Nach dem Wahlsieg des sozialistischen Parteienbündnis Syriza in Athen wird der Austritt Griechenlands wieder diskutiert. Zwar will die neue Regierung im Euro bleiben – aber es kann durch den Druck der Ereignisse auch anders kommen.
Aber was würde passieren, wenn die neue griechische Regierung die bisherigen Verträge mit den Euro-Staaten, dem Internationalen Währungsfonds IWF und den verschiedenen Euro-Institutionen aufkündigt – und die Staatsverschuldung wieder kräftig ausdehnt? Dazu eine Analyse über die Verhandlungsstrategie der neuen griechischen Regierung.
Das Drachmen-Szenario in 10 Schritten
1. So funktionieren Austritt und Umstellung
Griechenland würde damit internationale Abkommen im Dutzend brechen. Nun muss es nicht fürchten, dass wie zu Zeiten der Kanonenbootpolitik ausländische Mächte das Land besetzen und so ihre Interessen durchsetzen. Aber auf den globalen Finanzmärkten – so wie in der Vergangenheit – könnte Griechenland sich voraussichtlich nicht verschulden; es sei denn zu mörderisch hohen Zinsen. Das Geld der Welt macht dann einen Bogen um Griechenland. Griechenland müsste aus der Euro-Zone austreten. Dann könnte die Griechische Nationalbank griechische Staatsanleihen aufkaufen und der Regierung dafür säckeweise Drachmen zur Verfügung stellen, mit denen dann etwa höhere Beamtengehälter bezahlt, mehr Mitarbeiter im öffentlichen Dienst eingestellt oder Renten, Arbeitslosenunterstützung und ähnliche schöne Dinge finanziert würden. Technisch ginge das wohl so vor sich, dass sämtliche Euro-Guthaben von Bürgern und Unternehmen auf Bankkonten etwa 1:1 auf Drachme umgestellt würden. Allerdings tritt hier bereits das erste, große Problem auf: In welcher Währung lauten die Schulden? „Griechische Inlandsschulden“ würde auch in Drachmen umgestellt; Zahlungsverpflichtung an das Ausland aber blieben in der jeweiligen Währung wie Euro oder Dollar bestehen. Das zweite Problem ist, dass die Bürger vermutlich ihre Euros abheben und horten würden. Zwar könnte man versuchen, den Besitz von Euros in Form von Geldscheinen zu verbieten, auftauchende Geldbestände zu beschlagnahmen und ebenso in Drachmen umtauschen. Aber die griechischen Bürger würden dann in die Nachbarländer reisen, und dort ihre wertvollen Euros verstecken. Eine riesige Kapitalflucht wäre die Folge; nach den vorliegenden Daten hat sie schon begonnen: Mit jedem Tag, an dem der Wahlsieg der Linken näherrückte, wurde Kapital ins Ausland gebracht. Nun könnte man an den Grenzen Kapitalverkehrskontrollen einführen, als verbieten, Geld ins Ausland zu bringen. Allerdings ist das mit den europäischen Verträgen nicht vereinbar. Damit müßte Griechenland nicht nur aus der Euro-Zone austreten (was vermutlich möglich wäre), sondern auch aus der EU – was rechtlich unmöglich ist und das Land zu sehr isolieren würde. Dies ist einfasst unbeherrschbares Problem. Im Inland allerdings könnten alle Preise, Schulden, Guthaben etc. ebenfalls auf Drachmen umgestellt werden. Für eine logische Sekunde bliebe dort alles beim alten, nur der Name hätte sich geändert. Doch dann passieren eine ganze Reihe Dinge…
2. Der Absturz der Drachme
Für Importe müssten diese Drachmen in Euro, Dollar oder eine andere international gehandelte Währung eingetauscht werden. Angesichts der Risiken in Griechenland würde der Drachmen-Kurs drastisch abstürzen; sich vielleicht im ersten Go dritteln. Ein Exporteur, der für 10.000 € Autoteile nach Griechenland liefern soll, würde beispielsweise dafür 30.000 Drachmen verlangen. Die Folge wäre eine brutale Verteuerung aller importierten Güter in Griechenland; in dem Beispiel die Verdreifachung. Vielleicht auch eine Verfünffachung? Das ist schwer zu prognostizieren. Für die normale griechische Bevölkerung jedenfalls würden Importgüter unerträglich teuer – das Land würde auf sich selbst zurückgeworfen, auf seine tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im internationalen Vergleich. Die abgewertete, oder billige Drachme hätte aber auch andere Wirkungen. Urlaub in Griechenland wird zum Schnäppchen, Griechenland ein Ferienparadies. Grundstücke, Ferienhäuser – alles wäre zum Sonderpreis verfügbar.
