Ein Antirassismus, der sich gegen Weiße wendet, sei ein Widerspruch in sich, so der Politikwissenschaftler und Philosoph Pierre-André Taguieff. In einem Interview fasst er die extreme Verwirrung zusammen, mit der wir heute konfrontiert seien.
Seit mehreren Monaten und insbesondere seit dem Tod von George Floyd in den Vereinigten Staaten, schwappt die Welle antirassistischer Kundgebungen auch nach Europa. Der Experte für Ideengeschichte Pierre-André Taguieff, Professor am Institut d‘études politiques de Paris sowie Forschungsdirektor am Centre national de la recherche scientifique (CNRS) in Paris hat das sich auch in Frankreich manifestierende Phänomen und dessen ideologische – im Konzept der Entkolonialisierung wurzelnde – Fundamente untersucht. Im Oktober erscheint sein neues Buch „L’imposture décoloniale, science imaginaire et pseudo-racisme“. In einem Interview für das Magazin Valeurs acutelles nimmt er Stellung zu seinen Analysen.
Import antirassistischer Thesen nicht neu
Der Import antirassistischer Thesen aus den Vereinigten Staaten nach Frankreich sei, so Taguieff, nicht neu: „Die Intellektuellen und Aktivisten, die unter den Fahnen des Postkolonialismus und der Entkolonialisierung voranschreiten, sind seit Anfang der 2000er-Jahre bemüht, die falsche Vorstellung zu verbreiten, der zufolge die Probleme der französischen Gesellschaft sich hauptsächlich durch das Vermächtnis der Sklaverei und des Kolonialismus erklären lassen – und daher nach ihrer Auffassung durch einen fortdauernden und strukturellen Rassismus“. Dieser Rassismus soll ihnen zufolge ein „weißer Rassismus“ sein, „dessen Opfer auf ewig die Schwarzen oder die ‚people of color‘“ seien.
Dieser „auf zweifelhaften und hinkenden Analogien beruhende Diskurs“ habe jedoch bis zum Frühjahr 2020 in Frankreich kaum eine Resonanz erfahren. Erst nach den Demonstrationen gegen Polizeigewalt in den USA seien auch in Frankreich anlässlich des 2016 in Polizeigewahrsam gestorbenen Adama Traoré vermutete rassistische Hintergründe zum Thema gemacht worden. Seit den 80er-Jahren habe sich der Antirassismus ideologisch gewandelt, was – in den Worten Taguieffs – zum Auftauchen eines „Pseudo-Antirassismus“ geführt habe: „Der Kampf gegen den Rassismus wurde von sich als ‚nicht-weiß‘ bezeichnende Minderheiten in Beschlag genommen, um sich langsam in einen gegen Weiße gerichteten Rassismus zu verwandeln“. So gebe es auch ein ideologisches Dogma, demzufolge Rassismus nur von den Weißen ausgeübt werden könne, die daher selbst kein Opfer von Rassismus sein könnten.
Neue Form des Linksradikalismus
Bei diesem Antirassismus gegenüber Weißen handele es sich, so Taguieff, um eine neue Form des „Linksradikalismus, der die Herkunft in den Mittelpunkt (‚afrikanisch-stämmig‘ etc.) stellt“ und alle Probleme auf „das Verhältnis zwischen Herrschern und Beherrschten“ zurückführe – „die Rassen werden zu ‚sozialen Rassen‘ umgetauft, was niemanden hinters Licht führt, da die Hautfarbe weiterhin deren wichtigstes Unterscheidungsmerkmal bleibt“. Dieses Konzept verabsolutiere und politisiere die „Rassenidentitäten, die durch diese eingehämmerten manichäischen Gegensätze bestimmt sind“. Damit werde ein sich gegen Weiße richtender Antirassismus zu einem „rassistischen Antirassismus: dies ist das Oxymoron, das die extreme theoretische und rhetorische Verwirrung beschreibt, vor der wir heute stehen“.
