„Dann lege ich den Strafbescheid zu den anderen Rechnungen“

"Wir machen auf" ist der letzte Hilfeschrei derer, die gerade im Stillen ihre Existenz verlieren. Nachdem ihnen monatelang nichts als Gleichgültigkeit entgegengebracht wurde, folgt jetzt Häme. Und ein Geschäft nach dem anderen verriegelt seine Türen für immer.

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Bianca Orpel blickt in ihrem Friseursalon in die Kamera. Sie trägt Maske und einen Pullover, auf dem „Es gibt keinen Planet B“ steht. „Rechts“ sieht diese Frau wirklich nicht aus, auch nicht wie einer der medial vorgeführten „Covidioten“, der die Existenz des Virus leugnet und sich irgendwo zwischen „QAnon“-Verschwörungsmythen und Reichsbürgermilieu herumtreibt. „Natürlich gibt es Corona und was gerade in den Kliniken passiert, ist schlimm“, sagt die Friseurmeisterin.

Dennoch wagt sie den Widerstand gegen die Lockdown-Maßnahmen. Sie öffnete ihr Geschäft am Montag wieder und will auch Strafen in Kauf nehmen. Sie habe nichts mehr zu verlieren, erklärt sie im Interview mit der „Ostseezeitung“. „Ich stehe vollkommen mittellos da. Ich bekomme keinen Kredit und weiß nicht mal, wie ich nächsten Monate das Schulgeld für meinen Sohn bezahlen soll.“

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Frau Orpel steht symbolisch für die Situation vieler Selbstständiger. Denn dank Lockdown und vergeigter staatlicher Coronahilfen stehen Einzelhändler, Unternehmer, Gastronomen und Hoteliers mit dem Rücken zur Wand. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband teilte am Montag mit, jeder vierte Unternehmer erwäge, seinen Betrieb aufzugeben. Und laut dem Handelsverband HDE ständen 50.000 Geschäfte mit mehr als 250.000 Arbeitsplätzen vor dem Aus. Zwei von drei Kaufleuten sehen nach einer Schnellumfrage des Handelsverbands unter 700 Händlern ihre wirtschaftliche Existenz in Gefahr. Drei Viertel der Händler gaben an, dass die staatlichen Hilfen nicht ausreichen, um eine Insolvenz abzuwenden. Die „Novemberhilfen“, die mehrere Monate danach noch immer nicht richtig fließen, sind unter Unternehmern nur noch Stoff für beißenden Spott und bitteren Humor.

https://twitter.com/whytongmusic/status/1349273503317553152

Die Initiative „Wir machen auf“ soll als ein Hilferuf verstanden werden. Mit zivilem Ungehorsam wollen Geschäfte gegen den Lockdown protestieren. Auch der Kopf hinter der Aktion, Macit Uzbay, wird dem Namen nach zu vermuten wahrscheinlich kein Nazi sein. „Ich bin einfacher Mensch, ohne jeglichen Politischen Hintergrund. Es geht hier weder um Querdenken, noch irgendwelche anderen Bewegungen, Seiten, Kanäle… Ich bin ein einfacher Kosmetikstudio-Besitzer, der alles umsetzte, was erwartet wurde, und am Ende seiner Existenz ist und die Nase voll hat“, behauptet er.

Viele sehen das ähnlich: Telegramkanal und -gruppe der Aktion „Wir machen auf“ zählen tausende Mitglieder. Die Angst vor Anzeigen und Verfolgung scheint bei vielen groß zu sein: Nicht ganz unbegründet. Auf Twitter bildete sich als Reaktion auf #WirMachenAuf der Gegen-Hashtag #WirMachenEuchDicht. Dort wird geifernd gehofft, dass möglichst bald das Ordnungsamt mit tausenden Euro Strafe vor der Tür stehe – natürlich um „tausende Tote“ zu verhindern. Vor allem, so scheint es, äußern sich dort diejenigen, die von der Situation der Betroffenen keine Ahnung haben.

Die Häme der Twitter-Musterbürger steht in krassem Kontrast zu dem, was Unternehmer berichten. So zum Beispiel Udo Siebzehnrübl. Der Bayer betreibt fünf Sportfachgeschäfte und beschäftigt knapp 100 Mitarbeiter. Wie der 60-Jährige berichtet, liege sein Corona-Schaden bei 1,5 bis 2 Millionen Euro. Dem Gegenüber stehen die nur 15.000 Euro Hilfszahlungen, die der Selbstständige seit März vom Staat erhalten habe. Seine Teilnahme an #WirMachenAuf zog er trotzdem wieder zurück: Aus Angst vor Konsequenzen, nachdem es Zuspruch aus der „rechten Szene“ gab.

