Als „Faktencheck“ tituliert die Bundes-SPD ihre jüngst veröffentlichte Stellungnahme zur „Islamkritik der AfD“. Um dann statt Fakten unhaltbare Thesen zu präsentieren, die nur ein Ziel haben: Jegliche Islamkritik zu unterbinden. Religionskritiker Tomas Spahn antwortet in einem persönlichen Brief.
Als „Faktencheck“ tituliert die Bundes-SPD ihre jüngst veröffentlichte Stellungnahme zur „Islamkritik der AfD“. Um dann statt Fakten unhaltbare Thesen zu präsentieren, die nur ein Ziel haben: Jegliche Islamkritik zu unterbinden. Der Religionskritiker Tomas Spahn antwortet in einem persönlichen Brief.
Liebe SPD,
viele Jahrzehnte warst Du Deutschlands führende, säkulare Partei. Niemals wäre es Dir in den Sinn gekommen, für die „Schwarzen“, die Papisten, in die Bütt zu gehen. Nur mit Mühen konntest Du Dich überwinden, in den christlichen Protestanten Partner zu erblicken – und das auch nur deshalb, weil sie so vehement gegen den Katholizismus wetterten, dass sie von manchen fast schon für Antichristen gehalten wurden.
Umso mehr muss es jetzt erstaunen, mit welch einer Vehemenz Du Dich für die Muslime einsetzt. Ist das tatsächlich nur eine Reaktion darauf, dass die noch kleine, ungeliebte AfD so deutlich die Thesen Deines Thilo Sarrazin aufgegriffen hat und sich an die Spitze einer Religionskritik stellt, die man doch eigentlich von Dir, der alten Tante Sozialdemokratie, hätte erwarten sollen?
Jedenfalls hast Du, liebe SPD, Dich verleiten lassen, ein als „Faktencheck“ tituliertes Papier zu veröffentlichen, in dem Du, die Tochter der antiklerikalen Aufklärung, Dich in die vorderste Reihe der Islamversteher stellst. Für mich ist das allerdings schwer zu verstehen. Und dieses umso mehr auch deshalb, weil das, was Du als „Fakten“ ausgibst, damit wenig zu tun hat. Warum das so ist, das möchte ich Dir, liebe SPD, an den einzelnen Punkten Deines „Faktenchecks“ gern erläutern.
Der politische Islam
Du, liebe SPD, schreibst: „Den Politischen Islam“ gibt es nicht. Was es gibt, sind Parteien, die sich auf den Islam berufen. Dazu zählen beispielsweise Ableger der sunnitischen Muslimbruderschaft oder die Schiiten-Parteien im Irak. Einige dieser Parteien messen religiösen Grundsätzen einen höheren Wert zu als individuellen Freiheitsrechten. Die meisten von ihnen befürworten demokratische Prinzipien. In Deutschland gibt es keine islamistischen Parteien.
Das, liebe SPD, ist falsch. Der Islam ist an sich politisch, denn er strebt eine islamische Staats- und Gesellschaftsordnung an, der sich alles andere zu unterwerfen hat. Diese Staats- und Gesellschaftsordnung zeichnet sich dadurch aus, dass sie keinerlei Freiraum für vom Islam abweichende Lebensentwürfe lässt. „Ungläubige“ haben in dieser Staatsordnung keinen Platz – falls sie überhaupt geduldet werden, dann über Kopfsteuer in einer Quasi-Ghetto-Situation. Ein Recht auf öffentliche Glaubensausübung besteht nicht. – Was, liebe SPD, ist das denn anderes als „politisch“? Und was, liebe SPD, hältst Du als früher doch einmal säkulare Partei davon, dass Du im Islam keinerlei Existenzberechtigung hast allein schon deshalb hast, weil Du durch und durch unislamisch bist?
