Demokratie kann schnell umschlagen in Autoritarismus

Deutschlands Demokratie und Meinungsfreiheit seien in einer gefährlichen Situation. „Wir leben in einer gefährlichen Phase der demokratischen Entwicklung, die sehr schnell umschlagen kann in einen neuen Autoritarismus“, so Kubicki. „Was wir für selbstverständlich gehalten haben – Rechtsstaat, Demokratie und Meinungsfreiheit –, muss täglich neu erkämpft werden.“

picture alliance / Michael Kappeler/dpa

Berlin. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) ist es unverständlich, wie stark die Regierung die Grundrechte einschränkt. „Ich bin ehrlich erschüttert, wie wenig gerade Regierungen und Exekutivbehörden heute auf die Verfassung und Rechtsstaatlichkeit Wert legen. Unter der großen Direktive bei der Pandemie-Bekämpfung ist angeblich alles erlaubt, werden Maßnahmen getroffen, die ich bisher nur in demokratiefernen Systemen für möglich gehalten hätte“, sagt Kubicki im Gespräch mit dem Magazin Tichys Einblick. Erstaunlich sei, dass auch viele Bürger nach Einschränkungen verlangen. „Ich finde es wirklich verblüffend, wie groß in Teilen der deutschen Bevölkerung die Sehnsucht nach Bevormundung ist. Jeder, der darauf hinweist, unsere verfassungsmäßig verbürgten Freiheitsrechte so schnell wie möglich wiederherzustellen, wird dafür zum Teil auch noch beschimpft.“

Deutschlands Demokratie und Meinungsfreiheit seien in einer gefährlichen Situation. „Wir leben in einer gefährlichen Phase der demokratischen Entwicklung, die sehr schnell umschlagen kann in einen neuen Autoritarismus“, so Kubicki. „Was wir für selbstverständlich gehalten haben – Rechtsstaat, Demokratie und Meinungsfreiheit –, muss täglich neu erkämpft werden.“ Es sei jetzt ein Auftrag der FDP „dafür zu kämpfen, dass Menschen ihre Meinungen wieder frei äußern können, ohne Schere im Kopf und ohne Angst, sie würden dafür sozial geächtet und in ihrer Existenz ruiniert.“ Andere Meinungen würde in der aktuellen Debatte oft verächtlich gemacht. „Was wir brauchen, sind mehr Menschen, die anders denken als der Mainstream. Fortschritt beruht schließlich auf der Infragestellung des Bestehenden“, betont Kubicki. „Wir brauchen Menschen, die vordenken und nicht anderen nur hinterherlaufen.“

Selbst bei den Abgeordneten sei dieser Trend zu beobachten. „Ich bemerke mit großer Sorge, dass selbst die Bereitschaft der Parlamentarier sinkt, sich offen auszutauschen – aus lauter Furcht man könne denunziert und geächtet werden, seinen Wahlkreis oder Listenplatz verlieren. Ich appelliere als Freier Demokrat: Stehen wir auf und sorgen dafür, dass in die Debatte wieder frischer Wind kommt. Treten wir offen im Meinungsstreit an. Auch die Linken sollten einmal den Spruch von Rosa Luxemburg befolgen: „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“ Andersdenken ist aber nicht nur links, sondern auch rechts oder mittig, eben anders.“


Das ganze Interview lesen Sie in Tichys Einblick 05-2021 >>>

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Kommentare ( 73 )

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Silverager
3 Jahre her

Ist das hier der gleiche Wolfgang Kubicki, der im Bundestag die vernünftigen Argumente der AfD „erbärmlich“ nannte?

Losko
3 Jahre her

Die FDP kann man eigentlich nicht erst nehmen, Wasser predigen und selbst Wein trinken. Im FDP Parteiprogramm steht, dass sie gegen eine europäische Schuldenunion sind, aber siehe da, bei der Abstimmung im Bundestag waren sie plötzlich – mit Ausnahme eines Einzigen – alle und auch der Herr Kubicki dafür. Die FDP kann sich mit ihrer Doppelmoral zusammen mit den Grünen in ein Boot setzen, vielleicht gehen sie ja zusammen darin unter.

Last edited 3 Jahre her by Losko
Pitt Arm
3 Jahre her

Ich mag Herrn Kubicki, aber die Lindner-FDP, die der Partei „Die Linke“ größere Demokratie-Kompetenz zuspricht als der AfD braucht kein liberaler Mensch.

