Politische Meinungen sollten bei der der eigenen Geldanlage keine Rolle spielen - sonst leidet oft die Rendite. Besonders Antikapitalismus und Nationalismus sind schädlich, aber nicht nur sie.
In Ländern, in denen die Menschen ausgesprochen antikapitalistisch eingestellt sind und starke Vorurteile über Reiche haben, wird auch viel weniger in Aktien investiert als in Ländern, in denen die Menschen positiver zu Kapitalismus und Reichtum stehen. Und dies schadet natürlich der Rendite.
Deutsche Anleger werden häufig dafür kritisiert, dass in ihren Anlageportfolios Aktien untergewichtet sind, wobei der Anteil von Aktien am gesamten Finanzvermögen mit 5,6 Prozent deutlich geringer ist als in den USA (22 Prozent), aber etwas höher als in Frankreich (5,2 Prozent). Die Kritik ist berechtigt, aber laut dem Alliance Global Wealth Report 2020 ändert sich in letzter Zeit etwas: Deutsche Haushalte investierten 5,8 Prozent der frischen Ersparnisse in den letzten sechs Jahren an der Börse, in Frankreich dagegen nur 1 Prozent in den letzten drei Jahren.
Es scheint einen Zusammenhang zu geben, wie in diesen Ländern der Kapitalismus und Reichtum gesehen werden: Eine Befragung von 34.000 Personen („Edelman Trust Barometer”) in 28 Ländern zeigt das Ausmaß des Misstrauens gegen den Kapitalismus und gegen Superreiche. Der Aussage, „Capitalism as it exists today does more harm than good in the world“ stimmen die Einwohner von keinem anderen entwickelten Land so stark zu wie in Frankreich, wo 69 Prozent der Befragten diese Aussage unterstützen. In Deutschland sehen 55 Prozent der Befragten den Kapitalismus kritisch, in den USA sind es dagegen mit 47 Prozent immerhin 22 Prozentpunkte weniger als in Frankreich.
Auch Nationalismus kann schaden
Antikapitalismus führt also zu unklugen Geldanlagen – aber auch Nationalismus führt zu Renditeeinbußen: Wenig klug sind die Franzosen auch, wenn es um die Art der Aktienanlage geht. Die wenigen französischen Anleger, die überhaupt in Aktien investieren, begehen dabei einen der größten Fehler, den man als Anleger machen kann. Französische Anleger unterliegen einem starken „Home bias“, wie die oben zitierte Allianz-Studie zeigt. Mit „Home bias“ ist die Bevorzugung von Aktien des eigenen Landes gemeint, ein Phänomen, das Wissenschaftler seit Jahrzehnten in vielen Ländern beobachten. Der Anteil ausländischer Aktien im Portfolio der Franzosen liegt bei nur 15 Prozent, in Deutschland ist er dagegen mit 54 Prozent fast viermal so hoch. Natürlich kann man als Anleger Glück haben und die Aktien des eigenen Landes performen in einem Jahr besser als im Weltmaßstab. Langfristige Untersuchungen belegen jedoch, dass Anleger, die einem „Home Bias“ unterliegen, deutliche Renditenachteile haben gegenüber solchen, bei denen das nicht der Fall ist. Ich finde es durchaus sympathisch, dass Franzosen ein positiveres Gefühl zur eigenen Nation haben als die Deutschen, aber bei der Geldanlage schadet eine starke Identifikation mit dem eigenen Land.