Du, liebe SPD, schreibst, es gäbe Parteien, die sich auf den Islam berufen. Das ist richtig. Sich auf etwas „berufen“ bedeutet, dieses zur programmatischen Grundlage seines Denkens und Handelns zu machen. So wie Du, liebe SPD, Dich auf die sozialistischen Vorstellungen von Gleichheit und Menschenrecht berufst. Dann schreibst Du, liebe SPD, dass „einige dieser Parteien religiösen Grundsätzen einen höheren Wert“ zumessen als individuellen Freiheitsrechten. Liebe SPD – ich habe mich seit meinem Studium mit dem Nahen Osten und dem dort prägenden Islam beschäftigt. Ich kenne keine einzige Partei, die sich auf den Islam beruft und den religiösen Grundsätzen keinen höheren Wert als den individuellen Freiheitsrechten zumisst. Das kann sie auch nicht, denn im Islam steht der Gottesstaat über allem und das Individuum hat nur dann eine Existenzberechtigung, wenn es sich dem Glaubenskollektiv vorbehaltlos unterwirft. Vielleicht aber erklärt das ja Deine Liebe zum Islam, liebe SPD. Für Dich steht das Kollektiv ja auch über dem Individuum – da könnte es durchaus Berührungspunkte geben. Der Islam ist per se diktatorisch und damit undemokratisch. Wenn man beispielsweise einen Blick auf Deinen maßlosen Justizminister mit seinen ständigen Attacken auf die individuellen Freiheiten wirft, dann scheint eine gewisse Geistesverwandtschaft nicht von der Hand zu weisen zu sein.
Das Glaubensbekenntnis und das Minarett
Du, liebe SPD schreibst: „„Das Minarett ist genauso wenig ein Herrschaftssymbol wie der christliche Kirchturm.“ Das im Gebetsruf enthaltene Glaubensbekenntnis, „Es gibt keinen Gott außer Gott und Mohammed ist sein Prophet“, bringe lediglich verbindende religiöse Überzeugungen zum Ausdruck.“
Liebe SPD, das ist nun aber bestenfalls nur die halbe Wahrheit. Das vollständige Glaubensbekenntnis der Muslime lautet: “Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah, und dass Mohammed der Gesandte Allahs ist.“ Das ist nicht Ausdruck einer „verbindenden religiösen Überzeugung“, sondern in der „Bezeugung“ Allahs und der vorgeblichen Prophetenrolle des Menschen Mohammed kein Bekenntnis zu einem „Glauben“ als Wahrheitsannahme einer unbeweisbaren Wahrheitsvermutung, sondern mangels Beweisführungsmöglichkeit im juristischen Sinne eine meineidliche Bezeugung des Unbeweisbaren. Vielleicht könnte man es wohlwollend als „Dogma“ bezeichnen. Dogma aber hat mit „Glauben“ nichts zu tun, sondern mit Unterwerfung. Wenn Du, liebe SPD, das etwas vertiefen möchtest – hier hast Du die Möglichkeit dazu. https://tomasspahn.wordpress.com/2015/02/01/was-die-glaubensbekenntnisse-der-drei-monotheistischen-religion-uber-ihre-anhanger-und-deren-wissenschaftlichen-ansatz-aussagen/
Was nun das Minarett betrifft: Selbstverständlich ist das ein Herrschaftssymbol. Das christliche Kreuz auf dem Kirchturm war es zumindest im Mittelalter auch. Es ist vergleichbar mit den zahlreichen T-34-Panzern, die die Rote Armee nach 1945 überall dort auf Sockeln abgestellt hatte, wo sie erfolgreich die Diktatur des sozialistischen Proletariats durchgesetzt hatte. Man könnte es mit den Markierungen vergleichen, die in der Tierwelt beispielsweise Hunderüden an Bäume und Mauern setzen, um ihren Besitzanspruch zu dokumentieren. Und wenn Du, liebe SPD, nun einmal genau hinschaust, dann wirst Du auch erkennen können, dass der Islam gewaltsam übernommene Gotteshäuser von Juden und Christen grundsätzlich mit einem Minarett versehen hat (wenn sie nicht sofort zerstört wurden). Die christliche Hauptkirche der Heiligen Sophia in Byzanz (z. Zt. Istanbul) ist dafür der beste Beweis: Da tat es nicht nur ein Minarett, da mussten es gleich vier sein, die den Sieg des Glaubensimperialismus des Wüstenarabers über das christliche Byzanz verkünden sollten.
