Eigentlich ist er ein Erfolgsautor wider Willen, bereits mit „Der Euro: Chance oder Abenteuer?“ das vor der Euro-Einführung erschien. Da galt Sarrazin noch nicht als „umstritten“, wie heute das Prädikat lautet, mit dem geistige Unabhängigkeit diskreditiert werden soll.
Er meldet sich wieder zu Wort. Alle zwei Jahre, mit der Präzision eines Uhrwerks erscheint ein neues Buch von Thilo Sarrazin. Und alle zwei Jahre gibt es einen Aufschrei in den braven Medien, die sich an Angela Merkels Wort gebunden fühlen, Sarrazins Einschätzungen seien „nicht hilfreich“.
Analyse ist nicht gewünscht, schon gar nicht Kritik. Aufgabe von Buchautoren scheint es zu sein, der Regierung zu Diensten zu stehen. Und alle zwei Jahre wieder wird Sarrazins aktuelles Werk zum Bestseller. Das will heute zwar nicht viel heißen, 5.000 verkaufte Exemplare reichen für so einen Titel schon aus. Aber Sarrazin verkauft mindestens 200.000 Exemplare. Eigentlich ist er ein Erfolgsautor wider Willen. Schon 1997 erschien im sozialdemokratischen Verlag Dietz sein Buch „Der Euro: Chance oder Abenteuer?“ Im Vorfeld der Euro-Einführung war es von 1997 bis 1999 das meistverkaufte deutsche Sachbuch zur künftigen Europa-Währung und wurde vielfach zu Schulungszwecken benutzt. Da galt Sarrazin noch nicht als „umstritten“, wie heute das Prädikat lautet, mit dem seine geistige Unabhängigkeit diskreditiert werden soll.
Von 1975 bis 1997 absolvierte Sarrazin in verschiedenen Bundes- und Landesministerien eine brillante Karriere als Ministerialbeamter. Höhepunkt dieser Laufbahn war von 1989 bis 1991 seine zentrale Rolle im Bundesfinanzministerium bei der Einführung der D-Mark in der DDR und bei der Transformation der DDR-Wirtschaft. Theo Waigel hat sie in seinen 2019 erschienenen Memoiren gewürdigt. Auch das 1998 erschienene historische Standardwerk von Dieter Grosser „Das Wagnis der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion“ hat die Leistung Thilo Sarrazins lobend hervorgehoben. Im März 2020 widmeten der ehemalige Volkskammer-Präsident Richard Schröder und der Politikwissenschaftler Eckhard Jesse der damaligen Leistung Sarrazins einen Artikel mit dem Titel „Am Anfang war das Geld“.
2002 wurde er Berliner Finanzsenator und vollbrachte dort in seiner gut siebenjährigen Amtszeit zwei riesige Sanierungsleistungen: Mit einem radikalen Sparkurs beseitigte er das Berliner Haushaltsloch von jährlich über 5 Mrd. Euro und erwirtschaftete 2007 den ersten Haushaltsüberschuss der Landesgeschichte.
Die bankrotte Berliner Bankgesellschaft wurde zunächst mit einer Landesbürgschaft vor der Zahlungsunfähigkeit gerettet, sodann saniert und schließlich 2007 kurz vor der Finanzkrise für einen Rekordpreis von 5,3 Mrd. Euro verkauft.
Doch dann benutzte Sarrazin ein „falsches“ Wort: „Kopftuchmädchen“; er wollte seine Bedenken ausdrücken, ob die Kinder türkischer Einwanderer, insbesondere die Mädchen, den Aufstieg aus ihrem Milieu in die moderne Arbeitswelt schaffen würden. Das Wort wurde als „rassistisch“ gebrandmarkt, der Zusammenhang nicht hinterfragt. Thilo Sarrazin musste seine Berufslaufbahn 2010 als Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank beschließen. Diejenigen in Berlin, die ihn aus dem Amt trieben, dürften es bald bereut haben.
Schon im August 2010 erschien Sarrazins Millionen-Bestseller „Deutschland schafft sich ab“. Das Buch wurde in der Bundespressekonferenz von der deutsch-türkischen Publizistin Necla Kelek vorgestellt und erfuhr von ihr hinsichtlich der Aussagen zu Zuwanderung und Integration höchstes Lob. Die Empörungswellen, die den beispiellosen Verkaufserfolg des Buches in vielen Medien begleiteten, arbeiteten sich an Reizvokabeln ab, ohne den Inhalt des Buches ernsthaft zur Kenntnis zu nehmen. Seither steht Sarrazin unter dem Bannfluch der Kanzlerin und ihrer Gefolgsmedien. Der zentrale Vorwurf war erneut der des Rassismus. Sarrazin habe Zweifel an der Intelligenz von Einwanderern aus muslimischen Gesellschaften geäußert und die Intelligenz von Juden hervorgehoben.
