Mit wieviel Staatseinfluss hebt die Lufthansa noch ab?

Co-Pilot oder Passagier - für die Rettung der Lufthansa will der Staat mehr Einfluss. Wird der Kranich damit zum Dauerproblem wie die Deutsche Bahn?

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Die Corona-Pandemie hat nicht nur die deutsche Automobilindustrie, sondern auch die Lufthansa schwer getroffen. Anders jedoch als bei der Mobilität zu Lande, die mit dem Automobil immer noch zu bewerkstelligen ist, sind Massen-Luftfahrt und social distance im Corona-Zeitalter unvereinbar. Wegen der Pandemie ist der Flugbetrieb bei der Lufthansa, ebenso wie auch bei anderen Fluggesellschaften, fast vollständig zum Erliegen gekommen, über 80 Prozent der Flugzeuge stehen am Boden. Da aber weiterhin hohe laufende Kosten entstehen, wird das Unternehmen durch Milliardenverluste belastet. Die meisten Mitarbeiter befinden sich in Kurzarbeit, Piloten sehe sich plötzlich aller hart erstrittenen Privilegien beraubt.

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Und das wird auf längere Zeit auch noch so bleiben, jedenfalls nach neuesten virologischen Erkenntnissen über die mögliche Verfügbarkeit von wirksamen Schutzimpfungen und Schnelltests in der Breite. Jedenfalls länger als die Lufthansa, Aushängeschild der deutschen Wirtschaft, wirtschaftlich durchstehen würde. Wenn Lufthansapiloten, die in Tarifverhandlungen der vergangen Jahren nie durch Gemeinwohl-Rücksicht und zarte Besaitung aufgefallen sind, freiwillig auf 45 Prozent ihres Einkommen verzichten wollen, sofern dafür ihre Arbeitsplätze gerettet würden, dann wird auch Laien eines klar: Da ist Feuer in der Kabine, da brennt es wirklich.

Das sieht der Lufthansa-Vorstand genauso! „Die Unterstützung durch den deutschen Staat wäre für uns ein entscheidender Schritt für unsere Zukunftsfähigkeit“, schrieb der Vorstand um Konzernchef Carsten Spohr letzten Sonntag in einer internen Mitteilung an die Belegschaft. Die Lufthansa verhandelte zu dieser Zeit bereits mit der Bundesregierung über staatliche Hilfen im Gesamtvolumen von rund zehn Milliarden Euro.

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Davon sollen 5,5 Milliarden Euro in Form einer stillen Beteiligung des Bundes an die Lufthansa fließen. Im Gegenzug verlangt die Bundesregierung dafür demnach eine Garantiedividende von neun Prozent. Außerdem wolle der Staat mit 25,1 Prozent direkt bei der Lufthansa einsteigen, was knapp eine Milliarde kosten dürfte. Weitere 3,5 Milliarden Euro solle die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beisteuern, für welche die Regierung eine Bürgschaft übernehmen will.

Über die Konditionen für das Unterstützungspaket muss allerdings eine Einigung mit der Lufthansa erzielt werden. Getreu dem alten Grundsatz: „Wer zahlt, schafft an“, erwartet der Bund im Gegenzug zur staatlichen Beteiligung auch eine Gegenleistung in Form von Mitspracherechten; bis zu zwei Aufsichtsratsmandate sind im Gespräch. Und genau darüber herrscht zwischen Lufthansa-Vorstand und Bund offener Dissens. Lufthansa Chef Carsten Spohr lehnt zu großen staatlichen Einfluss etwa in Form von Aufsichtsratsmandaten ab. Stattdessen zieht er angeblich lieber eine Insolvenz mit Flucht unter den Rettungsschutzschirm in Betracht, als die Bundesregierung im Konzern mitreden zu lassen, z.B. über Vorstandsgehälter und Flugpläne.

So hatte Spohr bis zuletzt vor einem zu großen Staatseinfluss auf sein Unternehmen gewarnt. Dazu führt er an.