Die Frau im Islam
Du, liebe SPD, giltst im Bewusstsein Vieler immer noch als die Speerspitze der Emanzipation. Nun schreibst Du unter Berufung auf eine gewisse Frau Schröter: „Schröter sieht das Kopftuch nicht als Emanzipationshindernis. Die Kopfbedeckung der Frauen sei allenfalls „ein Bekenntnis zu einer religiös begründeten moralischen Norm“, aber kein Zeichen der Unterordnung unter einen Mann.“
Das, liebe SPD, ist zumindest sehr oberflächlich. Tatsächlich ergeben sich die Bekleidungsvorschriften für Frauen im Islam weniger aus konkreten Koranpassagen als vielmehr aus archaischen Traditionen einiger seinerzeit zwangsislamisierter Völker. Heute aber sollte jeder wissen, dass das Kopftuch in der islamischen Revolution des Ajatollah Khomenei zwangsweise eingeführt wurde, um die pro-westlichen, liberalen und bürgerlichen Eliten des Iran zurück unter das Joch der Klerikalen zu zwingen. Seitdem ist es das demonstrative Symbol für den Widerstand gegen die bürgerlich geprägte, säkulare und emanzipierte Gesellschaft. Frauenemanzipation, liebe SPD, beruht auf den bürgerlichen Überlegungen der europäischen Aufklärung und auf dem Gleichberechtigungsanspruch der Arbeiterin, die mit ihrer Schaffenskraft ihre Beteiligung an politischer und gesellschaftlicher Teilhabe erkämpft hat. Und nun kommst Du, liebe SPD, und erklärst all diesen Frauen aus Bürgertum und Arbeiterschaft, dass das Symbol der Unterwerfung unter einen Klerus alter, verklemmter Männer kein Emanzipationshindernis sei? Hast Du denn ganz vergessen, wie das damals war im Iran? Oder ist Deine heimliche Liebe zum schiitischen Kollektivismus deshalb so ausgeprägt, weil Dein Hass auf den pro-westlichen Schah so groß war?
Aber selbst dann, liebe SPD, wenn wir diese Geschichtslektion großzügig ausblenden: Islamische Geistliche begründen den Verhüllungszwang auch damit, dass die „Reize der Frauen“ den Mann zu unmittelbaren sexuellen Handlungen verführen müssten. So wird ja auch begründet, dass muslimische Männer Frauen den Handschlag verweigern. Mit anderen Worten: Da islamische Männer ihre Hormone nicht in den Griff bekommen, muss Frau sich verschleiern. Tut sie dieses nicht, ist sie an der unvermeidbaren Vergewaltigung selbst schuld.
Da muss man sich doch gerade als gläubiger Mensch fragen: Warum hat Gott die Frau mit Schönheit und Reiz ausgestattet, wenn der Mann damit total überfordert ist und wie ein hormongesteuerter Rammler über alles Weibliche herfällt? Aber abgesehen davon: Für mich als emanzipierten, männlichen Europäer ist die Verschleierung angefangen beim Kopftuch daher auch eine ständige, persönliche Beleidigung. Denn sie signalisiert mir: „Du bist ein potentieller Vergewaltiger, der sich nicht im Griff hat!“
Im übrigen, liebe SPD, solltest Du doch auch wissen, dass die Frau im Islam bestenfalls nur die Hälfte des Mannes wert. Vor Gericht entwertet das Zeugnis nur eines Mannes das Zeugnis von zwei Frauen – weshalb Frauen beispielsweise in Vergewaltigungsprozessen niemals eine Chance haben. Im Erbrecht sieht es ähnlich aus. Und vielleicht hilft Dir, liebe SPD, auch noch dieser Hinweis: Im Koran werden ständig die Männer direkt angesprochen – Frauen jedoch nie. Sie sind immer nur Gegenstand der Erörterung. Das macht natürlich allein schon deshalb Sinn, weil Frau in Mohammeds Welt über den „Brautpreis“ käuflich erworben und damit faktisch zum Eigentum des Käufers wurde.
