Der „Aufstand“ gegen Merkels Aufnahmebereitschaft findet nicht statt

Obwohl Angela Merkel riskiert, die Fehler von 2015 zu wiederholen, hat sie von ihrer eigenen Partei nichts zu befürchten. Deren Berufspolitiker sind mehrheitlich so opportunistisch wie zuvor - und gerade mit ganz anderen Sorgen beschäftigt.

imago Images

In der Bild-Zeitung war von einem „Unions-Aufstand gegen Flüchtlingsplan“ die Rede. Die Kanzlerin sei mit ihrer Entscheidung, mehr Migranten aus Lesbos aufzunehmen, in die montägliche Sitzung des Fraktionsvorstands geplatzt: „Und dort gab’s einhellige Unterstützung … für die Seehofer-Linie“. Der Innenminister wollte ursprünglich nicht mehr als 150 unbegleitete Minderjährige aufnehmen. Merkel hat die Zahl mal eben mit 10 multipliziert, weil die SPD und das, was man einst die Leitmedien nannte, unbedingt mehr Migranten in Deutschland versorgen lassen wollen. Seehofer selbst hat natürlich sofort nachgegeben. 

Wir erinnern uns. Da war doch mal was! Ja, Seehofer und die „Koalitionskrise“ vom Sommer 2018 (vergleiche hierzu „Merkel am Ende“, S. 22-32). Damals konnte man noch meinen, er sei mehr als die Karikatur eines Kontrahenten der Merkelschen Politik. Auch damals ging es um Einwanderung, die Seehofer die „Mutter aller Probleme“ in Deutschland nannte, wofür er in den Medien, wie überhaupt für seine ganze Position damals zum bösen Buben des politischen Berlin gebrandmarkt wurde. 

Sachlich widerlegen konnte ihn natürlich niemand. Aber um das Sachliche geht es bekanntlich in der deutschen Gegenwartspolitik am allerwenigsten, wie der absurde Überbietungswettbewerb der Aufnahmebereitschaft erneut belegt, der in ganz Europa einmalig ist.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Wiederholt sich da also was? Werden wir erneut einen Konflikt innerhalb der Union erleben? Wird Merkel nun endlich am Widerstand der Vernünftigen und Aufrechten in der Union scheitern, die wie es Jens Spahn der Bild zufolge im Fraktionsvorstand angemahnt haben soll, verhindern, dass Merkel noch einmal denselben Fehler wie 2015 macht, als die Bundesregierung in eine Art migrationspolitischen Wahnzustand geriet? 

Nein, sicher nicht. Wenn die Bild-Zeitung den Anschein erwecken will, dass sich solch ein Showdown wie 2018 in der Union bald wiederhole, werden die sensationshungrigen Leser enttäuscht werden. Der Aufstand in der Union wird ausfallen oder allenfalls ein leichtes Stürmchen im Wasserglas werden, wie im Herbst 2015. Denn in dieser Partei, die von Kopf bis Fuß aus Macht eingestellt ist (und sonst – mittlerweile – gar nichts), gibt es niemanden, der wirklich eine auch nur ansatzweise aussichtsreiche Fronde anführen würde – und auch so gut wie niemand, der dieser folgen würde. Sonst wäre Merkel schon seit 2015 nicht mehr Kanzlerin, oder spätestens seit Sommer 2018.

Der Grund ist so banal und beschämend wie der ganze gegenwärtige Politikbetrieb es ist: Die Abgeordneten der Unionsparteien sind mit anderem beschäftigt. Priorität hat für sie nicht die Reparatur der völlig anachronistisch gewordenen deutschen Einwanderungswirklichkeit. Aber auch nicht eine vermeintliche „europäische Lösung“ (die es nicht gibt, weil die anderen europäischen Staaten einigermaßen einwanderungsrealistisch regiert werden, und Deutschland sich in der absurden Position eines Alleingängers im Namen des Multilateralismus geriert, man könnte auch sagen: ein nationaler Sonderweg des Antinationalen). Priorität hat für die meisten Unionspolitiker auch nicht wirklich das Mitleid mit den Leuten in Moria. 

