantiert“, sagt Rivas. Das in Spanien am 28. April verabschiedete neue Gesetz zur Verhütung von Geldwäsche regelt die Verpflichtungen von Unternehmen, die Kryptowährungsaustauschdienste anbieten. In Spanien sind das indirekt bereits 1200 Unternehmen. 

„Das neue spanische Gesetz bietet die erste rechtliche Definition der virtuellen Währung als digitale Darstellung von Werten, die nicht von einer Zentralbank oder einer Behörde ausgegeben oder garantiert wurden und nicht unbedingt mit einer gesetzlich festgelegten Währung verbunden sind, jedoch als Tauschmittel akzeptiert“, erklärt Francisco Bonatti, geschäftsführender Gesellschafter von Bonatti Compliance.

Musk und der Bitcoin-Hype
Das Tourismusziel Spanien bleibt wie vor der Pandemie ein Land, mit dem die meisten Menschen Positives verbinden. Allerdings kamen während der Finanzkrise zahlreiche Korruptionsskandale ans Licht, die sich durch die ganze Gesellschaft zogen. Schwarzwirtschaft macht zudem immer um die 30 Prozent des Bruttoinlandproduktes aus. Auch das könnte sich mit Blockchain-Zahlungen ändern, sagt Rivas: „Es besteht die Hoffnung, dass mit weniger Bargeld mehr Transparenz bei Geldgeschäften vorherrscht. Der Fortschritt der digitalen Wirtschaft in unserem Land und die geringe Angst der Spanier vor virtuellen Zahlungsmethoden ist eine enorme Chance für uns.“


Zur Crypto Assets Conference (CAC21A) vom 31. Mai bis 2. Juni verlosen wir 10  Online-Tickets (im Wert von 30 Euro) unter TE-Lesern. Senden Sie uns einfach eine Mail an: redaktion@tichyseinblick.de

3 Tage mit jeweils 9 Stunden Vorträgen und Podiumsdiskussionen von insgesamt ca. 80+ Blockchain-Experten. 

  • Tag 1 (Montag, 31. Mai): Bitcoin, Crypto Assets and DeFi
  • Tag 2 (Dienstag, 1. Juni): Digital Securities and Infrastructure
  • Day 3 (Mittwoch, 2. Juni): Digital Euro and Identity

Hier ist das ausführliche Programm der Konferenz. Mit dabei sind unter anderem die Europäische Zentralbank, die Deutsche Bundesbank, das Bundesfinanzministerium, die Deutsche Börse, die Bafin, die Deutsche Telekom, Evonik, BASF und zahlreiche Experten und Startups aus dem In- und Ausland.

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Kommentare ( 13 )

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Candida Albicans
3 Jahre her

Leider haben deutlich mehr als 99% der Leute, die zu diesem Thema etwas sagen, nicht die geringste Ahnung, was die sog. „Kryptowährungen“ wirklich sind. Weder ist die „Blockchain“ eine Technologie noch sind Bitcoin und Konsorten Währungen. Um mit dem einfacheren anzufangen: warum sind dies keine Währungen? Na, dann versuchen Sie doch mal, damit etwas zu bezahlen. Funktioniert wohl nur als Lösegeld an Cyber-Erpresser oder Darknet-Transaktionen. Die hochgehypte „Blockchain“ ist nichts anderes als eine Datenbank mit verketteten Blöcken, die durch blockübergreifende Prüfsummen (Hashes) gegen Manipulation geschützt sind. Dies funktioniert allerdings nur durch Einsatz enormer Ressourcen. Und genau dadurch wird die „Blockchain“… Mehr

pantau
3 Jahre her

Wer profitiert von Cryptowährungen? Spekulanten, Grafikkartenfarmbetreiber, Chiphersteller und Stromanbieter. Mir haben schon einige versucht verständlich zu machen, warum diese Währung toll sein soll. Sie gehörten stets mindestens zu zwei Kategorien von den oben genannten Profiteuren. Dennoch ist unser Geldsystem selbstverständlich reformbedürftig. Oft aber sind solche Vorhaben nur trojanische Pferde, die Sache zu verschlimmbessern. Letztlich fehlt mir die Expertise, Cryptowährungen beurteilen zu können. Aber oben genannte Erwägungen lassen mich kritisch bleiben.

Last edited 3 Jahre her by pantau
Greg Normal
3 Jahre her
Antworten an  pantau

Wenn wir uns darauf einigen können, dass wir vorerst nicht die ideale Welt anstreben, sondern eine etwas bessere als die jetzige, dann haben viele Kryptos schon mal den in meinen Augen gewaltigen Vorteil, nicht beliebig vermehrbar zu sein.
Zum Energieaufwand könnte man mal vergleichen, wieviel Energie man zur Erzeugung eines Kilos Gold und eines Bitcoins benötigt. Ich hätte da einen Verdacht. Und Kryptos lassen sich einfacher mitschleppen.
Ansonsten profitieren diejenigen, die rechtzeitig auf die richtigen Krypto-Pferde gesetzt haben. Das ist aber in jedem Markt so.