  • Zum einen lasse sich der Konzern mit dem Staat am Steuer nur sehr schwer lenken. Dazu ist anzumerken, dass auf der (heutigen) AR-Sitzung am 05. Mai ohnehin fünf neue Aufsichtsräte bestimmt werden müssen. Insofern ist nicht ganz einleuchtend, warum der Konzern plötzlich vom „Staat gelenkt würde“, nur, weil künftig ein oder zwei politische Vertreter mit im Aufsichtsrat sitzen könnten. Eine staatliche Geschäftsführung sähe wohl anders aus und war bisher vom Bund bei keiner seiner Rettungs-Beteiligungen, z. B. bei der Commerzbank, erkennbar.
  • Zum anderen fürchtet Spohr um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Lufthansa, die er offensichtlich durch eine Staatsbeteiligung gefährdet sieht. Wenn Lufthansa im globalen Wettbewerb langfristig gegen die jeweils drei großen Airline-Gruppen in den USA, in China und am Golf bestehen wolle, dann zum einen nur als europäische Airline Gruppe. Von einer Zerschlagung der Lufthansa war aber bis dato aus Regierungskreisen nichts zu hören.
  • Zum anderen fürchtet Spohr eine Überschuldung durch die geplanten 10 Milliarden Euro Zufluss durch die Staatskredite. Insbesondere Wettbewerber aus den USA, China oder auch die sogenannten Billigairlines versuchten sich jetzt in der Corona-Krise mit staatlicher Hilfe gesund zu sanieren. So wurde in den Vereinigten Staaten schon vor einem Monat ein Rettungspaket von 25 Milliarden US-Dollar für dortige Fluggesellschaften geschnürt; ein Fünftel dieser Summe sollen die Airlines quasi geschenkt bekommen.

Davon will Berlin mit Augenmerk auf die Steuerzahler natürlich nichts wissen. Kein Dissens dürfte es allerdings darüber geben, wenn Spohr betont, Lufthansa müsse schon heute an einem Plan arbeiten, wie staatliche Kredite und Beteiligungen so schnell wie möglich wieder zurückgeführt werden können.

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Aus ökonomischer Sicht sprechen alle diese Argumente eher für als gegen eine befristete staatliche Rettungs-Beteiligung des Bundes an der Lufthansa. Wenn die Politik dazu aufgerufen ist, darauf zu achten, dass staatliche Hilfen weder zu einer Schieflage bei der eigenen Verschuldung noch im internationalen Wettbewerb führen, so kann sie das am besten, wenn sie selber in die Entscheidungen eingebunden ist. Und auch Einfluss auf internationaler Ebene nehmen kann.

Häufig außer objektiver Betrachtung gerät nämlich der Umstand, dass die vom Bund anvisierte temporäre Beeilung an der Lufthansa ist keiner strategische Zielsetzung entspringt, sondern eine Notlösung ist. Sie ist keine böswillige Verstaatlichung, sondern ausschließlich der Corona-Not geschuldet. In der jungen Geschichte der Bundesrepublik ist der Staat bislang nie als strategischer Investor aufgetreten, sondern stets nur als lender of last resort , als Notnagel, wenn das Kind im Brunnen lag oder kurz davor war, hinein zu fallen.

Schließlich kommt hinzu, dass die von Lufthansa Chef Spohr angedachte Alternative der Insolvenz mit juristischem Rettungsschirm – zu Ende gedacht – für Management und Mitarbeiter mit erheblich größeren Risiken verbunden wäre, als sie je von zwei Beauftragten des Bundes im Aufsichtsratsgremium ausgingen. Denn, so Spohr selber: „Staatshilfen sind kein Selbstzweck. Wir verbinden damit klare Ziele und sehen uns gegenüber den Steuerzahlern, die diese Hilfen ermöglichen, in der Verantwortung: Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wollen wir – egal in welchem Szenario – die Lufthansa Group und die europäische Airline Gruppe zusammenhalten. Das ist unser übergreifendes Ziel.“

Auf dieser Basis sollte die Rettung der Lufthansa durch Beteiligung des Bundes kein Problem sein.


Dr. Helmut Becker, IWK

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Kommentare ( 10 )

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Johann P.
4 Jahre her

Die SPD, in Person ihrer beiden Koryphäen Olaf Scholz und Svenja Schulze, hat schon mal die Bedingungen klar gestellt, zu denen die Staatshilfe fließen würde: Zwangsdividende und „Klimaschutz“-Vorgaben wie das Streichen von Kurzstreckenflügen oder „eine Quote von zwei Prozent für synthetische Kraftstoffe einzuführen, die mit Hilfe von Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden – aus sogenanntem grünen Wasserstoff“. Herr Spohr müsste mit dem Klammerbeutel gepudert sein, auf sowas einzugehen!

Holzdrache
4 Jahre her

Naja, vielleicht würde sich ja Bahnvorstand Pofalla einen Einsatz bei der Lufthansa vorstellen können. Damit wäre dann schon mal eins der beiden zu vergebenden Aufsichtsratsmandat kompetent besetzt. Und vielleicht hat er ja sogar noch einen Kumpel.

Boudicca
4 Jahre her

Es gibt sicher die Möglichkeit ein Crowfunding für die Lufthansa zu starten, mit einem Mix an privaten Krediten, Flug-Gutscheinen und vielleicht so etwas wie die Ausgabe einer Coronarettungsaktie.
Die Lufthansa hat noch ein bisschen Zeit in der man eine Aktion „Rettet die Lufthansa“ starten könnte. Wenn die Geschäftsleitung und die Piloten zeigen, dass sie bereit sind in Notzeiten auf größere Gehälter zu verzichten würden sie bei entsprechender Werbung bestimmt viele Unterstützer finden.
Ich würde einen Fluggutschein oder eine solche Aktie kaufen.
Es wäre schließlich ein weiteres Stück ideeller Freiheit das wir mit der Unabhängigkeit von Lufthansa verlieren.

