Autokonzerne wollen wieder produzieren – mit Staatshilfe

Autokonzerne wollen ihre Werke nach dem wochenlangen Produktionsstopp wieder hochfahren. Zugleich bringen die Autobauer staatliche Prämien ins Spiel und Bayerns Ministerpräsident Söder fordert ein „Automobil-Programm“ in Form der früheren „Abwrackprämie“. 

Christof Sache/AFP/Getty Images

Die Automobilwirtschaft gehört zu den am schwersten von der Coronakrise betroffenen Branchen. Auf dem internationalen Automobilmarkt ist in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie ein Minus von 18 Prozent zu erwarten. Nicht zuletzt in Deutschland verzeichnen die Hersteller bei Produktion und Export drastische Rückgänge. Automobilmarktanalyst Ferdinand Dudenhöffer rechnet damit, dass sich der asiatische Markt schneller erholen wird als der europäische und der nordamerikanische. 

Mittlerweile bereiten sich die Autokonzerne mit Hochdruck darauf vor, ihre Werke nach dem wochenlangen Produktionsstopp wieder zu öffnen. Das wäre aufgrund der Bedeutung der Branche von zentraler Bedeutung für die deutsche und europäische Wirtschaft: Die Autokonzerne selbst haben in Deutschland knapp 833.000 Mitarbeiter. Dazu kommen laut statista.de etwa 311.000 Beschäftigte in den Zulieferbetrieben, sowie Personal bei den Autohändlern, Fahrzeugversicherern und Servicebetrieben.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Volkswagen will die Fahrzeugproduktion in Deutschland Ende April wieder hochfahren. Dennoch soll es in Wolfsburg, Emden und Hannover erst einmal nur mit einer stark reduzierten Stückzahl losgehen. In der Fertigung würden „Abläufe so geändert, dass der Schutz vor einer Übertragung des Virus an allererster Stelle steht“, hatte Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh für den Neustart angekündigt. 

Volkswagen hatte bereits am 26.03. Kurzarbeit für 80.000 Mitarbeiter angekündigt und zuletzt die Schließung der Werke seiner Kernmarke in Deutschland wegen der Corona-Pandemie bis zum 19. April verlängert. 

Die Volkswagentochter Audi und der koreanische Hyundai-Konzern haben die Produktion außerhalb Deutschlands bereits teilweise wieder aufgenommen. Audi startete am Dienstag im ungarischen Györ, Hyundai im tschechischen Nosovice.

Bei Audi in Györ werden Motoren produziert. Die Produktion wird zunächst nur in einer anstatt der üblichen drei Schichten betrieben. Stand 14.04. will Audi in Neckarsulm und Brüssel ab dem 20. April und in Ingolstadt ab dem 27. April sukzessive die Produktion wieder hochfahren. Dies sei aber „alles noch im Fluss“, hieß es bei Audi. 

Autobauer Hyundai produziert in seinem einzigen Werk in der EU in Nosovice zunächst nur mit zwei statt der üblichen drei Schichten. Zudem gelten verschärfte Hygienevorschriften.

BMW hat den Produktionsstopp in all seinen Werken in Europa und Nordamerika zuletzt bis zum 30. April verlängert. Bei Daimler hieß es zuletzt, einzelne Werke sollten ab dem 20. April wieder hochlaufen. Jedoch war hier die Produktion auch nicht komplett eingestellt worden.

Die europäische Tochter des amerikanischen Ford-Konzerns will in Köln Anfang Mai seine Produktion wieder hochfahren. 

Bei den Autohändlern gibt es hoffnungsvolle Zahlen trotz geschlossener Häuser. Dank des Online-Handels sei das Verkaufsgeschäft mit 20 bis 25 Prozent weitergelaufen, das Servicegeschäft zu 70 Prozent, berichtet die Deutsche Presse-Agentur dpa. Offline ging so gut wie gar nichts. Rund 80 Prozent der Autohändler haben ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. 

Teures Verkehrsprojekt
Oberleitungen für Autobahnen: Auf dem E-Highway ist nichts los
Eine Bremse sind nicht zuletzt die staatlichen KFZ-Zulassungsstellen. Nach der gestern von Bundes- und Länderregierungen verkündeten Erlaubnis zur Öffnung der Autohäuser dringt der größte deutsche Autohändler auf die Wiederinbetriebnahme aller Zulassungsstellen. „Die Zulassung ist ein Riesenproblem“, sagte Roman Still, Chef der AVAG-Holding mit 178 Autohäusern, am Mittwoch in Augsburg. Viele seien weiterhin geschlossen oder arbeiteten so eingeschränkt, dass sie nicht einmal das derzeitige geringe Pensum schafften. 