Der „Islam in seiner heutigen Form“
Du, liebe SPD, schreibst: „Menschen können sich in eine Gesellschaft integrieren, nicht aber eine Religion. Der „Islam in seiner heutigen Form“ ist ein theoretisches Konstrukt, das so in der Realität nicht existiert. Es gibt säkulare und strenggläubige Muslime, Sunniten, Schiiten und Anhänger anderer islamischer Religionsgemeinschaften. Fakt ist allerdings auch, dass der radikale Salafismus seit etwa 20 Jahren zu den besonders stark wachsenden Strömungen zählt.“
Den ersten Satz, liebe SPD, verstehe ich nicht. Religion ist demnach etwas, was außerhalb, jenseits der Gesellschaft eigenes Recht entfaltet? Ich stelle mir gerade vor, unsere katholischen Bischöfe oder jüdischen Rabbiner würden so etwas formulieren. Da möchte ich mir Dein Geschrei, liebe SPD, lieber gar nicht vorstellen. Aber für den Islam soll das nun gelten? Er soll sich nicht in unsere Gesellschaft einfinden, unsere mühsam erworbenen Regeln des Zusammenlebens nicht akzeptieren müssen? Damit weist Du, liebe SPD, dem Islam eine Sonderrolle zu, die Du bei keiner anderen Gemeinschaft akzeptieren würdest. Und Du übernimmst damit das anti-aufklärerische Selbstverständnis des Islam, über jeglichem menschengemachten Recht zu stehen. Das, liebe SPD, kann ich einfach nicht glauben – und deshalb frage ich Dich: Ist das tatsächlich Deine Auffassung? Oder hast Du da im „Faktencheck“ nur irgendwelchen undurchdachten Unsinn geschwätzt? So, wie Du es formuliert hast, drängt sich mir allerdings der Eindruck auf, dass Du eigentlich sagen willst: Da sich Religionen nicht „integrieren“ können, lassen sich auch deren Anhänger nicht integrieren. Also die Abkehr von der Idee, aus Muslimen Deutsche machen zu können. Wird dann wohl umgekehrt laufen müssen …
Unabhängig davon aber, liebe SPD, ist Fakt, dass der islamische Salafismus-Wahabismus bereits seit dem 18. Jahrhundert in seiner fundamentalistischen Koranauslegung bis heute die bedeutsamste Reformkraft des Islam ist – nicht erst seit zwanzig Jahren. Und er ist kein „theoretisches Konstrukt“, sondern sehr real. Beispielsweise in Saudi-Arabien. Und selbstverständlich bei den Taliban und dem Islamischen Staat. Aber zunehmend mehr beispielsweise auch in der Türkei und in Kreisen in Europa lebender Muslime.
„Der Islam in seiner heutigen Form“ unterscheidet sich tatsächlich durch nichts vom Islam in seiner gestrigen Form. Denn, liebe SPD: Der Koran gilt Muslimen als unmittelbares Gotteswort. Dieses Gotteswort ist deshalb weder verhandelbar, interpretierbar noch gar veränderbar. Wer den Islam ändern will oder einem „säkularen Islam“ das Wort redet, der wird in den Augen der gläubigen Muslime zum Verräter und Abtrünnigen (kurz: murtadh). Dafür sieht die geltende islamische Rechtsauslegung auch heute noch die Todesstrafe vor. Daran ändert sich nichts dadurch, dass es einzelne Muslime gibt, die das vorgebliche Wort Allahs nicht wörtlich und ernst nehmen. Die breite muslimische Mehrheit allerdings hat für solche Menschen nur Verachtung übrig.