Shazari
3 Jahre her

Es ist immer wieder zum Schmunzeln, wie wenig sich wir Deutsche uns mit Kryptowährungen auskennen. Es gibt derzeit über 10 Tsd, davon und ja, 99 % davon werden scheitern. Bitcoin ist die sicherste dezentrale Werterhaltungs-Kryptowährung der Welt und nicht ohne Grund wird es das digitale Gold genannt. Andere Länder sind da schon viel weiter und erkennen die Chancen dafür. Es reicht leider nicht ein paar schlecht gemachte Berichte des ÖRR oder anderer linksgrüner Medien dazu zu lesen oder zu hören. Wer die Blockchain und vor allem Bitcoin ernsthaft verstehen will, dem sei das Buch; „Der Bitcoin-Standard: Die dezentrale Alternative zum… Mehr

Iso
3 Jahre her

Inzwischen gibt es über 4000 Kryptowährungen, viel mehr als Währungen überhaupt auf diesem Planeten. Wenn sich ein Bitcoin in wenigen Tagen halbieren kann, ist das schon mal keine gute Idee sein Geld darin anzulegen. Am Ende werden die Notenbanken auch nicht tatenlos zusehen, wenn Kryptowährungen zu groß werden, und sich dort mehrere Billionen Dollar Fiatgeld tummeln. Man wird sich das Geldmonopol nicht aus der Hand nehmen lassen.

Christa Born
3 Jahre her

Ich sehe Krypto-Geld nicht negativ. Es ist ein anonymes globales Zahlungsmittel von und zwischen Menschen, nicht von Staaten beliebig gedruckt und kontrolliert, nicht beliebig vermehrbar, sie machen keine politischen Schulden auf Kosten des Bürgers und Steuerzahlers. Mit Gold kann man nicht an der Kasse bezahlen, mit Krypto aber immer öfter. Was ist mein heute sauer verdienter Euro zukünftig wert? Notfalls nimmt man ihn mir noch weg. (Siehe grünes Parteiprogramm.)

Greg Normal
3 Jahre her

Das ist ein interessanter Schritt, neben dem Euro eine andere Währung zu etablieren. Die Frage für die Stabilität wird einerseits die Handelbarkeit an Kryptobörsen und andererseits die Größe des Biotops sein in dem Bitcor und andere Kryptos akzeptiert werden. Ist es nur eine Umrechnung gegen Euro, also ein Stablecoin, oder wird Bitcor eine eigene Preissetzung schaffen? Also kostet der Seat x Bitcors und ich muss mir aus welcher Währung auch immer die entsprechenden Bitcors beschaffen oder kostet der Seat y Euros und ich muss zuerst meine Bitcors gegen Euros tauschen? Welcher Preis wird der stabilere sein? Wenn der Bitcor der… Mehr

teanopos
3 Jahre her

(Auch) Kryptowährungen unterliegen der Idee bzw. Manie mit (Schein)Leistung reich zu werden.
Mit Schein- bzw. Nichtleistung reich werden, eine Idee importiert aus Angelsachsen(oder?)
Produktwerbung bzw. Werbebetrug ist die gleiche Kategorie.
Und auch das FIAT-Geld, die Bankster spielen auf dieser Ebene.

Last edited 3 Jahre her by teanopos
Milton Friedman
3 Jahre her

Ich sehe das ganze Thema Kryptowährungen sehr kritisch. „Es besteht die Hoffnung, dass mit weniger Bargeld mehr Transparenz bei Geldgeschäften vorherrscht“ Hier schimmert durch, weshalb sämtliche Regierungen der Welt das Thema pushen. Denn auch wenn den Early-Adoptern von Bitcoin und Co. weisgemacht wurde, Kryptowährungen seien anonym, so ist genau das Gegenteil der Fall. Bereits mit Bitcoin (alle Miner sind erpressbar, da sich Kinderpornographie in der Blockchain befindet; sobald man einen Inhaber einer Wallet identifiziert hat, kennt man seinen gesamten Geldfluss; usw.) aber mit EZB-Krypto-Euros und dergleichen wird der Fiskus sämtliche Transaktionen kennen, besser als man selbst. Theoretisch wird damit manche… Mehr

teanopos
3 Jahre her

Die aktuellen Kryptowährungen sind ein Schneeballsystem.
Mal abgesehen davon, das FIAT-Geld ist durch seine kaputte Zinsarchitektur natürlich auch eines, aber es ist zumindest in Teilen unter staatlicher Kontrolle.
Wer in den Bitcoin einsteigt kann nur durch Spekulation oder durch massiven Reessourcenverbrauch wohlhabend werden. Oder er/sie ist schon wohlhabend oder gar reich, weil early adopter.
Mit welcher Berechtigung?
Allgemeinen Nutzen bringende Leistung(bzw. Gegenleistung) Fehlanzeige.
Ergo Schneeballsystem.

Last edited 3 Jahre her by teanopos
GermanMichel
3 Jahre her
Antworten an  teanopos

Exakt. Und die schon oft betrogenen Spanier werden hier wieder über den Tisch gezogen.

Gernoht
3 Jahre her

Die Spanier haben ja schon gute Erfahrungen mit Immobilienspekulationen gemacht. Ich wünsche dann mal gutes Glück mit den digitalen Tulpenzwiebeln.