Tatsächlich gibt es einen deutlich eingeschränkten Dienstbetrieb bei den Zulassungsbehörden. Für Privatkunden gibt es lediglich ein online-Angebot. „Sobald wir Ihnen einen Termin anbieten können, werden Sie per Mail informiert. Beachten Sie, dass aktuell keine langfristige Terminplanung möglich ist …“, heißt es etwa bei Zulassungsbehörde in Berlin. Vorrang haben Dienstleistungen für Fahrzeuge, die für bestimmte Berufe zwingend erforderlich sind, wie dem Gesundheitswesen und anderen. 

Autohändler, Volkswagen und BMW fordern nach der Flaute nun Kaufanreize. „Extrem wichtig wären jetzt zusätzliche Kaufprämien für Elektro- und Hybridautos und für Verbrenner mit der neuesten Schadstoffnorm“, heißt es etwa vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe. „Es braucht Investitionen in die Industrie und es braucht Investitionen in das Konsumverhalten“, sagte Volkswagen-Manager Stefan Sommer der dpa. 

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte bereits ein Automobil-Programm gefordert, das den Autokauf ankurbeln solle. Dies sei eine Riesenchance, den klimafreundlichen Antrieben zum Durchbruch zu verhelfen, und zwar in der Breite, so Söder. Verglichen mit der „Abwrackprämie“ vor zehn Jahren müsse die Prämie aber höher sein und auch länger gewährt werden. Auch Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) schließt sich dem an. Allerdings mit dem Fokus auf eine „Öko-Abwrackprämie“. 

Die Umweltprämie, auch Abwrackprämie genannt, wurde 2009 eingeführt. Ab September 2009 wurden keine Anträge mehr angenommen. Die von 1,5 Milliarden auf 5 Milliarden Euro erhöhten Finanzmittel waren erschöpft. 

Andere sprechen von einer „Innovationsprämie“. „Wir sehen in einer Innovationsprämie eine doppelte Chance“, sagte BMW-Vorstandschef Oliver Zipse. „Sie kann als Konjunkturmaßnahme die Wirtschaft ankurbeln und gleichzeitig den Umstieg der Kunden auf klimaschonende Technologien beschleunigen.“ So könne man wirtschaftliche Erholung mit wirksamem Klimaschutz kombinieren, „anstatt beides gegeneinander auszuspielen“.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 18 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

18 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
schukow
4 Jahre her

Ein Fahrzeug zu verschrotten, das noch gut und gerne fährt, ist genauso sinnvoll wie sich selber in den Fuß zu schießen, damit der Chirurg Arbeit hat. Der Ressourcenverbrauch, der im neuen Fahrzeug »gespeichert« ist, übersteigt die Einsparung durch die größere Effizienz bei weitem. Insbesondere, da das KFZ längst im Sättigungsbereich seiner Entwicklung angekommen ist. Man benötigt riesigen Aufwand, um nur noch geringe Verbesserungen zu erzielen. Ein MB 190 D von 1984 brauchte für seine 53 kW (72 PS) etwa 7,5 l bei sehr zügiger Fahrweise (was bei der Wanderdüne halt so zügig heißt), bei Vollast etwa 8,5 und bei ruhigem… Mehr

Mausi
4 Jahre her

Der größte Effekt würde erzielt, wenn die viel zu niedrigen Grenzwerte aufgehoben und der Markt wieder freigegeben würde.

Timur Andre
4 Jahre her

Brauche einen neuen Reisepass, kann aber keinen Termin bekommen in Berlin. Also jetzt darauf warten bis die Ämter neue Termine vergeben im Juni/Juli/….wann auch immer, dann den Pass beantragen und dann 6 Wochen warten.

Heißt für mich als Gf, ich kann Monate nicht mehr außerhalb den Schengenraum reisen, ist aber für mein Unternehmen so nur sehr ungünstig.

Wieso kann ich nicht mit meinem E Perso genau diesen beantragen…die Antwort kenne ich. Deutschland, dritte Welt in der Digitalisierung und längst abgehängt. Ist halt Neuland alles.

