Die Bundesregierung unterstützt den türkischen Syrien-Feldzug – und gibt damit die eigenen Positionen auf.
Völkerrechtler im Auswärtigen Amt dürften zusammengezuckt sein, als sie den Tweet von Heiko Maas zu dem Türkei-Syrien-Konflikt lasen. Am 28. Februar kommentierte der Minister:
„Wir verurteilen die fortgesetzten Angriffe des syrischen Regimes und seiner russischen Verbündeten im Norden Syriens. Unser Mitgefühl gilt unseren türkischen Partnern. Wir brauchen eine Waffenruhe für Idlb, die den Weg für politische Gespräche öffnet.“
— Heiko Maas ?? (@HeikoMaas) February 28, 2020
Dass ein Staat einen anderen dafür verurteilt, auf seinem eigenen Boden mit einem selbst gewählten Verbündeten an der Seite zu kämpfen – das widerspricht sehr klar dem Völkerrecht. Assads Regime ist gewalttätig, das ändert allerdings nichts daran, dass seine Regierung die territoriale Souveränität in Syrien besitzt, und legitimiert durch die internationale Rechtslage gegen die einmarschierten türkischen Truppen in der Provinz Idlib kämpft. Faktisch gesteht Maas mit seinem Tweet der Türkei ein Recht auf militärische Präsenz in Syrien zu. In genau die gleiche Richtung äußerten sich kürzlich Regierungssprecher Steffen Seibert im Namen von Kanzlerin Merkel, und der Bewerber um den CDU-Vorsitz Norbert Röttgen. Der EU-Chefdiplomat Josep Borell meldete sich im Vergleich zu Berlin deutlich zurückhaltender und weniger einseitig zu Wort: „Es gibt das Risiko, in einen offenen großen militärischen Konflikt zu rutschen.“
Ein Vergleich mit einem Statement von Heiko Maas aus dem September 2019 zeigt, wie radikal die Kehrtwende der Bundesregierung ausfällt. Damals hatte Maas zum gleichen Sachverhalt – dem türkischen Militäreinsatz in Nordsyrien – getwittert:
„Wir verurteilen die türkische Offensive in Nordost-Syrien aufs Schärfste. Die Türkei nimmt weitere Destabilisierung der Region in kauf und riskiert das Wiedererstarken des IS. Wir rufen die Türkei auf, die Offensive zu beenden.“
Maas wies am 19. September auf einen Punkt hin, der heute genau so zutrifft: Bei den Rebellen gegen die syrische Zentralregierung, deren Hochburg Idlib ist, und die der türkische Präsident Erdogan mit seinem Feldzug schützt, handelt es sich um islamistische Milizen.
Geändert hat sich im Vergleich zum September weder die völkerrechtliche Lage – die Türkei führt einen völkerrechtswidrigen Krieg auf fremdem Territorium – noch der Zweck der türkischen Operation: der Schutz von verbündeten Milizen, die aus IS-Kämpfern und ihnen nahestehenden Truppen bestehen. Geändert hat sich die Grenzpolitik von Präsident Recep Tayyip Erdogan: Mit seiner Entscheidung, Migranten die Grenze Richtung EU zu öffnen, will er ganz offensichtlich eine Solidaritätsbekundung Deutschlands und der EU für seine Militäroperation erzwingen, weil ihm der militärische Druck Russlands zu gefährlich wird.
CDU-Politiker Norbert Röttgen – möglicherweise demnächst Parteivorsitzender – geht bisher am weitesten. Er verlangt:
„Es muss jetzt endlich zu einer klaren Verurteilung & echtem Druck auf RUS kommen, unter Einschluss der Androhung von Sanktionen. Wir dürfen die Türkei nicht im Stich lassen. Sie verdient in dieser Situation die politische, wirtschaftliche und humanitäre Unterstützung der Europäer.“
Bei ihm – wie bei Maas und Merkel – fehlt jede Forderung an die Türkei, sich aus Syrien zurückzuziehen. Interessant ist Röttgens Forderung nach Sanktionen (beziehungsweise weiteren Sanktionen) gegen Russland. Eine Reihe von Handelseinschränkungen hatte die EU 2014 beschlossen, um Russland für die Annektion der Krim zu bestrafen. Jetzt fordert ein Außenpolitiker der CDU, die Türkei bei der faktischen Annektion der Provinz Idlib zu unterstützen.
Die Drohung mit einer Migrantenwelle wirkt also. Denn Erdogan besitzt die Macht, die Grenzen auch wieder zu schließen. Vor allem auf deutscher Seite fehlt es dagegen am politischen Willen, die eigene Grenze gegen illegale Migration zu schützen.