https://twitter.com/VonWegenE_ngel/status/1348831852791001091

Die Sorge um negative Reaktionen aus einer Öffentlichkeit, die weitgehend hinter den Maßnahmen zu stehen scheint, oder gar vor Antifa und Co., scheint zumindest weitgehend schwerer zu wiegen, als die Angst vor den Strafzahlungen von bis zu mehreren zehntausend Euro, die bei der Öffnung des Geschäfts drohen. Friseurin Bianca Orpel erklärte auf die Frage, was sie im Falle einer Strafzahlung machen würde, ganz einfach: „Dann lege ich den Bescheid zu den anderen Rechnungen, die ich auch nicht bezahlen kann.“

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Kommentare ( 64 )

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sven69
3 Jahre her

Wenn etwas passiert und die Regierung sagt es ist so, der selbständig denkende Teil der Bevölkerung aber merkt, dass das nicht der Realität entspricht. Wenn die Regierung dann Maßnahmen ergreift, bei denen jeder logisch denkende Mensch weiß, dass das nichts bringt, sondern einen gegenteiligen Effekt hat, dann ist die einzig logische Schlussfolgerung, dass es mit Absicht gemacht wird und dass es nicht darum geht das abzuwenden was die Politik vorgibt die Ursache zu sein,

Der Michel
3 Jahre her

Nur eine Randnotiz (ja: Jammern auf hohem Niveau): Meine Frau, Gymnasiallehrerin, wartet immer noch auf die im letzten Oktober versprochenen „Lehrer-Notebooks“ – wie das gesamte Kollegium. In den MS-Medien dann aber Hurra-Meldungen, verknüpft mit dem Vorwurf, die Gelder würden ja nur „nicht abgerufen“. Bullshit.

Last edited 3 Jahre her by Der Michel
Der Michel
3 Jahre her

„Seine Teilnahme an #WirMachenAuf zog er trotzdem wieder zurück: Aus Angst vor Konsequenzen, nachdem es Zuspruch aus der „rechten Szene“ gab.“
Lieber pleite als rechts. Mein Mitleid hält sich in Grenzen.

tschassy63
3 Jahre her

In Polen haben gestern soviele Lokale aufgemacht, dass das Gesundheitsamt nicht mehr nachgekommen ist und abziehen musste

GerdM
3 Jahre her

Als Controller, bin ich es gewöhnt den ganzen Tag Zahlen anzuschauen, zu rechnen, zu analysieren usw. Daher habe ich schon im März 2020 begonnen mir die wichtigsten Corona-Kennzahlen mitzuschreiben. Hier mal 2 Kennzahlen:
Intensivbettenbelegung  Deutschland
03.01.  5.733
16.01.  4969  = minus 13%
Positivgetestete minus Gesunde minus Tode Deutschland
24.12.   386.288
16.01.    311.472  =  minus 19%
Sollte dieser Trend bis Dienstag nicht aufhören, gehe ich doch davon aus, dass solche Kennzahlen auch in eine Entscheidungsfindung für weitere Lockdown-Maßnahmen berücksichtigt werden, oder?
Von diesem positiven Trend hört man sehr wenig in den Aktuellen Kamera Sendungen

Silverager
3 Jahre her
Antworten an  GerdM

Sie mit Ihren Fakten! Wen von unserer Politiker-„Elite“ interessiert denn Fakten? Wo man doch grad so schön dabei, den gehirngewaschenen Bürgern mal so richtig zu zeigen, wer hier in diesem Land diktiert, was gut für sie ist.

Olaf W1
3 Jahre her

Ja, das Corona-Paradoxon. Es hat aufgedeckt, wie Deutschland tickt. Grob überschlagen muss man rekapitulieren, dass es nur ca. 1 – 1,5 Mio. „normale“ in Deutschland gibt – der Rest sind Idioten, Denunzianten, Warmduscher und Speichellecker. (Um eine erneute Zensur hier zu verhindern: das denke ich und ist alleine meine Meinung!) 2020 hat gezeigt, dass wir zu einer Nation und Generation von Ja-Sagern, verblödeten, unaufgeklärten und ungebildeten Rindviehchern verkommen sind, die ohne Protest von ihresgleichen regiert und übervorteilt werden! Das Land der Dichter und Denker ist tot – seinen Platz hat die Herrschaft von Nonsens, Zerstörung, Demontage, Zersetzung, Borniertheit und vieler… Mehr

Simrim
3 Jahre her

Leute aufwachen: geht es hier wirklich um einen Virus oder um die Rettung eines Finanz- und Währungssystems, welches man nun -aufgrund der Zerrüttung- mittels alleinigem Gelddruckens nicht mehr eingefangen bekommt? Ich meine es war Dr. Krall: alleine im Eurowährungsraum müssen 17000 Milliarden Euro inflationär abgeschmolzen werden. Wenn Industrie, Handwerk und Selbstständige durch sind, dann sind wir, das Volk, für die Restsummen zuständig! Das sind Schadsummen wie in einem Weltkrieg!

armin wacker
3 Jahre her
Antworten an  Simrim

Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel komme.

Ratloser Waehler
3 Jahre her

zum anderen hat es vor kurzem ein Gerichtsurteil gegeben, welches diesen in hohem Maße verbietet, öffentlich zugunsten der Mehrheit ihrer Mitglieder aufzutreten, wenn es einigen nicht passt.