3. Griechenland floriert mit der Drachme
Griechische Unternehmer wären die Gewinner; sie könnten billig exportieren, Tomaten, Wein, Feta, aber auch Textilien, Chemieprodukte und andere Erzeugnisse konkurrenzlos billig auf den europäischen Märkten anbieten. Ausländische Konkurrenten im Inland, also die berühmte Holland-Tomate in Athen, wären sie los, weil der Drachmenkurs wie eine Einfuhrsteuer wirkt. Solaranlagen würden konkurrenzlos billigen Strom produzieren und importiertes Öl und Gas erstzen. Das alles spricht für einen Grexit. Endlich wäre Griechenland nicht nur die drückenden Schulden los, die es nach allerlei Schuldenschnitten ohnehin nicht mehr allzu sehr drücken. Mit der Drachmen-Abwertung wäre endlich die griechische Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig und könnte wachsen, Arbeitsplätze schaffen – der Tourismus, die Landwirtschaft, die Industrie. Das Land könnte selbstbewusst auftreten. Der Grexit würde zum Role-Model, dem bald auch Italien, Portugal und Frankreich folgen könnten. Eine gute Darstellung des Vorgangs, auch mit Zahlen der griechischen Wirtschaft, findet sich in der Fachzeitschrift Wirtschaftsdienst.
4. Aber die sozialistische Wirklichkeit ist grau
Soweit die Theorie. Sie funktioniert dann einigermaßen, wenn, ja wenn: Die Griechen tatsächlich bereit wären, hart zu arbeiten für weniger Einkommen. Aber die griechische Linkspartei hat ja ein sozialistisches, nicht ein marktwirtschaftliches Modell im Auge. Sie will mehr überflüssige Parteifreunde als Beamte einstellen – die nichts produzieren, sondern nur konsumieren. Sie hat die Privatisierung des Hafens von Piräus schon am ersten Tag nach der Wahl gestoppt. Sie will wichtige Industriebetriebe verstaatlichen und Sozialleistungen ausdehnen – also immer mehr Drachmen drucken, geradezu mit Drachmen um sich werfen – und die Abwertung der Drachme immer weiter beschleunigen. Immer mehr Griechen versuchen, ihre Ersparnisse und ihren Verdienst heimlich Form von Euros, Dollars oder Gold zu verstecken. Schon heute leidet die griechische Wirtschaft daran, dass nicht investiert wird. In diesem Szenario käme es nach einer Anfangseuphorie sehr schnell zum Investitionsstopp. Da die Regierung immer mehr Konsum ermöglicht, aber faktisch nicht mehr importiert werden kann und auch nicht mehr produziert wird, wäre eine ungeheure Inflation die Folge. Arbeitnehmer in der Industrie und im Tourismus würden höhere Löhne einfordern, um überleben zu können. Verstaatlichung wäre die Folge, was aber bekanntlich die Sache nicht besser, sondern endgültig an die Wand fährt.
Der neuen Regierung fehlt jede Kraft und jeder Wille, das Land zu modernisieren; sie flüchtet sich in sozialistische Kraftmeierei an der Wirklichkeit vorbei, setzt auf Beamte, nicht auf Wirtschaft.