Vergessen Sie Ihre politische Meinung bei der Geldanlage
Ich selbst interessiere mich mein Leben lang für Politik und habe eine sehr ausgeprägte politische Meinung – doch bei der Geldanlage vergesse ich diese. Ich habe beispielsweise viele Sympathien für libertäre Positionen und schätze die Bücher von Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek. Ich muss jedoch häufig Diskussionen mit Menschen führen, die politisch so ähnlich denken wie ich und daraus Folgerungen für die Geldanlage ableiten. Sie kritisieren Papiergeld („Fiat-Geld“) mit vielen richtigen Argumenten, leiten dann aber daraus ab, man solle sein Geld in Krypto“währungen“ wie beispielsweise den Bitcoin investieren. Ich schreibe „Währungen“ in Anführungszeichen, weil es sich in Wahrheit gar nicht um Währungen handelt. Aus vielerlei Gründen halte ich gar nichts vom Bitcoin, auch wenn ich natürlich weiß, dass Spekulanten, die zu einem günstigen Zeitpunkt eingestiegen sind, viel damit verdienen konnten. Ich bin jedoch kein Spekulant, sondern Investor. Bei meinen Investments bin ich ganz und gar unpolitisch – und bin damit sehr, sehr gut gefahren.
Mein Rat daher: Egal, wie Sie politisch denken, vergessen Sie es bei der Geldanlage. Wem der Umweltschutz wichtig ist, sollte dennoch die Finger von „grünen“ Investments lassen, wer sein Land liebt, sollte den Patriotismus bei der Geldanlage vergessen, wer den Kapitalismus nicht mag, sollte über den eigenen Schatten springen und in Aktien investieren, und wer libertär denkt, sollte trotzdem einen großen Bogen um Bitcoins machen. Natürlich können Sie auch anders handeln, aber dann müssen Sie eben auch entsprechende Renditeeinbußen akzeptieren.
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Das Durchschnittsvermögen der französischen Haushalte ist jedenfalls größer als das der Deutschen, vor allem, weil die Quote der Immobilienbesitzer größer ist. Sie gehen auch früher in Rente und haben kürzere Arbeitszeiten. Und nun haben sie es geschafft, atemberaubende Summen aus Deutschland, die von uns erst noch zu erarbeiten sind, zu sich umzuleiten. Respekt, die sind nicht dumm.
Offenbar sind viele Deutsche ausgerechnet in Coronazeiten in den Aktienmarkt eingestiegen. Ob das gut geht? Beim letzten Versuch (Dot-Com-Blase) gings nicht gut.
Ich selbst bin auch in Aktien engagiert, denke aber, dass man sich in der momentanen Phase defensiv positionieren sollte.
Man muss nicht jeden Hype mitmachen, aber man kann an jedem Hype Geld verdienen. Man sollte nur nicht vergessen, dass es ein Hype ist. Ich würde gerne noch mehr schreiben, aber leider klingelt gleich ein Essenslieferant an meiner Tür, um mir die Zutaten für mein Mittagessen zu überreichen. Und anschließend muss ich an einem Online-Spinningkurs mit meinem Heimtrainer teilnehmen.
Da haben Sie treffsicher ein paar echt dumme Hypes veralbert.
Und Sie haben recht, so einen Blödsinn kann man gerne traden, aber als Investor fasst man sowas nicht mit der Kneifzange an. Das tun nur „Investoren“, die auch in Firmen wie Wirecard und Rocket Internet „investieren“ oder in winzige Wasserstoff-Klitschen oder Fantasiepreise für Cannabis-Züchter hinblättern.
Die deutsche Aktienquote für private Kapitalanlagen, einschließlich kapitalgedeckter Altersvorsorge, wurde den Bundesbürgern seit den 1960ern von zwei Seiten miesgemacht. Einmal hatten die Nachkriegsplutokraten, einschließlich der Versicherungswirtschaft, kein Interesse große Bevölkerungsanteile an den phantastischen Wertsteigerungen der Jahre ’49 – ’69 zu beteiligen. Man hat weder das Aktienrecht, noch das Börsenrecht für ein breites Publikum vereinfacht. 6b-Rücklagen waren zu schön. Selbst Insider-Handel hat man nur zögerlich abgewürgt. Der Plebs sollte absichtsvoll in Spareinlagen und Zinspapieren bleiben, damit auch die zukünftigen Wertsteigerungen der Anteilseigner mit dem Fremdkapital-Hebel finanziert werden. Die zweiten Großbremser waren die Gewerkschaften und die SPD, die abgesehen von Philip Rosenthal,… Mehr
Wenn die Aktienquote in Frankreich so niedrig ist, erklärt das den nationalen Bias doch schon zumindest zum Teil. Dadurch wird der Anteil der Unternehmerfamilien an der betrachteten Gesamtheit, denen die französische Industrie historisch „gehört“, größer.
