Da hätte uns Maybrit Illner einiges mehr erzählen können als die Gäste ihrer Sendung, gehört doch ihr Mann mindestens zur Welt der Super-Reichen, bedauert Stephan Paetow.
Wie reden wohl „die Reichen“ über die „Panama Papers“, so untereinander, beim Reichen-Smalltalk? Lachen die über ihre Mit-Reichen, die aufgeflogen sind? Haben sie Mitleid? Oder interessiert sie der ganze Rummel nicht, weil die Geschichte eigentlich Asbach-uralt ist? Und Cleverles ihr Geld in Delaware oder Nevada haben, oder in Singapur, und nicht über Panama kanalisieren wie russische Geiger, englische Premiers oder isländische Regierungsmitglieder.
Da hätte uns Maybrit Illner einiges mehr erzählen können als die Gäste ihrer Sendung, gehört doch ihr Mann mindestens zur Welt der Super-Reichen, wobei nicht genau festgelegt ist, wann einer das Präfix „Super“ genau verdient hat.
Der Obermann, Rene, war lange Jahre Telekom-Chef mit Millionen-Gehalt und ist heute, eine Millionen-Abfindung später, Partner bei der Private Equity Firma „Warburg Pincus“ in London. Private Equity ist das, was der alte SPD-Kämpe Müntefering einst Heuschrecke nannte. Doch die wurden zu „Müntes“ Zeiten durchs Dorf gejagt, jetzt sind’s ja die Briefkastenfirmen. Frau Illner erzählte leider nichts von ihren Kenntnissen der „dunklen Welt der Superreichen – Vermögen verschleiert und versteckt?“. Wirklich schade.
So müssen wir mal wieder aus einer halb verwelkten Blume den Honig saugen, quasi kalt gewordenen Kaffee als Eiskaffee verkaufen. Wir wissen: Briefkastenfirmen sind legal, können aber auch als Fluchtauto für Verbrecher- oder Schwarzgeld genutzt werden. Hauptsächlich dienen sie der Anonymität, und wozu die wiederum dient, weiß der Henker.
Thomas Wenzler ist Steuer-Anwalt, empfiehlt seinen Klienten Selbstanzeigen statt Briefkastenfirmen und bemerkte, dass es durchaus Gründe gibt, sein Vermögen unsichtbar zu machen, und sei es nur der Neid der Mitmenschen.
Für die Neid-Gesellschaft saß Fabio De Masi von „Die Linke“ am Tisch, der zunächst verteilungsfordernd blass blieb, und erst einmal von seinem telefonischen Ausflug zur dunklen Seite der Macht berichtete: Er hatte bei Mossack Fonseca angerufen, um eine Briefkastenfirma gründen zu lassen, für zweieinhalb Millionen Schwarzgeld. Und, was glauben Sie, haben die gesagt in Panama? No problemo!
Für die CDU verteidigte Ralph Brinkhaus die Regierung, die in den letzten fünf Monaten 44 Gesetze auf den Weg gebracht hat (wenn ich mich nicht verhört habe). Donnerwetter! Und Schäuble sei der Motor der Europäischen Transparenzbewegung.
Die Fliege des Abends trug der Finanzexperte Wolfgang Gerke. Soviel zu ihm.
Leben in die Bude brachte nicht etwa SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach, sondern der Vize-Vorsitzende vom Bund Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler.
Wer die Vertuscher und Verdränger unserer Polizistenvertreter zum Thema Flüchtlingskriminalität in den letzten Monaten erleben musste, hätte nicht gedacht, dass es so jemanden wie Fiedler überhaupt noch gibt im rot-grün-schwarzen Polizeilummerland. Um’s mal salopp zu sagen: Der Mann hatte sooo einen Hals! Auf die Regierung! Dem CDU-Mann attestierte er eine „schemenhafte Wahrnehmung der Realität“ und bezeichnete Deutschland als Bremser (von wegen Motor!) bei den EU-Verhandlungen zur Transparenz. Seit vielen Jahren sei das Problem bekannt, seit vielen Jahren habe sich nichts geändert, und wer glaube, so eine Art EU-Superbulle sei den Ganoven auf den Fersen, den müsse er leider mit Amtshilfeverfahren vertrösten, die nur gaaanz langsam in die Gänge kämen.
Und die Banken! Fiedler kam in Fahrt. Die vermitteln diese Geschäfte, ihr Risiko sei gering. Maximal 10 Millionen Strafe, ein Klacks bei den Summen, die in die Briefkastenfirmen flössen. Schauen Sie mal die Strafen an, die deutsche Banken im Ausland zahlen müssen, schäumte Fiedler. Und fragte, warum solche Prozesse nicht öffentlich seien, so dass sich jeder ein Bild machen könne.
Am Ende riss – unter dem Jubel des Publikums – Ermittler Fiedler fast alle mit, selbst Brinkhaus rief, er wüsste überhaupt keine betriebswirtschaftlichen Gründe für Briefkastenfirmen. Und De Masi faselte von Umverteilung. Nieder mit den Reichen!
Wer glaubt, wir seien kurz vor’m Ausrufen einer Revolution gewesen – so war’s natürlich nicht, wir haben die Sache dramaturgisch ein wenig hochgejazzt. Es plätscherte eher.
Der SZ-Chef erzählte, dass der Whistleblower um sein Leben fürchte, und sein Blatt alles tue, um seine Identität zu schützen. Des Weiteren seien die Unterlagen vom Geheimnisverräter nur für die journalistische Auswertung bestimmt, nicht zur Weitergabe an Behörden.
Interessant: Aus früheren Fällen wusste er, dass die Behörden oft schon Unterlagen, die später geleakt wurden, vorliegen hatten, aber nichts damit gemacht hatten.
Immerhin schlummern noch mehrere tausend Namen aus Deutschland – darunter auch Prominente! – bei der SZ.
Und weil er so oft Vorhaltungen höre, dass Russen, Chinesen und andere Gegner des Imperiums auf der Liste stünden, Amis aber nicht, führte er an, man habe Kopien von 500 US-Pässen und wisse von 3.500 Anteilseignern aus den „Panama Papers“. Er geht davon aus, dass Amerikaner wohl eher über andere Firmen ihre Geschäftchen drehen als über Mossack Fonseca.
Viele Politiker haben sich in den letzten Tagen zum Thema geäußert, mit den üblichen Verdächtigungen. Aber keiner war so stürmisch wie unser Sigmar Gabriel: Der will Briefkastenfirmen weltweit verbieten. Was kein Problem wäre, wenn er denn der Lordkanzler der ganzen Welt wäre.
So kam man in der Runde eher lustlos aufs Europäische. Lustlos und ein wenig ungläubig, weil zu Europa halt noch Großbritannien (Virgin Islands, etc.) und die Niederlande (Antillen und Co.) gehören und der notorische Juncker. Das wird dann wohl nix.
Dabei brauchen die Staaten jeden Cent, sagte der Herr von der CDU, auch wegen der Flüchtlinge. Und wie schwierig das mit Gesetzen ist, rutschte Ralph Brinkhaus heraus, als er sagte, dass die Steuergesetze vierzig Mal nachgebessert worden seien, um Schlupflöcher zu schließen. Vierzig Mal! Und doch vergebens. Da werden die reichen Freunde von Maybrit Illner dann wohl herzlich lachen, wenn sie ihnen davon erzählt.
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