Wenn man so will: Ohne Strukturreformen der Wirtschaft in Griechenland läuft die Drachme auf ein Szenario einer Hyperinflation hinaus: Die Regierung braucht ständig frisches Geld, der Außenwert verfällt, alle Sorten Inflation entfalten sich, soziale Unruhen sind die Folge.Die Regierung könnte mir ihrer Micky-Maus-Drachme die wachsende soziale Not nicht befrieden; massenweise Emigration der Leistungsträger wäre die Folge. Der Drachmen-Kurs wird zum modernen Drama, in dem sich die negativsten Aspekte der Wirtschaftsgeschichte wiederholen. Wenn man so will: Ohne Strukturreformen der Wirtschaft in Griechenland läuft die Drachme auf ein Szenario einer Hyperinflation hinaus: Die Regierung braucht ständig frisches Geld, der Außenwert verfällt, alle Sorten Inflation entfalten sich, soziale Unruhen sind die Folge. Sollte Sie dieses Szenario an die DDR vor dem Mauerbau erinnern, dann ist das richtig. Nur mit einem Unterschied: Es gibt keinen großen Bruder, der die wertlose Drachme in harte Währung zurück tauscht.
5. Was geschieht in Deutschland?
Es gibt kaum mehr Versicherungen oder Banken, die griechische Staatsanleihen im Portfolio halten. Diese liegen fast ausschließlich bei der EZB, dem IWF und anderen öffentlichen Händen. Insgesamt 380 Milliarden hat Griechenland an Hilfen, Subventionen und Krediten erhalten; davon ungefähr ein Viertel aus Deutschland. Deutschland müßte also nach meiner Schätzung ungefähr 80 Milliarden griechische Schulden abschreiben; das Niveau der Bundesschulden würde sich um diesen Betrag erhöhen. Am 6.1. hat das Ifo-Institut diese Dimension laut FAZ fast auf den Punkt genau bestätigt. Das klingt fürchterlich, ist aber nur der buchhalterische Nachholeffekt der Realität. Dass Griechenland irgendwann seine Schulden bezahlt, ist ohnehin nicht zu erwarten, mit und ohne Drachme. Die Regierung Merkel müsste allerdings so die bisherigen Kosten der Euro-Rettung offenlegen; Wolfgang Schäubles Schwarze Null wäre schon tiefrot, kaum dass sie erreicht wurde. Das wird jede Regierung zu vermeiden suchen. Übrigens: Deutschland könnte das wegstecken. Aber die 40 Milliarden, mit denen Italien gerade steht, ist für Rom ein größeres Problem.
6. Was macht George Soros?
Der Groß-Spekulant gibt sich gern als Menschenfreund. Er hat ein globales Lobby-Netzwerk aufgebaut, auch viele deutsche Zeitungen und Magazine werden von ihm gefüttert. Die bezahlte Soros-Lobby kämpft dafür, dass Deutschland den Großteil der Griechenland-Schulden übernimmt. Für Soros war das bislag eine Art Sechser im großen Milliarden-Lotto der Währungsspekulation: Er hat griechische Staatspapiere billig aufgekauft und sie an die Staaten verkauft. Im Falle eines Grexits bliebe er auf dem Rest seiner Griechenpapiere sitzen. Achten Sie darauf, wenn der SPIEGEL oder die Süddeutsche in diesen Tagen wieder große Soros-Interviews bringen. Er wird darin auf die verhassten Deutschen schimpfen und die Schuldenübernahme im Interesse Europas und des Weltfriedens einfordern, um so wieder Kasse zu machen und seinen Ruf als Meisterspekulant zu erneuern. Die große Bühne, auf der er auftritt, ist Ende Januar das Weltwirtschaftsforum in Davos, eine seiner wichtigsten Propaganda-Plattformen. Wie Soros vorgeht, seine Helfer bei „New Economic Thinking“ und weitere Hintergründe über Gewinner und Verlierer der bisherigen Griechenland-Politik lesen Sie hier.
7. Was passiert mit unseren Exporten?
Deutschland exportiert noch Waren im Wert von knapp 4 Milliarden nach Griechenland; das sind lächerliche 0,4 Prozent des Gesamtexports. Das steckt jedes Unternehmen weg.
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