„Laufzeiten“-Verlängerung für Merkel & Co.

Zwar erodieren die Wahlergebnisse der Volksparteien weiter. Aber Sachsen bleibt schwarz, Brandenburg rot regiert. Urplötzlich wirkt die GroKo stabilisiert.

Maja Hitij/Getty Images

Trotz der historisch schlechten Ergebnisse in Sachsen und Brandenburg freuen sich Christ- wie Sozialdemokraten wie Bolle: In ihrer Lesart haben sie das schwarze und rote Land gehalten, weil sie – in neuen Dreier-Koalitionen zwar – nach wie vor die Ministerpräsidenten stellen. Dass die AfD in Sachsen trotz oder gerade wegen des lautstarken „Nazis-Raus“-Sounds der etablierten Parteien ihre Wählerschaft fast verdreifachte und in Brandenburg nahezu verdoppelte: geschenkt! Mit denen will die „freundliche“ Mehrheit nichts zu tun haben, von denen die Herren Woidke (SPD) und Kretschmer (CDU) am Wahlabend unisono sprachen. Der Kampf gegen rechts vereint die etablierten Parteien. Linke, Grüne, FDP, SPD und Union eint nur eins: die AfD. „Klare Abgrenzung“ postuliert die geschwächte CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer auch nach der Wahl, obwohl sie mit ihrer Maaßen-Maßregelung in der Endphase des Wahlkampfs eher der AfD als der CDU genutzt hat.

Das Paradoxon des Wahlausgangs – Klatsche für die erodierenden Volksparteien, Absturz der Linken, Scheitern der FDP an der Fünf Prozent-Hürde, gemessen an der Erwartungshaltung bescheidenen Zuwächsen der Grünen – erlebt man aber im politischen Berlin. Die Laufzeit der abgewirtschafteten Großen Koalition wird sich verlängern. Der Eindruck ist im Regierungsviertel mit Händen zu greifen. Von Endzeit-Stimmung ist nach der Sommerpause nicht mehr die Rede. Angela Merkel hat alle Chancen, ihre Verweildauer im Amt auf Helmut Kohl-Niveau zu verlängern. Auch wenn der sozialdemokratische Partner jetzt einen mühsamen Personalausleseprozess für die Kür eines neuen Vorsitzenden-Duos startet, der sich bis zu einem Parteitag im Dezember hinzieht und die GroKo-kritischen Kandidaten klar überwiegen: Die Koalition in Berlin stabilisiert sich nicht nur, weil die erodierenden Volksparteien Neuwahlen nach wie vor fürchten. Union und SPD werden sich jetzt um grüne Zeitgeist-Themen kümmern und beim Klimagipfel am 20. September und den sich anschließenden Gesetzgebungsinitiativen im Bundestag inhaltliche Handlungsfähigkeit beweisen. Das schweißt zusammen, vor allem dann, wenn zur Abwechslung auch die Grünen Umfragewerte wieder schmelzen. Außerdem kann niemand behaupten, dass die SPD den überwiegend sozialdemokratisch geprägten Koalitionsvertrag bis zur Halbzeitbilanz im Herbst nicht abgearbeitet haben wird. So viel Sozialdemokratie war selten im Land. Warum also sollte die gebeutelte Partei dann frustriert in die Opposition marschieren?

Bemerkenswert nach diesem Wahlsonntag ist auch die weitere Stärkung der Rolle der Grünen im Bundesrat. Obwohl ihr Wahlergebnis unter den eigenen Erwartungen lag, werden sie sowohl in Brandenburg als auch in Sachsen in die Regierung aufsteigen. Damit erhöht sich die Zahl der Regierungsbeteiligungen der Grünen auf 11. Insgesamt können die Grünen damit in der Länderkammer, dem „Parlament“ der 16 Landesregierungen, 41 Stimmen beeinflussen. Die absolute Mehrheit im Bundesrat liegt bei 35 Stimmen. Weil die Regierungsparteien in den Ländern grundsätzlich in ihre Koalitionsverträge schreiben, dass sich das Land bei Uneinigkeit über Gesetzesinhalte des Bundes enthalten muss, können die Grünen alle ihnen missfallenden Zustimmungsgesetze der schwarz-roten Bundesregierung im Bundesrat ausbremsen oder in ihrem Sinn über den Vermittlungsausschuss verändern.