Wie mies.
Das wusste ich nicht.
Das heißt Mitarbeiter von Kammern, die seit Jahren mit großer Freude, weil aus Überzeugung, ihre Arbeitskraft für ihr Klientel einsetzen, sind jetzt die nicht so gerne gesehenen Mitarbeiter – aha, drum.

Sabine W.
3 Jahre her

Es REICHT! Ich habe ein paar einfache Dreisätze anhand zweier Zahlen, die die WELT zum Datum 16.01.2021 veröffentlicht hatte, vorletzte Nacht gerechnet. In absoluten kumulierten Zahlen war dort von insgesamt jemals irgendwann, zwischendurch und gerade Infizierten 2.015.000 Menschen die Rede, die kumulierte Zahl der an und ‚mit‘ ( -> was, zum Teufel, HEISST das eigentlich?) CoVid Verstorbenen lag etwas über 45.000. Gemessen an den inzwischen in Deutschland Gesamtaufenthältigen ergab sich daraus, dass sich bis gestern gerade mal ca. 2,5% in Deutschland nachgewiesenermaßen infiziert haben/hatten. Von diesen 2,5% Infizierten sind ca. 2,3% verstorben. Das ergibt (wiederum bezogen auf die Gesamtbezugsgruppe aller… Mehr

H. Priess
3 Jahre her
Antworten an  Sabine W.

Ein Problem ist, daß die Leute nicht mit Zahlen umgehen können schon gar nicht Prozentrechnung und ein Dreisatz schon höhere Mathematik bedeutet. So wie Otto es einmal sagte: Vier von zehn Leuten verstehen nichts von Prozentrechnung. Das sind fast siebzig Prozent!!! Alles argumentieren mit Zahlen ist sinnlos, weil der oder die Gegenüber diese nicht verstehen und einordnen können.

armin wacker
3 Jahre her
Antworten an  H. Priess

Sorry will nicht kleinlich sein, aber vier von zehn sind für mich vierzig Prozent.

Sabine W.
3 Jahre her
Antworten an  armin wacker

Ich komme jetzt wirklich nicht um ein dickes Grinsen herum.
Genauer gesagt, treffen sich meine Mundwinkel gerade auf dem Hinterkopf…

Last edited 3 Jahre her by Sabine W.
Sabine W.
3 Jahre her
Antworten an  armin wacker

2. Ansatz
(meine weitere Beitragskorrektur war leider zu spät):

Ich vermute, weil Herr/Frau Priess den Beitrag nicht mit *Ironie* oder sonstwie satirisch gekennzeichnet hat, ist er möglicherweise falsch angekommen.
Wahrscheinlich eins dieser INet-Missverständnisse, bei denen man möglicherweise auch das Gegenüber missversteht oder nicht einordnen kann…

Liebe Mitkommentatoren, bitte vergesst auch mal das Grinsen, Lächeln und Lachen nicht! 😉

Wolfsohn
3 Jahre her
Antworten an  armin wacker

Deswegen hat er ja auch darauf hingewiesen, dass Otto es gesagt hat – mann, sind Sie schwer von Begriff! 🙂

Sapere Aude
3 Jahre her

Wie kommen prinzipiell vernunftbegabte Menschen, die nicht mit Empathie geizen wenn es um bedrohte Juchtenkäfer geht, Gegen-Hashtags zu formulieren wie #WirMachenEuchDicht?!  Menschen, die sich sonst so gerne in den Betroffenheitspornos der Massen-Medien suhlen, in all diesem Empathiegesülze, den im weinerlichen Kammerton vorgetragenen Klagen über die angeblichen „täglichen Abstürze von Corona-Jumbos“ mit Menschen im durchschnittlichen Sterbealter?   Es sind die selben Leute, die analog zu den Zeiten des nationalen Sozialismus, Hass tolerieren, wenn er die richtige ideologische Profiltiefe hat. Zwischen 1933 und 1945 hieß es denunziatorisch: „Franz Meier hat BBC gehört.“ 1949 bis 1989 hieß es in der DDR: „Konrad Müller hat Westfernsehen… Mehr

Peter Mueller
3 Jahre her
Antworten an  Sapere Aude

Bitte fallen Sie nicht auf qualitätsmediale Räuberpistolen herein. Ich habe 25 Jahre die DDR erlebt. Da hat es NIEMANDEN interessiert, ob ich Westfernsehen sehe. Schon in der Schule hat man sich LAUTHALS darüber ausgetauscht, welche Vorabendserie man gesehen hatte. Ich kann Ihnen aus eigener Anschauung versichern: Im Vergleich dazu, wie das derzeitige Pandemie-Regime die Bevölkerung drangsaliert, war die DDR Ponyhof.

Silverager
3 Jahre her
Antworten an  Peter Mueller

Das stimmt. Ich habe lange im damaligen Westberlin gelebt und war oft bei meinen Freunden „drüben“ im Osten. So gut wie jeder sah Westfernsehen, ohne dass die Stasi vor der Tür stand.