Haltet Schwarz-Rot-Gold hoch

Wie alle zwei Jahre seit dem Sommermärchen 2006 agitieren während der EM wieder Multi-Kulti-Politfanatiker gegen Schwarz-Rot-Gold. Das Schwenken unserer Nationalflagge wird rundheraus als aggressiver Nationalismus verschrien.

© Matthias Kern/Getty Images
So unbekümmert ging es mal.

Fahnenphobie der Grünen Jugend und Jusos. Wie alle zwei Jahre seit dem Sommermärchen 2006 agitieren während der EM wieder Multi-Kulti-Politfanatiker gegen Schwarz-Rot-Gold. Das Schwenken unserer Nationalflagge wird rundheraus als aggressiver Nationalismus verschrien. Ja mehr noch, der öffentlichkeitsheischende Parteinachwuchs vermutet überhaupt hinter jeder patriotischen Gesinnung per se Unmoral und Fremdenfeindlichkeit.

Angefangen hat wohl dieses Mal die Grüne Jugend in Rheinland-Pfalz mit „Fahne runter“-Posts auf Facebook Ende letzter Woche. Gegenüber SPIEGEL ONLINE hat dann die Bundessprecherin der Grünen Jugend, Jamila Schäfer, diese Kampagne eingehend gerechtfertigt: „Mit der Begeisterung für Deutschland ist nun mal häufig nicht nur die Begeisterung für das Team gemeint, sondern auch für das Vaterland. Wir halten aber nationale Gemeinschaftsgefühle grundsätzlich für gefährlich. […] Wir fragen uns einfach, warum man überhaupt auf etwas wie die Nation stolz sein muss.“

gruene jugend rp_fahnen runter

Für eine Partei, die schon Regierungsverantwortung für dieses Land hatte und wieder anstrebt, eine doch recht bedenkliche Aussage einer Spitzenfunktionärin. Was ist denn, wenn einem dieser heutigen Heißsporne einmal der Amtseid abverlangt wird?: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“ Ob sich das ohne Sinn für ein nationales Gemeinschaftsgefühl bewerkstelligen lässt?

Lautstark hervorgetan hat sich auch die Grüne Jugend in Berlin und Fahnenschwenker als gewaltbereite Nationalisten verunglimpft. Die zig-fache Kritik darauf hat dann die Kollegen bei den Berliner Jusos zu einer eher eigenwilligen Logik verleitet. Die Juso-Landesvorsitzende Annika Klose meinte gegenüber der Berliner Morgenpost: „Die empörten Reaktionen auf die Kritik der Grünen Jugend am Nationalismus zeigt eins: Sie haben recht. Wir teilen ihre Kritik an dem Abfeiern eines Nationalgefühls. Es geht bei dieser Männer-EM um Fußball – nicht um ‚schwarz-rot-gold‘.“

Stellt sich die Frage, ob Annika Klose und Konsorten überhaupt einen blassen Dunst haben, worum es bei „schwarz-rot-gold“ geht. In arger Geschichtsvergessenheit wird Patriotismus, wenn nicht mit Nationalsozialismus, dann doch wenigstens mit Rassismus gleichgesetzt. Als die deutsche Aufklärung, die Märzrevolution und die verfassunggebende Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche durchgenommen wurden, hatte die Grüne Jugend wohl kollektiv Heuschnupfen. Die deutsche Bundesflagge ist ein eindrückliches Symbol für Unabhängigkeit, Menschenrechte und Demokratie. Einigkeit und Recht und Freiheit. Deswegen hat sie ja Hitler auch nicht fürs Dritte Reich haben wollen.

Zumindest unterschwellig wird aber auch andernorts am deutschen Nationalgefühl gekratzt. Wenn der DFB die Nationalmannschaft mit „Die Mannschaft“ zu vermarkten versucht, liefert er damit nicht nur die schlechte Kopie eines mäßigen VW-Slogans, sondern verwässert auch die Identifikationskraft einer starken Marke: die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Das ist freilich nicht so leicht gängig, wie das französische „Les Bleues“, die italienischen „Azzurri“ oder die „Three Lions“ aus England, aber wir Deutschen nehmen es nun mal selten leicht. Das heißt jedoch nicht, dass es uns an positivem nationalem Gemeinsinn fehlt. Und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist ein wunderbarer Reflexionspunkt für einen gesunden Nationalstolz: angefangen von ihrer Leistungsbereitschaft und den technischen und taktischen Qualitäten, über die gesellschaftsdurchwirkenden ehrenamtlichen Grundlagen in der Jugendförderung unzähliger Vereine, bis zur gelebten Weltoffenheit eines Teams von Spielern mit Wurzeln in fast einem Dutzend unterschiedlicher Länder.

Leichtsinnig wird mit der versuchten Verdrängung des „Nationalen“ am notwendigen Kitt des Zusammenhalts einer Gemeinschaft gekratzt. Der überragende Evolutionsvorsprung des Menschen ist sein aufgeklärter Egoismus – die Gegenseitigkeit der Uneigennützigkeit. Das entfaltet sich in solidarischen Gemeinschaften. Familien, Gemeinden, Länder und Nationen haben sich dabei als handhabbare Organisationseinheiten herauskristallisiert. Gemeinsame Abstammung, aber vor allem gemeinsame Sprache, Werte und Kultur formen einen Rahmen, der erst die notwendige Loyalität erzeugen kann.

Die Nation ist insofern zuallererst eine Definition nach innen. Und sie ist ein Ausdruck des Miteinanders, des notwendigen Aufgebens eines Teils der Individualität fürs Gemeinsame. Davon haben wir heute wohl eher zu wenig, als zu viel. Also zeigt Flagge.

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