Was hellsichtige Politiker wie Roman Herzog, Klaus von Dohnanyi oder Erwin Teufel schon vor mehr als einem Jahrzehnt angesichts der immer bunter werdenden Regierungslandschaft in den Ländern vergeblich anmahnten, manifestiert sich in der politischen Praxis immer stärker. Weil ein Land nur einheitlich abstimmen kann, können kleine Koalitionspartner mit der Enthaltungskarte ihre großen Regierungspartner ausbremsen, selbst dann, wenn diese auf Bundesebene mitregieren. Denn Enthaltungen im Bundesrat wirken wie Neinstimmen, weil für die erforderliche Mehrheit immer die absolute Mehrheit von mindestens 35 Stimmen notwendig ist. Doch den Vorstoß der oben genannten „elder statesmen“, Enthaltungen nicht mehr als Neinstimmen zu werten, lehnten die Parteien rundheraus ab. Denn mit diesem wohlfeilen Instrument können die Länder dem Bund regelmäßig auch finanzielle Zugeständnisse abtrotzen, wenn er für seine Zustimmungsgesetze ihre Stimmen braucht. Dieser Stimmenkauf höhlt sein vielen Jahren den Föderalismus aus, weil sich die Länder inzwischen sogar originäre Kernkompetenzen abkaufen lassen. Der Marsch in den Zentralstaat hat längst begonnen.

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Kommentare ( 22 )

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Imre
5 Jahre her

Ja, sieht tatsächlich nach Laufzeitverlängerung aus. Glaubt allerdings jemand ernsthaft, dass selbst mit parteipolitischer „Duldung“ der Regierung (außer AfD) alle Probleme neutralisiert bzw. gelöst sind? Sich aufwachsende wirtschaftliche Probleme, Weltpolitik mit schlechter Weichenstellung, finanzpolitische Verengung und Rasur der Normalos ob der ausufernden Verschuldung, die randalierenden „Gäste“, Umsetzung mafiöser Spielregeln gg. souveräne EU- und andere Staaten, Opferung wahrhafter Demokratie sowie eigener Gesetze und und und…. Selbst falls wirklich in einer gewaltigen Kraftanstrengung eines oder maximal 2 der Hauptprobleme angegangen würden, an eine korrekte Lösung kann ich ohnehin nicht glauben, neue und versteckte Belastungen werden schneller schlagend, als auch nur eine Malaise… Mehr

Konstantin76
5 Jahre her

Selbst wenn die SPD in Brandenburg schlechter abgeschnitten hätte, glaube ich nicht, dass es letztlich zum Bruch der Koalition gekommen wäre. Denn so intellektuell verfallen wie die Sozis es sind, können sie doch noch ihre Chancen bei kurzfristig anstehenden Bundestagswahlen einschätzen. Auch die Union müsste viele ihrer Parlamentarier dem Risiko aussetzen, nicht mehr wieder in den Bundestag einziehen zu können- und spätestens hier würde die „treu“ Gefolgschaft“ dann an ihre Grenzen geraten. Ich kann nicht glauben, dass die rumorende CDU dieses zusätzliche Wagnis auf sich nehmen würde, zumindest nicht, solange die „Praktikantin“ in ihrem Amt schwankt, wie ein Schiff auf… Mehr

hassoxyz
5 Jahre her

Solange Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot-Grün eine satte Mehrheit bei den Wählern hat, wird sich an der schlimmen, festgefahrenen Situation in Deutschland nichts ändern, zumal die Union ihren linken Kurs auf keinen Fall ändern wird. Die AfD alleine wird es definitiv nicht schaffen, auch dann nicht wenn sie eine gefestigte Partei geworden ist. Sie wird niemals die absolute Mehrheit der Sitze bekommen, dazu müßte sie schon mindestens 45% bundesweit kriegen, was völlig illusorisch ist. Erst wenn sich der konservative Teil der Union unter einem Vorsitzenden Mitsch oder Maaßen von der mehrheitlich linken Mutterpartei abspalten und eine neue bürgerlich-konservative Partei gründen würde, die… Mehr