Die Folgen dieser Ideologie „im intellektuellen und kulturellen Raum“ sind nach Ansicht Taguieffs „ein Anstieg der Verdächtigungen, ein wachsender Fanatismus, die Unmöglichkeit, auf Respekt gegenüber dem Gegner gestützte Debatten zu führen, der Rückgriff auf kriminalisierende Denunzierungen des Opponenten sowie auf dessen Exkommunikation“. Allgemeiner gesprochen, führe ein derartiger Antirassismus „zu einer Betonung der sozialen Spaltung, einer Verschärfung der Zersplitterung Frankreichs und einem Anstieg organisierter Gewalttätigkeiten unter Minderheiten. Die Diabolisierung und Ausgrenzung des anderen als ‚Rassisten‘ werden zur Regel. Der Tribalismus, das stammesgebundene Denken, etabliert sich“.
Dieser Beitrag erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.
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Ich möchte bei dieser „Rassismus“-Debatte noch auf einen anderen Aspekt eingehen, der mich ungemein empört hat. Der Bundespräsident hat laut „Tagesspiegel“ gesagt: „Es reicht nicht aus, ,kein Rassist‘ zu sein. Wir müssen Antirassisten sein.“ Da sage ich: Was maßt sich der Staat da an? Vertritt Steinmeier hier eine DDR-mäßige Auffassung vom Staat? Also nicht aktiver Kämpfer für den Sozialismus, sondern für den Antirassismus. Das könnte man ja noch weiterspinnen: Es reicht nicht, kein Faschist zu sein, man muß Antifaschist sein. Es reicht nicht, kein Frauenfeind zu sein. Man muß die Frauen lieben. Oder zurück in die 50er oder 60er Jahre:… Mehr
Einen wesentlichen Anteil am behaupteten Rassismus hat offensichtlich die Linksextreme Gleichheitsideologie der zu Folge jeder Mensch nicht nur vor dem Gesetze gleich zu sein hat sondern generell gleich wäre (worin sich schon die entsprechenden Kreise im Verhalten gegenüber vermeintlich inakzeptablen ‚rechten‘ widersprechen). So wird gerade in den USA immer wieder die Unterrepräsentation von Afrikanern in Führungspositionen kritisiert und mit Rassismus in Verbindung gebracht. Aber gerade in den USA sind Farbige in höchsten Führungspositionen keine Ausnahme. Die CEOs von Schwergewichten wie Microsoft, Google und bis kürzlich auch Qualcomm sind Farbige; aber eben keine Afroamerikaner. An dieser Stelle empfehle ich einen Blick… Mehr
Eine interessante Beobachtung, denn „auf ewig“ gelten ja ausschließlich die Gesetze der Natur. Und wenn man in Bezug auf Beziehungen zwischen Ethnien solches behauptet, argumentiert man nach klassisch-rassistischem Muster.
Die empirische Sozialforschung hat tatsächlich unter der amerikanischen Bevölkerung eine klare Hierarchie der sozialen Wertschätzung belegen können: Ganz an der Spitze stehen 1. weiße Europäer, dann 2. Asiaten, dann 3. Latinos und ganz unten 4. Afroamerikaner. Interessant, dass sich diese Hierarchie der Wertschätzung in allen ethnischen Gruppen nachweisen ließ.
ES DÜRFTE WERDEN WIE IN DER PHYSIK.
WIRD DIE KRITISCHE ERREICHT, BEGINNT DIE KETTENREAKTION.WEIT BIS DORTHIN IST ES NICHT MEHR.
Das sehe ich anders. Schauen Sie sich mal Wahlergebnisse, Umfragen und allgemeine Stimmung an. Da merkt man nichts von „Kritischer Masse“.
@fatherted: Dann warten Sie mal ab bis das Notkühlsystem in Form des derzeitigen staatlichen Helikoptergelds ausfällt – um im Bild zu bleiben.