Ananda
4 Jahre her

„Im Gegenzug verlangt die Bundesregierung dafür demnach eine Garantiedividende von NEUN Prozent.“ Ist ja absolut frech. Diese Regierung enteignet jeden Sparer mit ihrem Null Prozent Zinssatz. „Rettet“ mit Steuergeldern ein Unternehmen und verlangt dafür 9 % Dividende. „Die Regierung übernimmt eine Bürgschaft“. Ach ehrlich?? Müssen die gut verdienen oder bürgt wieder mal ungefragt der Bürger. „Wenn die Politik dazu aufgerufen ist, darauf zu achten, dass staatliche Hilfen weder zu einer Schieflage bei der eigenen Verschuldung noch im internationalen Wettbewerb führen, so kann sie das am besten, wenn sie selber in die Entscheidungen eingebunden ist. “ Denken Sie das wirklich??? …… Mehr

StefanH
4 Jahre her
Antworten an  Ananda

„Ist ja absolut frech.“

Das ist nicht weiter dramatisch. Ab dem Zeitpunkt, wo der deutsche Staat und seine überaus (zu allem) fähigen Mitarbeiter einsteigen, kann man damit rechnen, dass die Gewinne in kürzester Zeit bei Null liegen und die Dividende ebenso hoch. Chapeau!

rainer erich
4 Jahre her

Da wird einiges „uebersehen“, was die Beteiligung dieses!, die Betonung liegt auf „diesem“ Staat, mehr als problematisiert. Ob sich dieser Staat, zumal bei einer Fluggesellschaft, strategisch und operativ zurueckhaelt, ist mit Blick auf die linke Gruenisierung sehr zweifelhaft, vom hundertfach bewiesenen Missmanagement dieses Staates ganz zu schweigen. Im Unterschied zum Autor moechte ich diesen linksgruenen Staat unter Merkel an keinem Unternehmen beteiligt sehen, zumal die Mittel nicht von Merkel und Co privat bezahlt werden, sondern Mittel des Souveräns sind und bleiben. Ob die linksgruenen Totalitaristas tatsaechlich die Interessen des Souverän vertreten, kann man stark bezweifeln. Da sollte der Autor etwas… Mehr

Max Wilde
4 Jahre her

Die Lufthansa benötigt zweifellos Hilfe, um die kommenden Monate zu überstehen und der Staat steht bereit, diese Hilfe zu geben, freilich zu Bedingungen, die die Lufthansa nicht ohne weiteres gutheissen kann. Das erste Angebot des Wirtschaftsministeriums konnte die Lufthansa kaum annehmen. Für eine Sperrminorität nach einer Kapitalerhöhung wollte der Staat zwei Aufsichtsräte stellen, was eine unmögliche Konstellation im AR zur Folge gehabt hätte: Die Arbeitgeberseite hätte ihre gesetzliche Mehrheit an eine Staats- und Gewerkschaftsfraktion verloren, was nicht akzeptabel für die notwendige Sanierung gewesen wäre. Weiter verlangte der Staat für seine 25% eine 9%ige Garantiedividende, obwohl er sonst gegen Dividenden wettert… Mehr

jboese2
4 Jahre her

Ich w0nache der Lufrhansa viel Glück, bin aber bei einer operativen Beteiligung des Staates skeptisch. Ich erinnere mich noch zu gut an die staatliche Lufthansa. Lustig das die modernste und pünktlichste Airline in Europa die Aeroflot geworden ist. Wenn der Staat an der Airline interessiert isr geht alles. Deutschland steht Luftverkehr aber sehr negativ gegenüber. Gut, von meinem Wohnort bin ich in dtei Stunden mit dem Zug in Amsterdam das ist derselbe Zeitaufwand für einen Zubringerflug nach München oder Frankfurt (alles eingetechnet). Trotzdem, ich hoffe die Lufthansa schafft es.

Karli
4 Jahre her

Ich wünsche mir so sehr die Wiederholung der Fernsehserie „Das Amt“ mit Jochen Busse.
Als Anschauung für die staatliche oder kommunale Kompetenz. Wenn der Staat die Finger drin hat, wird die Sache zum Fiasko. Das dümmste Argument ist noch, bei Staatsbeteiligung den Aktionären die Dividenden zu versagen. Hey Leute, wisst ihr eigentlich, dass ein Dividendenempfänger vorher sein Geld reingesteckt hat?

Carlos
4 Jahre her

Dobrindt und Scheuer sollten (als Tandem) die Lufthansa übernehmen. Meinen nächsten Mallorca-Urlaub buche ich dann im Heißluftballon.