Eddie
5 Jahre her

Die kommunistischen Regime sind weltweit seit Lenin nur mit Gewalt und Verbrechen an die Macht gekommen und können sich nur so an der Macht halten. Dazu hat man bisher ca. 100 Millionen Menschen ermordet. Trotzdem wird lediglich eine Gefahr von rechts beschworen. Zur Erinnerung, die Nationalsozialisten sind nicht mit Gewalt an die Macht gekommen, sondern wurden vom Parlament zur Diktatur ermächtigt, um stabile Regierungverhältnisse zu schaffen. Es mussten also keine Millionen ermordet werden, um an die Macht zu kommen. Trotzdem hofiert man die Kommunisten z.B. in China als gäbe es keine Verbrechen und auch die kommunistische Vergangenheit der Kanzlerin als… Mehr

Maja Schneider
5 Jahre her

Mit von Fakten und Vernunft geprägter und am Recht orientierter Politik haben wir es in unserem Land schon lange nicht mehr zu tun, sondern nur noch mit Taktik, Machterhaltungs – und AfD -Verhinderungskämpfen, Partei – und Personalquerelen, mit ideologischen, von links-grünem Zeitgeist dominierten und gegen den Bürger gerichteten Erziehungs – und Regulierungsmaßnahmen, durch regierungstreue Medien und dem Staatsfunk-und Fernsehen tagtäglich und auftragsgemäß verbreitet. Was will man da erwarten?

spindoctor
5 Jahre her

Trotz alledem, sie wissen um das nahende Ende ihrer Herrschaftszeit, deshalb werden schnell noch so viele Schweinereien wie möglich angerichtet, nach dem Motto duldest du meine, dulde ich deine.

jopa
5 Jahre her

Nannte man das im Osten nicht Nationale Front?

Peter Gramm
5 Jahre her

es ist völlig unerheblich in welcher Parteienkonstellation in Deutschland regiert wird. Der Raubzug durch die Kassen der Bürger hat schon längst begonnen. Zwänge wohin man schaut. Von freier und sozialer Marktwirtschaft kann doch nur geträumt werden. Die Realität ist doch schon längst eine andere. Zwangsmitgliedschaften, Zwangsbeiträge, Zwangsversicherungen, Zwangskonten u.a.m.. Damit ist der Abzocke Tor und Tür geöffnet ohne dass sich der betroffene Bürger dagegen wehren kann. Er kann sich nie dagegen wehren und bewerten ob der finanzielle Aufwand dafür angemessen ist oder nicht. Der Zwang verhindert dies. Genau diejenigen die diesen Zwang zu verantworten haben sitzen wohlversorgt auf Kosten der… Mehr

Augustiner Edelstoff
5 Jahre her

Selbst wenn die CDU 10%, die Grünen 10%, die Linke 10% und die SPD auch Links 10% erhalten wäre es als Blockpartei, weil Union gegen RECHTS mehr als zb. 37% AFD Stimmenanteil.
Die Partein haben sich den Staat zur Beute gemacht und herrschen nach eigegn Regeln.
Warum müssen wir eigentlich jeden Tag von der rechtsradikalen, populistischen AFD lesen und hören.
Ich kann mich an so etwas für die SED Nachfolgepartei die „Linke und die SPD nicht erinnern und diese sind mit Ihren Antifa-Sturmtruppen wirklich links radikal.

Arminius
5 Jahre her

Wir brauchen keine Laufzeitverlängerung der Regierung.
Was wir brauchen ist eine Notabschaltung!
Bevor die noch mehr Unheil anrichten!