„Der Tribalismus, das stammesgebundene Denken, etabliert sich“ – nein, er war und ist eine genetisch verwurzelte evolutionär entstandene Konstante in der Anthropologie, die man nur sehr, sehr schwer umerziehen kann. Solange die Linken diese Naturgesetze der Sozialbiologie konsequent verleugnen, wird es kein friedliches Nebeneinander der Subspezies/Ethnien/Rassen geben.
Die linke Taktik, mit „Totschlagargumenten“ bzw -vorwürfen zu arbeiten ist doch bekannt. “ Nazi“, „Ausbeuter“, „Klassenfeind“. Da kommt jetzt eben noch „Rassist“ dazu.
Die sozialen Probleme in den ehemaligen Kolonialstaaten beruhen schon zu einem Großteil auf unkontrollierter Einwanderung aus islamischen und afrikanischen ehemaligen Kolonien.
Was ich fürchterlich finde ist, das sich diese Ideologie, es sei unmöglich, weisse Menschen rassistisch zu diskriminieren bereits in unseren Antidiskriminierungsgesetzen festgesetzt hat. Diese Denke hat bereits Gesetzeskraft.
Nichts neues unter der Sonne. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Selbst in Firmenvorständen wird derzeit offen darüber diskutiert, wenn „zu viele Weiße“ in einer Sitzung waren. Der Wahrheitsgehalt einer Aussage wird von der Hautfarbe des Sagenden abhängig gemacht. Wenn die weiße Bevölkerung Europas nicht langfristig unter dem Rad des Antirassismus zermalmt werden möchte, braucht es entweder einen politischen Kulturwandel oder eine neue demographische Entwicklung.
Ich schlage vor einfach ganz offen selbstbewusst darauf hinzuweisen, dass Hautfarbe weder ein Qualifikationsmerkmal noch ein Kainsmal ist.
Wenn es da nicht beunruhigende reproduzierbare empirische Forschungsergebnisse gäbe, die einen sagenhaften Korrelationskoeffizienten von 0.9 zwischen Hautpigmentierung und IQ demonstrieren, was selbstverständlich immer nur für große Gruppen gilt, nicht für das Individuum:
Quelle:
https://www.researchgate.net/publication/286072368_IQ_and_Skin_Color_The_Old_World_Reexamined_and_the_New_World
Der Critical-Whiteness-Ansatz ist eine Problembeschreibung ohne Lösung. Zitat Deutschlandfunk: „Die kritische Weißseinsforschung will die Weißen darauf aufmerksam machen, dass sie nicht einfach „Menschen“ sind, sondern weiße Menschen. Das heißt, sie sind nicht ausgenommen von der gesellschaftlichen Bestimmung durch ethnische Merkmale. Diese Bestimmung verschafft ihnen eine Sonderrolle. Dies zu leugnen, heißt, jene rassistischen Hierarchien fortzuschreiben, die sie für überholt annehmen.“ Wenn Menschen aufgrund der Hautfarbe per se privilegiert oder benachteiligt/unterdrückt sind – auch der arbeitslose weiße Familienvater im Plattenbau ist dann privilegiert – (!), lässt sich das bis in alle Ewigkeit nicht ändern, es sei denn, es gäbe irgendwann keine „Weißen“… Mehr
Das Lustige ist ja, dass viele BLM Anhänger denken POC sei POC….bei weitem nicht. Die schwarze Sub-Sahara Bevölkerung untereinander ist sich spinnefeind. In einigen Ländern werden regional verschiedene Sprachen/Dialekte gesprochen, so das sogar ein verbaler Austausch gar nicht möglich ist. Und was passiert wenn sowas mal explodiert konnte man ja in Ruanda sehen. Das zunehmend die weiße Bevölkerung in Europa einem zunehmenden Rassismus ausgesetzt ist, ist jedoch noch keine Folge von BLM….dazu gibt es noch zu wenige POC in Europa. Dies ist die Folge der Masseneinwanderung aus Nordafrika, der Türkei und dem Nahen Osten. Zu spüren bekommen das vor allem… Mehr