Bereits wenige Tage nach dem Erscheinen des Buches, am 7. September 2010, veröffentlichten die renommierten Intelligenzforscher Heiner Rindermann und Detlef Rost einen großen Artikel in der FAZ, in dem sie nachwiesen, dass Thilo Sarrazin die psychologische Fachliteratur richtig verstanden hatte. Und obwohl er von den Medien zum Außenseiter gestempelt wurde – das lesende Publikum ließ sich davon nicht beirren: Über eine Million Exemplare seines Buches wurden verkauft. Gelesen wurde es aber nicht von den Kritikern: Ein Rezensent der WirtschaftsWoche begann seine Besprechung sogar mit der Erklärung, er habe das Buch, über das er schreibe, nicht gelesen. Es ist ein paradigmatischer Satz, der seither die Rezeption der Werke Sarrazins begleitet. Sarrazin argumentiert nüchtern, detailliert, oft ausufernd und akribisch in den Fußnoten. Eine Fehlersuche in den Werken des Privatgelehrten gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Längst haben seine Kritiker den Versuch des Nachweises wegen erwartbarer Erfolglosigkeit aufgegeben.
Im Mai 2012 veröffentlichte Sarrazin „Europa braucht den Euro nicht“, ebenfalls ein Bestseller. Im Jahresrückblick der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung wurde es als das beste Wirtschafts-Sachbuch des Jahres 2012 genannt. Seiner Analyse ist bis heute nichts hinzuzufügen – nur die Nullen der Staatsfinanzierung durch die EZB sind zu einer längeren Schlange geworden, die Fragwürdigkeit dieser Politik steigt mit jedem Tag.
In seinem nächsten Werk „Wunschdenken“, das im April 2016 erschien, befasst sich Sarrazin mit den erkenntnistheoretischen Grundlagen und praktischen Anforderungen guter Regierungspraxis, wobei er seine umfangreichen beruflichen Erfahrungen praktisch einbezieht. Der Historiker Prof. Andreas Rödder übernahm die Würdigung und ordnete die Analysen des Buches in die aktuelle politische Entwicklung ein, die durch offenkundiges Staatsversagen geprägt ist. Grenzöffnung, Energiewende und Industriepolitik: Die großen Vorhaben Merkels werden zur Belastung für die Zukunft Deutschlands. Regierung ist Kunst, die über den persönlichen Machterhalt hinausdeutet. Sarrazins preußisches Staatsverständnis und seine Grundhaltung als Staatsdiener kollidieren mit der neuen Realität, in der Parteibuch in Verbindung mit Quote und Opportunismus zum Herrschaftsprinzip erhoben wurden.
In „Feindliche Übernahme“ schließlich, das im August 2018 veröffentlicht wurde, widmet sich Sarrazin dem Scheitern von Merkels Einwanderungspolitik. Eine Gesellschaft, die nicht weiß, wer sie ist und was sie will und die Einwanderern gegenüber keine Anforderung zur Integration formuliert, wird zum Objekt ungewollter Veränderung. Oder um es mit einem Wort von Scholl-Labour zu sagen „Wer halb Kalkutta aufnimmt, rettet nicht Kalkutta sondern wird selbst zu Kalkutta.“
Der ehemalige SPD-Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky, stellte das Buch in der Bundespressekonferenz vor. Er unterstützte die Thesen und betonte, dass nach seiner kommunalpolitischen Erfahrung die Wirklichkeit zumindest in Neukölln weitaus schlimmer sei, als von Thilo Sarrazin beschrieben.
Sein neues, mit Spannung erwartetes Buch trägt den Titel „Der Staat an seinen Grenzen“ und wird Ende August erscheinen. Sarrazin zieht Bilanz: zehn Jahre nach „Deutschland schafft sich ab“. Haben sich seine Befürchtungen bestätigt?