Ansonsten erinnert Deine Erklärung, liebe SPD, ein wenig an Deinen Umgang mit dem Sozialismus/Kommunismus: Beides existiert für Dich offenbar nur in der Fantasie einer fernen Zukunft. Das macht aber auch irgendwie Sinn, denn Kommunismus wie Islam sind letztlich kollektivistische Instrumente zum Durchsetzen einer Elitenherrschaft über das dumme und aus Eurer gemeinsamen Sicht unsteuerbare Volk.
Islam, andere Religionen und das Recht
Dann, liebe SPD, versuchst Du es mit einem Vergleich. Obwohl Du natürlich weißt, dass Vergleiche fast immer hinken. Aber das hat ja schon Deine Gesine Schwan nicht davon abgehalten, mit diesem unhaltbaren Judenvergleich, den nun der Alleinvertreter des Islam in Deutschland, Aiman Mazyek, erneut in die Welt geblasen hat.
Und so nun sieht Dein aktueller Vergleich aus: „Der Islam ist eine Religion wie das Judentum oder das Christentum und kann wie jede Religion politisch instrumentalisiert werden. Zu diesem Ergebnis gelangte eine an der Universität Chicago forschende Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich von 1987 bis 1993 mit fundamentalistischen und politisierten Formen der Weltregionen befasst hat. Der Wahabismus, der in Saudi-Arabien Staatsreligion ist, steht in einigen Punkten im Widerspruch zu unserem Grundgesetz. Das Gleiche lässt sich allerdings auch für die Gesetze von US-Bundesstaaten sagen, in denen die Todesstrafe zulässig ist.“
Oje, liebe SPD, da bist Du nun aber gleich in einen ganz großen Sack voller Fettnäpfchen getreten.
Beginnen wir mit der politischen Instrumentalisierbarkeit. Nicht nur Tilman Nagel (2005 in der NZZ) und Armin Pfahl-Traugber (2011 für die Bundeszentrale für politische Bildung) kamen zu gänzlich anderen Ergebnissen. Es gibt keine Unterscheidung zwischen dem Islamismus und einem angeblich unpolitischen Islam. Ja, es gibt ein paar Strömungen, die den Islam zu entpolitisieren versuchten. Die Sufi beispielsweise. Wenn man aber genau hinschaut, dann traten diese Sektierer nur noch unter dem Deckmantel des Islam auf, weil sie andernfalls um ihre Existenz hätten bangen müssen. Wenn Dich, liebe SPD, diese Problematik näher interessiert, kann ich Dir folgenden Text empfehlen: https://tomasspahn.wordpress.com/2014/09/12/von-tautologien-und-oxymora-die-katharsis-des-islam/
Schauen wir nun, liebe SPD, einmal auf Juden- und Christentum. Beide haben eine lange Geschichte der Vergeistigung und der Aufklärung hinter sich. Auch haben weder Juden noch Christen auf Grundlage ihrer heiligen Bücher jemals einen Weltherrschaftsanspruch deklariert, wie dieses unabweisbar im Islam mit der strikten Trennung der Welt in ein „Gebiet des Schutzes“ (Dar al’Islam als alles Land unter islamischer Herrschaft) und ein „Gebiet des Krieges“ (Dar al’Harb als alles Land, in dem der Islam erst noch zur Herrschaft gebracht werden muss) stattfindet.
Der jüdische Gott des Mose interessiert sich ausschließlich für seine jüdische Gemeinschaft – was außerhalb derselben geschieht, ist ihm egal. Der christliche Gott des Jesus ist ein säkularer Gott, der den weltlichen Staat sorgfältig von der religiösen Hoffnungserwartung trennt (Matthäus 21-22). Allein schon deshalb sind Judentum und Christentum nicht mit dem Islam zu vergleichen. Übrigens: Dass der Koran sich zeilenweit immer wieder sowohl gegen die „Israeliten“ wie auch gegen die „Beigeseller“ (jene Christen, die nach islamischer Interpretation Jesus über die Trinitätsidee als eigenständigen Gott eben diesem „beigesellt“ hätten und damit Götzenanbeter sind) wendet, sollte doch ebensowenig unerwähnt bleiben wie das Faktum, dass der Vordere Orient nebst nordafrikanischer Küste vor der arabisch-islamischen Invasion christlich-jüdisch geprägt war.
