Es ist DIE Erkenntnis des Wochenendes: der Tortenwurf ist dabei, sich in Deutschland als politische Protestform Nr. 1 zu etablieren! Das wirft Fragen auf: Warum blieb anderen Wurfgeschossen dieser Erfolg verwehrt? Ist die ANTIFA vielleicht islamfeindlich? Ein köstlicher Kommentar.
Ende der 80er erlebte das Tortenwerfen in Deutschland seine große Renaissance mit „Alles nichts oder“ auf RTLplus. Darf ich „Kultsendung“ sagen? Am Schluss jeder Ausgabe dieser herrlich schwachsinnigen Show gab’s für Conférencier Hugo Egon und die dicke Hella so richtig schön in die Fresse. Ein (ganz ehrlich!) löbliches, weil ungeschminktes Bekenntnis zur Verblödungsmission des frisch in die freie Empfängnis gelangten Privatfernsehens und gleichsam Hommage an fast vergessene Slapstickzeiten mit Dick und Doof. Tortenschlacht – das stand für Spaß, Kindergeburtstag, Dolce Vita, Schleck und weg und auch für die (gerade bei uns) so seltene Selbstironie. Ziel war stets, gemeinsam zu lachen und nie ein echtes Bloßstellen des Beworfenen, insofern ähnelte der Tortenwurf dem zwischenzeitlich populär gewordenen Wasser-Übern-Kopf-Kipppen aus Rudis Tagesshow (Carrell gegen Blüm, die Älteren erinnern sich). Protest? Ach was, dafür musstest du bei Aldi andere Regale ansteuern, aber: jedes Produkt hatte seine Halbwertzeit …
Im Club der toten Wurfgeschosse gibt’s viele Mitglieder. Beispiele gefällig? Ich zitiere (immer gern) wikipedia.de: „Das ‚Puddingattentat‘ konnte sich im Gegensatz zum Tortenattentat nicht durchsetzen“ – ich hoffe inständig, nicht der einzige zu sein, der diesen vermutlich ernst gemeinten Quark unfassbar lustig findet. Wikipedia führt jene Oetkerei in einer Sammlung von (Achtung!) „Sonderformen der Tortung“, zu denen auch die Eier auf Kanzler Kohl gezählt werden. (Ich neige zu der Vermutung: da schreibt gerade jemand eine Doktorarbeit zu dem Thema.) Na, das war was damals in Erfurt, oder? Folgender Satz des Altkanzlers wird mir stets in Erinnerung bleiben: „Wer noch nie ein Ei ins Gesicht bekommen hat, der weiß gar nicht, wie weh das tut.“
Helmut Kohl ist eben unser Cicero! Boxexperte Rene Weller übrigens attestierte Kohl bei Analyse der anschließenden Prügelszene echte Geberqualitäten, alles war bereitet für Nachahmungstaten. Aber: Nix! Stattdessen setzten die Hände der Helden zum neuen Wurf an: Farbbeutel! Joschka Fischer ist das berühmteste Beispiel; um ihn damals ja nicht zu verfehlen, suchte Täter Toni (Name verfremdet) die ganz kurze Distanz, wäre aber fast an der eigenen hohen Laufgeschwindigkeit gescheitert. Doch auch wenn von ganz links bis ganz rechts das fälschlich blutverströmt aussehende Fischergesicht Menschen zu unterschiedlichen Tränen rührte, blieb dies dennoch nur das Abbild eines Intermezzos.
Als ich vor Jahren unsere Kanzlerin Frau Merkel aufrichtig zu verachten begann, überlegte ich beim Blick auf ein CDU-Besuchsandrohungsplakat in Duisburg ernsthaft, womit ich sie am liebsten bewerfen würde. Meine Wahl wäre ganz klar auf verfaultes Obst gefallen oder holländische Tomaten. Eine Torte? Na, ich möcht‘ der Frau doch keine Sympathie schenken, sondern sie herabwürdigen. Unter Wahrung einer letzten Geschmacksgrenze versteht sich, ein (bääääääh) Kotbeutel, wie Thilo Sarrazin ihn vor deutschen Bibliotheken damals gern gereicht bekam, wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Kotbeutel sind nach kurzer Schwungphase derzeit genau so out wie der Schuh. Erinnern Sie sich? George W. Bush bekam einen solchen 2008 bei einer Pressekonferenz entgegen geschleudert von einem arabischen Protestler, den sich danach hiesige Langzeitstudenten zum Vorbild nahmen. Schuhe flogen gegen Banken, für die Umwelt oder einfach so – nach dem Motto: die Tradition kommt von woanders, also muss sie gut sein. Doch auch die Schuhe sind müde, es fliegen lang schon keine mehr. Warum eigentlich? Weil es vermutlich saublöd ist, mit nur einem Schuh im Cabrio des Vaters nach Hause zu fahren, oder weil die ANTIFA insgeheim doch islamfeindlich ist. Wie auch immer: Wir müssen den Triumph der Torte wohl akzeptieren …
Hella von Sinnen hat’s inzwischen gestanden: Nach Folge 1 wurden nur noch Attrappen geworfen mit Rasierschaum, das andere war kostspielig und zu schmerzhaft. Mit diesem erschütternden Bekenntnis im Kopf möchte ich Panorama, Frontal21 und Co. hier mal um Recherche bitten (also ECHTE Recherche, meine ich, so wie früher, mit Rausgehen und Prüfen, nicht nur mal eben ins Internet): Was ist drin in den Torten? Sind die echt? Und wenn ja: Welcher Student kann heute noch backen? Ich kenne keinen! Und: Wäre das nicht dekadenteste Verschwendung von Lebensmitteln, mal ganz in unecht jetzt? Falls falsch: Welche Inhaltsstoffe schmeckte von Storch? Welche Wagenknecht? Werden beim Zubereiten alle Auflagen gewahrt? Oder gibt es Beschaffungskriminalität? Frau Reschke, übernehmen Sie!
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