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Was die Deutschen gar nicht verstehen können und wollen: Krieg als Mittel von Machtpolitik oder auch zur bloßen Verteidigung ist keineswegs abgeschafft. Im Gegenteil: ein Staat, der weltpolitisch mitmischen will, wird ohne ein schlagkräftiges (mindestens abschreckendes) Militär niemal enst genommen. Am besten ist man natürlich so stark, daß man es nicht einzusetzen braucht (u.a. Trumps Doktrin).
Deutsche Politik beschränkt sich aufs Mahnen und gute Zureden – ohne jede Wirkung.
Heiko Maas: Gewogen und für zu leicht befunden, im wahrsten Sinne des Wortes.
Der Mann ist die personifizierte Verklemmtheit. Man kann die Angst der eigenen Unfähigkeit förmlich riechen. Und Herr Röttgen, der hat eh nichts zu sagen und das sollte auch so bleiben. Seine Aversion gegenüber Russland ist ja bekannt. Mit solchen Leuten wird es keine besseren Beziehungen zu Russland geben.
Die Drohung mit der Migratenwelle ist das eine. Die Migranten hat man ja gerne, man will sogar, daß sie kommen, nur natürlich nicht auffällig als „Welle“. Das andere aber ist, daß man zehntausende von Erdogan-Fans in den deutschen Städten hat und Straßenschlachten fürchtet. Dieses Motiv sollte man nicht unterschätzen.
„Man“ unterstützt den Aggressor und Erpresser Erdogan. Die Deutschen werden vom allerorts geachtetem Volk zur „Köterrasse“. Merkel und Maas machens möglich. Wen ich noch EINMAL das Wort „Moral“ von denen höre.
Migranten-Abwehr, Corona-Virus… ganz nebenbei erledigen sich Grüne Themen
Assad ist der legitime Vertreter Syriens, es wurden (wenn auch nur formal) Wahlen abgehalten, er ist der Staatschef. Wenn es um die Beurteilung der Demokratie in Syrien geht – da haben wir einen passenden Vergleich mit Thüringen. Die einzigen nicht-syrischen Truppen, welche völkerrechtlich legitimiert in Syrien sind, sind Truppen Russlands und Irans. Leider hat sich Trump gegen Erdogan weggeduckt. Jedoch haben die Kurden blitzschnell umgeschaltet und sich unter den syrisch-russischen Schutzschirm gestellt; damit wurde Erdogan gestoppt. Wäre es nicht so gekommen, wäre die Lage jetzt noch weitaus schlechter. Aber der Westen ist feige vor Erdogan. Dilettantisches Agieren wohin man schaut.… Mehr
Frau Merkels Türkei Deal war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Wer seine Angelegenheiten nicht selber regelt, stattdessen lieber Schutzgeld zahlt, der ist irgendwann Pleite und hat noch mehr Probleme an der Backe. Wer einmal anfängt zu Zahlen, der wird ausgenommen, bis er nichts mehr hat. Das ist das kleine Schurken 1×1. Das beherrscht der Sultan halt. Dagegen ist Merkel eine Nichtschwimmerin im grossen Haifischbecken. Mit Geld Probleme zustopfen, geht nur solange, bis der Druck immer grösser wird, irgendwann knallt es halt. Dann gibt es halt auch mal unschöne Bilder, wer das nicht aushält, kann halt nicht Kanzler spielen. Andere… Mehr
Ist in dieser Riege überhaupt ein einziger Mann oder Frau , von dem man mit Überzeugung sagen könnte: das ist ein guter Mann?
Mir fällt gerade keiner ein !
Erdogan wird alles verlieren, und das ist auch gut so. Wenigstens durfte er noch ein letztes Mal unsere Idiotentruppe (Regierung) vorführen.
Herr Assad ist nicht anders als die vielen anderen Diktatoren, mit denen wir, und damit meine ich den Westen, verbündet sind und beste Geschäfte machen. Und außerdem hat nicht Assad den Krieg in Syrien und in den benachbarten Ländern begonnen, sondern das waren die USA, die den Einfluß Rußlands im Nahen Osten stoppen wollten. Da man nicht selber militärisch eingreifen wollte, hat man es andere machen lassen. Aber das konnten nicht ein paar Oppositionelle aus London mit ein paar Pistolen machen. Dafür mußte man große Mengen Waffen, Munition und viele Menschen ins Land bringen und das ging nur mit viel,… Mehr