Richtig ist, liebe SPD, dass vor allem das Christentum ausgehend von der Spätantike im Mittelalter politisch instrumentalisiert wurde und das Judentum dereinst mit einem Gottesstaatsanspruch startete, diesen jedoch bereits in der Spätantike überwunden hatte. Spätestens aber in Folge der westeuropäischen Aufklärung hat sich sogar der katholische Papst von der Idee weltlicher Herrschaft verabschiedet. Das ist also tatsächlich Geschichte. Der Islam aber kann allein schon deshalb nicht politisch instrumentalisiert werden, da bei ihm der politische Anspruch ohnehin im Vordergrund steht. Er ist mit seinem Anspruch, das gesellschaftliche Leben ohne jeden Abstrich im Sinne Mohammeds zu gestalten, bereits so politisch, dass eine“ Politisierung“ absurd wäre.
Apropos absurd. Abschließend, liebe SPD, greifst Du dann noch zu einem völlig unhaltbaren Vergleich, mit dem Du offenbar das wahabitisch-radikal-islamische Saudi-Arabien reinwaschen möchtest. Du schreibst, das Sharia-Recht stehe „in einigen Punkten im Widerspruch zu unserem Grundgesetz“. Ja, liebe SPD, nun sage mal – hast Du denn überhaupt nicht verstanden, was unser Grundgesetz ist? Dabei handelt es sich um einen Gesetzeskanon, den Menschen sich selbst gegeben haben, um ein gedeihliches Zusammenleben in unserer Republik zu ermöglichen. Diese unsere Verfassung ist menschengemachtes Recht. Die Sharia aber ist Gottesgesetz. Es steht als solches über jeglichem menschengemachten Gesetz. Damit steht es über jeder staatlichen Verfassung, die es nicht anerkennt – und ist somit in jeder Hinsicht verfassungsfeindlich. Das gilt auch dann, wenn die eine oder andere Passage der Sharia nicht in offenem Widerspruch zum Grundgesetz stehen sollte: Die Sharia ist der ideologische Gegenentwurf zum aufgeklärten Rechts- und Gesellschaftsverständnis unserer europäischen Welt. Deine Positionierung zu Saudi-Arabien, liebe SPD, wonach das Sharia-Recht „in einigen Punkten vom Grundgesetz“ abweiche, vermittelt nun aber sogar den Eindruck, es handele sich dabei nur um geringfügige, vernachlässigbare Abweichungen. Dem ist nicht so. Hier geht es ums Eingemachte.
Aber da scheint es bei Dir, liebe SPD, ja tatsächlich einige Verständnisdefizite zu geben. Denn wie anders wäre es zu erklären, dass aus Deinen Reihen immer wieder Vorstöße zu hören sind, man könne bei uns doch auch das Sharia-Recht zumindest teilweise anwenden. Nein, liebe SPD, kann man nicht. Jedenfalls nicht in einer aufgeklärten, europäischen Gesellschaft, die sich selbst ein Grundgesetz und zahlreiche andere Gesetze auf säkularer Basis gegeben hat. Wer so etwas fordert, der verlässt den Boden unserer Verfassung, weil er sich vorgeblichem Gottesrecht unterwirft. Denk noch einmal darüber nach und frage von mir aus selbst Karl Marx, was er wohl von solch absurden Ideen gehalten hätte.
Nun noch ein Wort zu Deinem wirklich abstrusen USA-Vergleich. Was die Todesstrafe in den USA betrifft: Auch die ist menschengemachtes Recht und kann jederzeit mit einfacher Mehrheit auf demokratischem Wege abgeschafft werden. Die Todesstrafe und andere, archaische Bestrafungsmethoden wie Auspeitschung und Steinigung, die in der Sharia vorgegeben sind, aber unterstehen keinerlei menschlichem Anspruch und Beschluss – und damit hast Du, liebe SPD, nicht nur Äpfel und Birnen verglichen, sondern betreibst Volksverdummung.
