EEG-Novelle 2016 – Kein Geld mehr für nie erzeugten grünen Phantom-Strom

Die als "Markteinführungshilfe" konzipierte Ökostrom-Förderung ist längst zum Abzockerdreh geworden, für den der Bürger zweimal zahlt: beim Zuschuss und bei der nach oben offenene Stromrechnungsskala. Einige der wüstesten Dummheiten.

© Christopher Furlong/Getty Images

Bereits in der EEG-Novelle 2014 haben wir uns auf technologiespezifische Ausbaukorridore für erneuerbare Energien verständigt. Die jährliche Ausbaukapazität von Onshore Windkraft wurde dabei auf 2.500 MW netto begrenzt. Diese Maßnahme war längst überfällig, um dem uferlosen Wildwuchs der Erneuerbaren, respektive der Windkraft, Herr zu werden.

Ungeachtet dieser gesetzlichen Vorgaben schreitet der Windenergieausbau jedoch in einem Tempo voran, das weder mit dem vereinbarten Korridor, noch mit dem Netzausbautempo in Einklang steht. Infolgedessen haben sich seit 2010 die Kosten für das Netzengpassmanagement verfünfundzwanzigfacht und in steigenden Netzentgelten niedergeschlagen. Die Verbraucher zahlten allein dadurch im vergangenen Jahr eine viertel Milliarde Euro Entschädigungen für nie erzeugten grünen Phantom-Strom.

Noch wesentlich desaströser fällt die Bilanz der EEG-Umlage aus. Seit 2010 ist sie um 310 Prozent gestiegen. Finanzielle Anreizmechanismen wie die planwirtschaftliche Einspeisevergütung haben zu einer völlig verzerrten und renditegetriebenen Ausbaulogik geführt, die im vergangenen Jahr 24 Milliarden Euro verschlungen hat. Netzentgelte und Öko-Umlage machen dadurch mittlerweile über 40 Prozent der Stromrechnung privater Haushalte aus.

Einerseits brüsten sich die Profiteure der Erneuerbaren mit einem Strommixanteil von mittlerweile über 30 Prozent – mehr als alle anderen Energieträger. Andererseits berufen sie sich bei der als Markteinführungshilfe konzipierten Ökostrom-Förderung nach wie vor auf den Welpenschutz. Das passt nicht zusammen.

Im Übrigen muss mit der irrigen Annahme aufgeräumt werden, das EEG und der Ausbau der Erneuerbaren trügen zu den Klimaschutzzielen bei. Zwischen 2010 und 2015 hat sich der Anteil der Erneuerbaren am Strommix zwar verdoppelt, die Gesamtleistung der Windkraft sogar nahezu vervierfacht. Im gleichen Zeitraum stagnierten die CO2-Emissionen hingegen und stiegen zuletzt sogar wieder leicht an. Die CO2-Emissionen sind nämlich bereits durch das Emissionshandelssystem gedeckelt. Etwaige CO2-Minderungen durch die Expansion der Erneuerbaren führen lediglich dazu, dass CO2-Zertifikate ins Ausland verlagert werden. Dieses „carbon leakage“ rettet nicht das Weltklima, gefährdet aber tausende Arbeitsplätze durch das Abwandern energieintensiver Industrien.

Die diesjährige EEG-Novelle zielt zwar folgerichtig auf mehr Marktnähe und Wettbewerb ab, geht dabei aber noch nicht weit genug. Im Ausschuss für Wirtschaft und Energie werde ich mich daher dafür einsetzen, die geplante EEG-Reform an entscheidenden Stellen deutlich zu verschärfen:

  • Der Ausbau der Erneuerbaren muss zwingend mit dem Ausbau der Netze synchronisiert und folglich gebremst werden. Erstens droht ansonsten ein weiterer Kontrollverlust über die Kosten netzbedingter Abregelung der Anlagen (Redispatch). 1,2 Mrd. Euro werden dafür bereits fällig. Hinzu kommen die irrsinnigen Entschädigungen, die Öko-Anlagen erhalten, wenn ihr unkontrolliert erzeugter Strom gerade nicht gebraucht wird. Zweitens werden dadurch Netzstabilität und Versorgungssicherheit gefährdet. Die Netzbetreiber regeln schon jetzt am Limit, die Zahl der Netzeingriffe geht seit Beginn der Energiewende durch die Decke. Die Beschwerden unserer netztechnisch mit uns verbundenen europäischen Partnerländer über die Netzbelastung durch unsere volatilen Erneuerbaren häufen sich. Die Lösung wäre denkbar einfach: Wenn der Stromtransport zum Verbraucher nicht gesichert ist, darf nicht gebaut werden.
  • Die EEG-Vergütung bei negativen Strompreisen muss gestrichen werden. Die Diskrepanz zwischen der zugesicherten Vergütung von Öko-Strom und dem tatsächlich erzielten Börsenstrompreis klafft ohnehin schon gewaltig auseinander. So prognostizieren die Übertragungsnetzbetreiber für das Jahr 2016 Auszahlungen an die Grünstrom-Profiteure in Höhe von 24,7 Mrd. Euro. Dem stehen prognostizierte Vermarktungserlöse an der Strombörse von lediglich 1,5 Mrd. Euro gegenüber. Den Differenzbetrag darf der Verbraucher über die EEG-Umlage finanzieren. In welchem anderen Gewerbe wird Leistung bezahlt, für die keine Nachfrage besteht?
  • Darüber hinaus müssen wir die strikte Einhaltung des vereinbarten Ausbaukorridores durchsetzen. Wenn wir die aktuelle Zubaudynamik der Windenergie nicht durchbrechen, werden wir den oberen Rand unserer Zielmarke deutlich überschreiten. Die Regulierung der Energiewende und die Beherrschung ihrer Kosten dürfen wir jedoch auf keinen Fall aus der Hand geben. Gerade deshalb ist es wichtig, dass eine Mengensteuerung über das Ausschreibungsmodell im EEG 2016 fest verankert wird. Überschießender Windausbau jenseits dieses Korridores ist durch entsprechende Mindermengen in der Ausschreibung zu kompensieren.
  • Die Winkelzüge der Öko-Förderung haben absurde Züge angenommen. Nicht nur erhalten Anlagenbetreiber Einspeisevorrang vor allen anderen Energieträgern, Entschädigungen wenn ihr Strom nicht gebraucht wird und Vergütungssätze weit jenseits des Marktpreises. Sie erhalten zudem auch Boni, wenn sie ihre Windräder auf einem ineffizienten Schwachwind-Standort platzieren. Das Zauberwort heißt Referenzertragsmodell: Liegt die Windleistung eines Standortes beispielsweise 30 Prozent unterhalb des definierten 100-Prozent-Standortes, erhält der Projektierer eine erhöhte Förderung um den entsprechenden Faktor. Kein Wunder also, dass sich in unzähligen Gemeinden Bürger gegen die Verschandelung ihrer Heimat durch Windkraftanlagen wehren, die sich Dreiviertel des Jahres nicht drehen – die Rendite sprudelt trotzdem.
  • Und damit nicht genug: Da dezentrale EE-Anlagen verbrauchsnah in die untergelagerten Netzebenen einspeisen, werden Kosten für die Netznutzung in den vorgelagerten Hochspannungs-Netzebenen eingespart. Doch statt diese Ersparnis dankbar hinzunehmen und kostensenkend auf die EEG-Umlage wirken zu lassen, erhalten die Betreiber eine Gutschrift für die dadurch vermiedenen Netzentgelte. Wo bleiben eigentlich die Kfz-Prämien für das Nichtbefahren der Bahnschienen?

Ungeachtet dessen müssen wir auch den Volkssport „Industriegängelung“ sofort beenden. Das BMWi hatte zugesagt, eine besondere Ausgleichsregelung für energieintensive Unternehmen mit einer Stromintensität zwischen 14 und 17 Prozent vorzulegen. Dem muss das Ministerium unverzüglich nachkommen. Ab dieser Eingangsschwelle sollen Betriebe von der EEG-Umlage befreit werden. Reihenweise werden Mittelständler an den Rand der Existenz gedrückt, weil die Umlagebelastung ihre Bruttowertschöpfung auf einen Schlag zweistellig verteuert. Alles andere würde Unternehmen fatalerweise dazu anreizen, Arbeitsplätze abzubauen, um den Stromkostenanteil künstlich zu steigern: das kann nicht das Ziel sein. Über Gewinnmargen wie in der Öko-Industrie kann sich schließlich nicht jeder freuen.

Es ist dringend geboten, die Kosteneffizienz und die Marktintegration der erneuerbaren Energien erheblich zu steigern. Sie müssen durch Ausschreibungen und Direktvermarktung sukzessive von der Kinderwiege in die Marktwirtschaftlichkeit überführt werden und sich auf Dauer finanziell selbst tragen. Nur dann sind Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit der Energiewende überhaupt nachhaltig.

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