Gabriele Kremmel
3 Jahre her

Man hat der Bevölkerung systematisch und anhaltend dermaßen Angst vor dem Virus eingeimpft, dass sie die Grundrechtseingriffe für das kleinere Übel halten. Sich an demokratische Grundsätze zu halten ist vorrangig Aufgabe der Regierenden und des Parlaments, die Presse hat wahrheitsgemäß, neutral und kritisch hinterfragend zu berichten und Widersprüche und Unregelmäßigkeiten aufzudecken, die Opposition hat ihre Stimme zu erheben – und zwar nicht erst wenn es praktisch zu spät ist. Das wurde alles unterlassen, und jetzt wundert man sich, dass sich eine (echte oder gefühlte) Mehrheit in der Bevölkerung findet, die die eingebleute Angst vor Corona dazu treibt, Grundrechtseinschränkungen hinzunehmen? Noch… Mehr

andreask90
3 Jahre her

Demokratie, gehört dazu eigentlich auch eine ehrliche Presse?
Jüngstes Beispiel: Die Bild zeigt ein Foto mit einem 13-Jährigen und erhobenen Händen und sagt, kurz darauf wird er von einem Cop erschossen.
KEIN WORT zum Tathergang: 2 Jungs schießen auf der Straße, laufen weg.
Der 13-Jährige wird mit der Waffe in der Hand gestellt, wirft sie neben sich.
Der Cop fordert ihn auf, sich hinzulegen, doch der Junge dreht sich weg. Daraufhin schießt der Cop.
So bereitet man den Boden für Anarchie und Autokratie. So geht es nicht!
Und der Presserat? Erteilt eine Rüge?

sven69
3 Jahre her

Ich halte solche Typen für noch gefährlicher als die, die Merkel offen unterstützen. Diese Sorte hier ist verschlagen und berechnend. Die Lügen dem Volk etwas vor, während sie ganz anders denken. Der Herr ist ein Egoist. Er will nachher nur sagen können ‚Ich war doch immer auf eurer Seite‘, wenn es ihm an den Kragen geht. Seine Taten sprechen allerdings eine andere Sprache. Leider gehen solchen viele auf den Leim.

Ulli.D
3 Jahre her

Was ein Schwätzer. Meinungsfreiheit!? Ich erinnere mich noch genau an dieCancel-Culture Debatte mit Gunnar Kaiser. Und genau diese FDP nahe Friedrich-Naumann-Stiftung erklärt ihn zur Persona non Grata. Er sollte erst einmal seinen eigenen Stall aufräumen.

Ein Mensch
3 Jahre her

,,Ein kluger Mann! Ein sehr interessanter Mann, dem es nicht um Macht geht“
Dem kann ich absolut nicht zustimmen, der Rest ihres Kommentars allerdings trifft den Nagel auf den Kopf.

Ein Mensch
3 Jahre her

,,Es sei jetzt ein Auftrag der FDP dafür zu kämpfen, dass Menschen ihre Meinungen wieder frei äußern können, ohne Schere im Kopf und ohne Angst, sie würden dafür sozial geächtet und in ihrer Existenz ruiniert.“
Will der Mann uns veralbern??? Ist das nicht IMMER ein Auftrag an eine pol. Partei in einer Demokratie??? Was hat seine überhaupt nicht liberale, demokratische Partei bisher gemacht??? Glaubt der Mann wirklich das ihm noch jemand auf den Leim geht???

Marion
3 Jahre her

Herrn Kubicki persönlich schätze ich sehr, der einzige der in der FDP noch ehrlich sagt, was er denkt. Allerdings hätte er auf Grund seiner Autorität schon lange mal dem Sonnyboy Lindner Steine ins Getriebe werfen müssen und so die FDP wieder stärken können Das hat er nicht getan, ist leider lange Zeit nur sehr zurückhaltend mitgelaufen und hat die Bedeutungslosigkeit der FDP mit zu verantworten. Wenn wir noch was erreichen wollen, dann wird es Zeit, das sich alle konservativen demokratischen Kräfte endlich zusammentun, unabhägig von der Parteizugehörigkeit. Es geht nicht mehr um Parteingeplänkel, sondern nur noch um Deutschland, das sollten… Mehr