Vielleicht solltest Du, liebe SPD, auch einfach einmal einen Blick in den Koran werfen. Kaum ein Wort taucht dort so häufig auf wie „Strafe“. Dieses Buch ist voller Strafandrohungen für alles und jedes – es versucht den Menschen seiner Individualität zu berauben und stellt jegliche Abweichung vom Mainstream unter übelste Strafandrohungen. Wenn Du, liebe SPD, nun Deine Liebe dazu entdeckst, dann könnte man fast geneigt sein, dass Dein eigener Kollektivismus sich gern mit ähnlichen Mitteln durchsetzen möchte. Demokratisch aber ist das nicht – und aufgeklärt schon gar nicht.
Islam und Menschenrecht
Zum Abschluss, liebe SPD, unternimmst Du dann noch den Versuch, Deinem Zuhörer zu erklären, dass die islamischen Staaten ähnlich wie wir Europäer auf der Basis eines allgemeingültigen Menschenrechts agieren. Wörtlich schreibst Du: „Die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) hat 57 Mitglieder, von denen 45 die sogenannte Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam unterzeichnet haben. Die OIC ist kein Staatenbündnis wie die EU. Sie ist eine zwischenstaatliche Organisation, deren Vereinbarungen für die einzelnen Mitglieder nicht verbindlich sind. Die 1990 verabschiedete Kairoer Erklärung beinhaltet einige umstrittene Textstellen mit Hinweis auf die Scharia. Der Politologe Turan Kayaoglu forderte 2012 eine Revision des Dokuments, das aus seiner Sicht Defizite in puncto Meinungsfreiheit und Frauenrechte aufweist.“
Wer, liebe SPD, wie Du Bezug auf diese sogenannte „Kairoer Erklärung der Menschenrechte“ nimmt, der sollte dann seinem Zuhörer aber vor allem in dem Falle, wenn er wie Du seine Behauptungen mit „Faktencheck“ überschreibt, auch erläutern, dass diese „Erklärung“ aber auch nicht das Geringste mit unserem westeuropäischen Menschenrechtsbegriff zu tun hat. Denn diese Erklärung steht in jeder Hinsicht – und nicht nur in „einigen umstrittenen Textstellen“ – von den Unterzeichnern gänzlich unbestritten unter dem absoluten Vorbehalt der vorgeblich gottgegebenen Sharia und gilt faktisch nur in dem Rahmen, der vom Islam vorgegeben wird. Beispielhaft sei hier auf ein paar Passagen hingewiesen, die Du, liebe SPD, vorsorglich unterschlagen hast.
Wörtlich steht in der Erklärung zu lesen: „Das Leben ist ein Geschenk Gottes, und das Recht auf Leben wird jedem Menschen garantiert. Es ist die Pflicht des einzelnen, der Gesellschaft und der Staaten, dieses Recht vor Verletzung zu schützen, und es ist verboten, einem anderen das Leben zu nehmen, außer wenn die Scharia es verlangt.“ Notabene, liebe SPD: „Außer wenn die Sharia es verlangt“! Was könnte an dieser Formulierung „umstritten“ sein? Sie ist klar und unmissverständlich.
Die Sharia wird als „einzig zuständige Quelle für die Auslegung oder Erklärung jedes einzelnen Artikels dieser Erklärung“ festgeschrieben. Daraus folgt beispielsweise, dass es verboten ist, das Recht auf freie Meinungsäußerung dazu zu nutzen, „die Heiligkeit und Würde der Propheten zu verletzen, die moralischen und ethischen Werte auszuhöhlen und die Gesellschaft zu entzweien, sie zu korrumpieren, ihr zu schaden oder ihren Glauben zu schwächen“. Deswegen steht im Islam auf „Gotteslästerung“ die Todesstrafe – unverrückbar und zwangsläufig. Was eine solche Einschränkung noch mit „freier Meinungsäußerung“ zu tun haben soll, das müsstest Du, liebe SPD, uns erst einmal erklären. Allerdings ist mir nicht klar, wie das wohl funktionieren soll, denn letztlich „schadet und entzweit“ alles die islamische Gesellschaft, das als Kritik am Islam interpretiert werden könnte.