Wer Sarrazin verlegt, braucht Mut – den Mut der Unangepasstheit, der frühere Verleger auszeichnete. Heute beherrschen gesichtslose Konzerne die Regale der Buchhandlungen. Konfliktscheu, gepaart mit vorauseilendem Gehorsam gegenüber den Multiplikatoren in den Medien gehören zur Kernkompetenz von Verlagsmanagern, die den stetigen Niedergang der Verkaufszahlen verwalten.
Sarrazin hat einen neuen Partner gefunden. Der traditionsreiche LangenMüller Verlag steht seit jeher für Vielfalt in Belletristik und Sachbuch. Literarische Klassiker und Bestseller-Autoren wie Norman Mailer und Alexander Solschenizyn haben hier ebenso eine Heimat gefunden wie Ephraim Kishon, Herbert Rosendorfer, Stefanie Zweig und viele andere. Heute führen Rafael Seligmann, Arno Surminski und Konrad Bernheimer die belletristischen Erfolge des Verlages weiter.
Im Mittelpunkt des Sachbuchprogramms stehen bis heute Autoren, die mit ihren Thesen, kritischen Meinungen und einem anderen Blick auf die Welt für Meinungsbildung und Diskurs sorgen. Dieses verlegerische Selbstverständnis bewies LangenMüller bereits vor über 100 Jahren mit der politischen Satire der Zeitschrift „Simplicissimus“, die anti-demokratische Tendenzen in der Weimarer Republik ebenso bekämpfte wie das “süße und lähmende“ Gift der Konformität.
Streitlust und Mut zur Kontroverse zeichneten damals wie heute erfolgreiche Verleger-Persönlichkeiten aus. Die Leser wissen das zu schätzen. Pro Sarrazin ist eine Abstimmung mit dem Geldbeutel und mit den Füßen wirkungsvoller als die Stimmabgabe an der Urne ohne Veränderungsaussicht. Viele Buchhändler boykottieren Sarrazin. Wer ihre Ladenschwelle überschreitet, wird bevormundet. An Sarrazin im Schaufenster lässt sich ablesen, ob es sich um eine Bevormundungs-Buch-Handlung oder einen Ort des freien und unabhängigen Denkens handelt. Sarrazins Bücher sind nicht nur kritische Lektüre, sondern längst ein Statement.
Wir freuen uns, Ihnen das neue Buch von Thilo Sarrazin, „Der Staat an seinen Grenzen“, das am 31. August erscheint, ab sofort zur Vorbestellung im TE Shop anbieten zu können. Dort finden Sie auch die hier besprochenen bereits erschienenen Werke des Autors.
Thilo Sarrazin, Der Staat an seinen Grenzen. Über Wirkung von Einwanderung in Geschichte und Gegenwart. LangenMüller Verlag, ca. 450 Seiten, 25,- €.
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Ich gehe einmal davon aus, in ca. 20 Jahren werden seine Bücher als Anlass genommen für Äusserungen dieser Art “ wie konnte es mit Deutschland so weit kommen oder wer hat diese Entwicklung zugelassen „, es wurde doch bald genug davor gewarnt ! Tja, hat leider so gut wie niemand zur Kenntnis genommen, aber jeder hat sich das Maul darüber zerrissen, meist ohne es gelesen zu haben. Ich habe mehrere seiner Bücher gelesen, nun, eigentlich ist es sogar noch schlimmer wie vorher gesagt. Daher habe ich schon seit Jahren meine Schlüsse daraus gezogen und da ich selbstständiger Handwerksmeister bin dementsprechend… Mehr
Tilo Sarrazin ist für Politik, Medien und weite Teile der gehirngewaschenen Bevölkerung nur ein weiterer „alter, weißer Mann“, dem der Mund verboten gehört.
Es ist zu spät. Durch das, was jetzt kommt , müssen wir leider durch. Wer schon älter ist, hat Glück gehabt und wird noch irgendwie durchkommen. Die Jüngeren könnten einem leid tun, wenn sie es nicht genauso haben wollten.
Nicht alle Jungen sind so besch….., es so zu wollen, aber alle Jungen dürfen es ausbaden …
Das Problem ist und bleibt, dass Sarrazins Bücher von denjenigen nicht gelesen werden, die es am allermeisten bräuchten. Der genannte WiWo-Rezensent ist (ebenso wie unsere geliebte Bundeskanzlerin) ein exquisites Beispiel dafür, . Übrigens: Wer war damals Chefredakteur der Wirtschafts-Woche? Verflixt, ich komm nicht drauf, war irgendjemand mit T am Anfang und y am Ende.