Wer das normale Wirtschaftssystem als „Kapitalismus“ framt und damit die Bezeichnung wählt, die seine Feinde sehr bewußt verwenden, der kann natürlich niedrige Zustimmungsraten erzeugen. Wer stattdessen fragen würde, ob die Menschen dafür sind, daß Leistung belohnt wird und persönliches Eigentum geschützt, könnte andere Ergebnisse vorweisen.
„WIRTSCHAFT KLIMASCHUTZ
Jetzt schaltet die digitale Avantgarde in den „Thunberg-Modus“ „Europaweit haben sich 500 Tech-Unternehmen und Risikokapitalgeber zu mehr Klimaschutz verpflichtet. Mit Millionen-Investitionen wollen sie ihre Firmen grün machen. Wer dabei sein will, muss ein Versprechen abgeben.“ https://www.welt.de/wirtschaft/article216501236/Leaders-for-Climate-Action-500-Start-ups-verbuenden-sich-gegen-Klimakrise.html
Mal sehen, welche Auswirkungen das haben wird.
Bzgl. des Zeit-Artikels (Wer gibt für solche Machwerke eigentlich noch Geld aus?!) aus dem Link nur soviel, es ist für mich nach wie vor unfassbar wie schlicht gestrickt manche Journalisten sind.
Über die Leute die den Schmarrn dann in den Kommentaren auch noch toll finden kann man dann eh bloß noch lachen …
Wie kann man in einer Frage Kapitalismus und Superreiche gemeinsam zur Bewertung freigeben? Wie dumm ist das denn? Das entlarvt, eher wie die Fragesteller selbst ticken und zwischen Kapitalismus und Geldsozialismus ( nämlich das von Marx, dem Trierer Zottelaffen, geforderte staatliche Zentralbankgeld) nicht unterscheiden können, weil sie weder die Definitionen kennen, noch sich unideologisch mit Geld beschäftigten. Vermutlich sind denen weder v. Mises, noch v. Hayek ein Begriff. Sorry, die Frage ist Schrott, dass Ergebnis ohne Wert. Meine ungeschminkte und radikale Kritik. Vermutlich erwarteten sie, dass die meisten zu dumm sind = Wirtschaftsanalphabeten, zwischen Kapitalismus und (Geld) Sozialismus zu unterscheiden… Mehr
Für Nicht-Mensa-Mitglieder: Beim nächsten Mal wäre schön, wenn Sie etwas weiter ausholen könnten. Z. B. was soll staatliches Zentralbankgeld nicht dürfen, was ist es, Fiat-Money? Sie haben Ihr Wissen mal so en passant fallenlassen, vermutlich waren Sie bisher nicht didaktisch tätig und mißachten völlig, auf welches Vorwissen Sie treffen, auch wenn es überdurchschnittlich sein sollte und ob Ihre Diktion kommunikativ ist. Das heißt, es ist Ihnen egal, ob Sie verstanden werden. Schade, das Thema ist mir nämlich nicht unvertraut.
Ich habe in erster Linie amerikanische Hightech-Papiere im Portfolio und bin sehr zufrieden. Wer lieber auf Cargolifter, Globulis und Granderwasser setzt, bitte schön.
Die Aussage kann man verwissenschaftlichen: Das eine ist Religion, das andere Ratio und sollte getrennt kultiviert werden.
…..usa, asien und lateinamerika sind die assets der stunde!
Dieser Artikel ist ein guter Ratschlag.
Sehr interessanter Artikel aber leider viel zu kurz. Ich schätze Leute mit libertärer Denkweise sehr, weil sie mir sehr viele hochinteressante Informationen (österreichische Schule usw.) zum Nachdenken geben. Nur deren Investitionsempfehlungen sind eine einzige Katastrophe. Ein Widerspruch, den ich bisher nicht aufdröseln konnte. Hat der Autor evtl. einen Tipp?