Ebenso steht beispielsweise Eltern das Recht auf die Wahl der Erziehung ihrer Kinder nach dieser sogenannten Menschenrechtserklärung nur in dem Umfange zu, wie diese Erziehung mit den „ethischen Werten und Grundsätzen der Scharia übereinstimmt“. Mit anderen Worten: Wer beispielsweise sein Kind christlich oder atheistisch erzieht, verliert auf Basis islamischen „Menschenrechts“ seinen Erziehungsanspruch.
Also, liebe SPD: Diese Erklärung der islamischen Staaten ist eine Deklaration der im Koran und in der Sharia festgeschriebenen Unterwerfung des Menschen unter vorgeblich von einem Gott aufgegebenen Befehlen. Mit den Werten der westeuropäischen Aufklärung hat das nicht das Geringste zu tun. Wie Du als frühere Vertreterin der ausgebeuteten Massen allen Ernstes eine solche Erklärung feiern kannst – das wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben müssen.
Fazit : Islam und Demokratie geht nicht zusammen
Eine ganz entscheidende Frage hast Du, liebe SPD, dann vorsorglich auch gar nicht erst aufgegriffen: Ist der Islam mit dem Grundgesetz vereinbar? Die Antwort darauf lautet notwendig „Nein“. Denn der Islam ist eine Zwangsgemeinschaft mit Mitgliedschaft qua Geburt. Da nun gleichzeitig der Austritt des Einzelnen aus dieser Zwangsgemeinschaft nach geltender, höchstoffizieller islamischer Rechtsauslegung mit dem Tode bedroht ist, verstößt der Islam per se gegen Artkel 2 unseres Grundgesetzes.
Doch auch auf den Artikel 4 GG kann der Islam sich selbst dann nicht berufen, wenn man ihn als Glaubensgemeinschaft und nicht als politreligiöse Welteroberungssekte versteht. Denn der Artikel 4 garantiert die individuelle Freiheit des Glaubens, nicht die kollektive einer Glaubensgemeinschaft. Das verlangt zwingend die Freiheit des Einzelnen, ohne Konsequenzen durch Dritte seine Glaubensgemeinschaft verlassen und seinen Glauben ablegen oder ändern zu dürfen. Solange weltweit alle führenden islamischen Rechtsgelehrten ein solches Verhalten von Geburtszwangsmuslimen im Apostasieverbot mit Todesstrafe belegen und dieses immer wieder bestätigen, ist der Islam verfassungsfeindlich und hat nicht nur keinen Anspruch auf Behandlung nach Artikel 4 GG, sondern verstößt gegen diesen.
All das macht deutlich: Erst wenn die entscheidenden Rechtsinstanzen des Islam wie beispielsweise die Kairoer Al-Azhar grundlegende Änderungen am Islam vornehmen – und sich damit im islamischen Verständnis selbst der Abtrünnigkeit begeben – kann diese Philosophie zu Deutschland und zu Europa gehören. Bis dahin ist sie nicht demokratie-tauglich. Dem Islam fehlt in jeder Hinsicht alles, was in Westeuropa das Gottesdiktat des Mittelalters als Aufklärung in den Säkularismus der Moderne geführt hat.
Deshalb, liebe SPD, scheinen mittlerweile tatsächlich jene Recht zu bekommen, die Dich bereits bösartig als „Scharia Partei Deutschlands“ bezeichnen. Wer einen „Faktencheck“ voller Un- und Halbwahrheiten vorlegt, darf sich nicht wundern, wenn ihm die Wähler faktisch in Scharen den Rücken kehren. Deine säkularen Väter von August Bebel bis Kurt Schumacher würden sich vor Entsetzen die Augen reiben.
Mehr als besorgt,
Tomas Spahn
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