Priorität hat die Sicherung der eigenen Wahlkreise und Listenplätze für die nächsten Bundestagswahlen und die taktische Selbstpositionierung vor dem nächsten Bundesparteitag. Wer jetzt öffentlich aus der Reihe tanzt, müsste damit rechnen, dass die Parteifreunde, die dafür in den jeweiligen heimischen Parteiorganen notwendig sind, aus Berlin oder einer Landeshauptstadt mit Anrufen eingedeckt werden, um ihnen klarzumachen, wer der Führung genehm ist und wer nicht. Also muss man mitspielen, wenn man selbst noch was vorhat in der Berufspolitik. Solange auch die Wähler mitspielen – und das tun sie offenbar – kann das so weitergehen. 

Die CSU ist der letzte Landesverband der CDU
Markus Söder ist Horst Seehofer und beide sind Angela Merkel
Seehofer selbst ist dafür das beste Exempel, das zeigt, dass Opportunismus sich lohnt. Man könnte auch Schäuble oder de Maizière nennen. Seehofer hat 2015 und endgültig dann 2018 gekuscht. Statt in die Geschichte einzugehen als derjenige, der sich einer Politik der Unvernunft, die dem Land schadet, verweigert und sie damit entweder verhindert oder doch zumindest mit einem donnernden „Ohne mich!“, wollte er lieber noch ein bißchen Innenminister bleiben. Er übernahm im Berliner Betrieb die Rolle des reuigen Ex-Bösewichts.

Da nun einmal die führenden Politiker der Unionsparteien so mickrig sind, wie sie eben sind, und solange Sebastian Kurz Österreicher bleibt, ist nicht zu erwarten, dass es ohne extremen äußeren Druck (also Stimmenverluste, die das Kanzleramt gefährden) zu einer grundlegenden Veränderung in der Union kommen wird. Irgendwann wird die politische Wirklichkeit, nicht zuletzt auch die der Migration, natürlich doch für diesen Druck sorgen. Nicht Spahn oder Merz oder sonst ein Unionspolitiker wird den Merkelismus in der Union beenden, sondern erst die Schmerzen, die seine Folgen für die Wähler bedeuten werden.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 307 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

307 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
moorwald
4 Jahre her

Wenn ich mir so das Foto anschaue: eine alte, mißmutige Frau, die wohl auch nicht mehr alles mitbekommt, was um sie herum vorgeht. Nur abgrundtiefes Mißtrauen gegen alles und jeden schlägt mir entgegen. Dieser verschleierte, halb schläfrige und gleichzeitig lauernde Gesichtsausdruck…
Wie kann man sich von solch einer freudlosen, erstarrten Frau, deren Grundgestimmtheit Verneinung ist, regieren lassen?

daldner
4 Jahre her

Angela… Angela Dorothea….
Und mich graut es auch…

AHamburg
4 Jahre her

Man sieht eine alte Verbitterte Frau die das eigene Land für sich in Geiselhaft nimmt.

Deutscher
4 Jahre her

Wie der Märklin-Horst im Hintergrund schmollt…

😀

foxthefox
4 Jahre her

1553 Aufnahmen also. Soso ! Wer zaehlt denn da wie so genau ?
ICH HAETTE ALS ZAHL 1453 GEWAEHLT ! Steht bei vielen Muslimen auf T-Shirts, sogar schon bei eingeflogen lachenden „schutzbeduerftigen“ Minderjährigen und verdeutlichte die deutsche Unterwerfung unter den Islam dann folgerichtig.
ADM, Drehhofer, Echsia Sasken, oder kennt ihr das Datum etwa nicht ?