Timur Andre
4 Jahre her

„Staatshilfe“ würde helfen, wenn wir (TE) auch immer anfügen, diese Gelder kommen vom Steuerzahler! Leider interpretieren viele „Staat“ mit Nirvanageld, so oder so werden die Bürger aber dafür bezahlen.

Weiss
4 Jahre her

Leider haben sich viele Deutsche von der Obrigkeit blenden lassen.

Wird Zeit, dass der Michel langsam mal aufwacht.

Vielleicht kann ja die Grosse Krise jetzt dafür sorgen, dass die Deutschen mal langsam drüber nachdenken und die Dinge hinterfragen ?

Krisen können auch eine grosse Chance sein.

Einiges in Europa und auch in den USA gehört jetzt auf den Prüfstand.

Alfonso
4 Jahre her

Problem Zulassungsstelle.

Kfz-Zulassung müsste heute in einer digitalisierten Welt längst online vonstatten gehen.
Man braucht eigentlich auch nur ein deutschlandweites einheitliches Kfz-Kennzeichensystem, das entweder die Kfz-Kennzeichen automatisch vergibt, oder von dem man sich eine Buchstaben-Nummernkombination unter einem bestimmten Vorgaberahmen selbst online über ein Zulassungsportal zusammenstellen kann. Alle erforderlichen Dokumente können digitalisiert verarbeitet werden. Das alles ist relativ einfach zu realisieren. Dann kann man 24 h am Tag und auch am Wochenende sein Auto selber zulassen.

KoelnerJeck
4 Jahre her

Vielleicht sollten wir alle anfangen, unsere Scheiben zu zerschlagen? Das ist genau so unsinnig, wie Autos abzuwracken. Frederic Bastiat: Was man sieht und was man nicht sicht: ,,Aber wenn man so ableitet […] , dass es gut ist, Scheiben zu zerschlagen, dass das Geld in Umlauf bringt, dass dadurch die Industrie im allgemeinen gefördert wird, sehe ich mich gezwungen aufzuschreien: Haltet ein! Ihre Theorie bleibt bei dem stehen, was man sieht, sie berücksichtigt nicht, was man nicht sieht.’’ (ibid.) Was sieht man nicht? Man sieht nicht, dass der brave Bürger, der die Kosten für die Reparatur seiner Scheibe zu entrichten… Mehr

Ego Mio
4 Jahre her

Ich hätte gerne eine Prämie für den Kauf eines Land Rover Defender mit 400PS. Die deutschen Hersteller verstehen das bestimmt. Wahrscheinlich bekommen sie bald sowieso andere Kunden vom Staat zugeteilt. Die deutsche Autoindustrie könnte ja die öffentlich-rechtliche Autoindustrie werden.

Weiss
4 Jahre her
Antworten an  Ego Mio

Wer braucht bitte in diesen Zeiten schon noch ein Auto, wenn man nirgendwo hinfahren darf ?

In den USA hat sich das jetzt auch im Benzinpreis niedergeschlagen. Einige Tankstellen haben einen Verkaufsrückgang um 80% verzeichnet.

Gasoline Is Selling for 12 Cents a Gallon and Nobody Wants It

https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-04-15/idle-gas-pumps-drive-wholesale-fuel-prices-to-12-cents-a-gallon

Ich fürchte, dass der Bedarf an Autos aus der BRD in Zukunft eher rückläufig sein wird. Wer soll bei dieser anstehenden Pleitewelle und der Massenarbeitslosigkeit in den USA noch deutsche Autos kaufen wollen ?

Alfonso
4 Jahre her

„Autokonzerne wollen wieder produzieren“

Manchmal wollen sie nicht, dann wieder wollen sie. Komische Konzerne.

sponk07
4 Jahre her

Das ist ziemlicher Jubelperser-Artikel, für ein Magazin, das sich freie Marktwirtschaft auf die Fahnen geschrieben hat. Für mich ist das nur Staatswirtschaft. Ich gebe allen Steuergeld, damit sie mir was verkaufen. Das klappt todsicher.

Coco Perdido
4 Jahre her
Antworten an  sponk07

Gratulation!

Es ist ein Unterschied, ob „es“ gut laufen soll oder nur die Wirtschaft.

So findet man irgendwann heraus, wem es als irgendwie Beteiliger doch immer nur um sein eigenes Geld geht.