Sarrazin schreibt, was ein Sechstel der Bevölkerung bereits weiß und fünf Sechstel dennoch leugnen. Seine Bedeutung besteht darin, DASS er schreibt. In den Tagen unserer Enkel werden seine Bücher als Zeugnis aufgerufen werden gegen alle, die sich wie seinerzeit auf vorgebliche Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse berufen wollen werden. Ob das dann noch etwas bringt, ist die andere Frage.
Lieber Herr Tichy,
Ihnen und Ihrem Team gebuehrt Dank. Dank dafuer, dass Sie mit Ihrem Unternehmen, mit Ihren Mitarbeitern und mit Ihren eigenen hohen geistigen IQ Herrn Sarrazin unterstuetzen.
Der geistige Brunnen unserer „Fuehrungkraefte“ ist ausgetrocknet. Sie Herr Tichy, und Sie Herr Sarrazin, und wenige Andere sind die Oase, die uns vor VERBLOEDUND, VERDUMMUNG und geistiger Vergewaltigung schuetzt.
Ich, (82) finde es traurig, dass ich einen solchen Kommentar schreiben muss.
Sarrazin hat mal gesagt oder geschrieben, weiß gerade nicht wann und wo: Wenn es alle auf Erden so machen täten wie wir, wie Japan mit unseren 1,5-Kind-Frauen, dann wären alle Probleme immer entschärfter, nicht immer noch mehr exazerbiert. Also: Anstatt eine Milliarde mehr Menschen pro Jahrzehnt lieber deren eine weniger – zumindest mal eine ganze Weile. Dabei sind nicht die „Kopftuchmädchen“ die Schuldigen, sondern all diejenigen, die die in Kinderehen früh- und vielschwängern, mit dem Ziel, der Absicht, der demographischen Eroberung von DE und Europa. Wir befinden uns schon lange im Visier und sie werden immer mehr und sie beanspruchen… Mehr
Ich hab mich schon oft gefragt warum Aktenzeichen XY nicht längst zensiert wurde. Warscheinlich ist es das längst. Sonst würde man eh nur noch Männer mit Hipster Bart und Undercut Frisur sehen, oder?
Der ehemals völlig abgehobene (Côte d’Azur) Middelhoff hatte dies im Gefängnis erstaunt festgestellt.
Willkommen im Club.
Leider bin ich noch nicht physisch ausgewandert. Die 25 Prozent Gewinnsteuer, auch nahezu ein Alleinstellungsmerkmal (außer Schweden und wenige Andere) bleibt auch. Nicht, daß der kleine Bürger wohlmöglich noch der Kauftkrafthalbierung und Enteignung durch Nullzins entflieht. Schließlich sind die die Migranten teuer. Natürlich hat Italien, Spanien und Griechland keine 25 Prozent Steuer auf Aktiengewinne. Im Gegenteil, sie bekommen von uns obendrauf das Kurzarbeitergeld über die Corona Milliarden und sonstige Sozialleistungen. Natürlich ist dort die Steuerbelastung geringer. Wäre ja noch schöner.
Wird sicher nicht hilfreich das Buch, passt nicht zu Phrasen und purer Ideologie.
Sarrazin ist vorzuhalten, daß er die ganze Dimension der Entwicklung entweder nicht erfaßt (was zugegebenermaßen nicht so einfach ist) oder die Dinge verharmlost und kleinredet. Ferner fehlt mir eine „Ursachenforschung“. Die einfache Frage nach dem „warum“ oder der politischen Absicht, die dahinter steckt.
Trotzdem werde ich natürlich sein Buch bestellen und natürlich über TE ))))
Das habe ich mich auch gefragt, gerade nach seinem Buch „Der neue Tugendterror“. Alles wunderbar beschrieben, nur die Antwort warum das alles so ist bleibt aus.
Dahinter stecken meiner Meinung nach die Verlockungen des größten Marktes der Welt, des muslimischen, größer als China, mit 1,6 bis 2,0 Milliarden Konsumenten, schnell wachsend, vollgestopft von Allah mit Rohstoffen aller Art zum Bezahlen, unfähig, jemals Konkurrent zu werden für uns. Und wer verkaufen will, muss freundlich sein – oder zumindest so tun. Weiß ich aus der Pharma. Nichts dagegen, ideal für ein rohstoffarmes Exportland, die Invasionskosten sollten wir dennoch so langsam in den Griff bekommen, Inshallah. **