Riffelblech
4 Jahre her

Schauen wir uns doch nur die Gesichter von Laschet und Söder an ,dann wissen wir ,was Politik aus Menschen machen kann. Diese Beiden und viele viele andere mehr interessiert der Wähler einen Sch…s. Haben die Blödiane ihren Stimmzettel abgegeben ,die CDU angekreuzt ,die CSU nicht vergessen ,verkaufen diese Typen den eben noch „ hochgelobten „ Wähler für einen Penny . Siehe Kurs der Parteien gegenüber Merkel .
Da ist nichts zu spüren von begleitenden Meinungen . A……kriecherei nannte das ein landesweit bekannter Mönch ! Und das ist es auch !
Schämt euch ihr rückgratlosen Typen !

CG
4 Jahre her

Es muß nur einer aufstehen und ans Rednerpult gehen, um das Mißtrauensvotum zu starten. Wenn die Fraktion geschlossen abstimmt, wer soll in den Heimatwahlkreisen was sagen? Merkel ist ohnehin eigentlich „Lame Duck“.

kriemhild
4 Jahre her
Antworten an  CG

DAS wird niemals geschehen !!! Das hört nämlich erst auf, wenn das ganze Land in Schutt und Asche liegt….mit den Feuerteufeln aus Moria sieht es doch gut aus !!!
Auch in Samos haben sie kapiert, wie man ins gelobte Land kommt….
Wann brennen unsere Wohnungen, weil der Schoko-Pudding nicht geschmeckt hat???
Langsam wünsche ich mir schon ein „Ende mit Schrecken..“

moorwald
4 Jahre her
Antworten an  CG

Merkel wird immer mehr zum Schatten ihrer selbst. Man hört ja auch kaum noch etwas von ihr – außer den hohlen Phrasen von vorgestern. Sie wirkt müde, lustlos, ausgebrannt.
So geht es, wenn man seine ganze Kraft darauf verwandt hat, an der Macht zu bleiben, mit dieser Macht aber nichts anfangen konnte – außer ein Volk in den Ruin zu treiben.

Sie wird vermutlich „aus gesundheitlichen Gründen“ abtreten. Wäre für alle das beste.

Duckmaeuser-Entlarver
4 Jahre her

Der Deutsche ist nicht dafür bekannt, auf die Barrikaden zu gehen. Gehorsam zu sein, auch wenn man dem Falschen folgt, das ist der Deutsche.

holuschi
4 Jahre her

„Nicht Spahn oder Merz oder sonst ein Unionspolitiker wird den Merkelismus in der Union beenden, sondern erst die Schmerzen, die seine Folgen für die Wähler bedeuten werden.“ Richtig, die Deutschen müssen enorm große Schmerzen haben und zwar persönlich. Denn auch wenn das Umfeld schon in Schutt und Asche liegt, brüllen sie noch nach dem totalen Krieg, wenn sie sich persönlich noch einen kleinen Vorteil im Rahmen der herrschenden Politik versprechen. Die Verursacher abwählen ging in der national und international sozialistischen deutschen Geschichte dann auch nicht mehr. Bin mal gespannt, ob Abwählen dann im realexistierenden grünen Ökosozialismus noch möglich ist.

Andreas aus E.
4 Jahre her
Antworten an  holuschi

Blöd nur, daß man bei unerträglichen Schmerzen alles Mögliche leistet, nur keinen Widerstand. Eher trachtet man nach Hilfe zum Suizid.

Fusz.D
4 Jahre her
Antworten an  holuschi

Bei den Wahlbetrügereien mit Wahlen noch was ändern. Njet ,oder was soll man zur Europawahl 2019 und Thüringenwahl 2020 sagen.
Mit dem VORSINTFLUTIGEN Wahlsystem stehen dem Betrug die Tore so weit offen , wie den
Armutsmigranten der Welt die Tore nach Europa ,bevorzugt wegen der
massenhaften Knete nach Deutschland.

Kontra
4 Jahre her

Gestern Anend als Besucher im Altenheim: Die tagesschau läuft und ich sage, „kuckt die Merkel holt uns wieder 1500 Flüchtlinge ins Land“. Darauf eine Bewohnerin:“ Sie wird von der SPD dazu gezwungen“….jo alles klar – ab nach Hause!

Cethegus
4 Jahre her
Antworten an  Kontra

Früher hieß das mal „wenn das der Führer wüsste!“…..